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Berufsabschlüsse können nachträglich im Rahmen einer Umschulung nach §§ 58 ff. BBiG, § 42e bis 42i HwO oder über die Zulassung zur Prüfung nach § 45 Abs. 2 BBiG oder § 37 (2) HwO (Externenprüfung) erworben werden. Mit Umschulungen werden Erwerbstätige, die ihre bisherige Tätigkeit aufgeben müssen oder wollen, auf eine neue berufliche Tätigkeit vorbereitet. Geförderte Umschulungen sind im Vergleich zur Regelausbildung im Allgemeinen um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit gekürzt (vgl. Kapitel B4.1). Mit der sogenannten Externenprüfung können Personen für den Beruf, in dem sie tätig sind, ein anerkanntes Zertifikat erwerben. Die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung kann auf unterschiedliche Art erfolgen: Die benötigten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten können parallel zur Berufstätigkeit autodidaktisch angeeignet werden oder im Rahmen betrieblicher Weiterbildungsangebote oder in speziellen Kursen erworben werden. Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Externenprüfung werden von der Bundesagentur für Arbeit in der Regel in einem zeitlichen Umfang von 6 Monaten gefördert.

Weil eine große Anzahl junger Erwachsener noch keine abgeschlossene Berufsausbildung hat (vgl. Kapitel A9.3) und die Einmündungs- und Erfolgsaussichten bei – gegenüber der normalen Ausbildungszeit verkürzten – Umschulungen gering sind, wurde Mitte der 1990er-Jahre das Konzept der abschlussorientierten Nachqualifizierung entwickelt. Darunter werden Weiterbildungsmaßnahmen verstanden, die auf den nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses vorbereiten und die sich insbesondere an Personen richten, deren berufliche Integration durch das Fehlen beruflicher Qualifikationen erschwert ist. Im Rahmen der abschlussorientierten Nachqualifizierung werden – wie in einer dualen Ausbildung – Arbeiten und Lernen verknüpft. Durch den modularen Aufbau können erworbene Kompetenzen, z. B. aus Arbeitserfahrungen, absolvierten Qualifizierungen des sogenannten Übergangssystems oder abgebrochenen Ausbildungen berücksichtigt werden. Die Ausbildungsdauer orientiert sich an der regulären Dauer von dualen Ausbildungsgängen. Ein Berufsabschluss kann über die sogenannte Externenprüfung erreicht werden. Nachqualifizierung, die diesem Konzept folgt, ist bisher kein Regelangebot. Die Datenlage zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses ist sowohl heterogen als auch unvollständig.

Datenlage zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses

Abschlussorientierte Nachqualifizierungen stellen eine nicht präzise zu quantifizierende Teilmenge der Teilnehmenden an der Externenprüfung (zzgl. Berufe nach landesrechtlichen Regelungen) und der Förderzahlen abschlussorientierter Maßnahmen der BA dar:

Die Berufsbildungsstatistik erfasst die jährliche Anzahl der externen Teilnehmenden an Abschlussprüfungen in nach BBiG und HwO geordneten Berufen (vgl. Kapitel A4.8). Hierbei wird danach unterschieden, ob die Zulassung aufgrund einschlägiger berufspraktischer Erfahrung oder aufgrund eines einem anerkannten Ausbildungsberuf gleichgestellten schulischen Bildungsgangs erfolgte. Daten über die Anzahl der Nachqualifizierungen liegen nicht vor.

Die Teilnahmestatistik der Bundesagentur für Arbeit (vgl. Kapitel B3.1) weist Zugänge und Jahresdurchschnittsbestände für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung mit Abschluss eines anerkannten Ausbildungsberufes aus. Darin sind Umschulungen, Vorbereitungen auf die Externenprüfung und abschlussbezogene Nachqualifizierungen zusammengefasst. Diese Daten liegen nach Alter, Geschlecht, Erwerbsstatus und Rechtskreis differenziert vor.

