Lerndienstleistungen und Angebotsformen von Weiterbildungsanbietern gehen heute über das hinaus, was durch die Abfrage von Kursen, Lehrgängen und Vortragsveranstaltungen in den Statistiken der Bildungsberichterstattung (z. B. Volkshochschul-Statistik, Weiterbildungsstatistiken der Länder) abgebildet wird. Der damit verbundene Personalaufwand wird somit ebenfalls nicht transparent. Hier mehr Licht ins Dunkel zu bringen war Ziel der wbmonitor Umfrage 2013. Schwerpunktmäßig wurden Umfang und Themenspektrum von Weiterbildungsberatungen, Prüfungsleistungen sowie Formen des Lernens mit digitalen Medien erfasst. Darüber hinaus waren die befragten Weiterbildungsanbieter aufgefordert, aus ihrer Sicht ungewöhnliche oder besondere Angebotsformen zu beschreiben, die sie realisiert haben.
Engagement der Anbieter belegt hohen Stellenwert von Weiterbildungsberatung
Weiterbildungsberatung hat in den letzten 10 Jahren im bildungspolitischen Diskurs zur Förderung des lebenslangen Lernens erheblich an Bedeutung gewonnen. Ihr werden wichtige Unterstützungsfunktionen auf der individuellen Ebene bei bildungs- und berufsbiografischen Entscheidungen, unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten zur Erhöhung der Effektivität und Effizienz des Bildungssystems und auf der gesellschaftspolitischen Ebene zur Verbesserung der Chancen zur gesellschaftlichen Teilhabe und sozialen Integration zugewiesen (vgl. Schiersmann 2009). Weiterbildungsberatung wird von einem herausragenden Anteil von 85 % der Anbieter, die hierzu Angaben machten, durchgeführt. Professionelle Weiterbildungsberatung erfordert sowohl Fachwissen bzgl. Weiterbildung und ihrer Rahmenbedingungen als auch Beratungskompetenzen (vgl. Schiersmann 2009, S. 762; Schiersmann/Weber 2013, S. 285 ff.). In fast der Hälfte dieser Weiterbildungseinrichtungen (45 %) verfügten alle eingesetzten Beratenden über eine spezielle formale Qualifikation dafür, bei 38 % der Anbieter mit Beratungsangebot war zumindest ein Teil des beratenden Personals einschlägig qualifiziert, und nur in etwa jeder 10. Einrichtung (11 %) verfügte keine/-r der Beratenden über eine entsprechende Qualifikation.237
Entsprechend den vielfältigen Funktionen der Weiterbildungsberatung ist das Spektrum an Beratungsthemen sehr breit. Wie die Anbieter berichten, ist für fast alle Themen in den letzten 5 Jahren ein Anstieg der Nachfrage zu verzeichnen Schaubild B2.1.2-1.
Beratung bietet Orientierung in der Weiterbildung
Weiterbildungsberatung soll Entscheidungshilfe bei Weiterbildungsfragen leisten und Ratsuchenden eine bessere Übersicht über den vielfältigen und unübersichtlichen Weiterbildungsmarkt vermitteln. 2012 ging es in den durchgeführten Beratungen am häufigsten um eine „allgemeine Orientierung über Weiterbildungsmöglichkeiten“. Diese bezog sich entweder auf das eigene Angebot oder im Rahmen trägerübergreifender Beratung auch auf Angebote anderer Weiterbildungsanbieter. 60 % der Angaben machenden Einrichtungen haben eine solche Lotsenfunktion wahrgenommen Schaubild B2.1.2-1, von den Volkshochschulen (VHS) und den wirtschaftsnahen Anbietern (Kammern, Innungen, Berufsverband oder Ableger davon etc.) waren es jeweils mehr als vier Fünftel (84 % bzw. 83 %). Orientierungshilfe bei der konkreten „Kurswahl und Einstufung (z. B. bei Sprachkursen)“ wurden ebenfalls überdurchschnittlich häufig von VHS durchgeführt (88 %; alle Anbieter: 32 %).
Weiterbildungsberatung im Beruf
Weiterbildungsberatungen beziehen sich häufig auf berufliche Entwicklungsprozesse und Veränderungen als Anlässe für (potenzielle) Weiterbildungsaktivitäten sowie deren Rahmenbedingungen, insbesondere Finanzierung/Förderung. Zum zweithäufigsten Beratungsthema „Berufsweg, Laufbahn, Karriere“ hat 2012 etwa die Hälfte (51 %) der Anbieter beraten. Beratungen hinsichtlich der „Qualifizierung des Personals im Betrieb“, die von 46 % der Anbieter durchgeführt wurden, richten sich primär nicht an die Beschäftigten selbst, sondern an Betriebsleitungen sowie Personalentwickler/-innen. Statt individueller Weiterbildungsinteressen stehen betriebliche Qualifizierungsbedarfe im Fokus. Diese Beratungen können in Zusammenhang mit Organisations- bzw. Unternehmensberatungen stehen.
