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Handlungsfeld Aufgaben- und Tätigkeitsprofile

Darum geht es

Viele Arbeitgeber*innen haben nur vage oder unrealistische Vorstellungen hinsichtlich der Kompetenzen von HQP und den möglichen Einsatzfeldern. Um einen qualifikationsgerechten Einsatz von HQP zu ermöglichen, werden daher Vorschläge hinsichtlich spezifischer Aufgaben- und Tätigkeitsfelder gemacht.

Das ist wichtig

Häufig werden in der Literatur Aufgaben empfohlen, die eigentlich schon eher das Masterniveau adressieren, zum Teil aber auch Aufgaben, die auch von beruflich qualifizierten Pflegefachpersonen übernommen werden können. Die Schwierigkeit besteht folglich darin, für das Qualifikationsniveau passende Aufgabenprofile zu identifizieren. HQP verfügen über die Kompetenz, auf der Basis neuesten (pflege-)wissenschaftlichen Wissens, für konkrete hochkomplexe pflegerische Probleme Lösungswege neu zu konstruieren. Sie sind auch in der Lage, auf systemischer Ebene, also über das Team und die Institution hinaus, zu kommunizieren, dies aber primär bezogen auf konkrete Pflegeprobleme im Einzelfall. Im Unterschied zu HQP bearbeiten beruflich qualifizierte Pflegefachpersonen pflegerische Problemstellungen auf der Basis umfassenden (Erfahrungs-)Wissens, Pflegefachpersonen auf Masterniveau entwickeln neue Lösungswege / Verfahren für bereichsspezifische oder auch -übergreifende Probleme auf der Grundlage von (eigenen) Forschungsergebnissen sowie eines detaillierten und spezialisierten Wissens und berücksichtigen dabei auch Auswirkungen auf gesellschaftlicher wirtschaftlicher und kultureller Ebene. Die folgenden Aufgabenprofile adressieren die spezifischen Kompetenzen von HQP (Darmann-Finck; Hülsmann; Nikolajev 2023).

Das kann Ihnen helfen

Durch eine systematische Literaturrecherche und anschließenden Fokusgruppendiskussionen konnten insgesamt 10 Aufgabenfelder ermittelt und validiert werden, die die HQP nach einer angemessenen Einarbeitungsphase übernehmen können. Jeweils fünf dieser Aufgaben ließen sich für den Bereich der direkten und fünf für den Bereich der indirekten Pflege identifizieren. Die ”direkte Pflege” umfasst Aufgaben, die unmittelbar an und mit zu pflegenden Menschen durchgeführt werden und phasenweise auch mit auf die Einzelfälle bezogenen, z. B. planerischen Aufgabenelementen verknüpft sein können. Mit “indirekter Pflege“ sind Aufgaben gemeint, die nicht direkt an zu pflegenden Menschen erbracht werden, wie z. B. Aufgaben im Bereich des Qualitätsmanagements (Darmann-Finck; Hülsmann; Nikolajev 2023).
 

Aufgabenprofile für HQP
Direkte Pflege Indirekte Pflege
  • Pflegeprozesssteuerung, -gestaltung und -durchführung in hochkomplexen Pflegesituationen auf wissenschaftlicher Grundlage
  • Beratung, Schulung und Information von zu pflegenden Menschen und ihren Bezugspersonen in hochkomplexen Pflegesituationen
  • Übernahme erweiterter heilkundlicher diagnosebezogener Tätigkeiten
  • Case-Management in komplexen Pflegesituationen
  • Moderation von (ethischen) Fallbesprechungen
  • und Pflegevisiten
  • Kollegiale / interprofessionelle Anleitung und Beratung
  • Konzeption / Durchführung
  • von fokussierten Fortbildungen
  • Prozessoptimierung / Qualitätssicherung auf wissenschaftlicher Grundlage
  • Mitarbeit an der Entwicklung / Umsetzung von Konzepten / Projekten
  • Mitwirkung an der Durchführung von Studien

 

