Tarifliche Ausbildungsvergütungen 2013 erneut deutlich gestiegen
In Westdeutschland lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2013 bei durchschnittlich 767 € brutto im Monat. Sie erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 4,1 %. In Ostdeutschland nahmen die Vergütungen um 5,0 % auf durchschnittlich 708 € im Monat zu.
Ursula Beicht
Der Vergütungsanstieg fiel damit 2013 prozentual genauso stark aus wie im Jahr zuvor: 2012 waren die tariflichen Vergütungen im Westen ebenfalls um durchschnittlich 4,1 % und im Osten um 5,0 % angehoben worden.
Durch die stärkere prozentuale Vergütungssteigerung im Osten hat sich 2013 der Abstand zum westdeutschen Tarifniveau verringert: Nun wurden 92 % der westlichen Vergütungshöhe erreicht, im Vorjahr waren es 91 %. Bezogen auf das gesamte Bundesgebiet betrugen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2013 durchschnittlich 761 € pro Monat. Sie lagen damit im Gesamtdurchschnitt um 4,2 % über dem Vorjahreswert von 730 €.
Zu diesen Ergebnissen kommt das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in der neuesten Auswertung der tariflichen Ausbildungsvergütungen, die seit 1976 jährlich zum Stand 1. Oktober durchgeführt wird (vgl. Beicht 2011). Die Grundlage bilden dabei jeweils rund 500 Vergütungsvereinbarungen aus den gemessen an den Beschäftigtenzahlen größten Tarifbereichen Deutschlands. Die Angaben werden jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Verfügung gestellt. Berechnet werden getrennt nach West- und Ostdeutschland Vergütungsdurchschnitte für stärker besetzte Ausbildungsberufe. Im Jahr 2013 waren 184 Berufe im Westen und 152 Berufe im Osten einbezogen. In diesen Berufen wurden 89 % (West) beziehungsweise 80 % (Ost) aller Auszubildenden ausgebildet.
Der erneute starke Anstieg der Ausbildungsvergütungen 2013 war zum einen auf die nach wie vor vergleichsweise gute Wirtschaftslage in Deutschland zurückzuführen, die auch bei den Tariflöhnen und -gehältern eine ähnlich günstige Entwicklung wie im Vorjahr ermöglichte (vgl. Bispinck 2013). Eine wichtige Rolle dürfte zum anderen aber auch die demografische Entwicklung gespielt haben, die es Betrieben inzwischen zunehmend schwerer macht, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen (vgl. Troltsch, Gerhards, Mohr 2012). Wie die längerfristige Beobachtung zeigt, beeinflusste die Ausbildungsmarktsituation in der Vergangenheit immer auch die Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen (vgl. Beicht 2011). Konnte aufgrund steigender Schulabgängerzahlen die Nachfrage nach betrieblichen Ausbildungsplätzen bei weitem nicht gedeckt werden, so blieben die Vergütungssteigerungen gering. Traten hingegen aufgrund einer schwächeren Nachfrage größere Schwierigkeiten bei der Besetzung der Ausbildungsplätze auf, so wurde mit deutlichen Vergütungserhöhungen reagiert. Dementsprechend lagen beispielsweise die Steigerungsraten der Vergütungen im Jahr 2006, als der Ausbildungsstellenmangel im letzten Jahrzehnt am stärksten ausgeprägt war, mit 1,0 % im Westen und 1,3 % im Osten weit niedriger als im Jahr 2013, in dem die Angebots-Nachfrage-Relation auf dem Ausbildungsmarkt erheblich höher ausfiel (vgl. Schaubild 1).
Schaubild 1
Zwischen den Ausbildungsberufen gab es 2013 beträchtliche Vergütungsunterschiede, wie Schaubild 2 verdeutlicht. Dargestellt sind die durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütungen in 20 exemplarisch ausgewählten Berufen. Sehr hoch lagen demnach in West- und Ostdeutschland die Vergütungen beispielsweise in den Berufen Mechatroniker/Mechatronikerin, Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzen, Industriemechaniker/Industriemechanikerin und Medientechnologe/Medientechnologin Druck. Im Westen gab es auch in den Berufen des Bauhauptgewerbes (zum Beispiel Maurer/Maurerin) sehr hohe Ausbildungsvergütungen, während sie im Osten deutlich geringer ausfielen. Eher niedrig waren die Vergütungsdurchschnitte zum Beispiel in den Berufen Florist/Floristin, Maler und Lackierer/Malerin und Lackiererin, Bäcker/Bäckerin und Friseur/Friseurin.
Bei den ermittelten berufsspezifischen Durchschnittswerten ist zu beachten, dass häufig auch im gleichen Beruf die tariflichen Ausbildungsvergütungen je nach Branche und Region erheblich voneinander abweichen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die tariflichen Ausbildungsvergütungen nur in der betrieblichen Ausbildung gelten. In der aus öffentlichen Mitteln finanzierten außerbetrieblichen Ausbildung erhalten die Auszubildenden in der Regel erheblich niedrigere Vergütungen, die gesetzlich beziehungsweise durch Verordnung festgelegt werden und in der Auswertung der tariflichen Ausbildungsvergütungen daher nicht einbezogen sind.
Schaubild 2
Die tariflichen Ausbildungsvergütungen stellen Bruttobeträge dar. Lag die Vergütung im Monat bei maximal 325 €, war der Auszubildende im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ein Geringverdiener und musste selbst keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen. In diesem Fall waren die gesamten Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) vom Ausbildungsbetrieb zu übernehmen. Überschritt die monatliche Vergütung aber die Geringverdienergrenze von 325 €, so musste der Auszubildende hiervon den Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung leisten. Bei hohen Ausbildungsvergütungen erfolgte gegebenenfalls auch noch ein Lohnsteuerabzug.