Beratung zur Finanzierung von Weiterbildung gewinnt an Bedeutung
Besonders deutlich zugenommen haben in den vergangenen 5 Jahren Beratungen zu „Fördermitteln für/Finanzierung von Weiterbildung“. Grund hierfür dürfte der Ausbau der nachfrageorientierten Fördermodelle und -programme sein, die sich vor allem an Beschäftigtengruppen mit unausgeschöpftem Arbeitsmarktpozential (wie Geringqualifizierte, Ältere), mit niedrigem Einkommen sowie in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) richten. Beratung ist oftmals erforderlich, um Interessenten über die für sie häufig intransparenten Förderbedingungen zu informieren (vgl. Käpplinger 2013). Im Jahr 2012 leisteten 42 % der Anbieter derartige Orientierungshilfe. Deutlich spezifischer ist die Beratung zur „Bewilligung von Förderung (Pflichtberatung zu Gutschein-/Scheckinstrumenten)“, die nach eigener Aussage immerhin gut ein Viertel der Anbieter (27 %) sowie knapp die Hälfte der VHS (47 %) durchgeführt hat. Die Ausgabe der Gutscheine (bspw. der Bildungsprämie) darf nur durch speziell zugelassene Stellen erfolgen.
Weiterbildungsberatung begleitet Übergänge
Weiterbildungsberatungen und -teilnahmen finden oft in Zusammenhang mit persönlichen Umbruchsituationen statt und begleiten Übergänge in neue Lebenszusammenhänge. Der „Berufliche Wiedereinstieg“ war 2012 bei 45 % der Anbieter ein Beratungsthema.
Gut ein Viertel der Anbieter (28 %) hat 2012 zu „Kompetenzfeststellungen/-bilanzierungen“ beraten, die dem/der Ratsuchenden Aufschluss über die eigenen Stärken bringen sollen. Die Erfassung und Sichtbarmachung insbesondere auch nonformaler und informell erworbener Kompetenzen bedarf in der Regel professioneller Unterstützung und hat im Zuge des Paradigmenwechsels im Bildungsbereich von der Input- zur Outputorientierung an Bedeutung gewonnen (vgl. Gnahs 2010).
Die „Qualifizierung zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse“ bzw. „Hochschulzugang ohne Abitur“ waren 2012 zwar nur bei jeweils rund jedem 10. Weiterbildungsanbieter (13 % bzw. 10 %) Beratungsthema; hier waren allerdings die stärksten Zunahmen zu verzeichnen. Ersteres hat erst durch das im Frühjahr 2012 eingeführte „Anerkennungsgesetz“ (vgl. Kapitel E4) Relevanz erhalten, wonach eine Gleichwertigkeitsprüfung ausländischer Abschlüsse mit deutschen Berufsabschlüssen sowie die Feststellung eines evtl. Weiterbildungsbedarfs zur Erlangung der Gleichwertigkeit garantiert wird. Die wachsende Beratungsnachfrage bzgl. des „Hochschulzugangs ohne Abitur“ steht in Zusammenhang mit Bemühungen, beruflich Qualifizierten den Zugang zur akademischen Bildung zu ermöglichen und die Durchlässigkeit des Bildungssystems zu fördern.238 Besonders beratungsaktiv sind hier (Fach-)Hochschulen, Akademien (31 %), berufliche Schulen sowie wirtschaftsnahe Einrichtungen (jeweils ein Fünftel).
Lernprozessbegleitende Beratung
Weiterbildungsberatung erfolgt nicht nur im Vorfeld einer möglichen Weiterbildungsteilnahme. Als Lernberatung, die eng an konkrete Lernprozesse gekoppelt ist und in Bezug auf eher selbstgesteuerte Lernprozesse bspw. in Kombination mit netzbasierten oder computergestützten Lernformen besondere Relevanz besitzt, gehört sie ebenso zum Themenspektrum. Den wbmonitor-Ergebnissen zufolge hat 2012 ein Drittel der Anbieter Beratungen zum „Lernen (z. B. Lernorganisation und Lernformen)“ durchgeführt (33 %). Überdurchschnittliche Werte erzielten wiederum die beruflichen Schulen (48 %) und die VHS (45 %).
