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Vor dem Hintergrund der Heterogenität vollzeitschulischer Ausbildungsgänge in Deutschland und der unterschiedlichen Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituationen in den einzelnen Bundesländern gestalten sich die strukturellen Entwicklungen im berufsbildenden Schulsystem sehr vielfältig. Der jährliche Datenreport zum Berufsbildungsbericht fokussiert ausgewählte Aspekte vollzeitschulischer Ausbildungsgänge mit einem Abschluss außerhalb BBiG/HwO. In diesem Kontext stehen aktuell folgende strukturelle Entwicklungen im Mittelpunkt: die europass Zeugniserläuterungen, die Erzieher/-innenausbildung sowie neue Entwicklungen in der Ausbildung bundesrechtlich geregelter Gesundheitsfachberufe.

Europass Zeugniserläuterungen für landesrechtlich geregelte Berufsausbildungsabschlüsse

Europass Zeugniserläuterungen gehören zu den standardisierten und europaweit einheitlichen europass Dokumenten. Mit ihnen können Qualifikationen europaweit verständlich dargestellt werden. Sie beschreiben die Standards des jeweiligen Ausbildungsberufs und liefern eine Kurzbeschreibung der durch die Berufsausbildung erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen sowie Hinweise zu Dauer, Art und Niveau der Ausbildung. Dies soll die Mobilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer innerhalb Europas erleichtern. Für landesrechtlich geregelte Berufsbildungsabschlüsse, zu denen insbesondere die Assistenten-/Assistentinnenberufe und die Erzieher-/Erzieherinnenausbildung gehören, werden die europass Zeugniserläuterungen derzeit von den Kultusministerien der Länder gemeinsam mit dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz erarbeitet. Die aktuell verfügbaren Zeugniserläuterungen für Berufsabschlüsse an Berufsfachschulen und Fachschulen liegen in deutscher, englischer und französischer Sprache vor und werden kontinuierlich ergänzt (vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder 2013a).

Aktuelle Entwicklungen in der Erzieher/-innenausbildung in Deutschland

Die Erzieher/-innenausbildung in Deutschland ist nicht bundeseinheitlich nach Berufsbildungsgesetz (BBiG), sondern landesrechtlich entsprechend den jeweiligen Schulgesetzen geregelt. In einzelnen Aspekten wie z. B. der Gesamtdauer der Qualifizierung gibt es Unterschiede zwischen den Bundesländern. Auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung über Fachschulen (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. November 2002 i. d. F. vom 12. Dezember 2013) erkennen die Bundesländer die Abschlüsse gegenseitig an (vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder 2013b, S. 9).

Die Anforderungen an die pädagogische Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher sind in den letzten Jahren gestiegen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere der Bedeutungszuwachs der frühkindlichen Bildung sowie die Aufnahme der Kinder unter 3 Jahren. Aber auch der Fachkräftemangel und der Bedarf an männlichen Fachkräften prägen aktuell die Entwicklungen in diesem Berufsfeld. Diese Herausforderungen haben Auswirkungen auf die Qualifizierung. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Umsetzung eines kompetenzorientierten Qualifikationsprofils (vgl. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder 2011) und aktuelle Modellprogramme als strukturelle Entwicklungen hervorzuheben:

