Kinderwald Hannover
Im Nordwesten Hannovers gibt es ein 7 Hektar großes Areal, auf dem die Kinder das Sagen haben...
Dabei handelt es sich um eine ursprünglich nahezu vegetationslose Brachfläche, auf der Aushub vom Ausbau des Mittellandkanals abgelagert wurde. Dabei ist ein etwa 500 Meter langer und 150 Meter breiter Wall mit einer Höhe von bis zu 20 Metern entstanden. Auch bei der Modellierung dieses Walls sind Wünsche der Kinder eingeflossen. Es wurden unter anderem ein "Berg" aufgeschüttet und Inseln mit Flachwasserbereichen im Bach angelegt, der am Südrand des Geländes entlang fließt. Im Frühjahr 2000 wurden die ersten Bäume und Sträucher gepflanzt und ein Weidentipi-Dorf gebaut. Mittlerweile wächst der "Wald in den Kinderschuhen".
Idee
Ein Gelände, das Kinder nach ihren Ideen und Wünschen gestalten und bepflanzen. Ein Ort, an dem sie toben, durchs Wasser waten und sich dreckig machen dürfen. Hier sind die Kinder die Baumeister von Weidendörfern, Tipis, Weidensofas und Brücken. Kinder pflanzen und pflegen Bäume und Sträucher, basteln Waldschmuck, Traumfänger und Baumgesichter. Sie erfahren die Natur mit allen Sinnen und ihre Kreativität wird in vielfältiger Weise gefördert. Der angrenzende Mecklenheider Forst mit seinem alten Baumbestand bietet vielfältige Möglichkeiten.
Bei den sich in diesem Wald bietenden unbegrenzten Möglichkeiten sammeln Kinder bei Werkstätten und Aktionen Erfahrungen im Umgang mit der Natur. Es werden unterschiedliche Zugänge zur Natur eröffnet, über kreative, künstlerische oder naturkundliche Aktivitäten. Auf diese Weise eignen sich die Kinder Wissen an, das ihnen bei der Umsetzung ihrer Gestaltungswünsche auf dem Kinderwald-Gelände nützlich ist.
Das Kinderwald-Gelände steht allen Kindern aus Hannover und dem Umland offen. Die angesprochene Altersspanne reicht von etwa vier bis vierzehn Jahren. Es werden einzelne Kinder, Kindergruppen, Gruppen aus Kindertagesstätten sowie Schulklassen aus den Grundschulen und Orientierungsstufen angesprochen. Für die verschiedenen Altersstufen werden altersgerechte Einheiten, Methoden und Aktionen angeboten.
Der Kinderwald ist in Kinderbeteiligungsprojekt. Das heißt, die Kinder sollen lernen, ihre Bedüfnisse zu artikulieren und Ideen zu entwickeln hinsichtlich der Gestaltung des Kinderwald-Geländes und ihres Lebensumfeldes. In Zukunftswerkstätten werden Ideen entwickelt, Modelle gebaut und reale Bauprojekte umgesetzt. So entstand nach den Wünschen der Kinder ein Amphitheater in dem Konzerte und Vorführungen stattfinden.
Der Kinderwald ist bemüht, auch andere Altersstufen einzubinden. Dies gilt zum einen für Kleinkinder und zum anderen für Jugenliche. Es soll versucht werden, letztere durch altersgerechte Angebote weiterhin im Projekt zu halten. So gibt es in der Jugendgruppe des Kinderwaldes 18jährige, die seit 10 Jahren im Kinderwald sind. Sie sind die wahren Kinderwaldexperten! Sie führen mittlerweile eigene Zukunftswerkstätten durch, für die sie selbstständg Mittel einwerben. Sie haben die Kinderwald-Jugendleiter-Ausbildung durchlaufen und in 2006 den niedersächsischen Umweltpreis gewonnen.
Ziele
Der Kinderwald hat sich zm Ziel gesetzt, Kindern und Jugendlichen in Hannover mehr Naturleben und Mtbestimmung bei Entscheidungsprozessen zu ermöglichen. Vorhandene pädagogische, soziokulturelle und ökologische Initiativen haben sich zu einem Netzwerk zusammengefunden, um unterschiedliche Wege zur Natur und Naturerfahrung zu eröffnen. Die Idee Kinderwald ist in andere Städte und Gemeinden übertragbar und stellt ein konkretes Beteiligungsprojekt für Kinder und Jugendliche dar. Die Kinder lernen die Natur kennen, ihre Bedeutung und wie wichtig es ist, die Natur und somit das Kinderwaldgelände als eine Lebensgrundlage des Menschen, aber auch von Pflanzen und Tiere, zu erhalten. Sie lernen die Kreisläufe der Natur kennen und die ökologischen Zusammenhänge. Dadurch wird deutlich, dass die biologische Vielfalt geschützt werden muss und Einzelmaßnahmen zu kurz greifen.
