Nach den Ergebnissen des LFS beteiligten sich im Jahr 2012 in der EU 9,0 % der 25- bis 64-Jährigen in einem Zeitraum von 4 Wochen am lebenslangen Lernen Tabelle C2.1-1. Dieser Wert ist, wie bereits eingangs erwähnt, weit entfernt vom angestrebten Benchmark für 2020. Seit 2005283 ist der von Eurostat geschätzte Durchschnitt der EU-28 bis 2011 rückläufig und erst im Jahr 2012 steigt er wieder leicht an. Die Entwicklung des EU-Durchschnitts spiegelt nicht nur reale Veränderungen, sondern ist auch von Brüchen der Zeitreihe beeinflusst, die in einer Reihe von Ländern284 wegen methodischer Veränderungen in dem Bestreben nach besserer Vergleichbarkeit der erhobenen Daten auftraten. In einer Modellrechnung der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit dem Centre for Research on Lifelong Learning (CRELL) wurden für einzelne Jahre korrigierte Durchschnittswerte ermittelt, die den Effekt der Zeitreihenbrüche ausgleichen sollen. Dabei ergaben sich im Vergleich der Jahre 2006 und 2011 recht stabile Werte (European Commission 2012a, S. 48 f.). Insgesamt hält es die Europäische Kommission für nicht wahrscheinlich, dass der angestrebte Benchmark bis 2020 erreicht werden kann (ebd., S. 49).
Die Beteiligung Erwachsener am lebenslangen Lernen ist nach dem LFS in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich; die Teilnahmequote lag im Jahr 2012 zwischen 1,4 % und 31,6 %. In der Spitzengruppe mit einer Teilnahmequote von mindestens 20 % finden sich alle nordischen Staaten (neben den EU-Mitgliedstaaten Dänemark, Finnland und Schweden auch Island und Norwegen) und die Schweiz. Gute Werte von mindestens 15 % erreichten auch die Niederlande und das Vereinigte Königreich. In Deutschland waren 2012 7,9 % der Erwachsenen am lebenslangen Lernen beteiligt; dieser Wert liegt unter dem EU-28-Durchschnitt. Deutschland nimmt damit Rangplatz 13 der EU-Staaten und Rangplatz 16 aller europäischen Staaten ein, die sich am LFS beteiligten. Gegenüber 2005 hat sich der Wert für Deutschland (7,7 %) kaum verändert; die zwischenzeitlichen Schwankungen bewegten sich in einem engen Korridor von 0,4 Prozentpunkten. Auch 2005 war bereits eine unterdurchschnittliche Beteiligung der Erwachsenen in Deutschland am lebenslangen Lernen zu verzeichnen (EU-28-Durchschnitt 9,5 %, Rangplatz 12 innerhalb der EU, Rangplatz 15 aller europäischen Staaten mit Beteiligung am LFS).
Nach den Ergebnissen des AES 2011/2012 haben sich in den letzten 12 Monaten vor der jeweiligen Befragung im EU-Durchschnitt 40 % der 25- bis 64-Jährigen an formaler und/oder non-formaler Aus- und Weiterbildung beteiligt. Dieser Wert liegt deutlich über dem Wert aus dem LFS, weil es – wie in Kapitel C1 dargestellt – Unterschiede in der Abgrenzung des lebenslangen Lernens, in der Länge der Referenzperiode sowie in der methodischen Anlage der Befragungen gibt. Schaubild C2.1-1 zeigt die Unterschiede zwischen den Staaten Europas: Die höchsten Anteile Erwachsener in formaler und/oder non-formaler Aus- und Weiterbildung (mit Werten zwischen 56 % und 72 %) werden in den skandinavischen Staaten (Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland) sowie in Luxemburg, in der Schweiz und in den Niederlanden erreicht. In Frankreich, Deutschland, Estland und Österreich haben Erwachsene ebenfalls überdurchschnittliche Teilnahmequoten (zwischen 48 % und 51 %). Bei den Staaten mit geringen Anteilen Erwachsener in formaler und/oder non-formaler Aus- und Weiterbildung finden sich vor allem osteuropäische Staaten sowie Griechenland. Schlusslicht ist Rumänien mit einer Beteiligungsquote von 8 %. Der für Deutschland gemessene Wert liegt deutlich über dem Durchschnitt aller EU-Staaten; gemeinsam mit Estland erreicht Deutschland den Rangplatz 9. Allerdings wurden in den meisten nord- und westeuropäischen Staaten höhere Teilnahmequoten als in Deutschland erreicht; nur Österreich, Belgien, das Vereinigte Königreich und Irland haben niedrigere Teilnahmequoten als Deutschland.