Insgesamt verteilten sich die tariflichen Ausbildungsvergütungen in den erfassten Berufen im Jahr 2013 wie folgt: In Westdeutschland kamen 26 % der Auszubildenden auf hohe monatliche Beträge von 900 € und mehr. Für 61 % bewegten sich die Vergütungen zwischen 600 € und unter 900 €. Relativ gering waren die Beträge für 13 % der Auszubildenden mit weniger als 600 €. In Ostdeutschland gab es für 16 % der Auszubildenden hohe Vergütungen von 900 € und mehr. Für 52 % lagen die Vergütungen zwischen 600 € und unter 900 €. 32 % der Auszubildenden erhielten eher niedrige Vergütungen von unter 600 €.
Schaubild 3
Nach Ausbildungsbereichen unterschied sich das Niveau der tariflichen Ausbildungsvergütungen 2013 erheblich, wie Schaubild 3 zeigt. In Westdeutschland wurde demnach in Industrie und Handel eine relativ hohe durchschnittliche Vergütung erreicht, ebenso im Öffentlichen Dienst. Weit darunter lagen die Durchschnittsbeträge im Handwerk, bei den Freien Berufen und in der Landwirtschaft. Noch größere Unterschiede gab es 2013 in Ostdeutschland: Hier war die durchschnittliche Vergütung im Öffentlichen Dienst am höchsten, gefolgt von Industrie und Handel. Erheblich niedriger fielen auch hier die Durchschnittswerte im Handwerk, in der Landwirtschaft und bei den Freien Berufen aus. Allerdings ist zu beachten, dass vor allem innerhalb der beiden größten Ausbildungsbereiche Industrie und Handel sowie Handwerk die Vergütungen zwischen den einzelnen Berufen jeweils sehr stark differierten. Dagegen waren die Vergütungsunterschiede innerhalb der kleineren Ausbildungsbereiche, die wesentlich weniger Berufe umfassen, deutlich schwächer ausgeprägt.
Auffällig ist, dass 2013 für den Ausbildungsbereich Freie Berufe im Westen ein niedrigerer Vergütungsdurchschnitt als im Osten ermittelt wurde. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Beruf "Zahnmedizinischer Fachangestellter/Zahnmedizinische Fachangestellte", der in Westdeutschland eine vergleichsweise geringe Vergütung aufwies, für Ostdeutschland aufgrund fehlender tariflicher Vereinbarungen nicht in die Auswertung einbezogen war.
Vergütungsunterschiede gab es 2013 auch zwischen männlichen und weiblichen Auszubil-denden. In Westdeutschland betrug der durchschnittliche Monatsbetrag für junge Männer 781 € und für junge Frauen 745 €. In Ostdeutschland kamen männliche Auszubildende auf 726 € und weibliche auf 674 €. Die abweichenden Vergütungsdurchschnitte resultierten ausschließlich aus der unterschiedlichen Verteilung von jungen Männern und Frauen auf die Ausbildungsberufe. In Berufen, in denen weit überwiegend junge Männer ausgebildet wurden, waren die Ausbildungsvergütungen teilweise sehr hoch. Umgekehrt wurden in Berufen, in denen junge Frauen sehr stark vertreten waren, häufiger relativ niedrige Vergütungen gezahlt.
Schaubild 4
Bei allen bisher genannten Beträgen handelte es sich jeweils um die durchschnittlichen tariflichen Vergütungen während der gesamten Ausbildungszeit. Da es gesetzlich vorgeschrieben ist, dass die Vergütung mit jedem Ausbildungsjahr ansteigt (§ 17 Berufsbildungsgesetz), variieren die tariflichen Vergütungssätze entsprechend. Die für die einzelnen Ausbildungsjahre ermittelten Durchschnittswerte sind Schaubild 4 zu entnehmen. Dabei ist zu beachten, dass in die ausbildungsjahrspezifischen Durchschnittswerte nicht immer alle Ausbildungsberufe eingingen. So wurden die zweijährigen Berufe zwar in den Berechnungen für das 1. und 2. Ausbildungsjahr berücksichtigt, in den Durchschnitten für das 3. und 4. Ausbildungsjahr sind sie jedoch nicht enthalten. Der Vergütungsdurchschnitt des 4. Ausbildungsjahres basiert ausschließlich auf den relativ wenigen Berufen mit einer dreieinhalbjährigen Ausbildungszeit.
Literatur
Beicht, Ursula:
Langzeitentwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen in Deutschland. Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.), Wissenschaftliche Diskussionspapiere, Heft 123. Bonn 2011 (letzter Zugriff: 06.01.2014)
Bispinck, Reinhard und WSI-Tarifarchiv:
Tarifpolitischer Halbjahresbericht. Eine Zwischenbilanz der Lohn- und Gehaltsrunde 2013. Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI). Düsseldorf 2013
Troltsch, Klaus; Gerhards, Christian; Mohr, Sabine:
Vom Regen in die Traufe? Unbesetzte Ausbildungsstellen als künftige Herausforderung des Ausbildungsstellenmarktes.
BIBB REPORT Heft 19/12, Bonn 2012 (letzter Zugriff: 06.01.2014)
Erscheinungsdatum und Hinweis Deutsche Nationalbibliothek
Veröffentlichung im Internet: 06.01.2014
URN: urn:nbn:de:0035-0534-9