Stellschrauben für eine optimierte Berufsanerkennung
12.07.2024
Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein wichtiger Baustein zur nachhaltigen Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Für die weitere Optimierung und Beschleunigung benennt das Anerkennungsmonitoring Stellschrauben.
Die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ist ein wichtiger Baustein zur nachhaltigen Integration in den deutschen Arbeitsmarkt und trägt damit zur Deckung des hohen Bedarfs an Fachkräften bei. Daher ist zentral, Fachkräfte über die Anerkennung zu informieren und beim Durchlaufen des Prozesses zu unterstützen. In den letzten Jahren gab es viel Dynamik bei der Verbesserung von Verfahren, auch haben sich vielzählige gute Begleitstrukturen etabliert. Gleichwohl bleibt es aufgrund des erhöhten Fachkräftebedarfs ein wichtiges Ziel, Hürden im Anerkennungsprozess weiter abzubauen. Das Anerkennungsmonitoring sieht verschiedene Stellschrauben, die sowohl die Verfahren zur Anerkennung als auch den Gesamtprozess der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen weiter vereinheitlichen, vereinfachen und beschleunigen können. Zudem können sie dazu beitragen, Verfahrensabbrüchen vorzubeugen.
Information und Beratung
- Zielgruppengerechte, flächendeckende Informations- und Beratungsangebote anbieten: Zu Beginn des Anerkennungsprozesses gibt es für Anerkennungsinteressierte viele Fragen zu klären und Dokumente zu beschaffen. Auch während des Verfahrens ist eine Begleitung durch Beratungsstellen wichtig, beispielsweise um eine passende Qualifizierungsmaßnahme zu finden. Aufgrund der internationalen Zielgruppe sind dabei mehrsprachige Beratungsangebote und leicht verständliche Informationsmaterialen zentral. Ein besonderer Fokus sollte dabei auf die Kontinuität passgenauer und ausreichender Angebotsstrukturen gelegt werden. Dies gilt besonders dann, wenn projektförmige Strukturen in eine Verstetigung überführt werden, wie dies derzeit für die Beratungsangebote des Förderprogramms IQ vorgesehen ist.
- Transparenz im Vorfeld der Anerkennung erhöhen: Um frühzeitig Klarheit über die grundsätzliche Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Abschlusses (d.h. Antragsvoraussetzung/staatlich anerkannter Abschluss im entsprechenden Ausbildungsstaat) und möglicher Referenzberufe zu erhalten, sollten die Informationen hierzu transparent und nutzerfreundlich verfügbar gemacht werden. Das gilt sowohl für die Zielgruppe der Fachkräfte mit ausländischen Berufsqualifikationen als auch für Arbeitgebende in Deutschland, die an der Gewinnung von ausländischen Fachkräften interessiert sind.
Umsetzung der Anerkennungsverfahren
- Anforderung an einzureichende Unterlagen vereinheitlichen: Die Anforderungen an die für das Anerkennungsverfahren bei den zuständigen Stellen einzureichenden Unterlagen sollten möglichst einheitlich, transparent, mehrsprachig und nach dem Prinzip gestaltet werden: So wenig wie möglich und nur so viel wie wirklich nötig. Bereits vorhandene rechtliche Regelungen im BQFG und in Fachgesetzen sowie Vorgaben, die beispielsweise im Rahmen des OZG-Prozesses, oder Empfehlungen, die im Rahmen der BIBB-Austauschformate erarbeitet werden, sollten Anwendung finden. Zudem sollte stärker berücksichtigt werden, ob Dokumente wie bspw. Lehrpläne, Ausbildungsordnungen, Curricula aus vorherigen Anerkennungsverfahren bereits passend vorliegen und für das jeweils aktuell zu prüfende Verfahren genutzt werden können. Dies kann eine weitere Möglichkeit bieten, fehlende Dokumente und somit zeitintensive Nachforderungen zu vermeiden. Dafür wäre der Ausbau eines entsprechenden Wissensmanagements zu prüfen.
- Bescheide einheitlicher und verständlicher gestalten: Ergebnisse und insbesondere auch mögliche nächste Schritte im Anerkennungsverfahren sollten in dem Bescheid für die Fachkraft transparent aufbereitet werden. So können z.B. Verfahrensabbrüche nach einem Bescheid mit „Auflage“ einer Ausgleichsmaßnahme vermieden werden. Auf eine verständliche Sprache ist dabei zu achten. Ggf. können auch Beiblätter mit zusätzlichen Informationen eine Hilfestellung bieten (Beispiele für Musterbescheide und ein Hinweisblatt für zuständige Stellen aus den BIBB-Austauschformaten finden Sie hier).