Ansätze zur Förderung des nachträglichen Erwerbs eines Berufsabschlusses

Zurzeit werden abschlussorientierte Qualifizierungen auf Bundesebene in folgenden Programmen angesprochen:

  • Das vom BMBF mit der Laufzeit 2008 bis 2013 aufgelegte Programm „Perspektive Berufsabschluss“ zielt in der Förderinitiative „Abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung“ darauf, nachhaltig geeignete Rahmenbedingungen für Nachqualifizierung zu schaffen und damit zur Verringerung des Anteils an- und ungelernter junger Erwachsener mit und ohne Beschäftigung beizutragen. Dazu werden im Zusammenwirken mit den regional tätigen Arbeitsmarktakteuren Konzepte für bedarfsgerechte Nachqualifizierung regional angepasst implementiert, bestehende Fördermöglichkeiten transparent gemacht und gebündelt und Beratungs- und Unterstützungsstrukturen aufgebaut.248
  • Mit bundeseinheitlichen Ausbildungsbausteinen, die seit 2009 im vom BMBF geförderten Programm JOBSTARTER CONNECT erprobt werden, sollen Teilbereiche der beruflichen Bildung – vom sogenannten Übergangsbereich bis hin zur Nachqualifizierung – effizienter und tragfähiger gestaltet werden, um noch mehr jungen Menschen eine Berufsqualifizierung und einen Einstieg ins Erwerbsleben zu ermöglichen.249 In der Nachqualifizierung werden Feststellungsverfahren erprobt, die es ermöglichen, bereits vorhandene berufliche Handlungskompetenzen zu ermitteln und darauf aufbauend Nachqualifizierungsangebote für jene Ausbildungsbausteine zu konzipieren, für die noch keine ausreichenden Handlungskompetenzen vorliegen. Durch die Bescheinigung erworbener beruflicher Handlungskompetenz soll insbesondere die Zulassung zur externen Berufsabschlussprüfung über die Glaubhaftmachung beruflicher Handlungsfähigkeit nach § 45 Abs. 2 Satz 2 BBiG bzw. § 36 Abs. 2 Satz 2 HwO erleichtert werden.
  • Die (zum Teil abschlussbezogene) Weiterbildung gering qualifizierter (beschäftigter oder arbeitsloser) Arbeitnehmer/-innen kann nach § 81 SGB III gefördert werden. Die Fördermöglichkeiten für Geringqualifizierte wurden mit dem im Dezember 2011 beschlossenen „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ ab April 2012 ausgeweitet. Auch Personen, die wegen Kindererziehung oder Pflege naher Angehöriger mehr als 4 Jahre nicht in ihrem Beruf tätig waren, können nun gefördert werden. Bisher waren die Fördervoraussetzungen auf das Fehlen eines Berufsabschlusses oder eine mehr als 4-jährige an- und ungelernte Tätigkeit, die die Ausübung des erlernten Berufs unwahrscheinlich macht (§ 81 Abs. 2 SGB III), begrenzt. Das BA-Sonderprogramm WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen), mit dem abschlussbezogene Maßnahmen für gering qualifizierte Beschäftigte finanziert werden konnten, wurde mit den Regelungen des „Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ entfristet. Des Weiteren fördert die Bundesagentur für Arbeit den Erwerb von anerkannten Berufsabschlüssen bzw. Teilqualifikationen im Rahmen der Initiative zur Flankierung des Strukturwandels. Im BA-Projekt „Optimierung der Qualifizierungsangebote für gering qualifizierte Arbeitslose“ wurde in diesem Zusammenhang im Jahr 2012 die Erprobung von Teilqualifikationen in 13 Regionen und 4 Berufen fortgesetzt. Das Erprobungskonzept enthält Elemente eines modularen Nachqualifizierungskonzepts. Die Bundesagentur für Arbeit berichtet über eine im Vergleich zu allen Weiterbildungsteilnehmenden im Bundesgebiet günstigere Eingliederungsquote. In der zweiten Erprobungsphase habe sich der Anteil von Personen, die mehr als eine Teilqualifikation erwerben, erhöht; die Anzahl der Personen, die über die Teilqualifikationen bisher einen Berufsabschluss erworben haben, sei gering (4,1 % der ersten Erprobungsphase). Zudem haben diese Personen größtenteils ihren Berufsabschluss im Rahmen einer Umschulung erworben (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2013j).

Mit der Initiative „Erstausbildung junger Erwachsener“ vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesagentur für Arbeit, die im Februar 2013 gestartet wurde, wird das Ziel verfolgt, insbesondere junge Erwachsene (25- bis unter 35-Jährige) ohne Berufsabschluss in der Arbeitslosenversicherung und Grundsicherung sowie gering qualifizierte Beschäftigte für eine abschlussorientierte Qualifizierung zu gewinnen. Diese Qualifizierungen können insbesondere als betriebliche Einzelumschulungen, Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Externenprüfung oder in den o. g. Teilqualifikationen erfolgen.

(Katrin Gutschow)