  • Kompetenzorientiertes Qualifikationsprofil für die Erzieherausbildung
    Die in dem „Kompetenzorientierten Qualifikationsprofil für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an Fachschulen/Fachakademien (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 1. Dezember 2011)“ beschriebenen Kompetenzen sind für die Umsetzung in den Ländern verbindlich. Das Qualifikationsprofil „definiert das Anforderungsniveau des Berufes und erhält die Formulierung der beruflichen Handlungskompetenzen, über die eine qualifizierte Fachkraft verfügen muss, um den Beruf dem Anforderungsniveau entsprechend kompetent ausüben zu können. Darüber hinaus verfolgt das Qualifikationsprofil das Ziel, die Anrechnung von an Fachschulen erworbenen Qualifikationen auf ein Hochschulstudium und umgekehrt zu ermöglichen“ (Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder 2011, S. 3). Die Länder sehen in dem Qualifikationsprofil einen Beitrag zur besseren Vergleichbarkeit der erworbenen Qualifikationen und der Erhöhung der Transparenz (vgl. ebd. 2011c, S. 8).
  • Modellprogramm „MEHR Männer in Kitas“
    Mit dem Modellprogramm „MEHR Männer in Kitas“ soll der Anteil männlicher Fachkräfte in Kindertagesstätten erhöht werden. 3 Jahre nach Start des Modellprogramms ist die Zahl der männlichen Fachkräfte insgesamt von 9.979 um 51,4 % auf 15.113 gestiegen. Das im Jahr 2010 gestartete Modellprogramm, das aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert wurde, hat insgesamt 16 Modellprojekte in 13 Bundesländern auf den Weg gebracht. Zu den unterschiedlichen Ideen, den Anteil männlicher Erzieher in Kindertagesstätten zu steigern, zählten u. a. Schülerpraktika, Schnuppertage, Einbindung beruflicher Quereinsteiger, runde Tische für männliche Erzieher, aktive Väterarbeit sowie eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Auch berufserfahrenen Quereinsteigern soll der Weg geebnet werden. Die Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ unterstützt und berät seit 2010 Akteurinnen und Akteure aus der Praxis (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2013).
  • Kita-Tätigkeit begleitende Ausbildung
    Kita-Tätigkeit begleitende Ausbildung ist derzeit nur in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen möglich. Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit konnten im Jahr 2012 deutschlandweit nur 706 Personen eine Umschulung beginnen. Ziele der nächsten ESF-Förderperiode von 2014 bis 2020 ist die bundesweite Erprobung und Optimierung einer erwachsenengerechten, Kita-Tätigkeit begleitenden Ausbildung zum Erzieher/zur Erzieherin und die Erhöhung des Männeranteils an den neuen Modellprojekten auf 40 % (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2013).

Berufsausbildung in bundesrechtlich geregelten Gesundheitsfachberufen

Strukturelle Entwicklungen im Bereich der Gesundheitsfachberufe wurden im BIBB-Datenreport 2013, Kapitel A5.4 aufgezeigt. Ergänzend werden nachfolgend 2 weitere aktuelle Aspekte hervorgehoben:

  • Pilotprojekt des BMWi: „Ausbildung von Arbeitskräften aus Vietnam zu Pflegefachkräften“
    Vor dem Hintergrund des steigenden Bedarfs an Pflegefachkräften in Deutschland nimmt die Gewinnung internationaler Fachkräfte, die nach deutschen Standards ausgebildet werden, an Bedeutung zu. In diesem Kontext können ab Herbst 2013 im Rahmen eines Modellvorhabens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) rund 100 junge Vietnamesinnen und Vietnamesen in den Bundesländern Berlin, Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen eine Altenpflegeausbildung beginnen169. In Absprache mit Pflegeverbänden und den Ländern konnten in den genannten Bundesländern entsprechende Ausbildungseinrichtungen gewonnen werden. Ein umfangreiches Angebot zur Begleitung der Teilnehmer/-innen (z. B. durch Regionalkoordination, vietnamesische Mentoren, interkulturelles Training) soll sicherstellen, dass die Pflegekräfte bestens integriert werden und sie die deutschen Pflegestandards erlernen (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2013).
  • Modernisierung der Rettungsassistentenausbildung zum/zur Notfallsanitäter/-in
    Das Gesetz über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters trat am 1. Januar 2014 in Kraft und löst das Rettungsassistentengesetz vom 10. Juli 1989 ab. Im Rahmen der Neuregelung wurde eine grundlegende Neugestaltung der Ausbildung vorgenommen. Neben der Anhebung der Ausbildungsdauer von bisher 2 Jahren auf 3 Jahre enthält die Neuregelung eine umfassende Beschreibung des Ausbildungsziels und definiert Qualitätsanforderungen an die Schulen und Einrichtungen der praktischen Ausbildung (vgl. Bundesministerium für Gesundheit 2013).

(Maria Zöller)