- Ausgleichsmaßnahmen optimieren: Der Zugang zu Ausgleichsmaßnahmen bzw. zu Kursen als Vorbereitung darauf sollte so niedrigschwellig wie möglich gehalten werden. Flächendeckende und ggf. bundeslandübergreifende Angebote sind zentral. Eine gute Auffindbarkeit und Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass die Ausgleichsmaßnahmen in absehbarer Zeit absolviert werden können. Dazu kann auch eine Flexibilisierung der Qualifizierung durch modulare und digitale Angebote oder Teilzeitmodelle beitragen, die die Vereinbarkeit von Beruf/Familie und Ausgleichsmaßnahme verbessert bzw. ermöglicht.
Aufstellung der institutionellen Akteure
- Kapazitäten bereitstellen: Für Anerkennungsstellen, Beratungseinrichtungen, Begleit- und Qualifizierungsmaßnahmen sowie Prüfungen, die im Rahmen der Ausgleichsmaßnahmen abgenommen werden, müssen ausreichend personelle und finanzielle Kapazitäten bereitgestellt werden. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die Bestrebungen, verstärkt Fachkräfte aus Drittstaaten zu gewinnen, was zu einem weiteren Anstieg des Aufkommens im Bereich der Anerkennung führen könnte.
- Digitalisierung weiter vorantreiben: Neben der bereits gestarteten technischen Umsetzung der digitalen Antragstellung sollten auch die weiteren Schritte des Anerkennungsverfahrens durch die Länder und Kammern vollständig digitalisiert werden. So können Prozesse weiter vereinheitlicht und beschleunigt werden. Zudem sollte stetig geprüft werden, wie neue KI-Tools zur Entlastung der zuständigen Stellen Anwendung finden können (z.B. bei Übersetzungen).
- Weitere Bündelungen und Vereinheitlichungen prüfen: Schließlich sind zudem weitere Bündelungen von Anerkennungsstellen (dabei insbesondere eine effektive Nutzung von Wissen über etwa bestimmte Qualifikationen oder Herkunftsstaaten) sowie Vereinheitlichung der Umsetzungspraxis für eine Vereinfachung des Anerkennungsgeschehens von Bedeutung.
Weitere Unterstützung für Fachkräfte
- Ausreichende Finanzierungsmöglichkeiten zur Individualförderung sicherstellen: Die kontinuierliche Bereitstellung finanzieller Mittel in bestehenden Förderinstrumenten (Regelinstrumente zur Arbeitsförderung der Bundesagentur für Arbeit, Anerkennungszuschuss des Bundes, Hamburger Stipendienprogramm) ist wichtig, um die Fachkräfte mit ausländischen Berufsqualifikationen bei den anfallenden Kosten für die Anerkennungsverfahren und Ausgleichsmaßnahmen zu unterstützen. Für nicht anspruchsberechtigte Personen sollte geprüft werden, ob eine gehaltsabhängige anteilige Förderung denkbar ist.
- (Berufsfachliche) Sprachkursangebote ausweiten: Spätestens für die Teilnahme an Ausgleichs- bzw. Qualifizierungsmaßnahmen sind Deutschkenntnisse unverzichtbar. Daher ist eine frühzeitige Integration der Fachkräfte in zielgruppengerechte allgemeine und berufsfachsprachlichen Deutschkurse sinnvoll. Es sollte auch geprüft werden, ob eine gezielte Sprachförderung stärker in Anpassungslehrgänge integriert werden kann.
Arbeitgebende
- Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber frühzeitig mitnehmen: Sie sollten für die Möglichkeiten der Anerkennung ausländischer Qualifikationen sensibilisiert und damit in das Thema einbezogen werden. Besonders zielführend ist es, sie auch verstärkt für die Mitgestaltung bzw. Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen bzw. Vorbereitungskursen zu gewinnen und damit das Angebot zu erweitern und zu verbessern. Auf diese Weise nähert man sich dem (gemeinsamen) Ziel, im Ausland qualifizierte Fachkräfte ihrer Qualifikation entsprechend und möglichst zügig in den Arbeitsmarkt zu integrieren.