Durch den Bezug zum Kinderwald sowie ihre Erfahrungen im Bereich Ökologie, Kunst, Bauen und Pflegen lernen sie, Verantwortnug zu übernehmen.
Hinsichtlich der Unübersichtlichkeit des Lebens trägt Beteiligung dazu bei, den eigenen Platz im Leben zu finden. Dabei geht es um die Entwicklung von Individualität, um die Entfaltung der eigenen Potenziale, um die Fähigkeit, den inneren Kompass zu finden, der bei der Navigation in der Informations- und Wissensgesellschaft helfen kann. Der Kinderwald bietet diesbezüglich viele Lern- und Übungsfelder.
Umsetzung
Die Arbeit im Kinderwald zeichnet sich durch zwei Schwerpunkte aus. Zum einen werden Kinder an die Natur herangeführt, um der Naturentfremdung entgegen zu wirken. Sie sollen Natur als etwas Wertvolles und Schützenswertes erfahren. Zum anderen sollen Kinder befähigt werden, ihre Ideen und Wünsche auszudrücken. Dies bezieht sich in erster Linie auf die Gestaltung des Kinderwald-Geländes, darüber hinaus aber auch auf die Gestaltung ihrer Lebensumwelt. Bei diesem Prozess spielt die Entwicklung der eigenen Identität und das Erlernen von sozialer Kompetenz eine große Rolle. Insofern übernehmen die Kinder Verantwortung für die Umwelt, für andere und für sich selbst.
Im Kinderwald haben die Kinder die Möglichkeit, Natur zu begegnen und Naturerfahrungen zu sammeln. Bei der Entwicklung des Kinderwald-Geländes von einer "Wüste" zu einem Wald beobachten die Kinder, wie die Natur Räume in Besitz nimmt. Andererseits pflanzen sie Bäume und Sträucher und verfolgen, wie diese größer werden. Sie erfahren, dass ein Gelände, das sie dauerhaft nutzen wollen, gepflegt werden muss.
In der Desbrocksriede, dem Bach, der die Südgrenze des Geländes bildet, können die Kinder die Wasserbewohner erkunden und vieles mehr.
Auch der angrenzende Mecklenheider Forst, ein etwa 80 Jahre alter Laubwald, wird regelmäßig in Aktionen einbezogen. Hier bekommen die Kinder eine Vorstellung davon, wie der Kinderwald in einigen Jahrzehnten aussehen kann. Er zeichnet sich durch Qualitäten aus, die das Kinderwald-Gelände noch nicht zu bieten hat. Der Mecklenheider Forst hat eine ausgeprägte Humusschicht aufzuweisen, die sich auf dem Kinderwald-Gelände noch gar nicht gebildet hat. Hier kann nach Bodenlebewesen geforscht werden. Und der Wald hat durch seine hohen Bäume viele schattige Plätze zu bieten.
Damit stehen zwei relativ große und sehr unterschiedliche Naturerlebnisräume zur Verfügung, die eine große Vielfalt von Aktionsmöglichkeiten bieten.
Kinderbeteiligung ist die Basis im Kinderwald. Über eine Vielzahl von Aktionen und Projekten zu Naturerleben in einer Bandbreite von Kunst über Ökologie und Planen bis hin zu Bauen und Pflegen können Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Kinderwald eigene Erfahrungen machen.
Kinderwald bedeutet damit auch die Stärkung individueller Persönlichkeitsmerkmale wie Eigeninitiative und Rücksichtnahme, Selbstverantwortung, Kreativität, Fantasie, Bewegung und Motorik. Kinderwald beinhaltet auch den Erwerb von Schlüsselkompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Teambildung, Toleranz, Organisations- und Planungskompetenz.
Die angebotenen Aktionen im Kinderwald sind übrigens stark nachgefragt. In 2006 haben an mehr als 200 Tagen Projekttage und Aktionen im Kinderwald stattgefunden.