Angebot und Nachfrage mit leichtem Plus, jedoch erneut mehr unbesetzte Plätze
Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes im Jahr 2017
13.12.2017 | Stephanie Matthes, Joachim Gerd Ulrich, Simone Flemming, Ralf-Olaf Granath
2017 nahmen auf dem Ausbildungsmarkt sowohl die Zahl der angebotenen Plätze als auch die Zahl der jungen Menschen zu, die eine Berufsausbildung nachfragten. Allerdings stieg zum achten Mal in Folge die Zahl der Ausbildungsplätze, die nicht besetzt werden konnten. Mit 48.900 gab es so viele offene Ausbildungsstellen wie seit 1994 nicht mehr. Gebrochen wurde dagegen der Negativtrend bei der Ausbildungsplatznachfrage: Sie stieg erstmalig seit 2011 an, u. a. weil zunehmend mehr Geflüchtete unter den Ausbildungsstellenbewerbern zu finden waren.
Da das Ausbildungsplatzangebot stärker anstieg als die Ausbildungsplatznachfrage, verbesserten sich die Marktverhältnisse für die Jugendlichen. Dennoch gab es weiterhin Schwierigkeiten, Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage zusammenzuführen. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge stieg deshalb im Jahr 2017 nur leicht und nicht so deutlich, wie es angesichts des Zuwachses bei den betrieblichen Ausbildungsplatzangeboten möglich gewesen wäre.
Entwicklung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage
Bundesweit wurden im Jahr 2017 572.200 duale Ausbildungsstellen angeboten. Das Ausbildungsplatzangebot stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um +8.500 Stellen bzw. +1,5% an. Die Zuwächse sind allein auf eine gestiegene Zahl betrieblicher Ausbildungsplatzangebote sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland zurückzuführen (bundesweit: + 10.100 bzw. +1,9% im Vergleich zu 2016). Die Zahl der angebotenen außerbetrieblichen Ausbildungsplätze ging, wie bereits in den Vorjahren, weiter zurück (bundesweit -1.700 bzw. -9,5% im Vergleich zu 2016).
In Hinblick auf die Ausbildungsplatznachfrage konnte 2017 der Negativtrend der Vorjahre gestoppt werden: Erstmalig seit 2011 stieg die Zahl der Ausbildungsnachfrager wieder an und lag nun bundesweit bei 603.500 (+2.600 bzw. +0,4% im Vergleich zu 2016). Während sich in den Vorjahren die rückläufigen Schulabgängerzahlen deutlich in der Ausbildungsplatznachfrage niedergeschlagen hatten, führte die gestiegene Anzahl Geflüchteter unter den Ausbildungsstellenbewerbern 2017 dazu, dass sich die Ausbildungsplatznachfrage sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland erhöhte (West: +1.100 bzw. +0,2%; Ost: +1.500 bzw. +1,8%).
Da das Ausbildungsplatzangebot insgesamt stärker anstieg als die Ausbildungsplatznachfrage, verbesserten sich 2017 erneut die Marktverhältnisse für die Jugendlichen. Die erweiterte Angebots-Nachfrage-Relation (eANR) – Zahl der Ausbildungsplatzangebote je 100 Nachfrager – stieg um einen Prozentpunkt auf 94,8. Dies ist der höchste Wert seit 2007, als erstmals eine solche Messung vorgenommen werden konnte. Von einer Verbesserung der Ausbildungsmarktlage konnten gleichwohl nur Nachfrager in Westdeutschland profitieren (eANR = 94,5; + 1,3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2016). Da in Ostdeutschland die Ausbildungsplatznachfrage stärker anstieg als das Ausbildungsplatzangebot, sank die eANR hier im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozentpunkte auf eANR = 96,7, fiel aber weiterhin höher als in Westdeutschland aus.