Da der Schwerpunkt von primärqualifizierenden Pflegestudiengängen derzeit auf der Förderung von Kompetenzen der direkten Pflege liegt, ist ein Aufgabenbereich, der sich ausschließlich aus indirekten Pflegeaufgaben zusammensetzt, nicht sinnvoll. Zu empfehlen sind Kombinationen aus beiden Aufgabenbereichen.  
In der “direkten Pflege” stehen “hochkomplexe Pflegesituationen” im Mittelpunkt. In diesen Pflegesituationen, für die es nur bedingt routinierte Prozesse und vorhersehbare Arbeitsabläufe gibt, sind die Kompetenzen zum wissenschaftsbasierten Arbeiten und zur Neukonstruktion von Lösungswegen besonders relevant. Als Indikatoren für “hochkomplexe Pflegesituationen” können folgende Merkmale zugrunde gelegt werden: mehrere pflegerische und medizinische Diagnosen, zusätzlicher Einfluss psychosozialer Dimensionen, hochgradig iterative Verläufe, daraus resultierende Notwendigkeit von interprofessionellem Handeln (Darmann-Finck; Hülsmann; Nikolajev 2023). In den unterschiedlichen Versorgungsbereichen könnte “hochkomplex” folgendermaßen operationalisiert werden (Arbeitsgruppe der Ausbildungsoffensive Pflege 2023):

  • Bestehen von multiplen krankheitsbedingten und psychosozialen Problemlagen 
  • Unzureichendes Pflegeergebnis durch vorherige pflegerische Versorgung
  • Hohes Potenzial an Nebenwirkungen und Komplikationen in der medizinischen Behandlung
  • Hohes Maß an pflegerischer Koordination und Unterstützung notwendig
  • Multiprofessioneller Versorgungspfad (bereichs-, klinik- oder sektorenübergreifend)
  • Hoher Pflegebedarf mit dynamischer Verschlechterung / Instabilität der gesundheitlichen/pflegerischen Situation (Bsp.: Verschlechterung von chronischen Wunden; Verschlechterung der Ernährungssituation mit drohender Mangelernährung, sich verschlechternde neuro-psychiatrische Situation)
  • Kumulation von Problemen
  • Hoher Bedarf an interprofessioneller Zusammenarbeit sowie spezifischer Unterstützung, Beratung und Supervision
  • Hoher Pflegebedarf mit dynamischer Verschlechterung / Instabilität der gesundheitlichen/pflegerischen Situation (Bsp.: Verschlechterung von chronischen Wunden; Verschlechterung der Ernährungssituation mit drohender Mangelernährung, sich verschlechternde neuro-psychiatrische Situation)
  • Kumulation von Problemen
  • Hoher Bedarf an interprofessioneller Zusammenarbeit sowie spezifischer Unterstützung, Beratung und Supervision
  • Infolge von Rollenüberlastungen des Unterstützungssystems (Bsp.: neu aufgetretene Pflegebedürftigkeit aufgrund von verkürzter Verweildauer im Krankenhaus)

Diese Operationalisierungen sind als eine allgemeine Orientierung zu verstehen. Auf Einrichtungsebene können sie genutzt werden, um festzustellen, in welchen spezifischen Arbeitsbereichen typischerweise hochkomplexe Pflegesituationen anzutreffen sind und welche Merkmale die dort vorzufindenden Patient*innengruppen / Bewohner*innengruppen aufweisen, bzw. wo sich der Einsatz von HQP besonders positiv auswirken könnte. Die hier genannten Aufgabenprofile können mit den jeweiligen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und Hochschulen praxisfeldbezogen weiterentwickelt und somit für spezifische Arbeitsbereiche konkretisiert werden (Arbeitsgruppe der Ausbildungsoffensive Pflege).

 

Literatur

[11] Darmann-Finck, I.; Hülsmann, L.; Nikolajev, S. (2023): Aufgabenprofile für Pflegefachpersonen mit Bachelorabschluss in Deutschland. Das Gesundheitswesen 2023; Artikel wird noch einer Ausgabe zugewiesen. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1055/a-2098-3357.

[12] Arbeitsgruppe der Ausbildungsoffensive Pflege (2023): Aufgabenprofile akademisch qualifizierter Pflegefachpersonen. Diakonie Deutschland.  Verfügbar unter: https://www.pflegeausbildung.net/fileadmin/de.altenpflegeausbildung/content.de/user_upload/231010_Empfehlungen_AQP_final.pdf