Online-Beratung ist im Kommen, persönliche Beratung dominiert
Unter den Beratungsformen hat die Online-Beratung in den letzten Jahren am stärksten zugenommen. Bezogen auf die Anbieter, die 2012 Weiterbildungsberatung durchgeführt und Angaben zur Beratungsform gemacht haben, praktizierten 42 % Online-Beratungen. Sie entspricht modernen Kommunikationsgewohnheiten und kann orts- und zeitunabhängig stattfinden. In den meisten Fällen erfolgte Weiterbildungsberatung jedoch als Face-to-Face-Gespräch (91 % dieser Anbieter) und als eher niedrigschwellige telefonische Beratung (82 %). Im Gegensatz zur Komm-Struktur gängiger Bildungs- und Beratungsangebote betreibt die aufsuchende Beratung und Information (z. B. zur Herstellung eines Erstkontaktes und insbesondere zur Erreichung sogenannter bildungsferner Bevölkerungsgruppen) einen vergleichsweise hohen Aufwand, um potenzielle Weiterbildungsinteressenten zu erreichen. Beratungen in dieser sogenannten Geh-Struktur (vgl. Bremer/Kleemann-Göhring 2011, S. 15) wurden 2012 von 38 % dieser Anbieter praktiziert.
Schaubild B2.1.2-1: Beratungsthemen von Weiterbildungsanbietern 2012 (Mehrfachnennungen) und deren Veränderung in den letzten 5 Jahren
Prüfungen und Tests in der Weiterbildung
Eine weitere Lerndienstleistung der Weiterbildungsanbieter ist die Abnahme von Prüfungen und Tests. Diese dienen häufig dem Erwerb von Abschlüssen und Zertifikaten, die im deutschen Bildungssystem eine besondere Bedeutung besitzen, da sie als Berechtigungen Zugang zu weiteren Bildungsgängen ermöglichen und Voraussetzung für den Eintritt in diverse Positionen auf dem Arbeitsmarkt sind (vgl. Severing 2011). Insgesamt gaben knapp drei Viertel (74 %) der Anbieter, die hierzu Angaben machten, an, im Jahr 2012 Prüfungen oder Tests durchgeführt zu haben. Am häufigsten waren dies berufliche (Abschluss-)Prüfungen (Zertifikatskurse, anerkannte Abschlüsse etc.) (59 %). Prüfungen zu Computer-/PC-Kenntnissen (ECDL-Computerführerschein, Webdesign, Netzwerkadministration etc.) wurden von gut jedem fünften Anbieter durchgeführt (23 %), ebenso wie Sprachtests (21 %). Prüfungen für den Erwerb des „Zertifikats Integrationskurs“, durch das Orientierungswissen zur deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen werden und das der Förderung der Integration von Migranten und Migrantinnen dient, wurden von 15 % der Anbieter durchgeführt. Bei ebenfalls 15 % der Anbieter wurden im Rahmen des Nachholens von Schulabschlüssen allgemeinbildende schulische Abschlussprüfungen veranstaltet. Einbürgerungstests, die Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft sind, gaben 11 % der Anbieter an.
Tests, die nicht zu einem Zertifikat führen, sondern lediglich der Einstufung der Weiterbildungsinteressierten dienen und z. B. im Vorfeld einer Teilnahme an Sprachkurse angesiedelt sind, wurden von fast einem Drittel der Anbieter abgenommen (33 %). Während allen anderen Prüfungen und Tests leichte Zuwächse in den letzten 5 Jahren bescheinigt wurden, ist der Trend bei den Computer-/PC-Kenntnissen rückläufig (Mittelwert: -0,2).
Lernformen mit digitalen Medien zeigen große Wachstumspotenziale
Die technischen Neuerungen und Entwicklungen bei den digitalen Medien sind gewaltig. Entsprechend hoch sind die Zuwächse in der Nutzung digitaler Medien im Kontext von Lehren und Lernen, die von den Weiterbildungsanbietern berichtet werden. Dies gilt insbesondere bei der Anwendung von Mobile Learning (z. B. Apps) und Web 2.0/Social Media, wozu Blogs, Wikis, Gruppen bei Facebook etc. zählen. Von diesen Zuwächsen ist jedoch nur eine Minderheit der Weiterbildungsanbieter betroffen, weil die Verbreitung dieser Lernformen noch gering ist: 2012 setzten lediglich 12 % der Anbieter, die Angaben machten, Web 2.0 und Social Media in Lernformen und 4 % Mobile Learning ein Schaubild B2.1.2-2. Am häufigsten wurden Lernplattformen zur Inhaltsbereitstellung (z. B. von Schulungsunterlagen) sowie computer- bzw. webbasierte Selbstlernmodule eingesetzt (jeweils 28 %). Insgesamt nutzten 59 % der Anbieter, die sich zu diesem Themenbereich äußerten, Lernformen mit digitalen Medien; (Fach-)Hochschulen bzw. Akademien sind hier besonders aktiv (80 %). Komplett auf Lernformen mit digitalen Medien verzichten bisher 41 % der Anbieter.
(Meike Weiland, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)
Schaubild B2.1.2-2: Nutzung von Lernformen mit digitalen Medien 2012 (Mehrfachnennungen) und deren Veränderung in den letzten 5 Jahren
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6 % entfielen auf „Weiß nicht“.
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Siehe Beschluss der KMK vom 6. März 2009 (www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2009/2009_03_06-Hochschulzugang-erful-qualifizierte-Bewerber.pdf).