Erfolglose Marktteilnehmer
Wie bereits in den Vorjahren, erhöhte sich 2017 erneut die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplatzangebote, die bis zum Bilanzierungsstichtag 30. September nicht besetzt werden konnten. Insgesamt blieben bundesweit 48.900 Ausbildungsstellen offen, so viele wie seit 1995 nicht mehr. Im Vergleich zum Vorjahr stieg ihre Zahl um +5.500 bzw. +12,6%. Bundesweit blieb damit zum Stichtag 30. September 8,8% des offiziell errechneten betrieblichen Ausbildungsangebots vakant. In Ostdeutschland lag der Anteil sogar bei 10,5%. Besonders starke Besetzungsprobleme waren erneut im Handwerk zu verzeichnen.
In Hinblick auf die erfolglose Ausbildungsplatznachfrage gab es 2017 im Vergleich zum Vorjahr kaum Veränderungen. Bis zum Stichtag 30. September waren bundesweit 80.200 Bewerber bei der Bundesagentur für Arbeit als "noch suchend" gemeldet, -400 bzw. -0,5% im Vergleich zu 2016. Der Anteil der erfolglosen Bewerber an der offiziell ermittelten Nachfrage lag 2016 mit 13,3% weiterhin auf einem vergleichsweise hohen Niveau.
Die erneute Zunahme der Besetzungsprobleme von Ausbildungsplätzen und das nahezu unveränderte Ausmaß der Versorgungsprobleme von Ausbildungsstellenbewerbern führten dazu, dass sich die Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt weiter verschärften.
Entwicklung des Ausbildungsvolumens: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge
Nachdem die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge seit 2011 in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken war, gab es 2017 erstmals wieder ein Plus bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Aufgrund der anhaltenden Schwierigkeiten, Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage zusammenzuführen, stieg die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge jedoch nicht so deutlich, wie es angesichts des Zuwachses bei den betrieblichen Ausbildungsplatzangeboten möglich gewesen wäre.
Bundesweit wurden 523.300 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge gemeldet, das sind +3.000 bzw. +0,6% im Vergleich zum Vorjahr. Der Positivtrend in den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen war sowohl in Westdeutschland (+2.400 bzw. +0,5%) als auch in Ostdeutschland (+600 bzw. +0,9%) zu verzeichnen.
Wie bereits in den Vorjahren sank 2017 jedoch die Zahl der Ausbildungsverträge, die mit jungen Frauen abgeschlossen wurden (-6.200 bzw. -3,0% im Vergleich zu 2016). Die Zahl der Ausbildungsverträge mit jungen Männern stieg dagegen erneut an (+8.100 bzw. +2,6% im Vergleich zu 2016).
Beteiligung ausbildungsinteressierter Jugendlicher an dualer Berufsausbildung
Die Zahl der institutionell erfassbaren ausbildungsinteressierten Personen umfasst neben der offiziell ausgewiesenen Ausbildungsplatznachfrage auch jene Ausbildungsstellenbewerber, die ihren Vermittlungswunsch bereits vor dem Bilanzierungsstichtag 30. September aufgaben und die somit in der offiziellen Nachfrage (auch in der erweiterten Definition) nicht berücksichtigt werden. Sie gibt somit Auskunft über den Umfang des Personenkreises, der sich im Laufe des Berichtsjahres zumindest zeitweise für eine duale Berufsausbildung interessierte.
Im Jahr 2017 nahm die Zahl der ausbildungsinteressierten Personen erstmals seit 2007 wieder zu: Bundesweit konnten insgesamt 805.800 ausbildungsinteressierte Personen institutionell erfasst werden. Dies waren +2.200 bzw. +0,3% mehr als im Vorjahr, wobei der Zuwachs der ausbildungsinteressierten Personen allein auf die Entwicklung in Westdeutschland zurückzuführen ist (+3.700 bzw. +0,5% auf 688.700). In Ostdeutschland ging die Zahl der institutionell erfassbaren ausbildungsinteressierten Personen im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück (-600 bzw. -0,6%) und lag nun bei 116.800 Personen.
Der Anteil aller institutionell erfassbaren Ausbildungsinteressierten, der in eine duale Berufsausbildung einmündete, lag 2017 bundesweit bei 64,9% und fiel damit 0,2 Prozentpunkte höher aus als 2016.