Eurostat hat den EU-28-Durchschnitt für AES 2007 auf 35 % geschätzt. Allerdings ist diese Schätzung mit Vorsicht zu interpretieren, weil in mindestens 3 Staaten nach Angaben von Eurostat oder der nationalen Datenproduzenten die Teilnahmequote im AES 2007 unterschätzt wurde.285 Dennoch kann für die europäischen Staaten insgesamt auf der Grundlage der AES-Daten von einer spürbaren Erhöhung des Anteils Erwachsener, die sich am lebenslangen Lernen beteiligen, ausgegangen werden. In den einzelnen europäischen Ländern zeigen sich dabei sehr unterschiedliche Entwicklungen. Für insgesamt 23 Länder liegen nach gegenwärtigem Stand für AES 2007 und AES 2011/2012 vergleichbare Resultate vor:
- Zunahmen hat es in vielen nord-, west- und südeuropäischen Ländern gegeben sowie in Estland, Polen und Rumänien; insgesamt verzeichnen 13 Staaten einen Anstieg. Die stärksten Zunahmen mit jeweils mehr als 10 Prozentpunkten gab es nach diesen Daten in Portugal, Dänemark und Italien. In einzelnen Staaten können nationale Veränderungen der Rahmenbedingungen hierfür eine Rolle spielen. Ein Beispiel ist Portugal (+18 Prozentpunkte, eine Zunahme von 68 %); hier kann eine mittlerweile eingeführte Verpflichtung der Arbeitgeber zur Weiterbildung ihrer Beschäftigten (ReferNet Portugal 2011, S. 29) zur Erklärung herangezogen werden. In Italien (+13 Prozentpunkte, eine Zunahme von 60 %) wurde AES 2011/2012 als eigenständige Befragung durchgeführt, während die Piloterhebung in eine andere Befragung integriert war. Auf der gegenwärtigen Informationsbasis kann nicht beurteilt werden, ob diese methodische Veränderung möglicherweise als ein Bruch der Zeitreihe anzusehen ist, die den Vergleich zwischen den beiden Erhebungen AES 2007 und AES 2011/2012 ausschließt. Eurostat hat darauf hingewiesen, dass möglicherweise bei weiteren Ländern von einem Zeitreihenbruch auszugehen ist, sobald die nationalen Qualitätsberichte vorliegen (Eurostat 2013a). Für Dänemark (+14 Prozentpunkte, eine Zunahme von 31 %) liegen derzeit keine weiteren Informationen vor.
- Rückgänge sind in einigen osteuropäischen Staaten zu verzeichnen, darüber hinaus z. B. in Belgien, Griechenland und im Vereinigten Königreich. Insgesamt gibt es 10 Staaten mit Abnahmen der Teilnahmequote, wobei diese Rückgänge meist gering ausfallen. Für 2 Staaten – das Vereinigte Königreich und Bulgarien – werden Rückgänge von mindestens 10 Prozentpunkten ausgewiesen. In beiden Staaten gibt es nationale Berichte, die den Rückgang darstellen und mögliche Gründe benennen: Die wirtschaftliche Krisensituation mit einem Rückgang der Zahl der Beschäftigten (und folglich einem Rückgang der betrieblichen Weiterbildung pro Kopf der Bevölkerung), die geringere Bereitschaft oder Möglichkeit von Individuen und Betrieben, für das Lernen im Erwachsenenalter Kosten zu tragen, sowie geringerer Bedarf an computerbezogener Weiterbildung, weil mittlerweile ein Großteil der Bevölkerung über entsprechende Kompetenzen verfüge (National Statistical Institute Republic of Bulgaria 2013, S. 5; Department for Business, Innovation and Skills 2012, S. 17 f.).286
Tabelle C2.1-1: Teilnahme der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren am lebenslangen Lernen (in %, LFS 2005 bis 2012)
Schaubild C2.1-1: Beteiligung der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren an formaler und non-formaler Aus- und Weiterbildung (in %, AES 2007, AES 2011/2012)
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283
In den Jahren 2003 bis 2005 wurden in fast allen Staaten methodische und konzeptionelle Veränderungen des LFS vorgenommen, die Werte vor 2005 werden daher nicht in die Zeitreihe einbezogen.
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284
Details zu den betroffenen Ländern und zu den Zeitpunkten der Brüche finden sich in Tabelle C2.1-1.
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285
AES 2007 war eine Piloterhebung ohne bindende Vorgaben, bei der mit methodischen Unterschieden zwischen den Staaten zu rechnen war. Als Konsequenz waren auch (durch später einheitlicheres Vorgehen) Brüche in der Zeitreihe bei AES 2011/2012 absehbar; ihre Häufigkeit ist geringer als erwartet und auch geringer als im LFS im Vergleichszeitraum. In vier Staaten (Frankreich, Ungarn, Niederlande und Schweiz) gibt es solche Brüche in der AES-Zeitreihe, die nach den Erläuterungen der Datenproduzenten als Unterschätzung der Werte für 2007 zu interpretieren sind (Eurostat 2013a, Centraal Bureau voor de Statistiek, Statistik Schweiz 2013). Darüber hinaus haben sich zwei Mitgliedstaaten (Luxemburg und Irland) nicht an der Piloterhebung beteiligt; da es sich um Staaten mit vergleichsweise geringer Bevölkerungszahl handelt, dürfte der Effekt auf den EU-Durchschnitt aber gering ausfallen.
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286
Für das Vereinigte Königreich kommt hinzu, dass für den AES 2007 Daten aus England, Schottland und Wales zur Verfügung stehen, für 2011/2012 nur aus England. Allerdings gab es im AES 2007 zwischen den Landesteilen nur geringe Unterschiede in der Teilnahmequote, sodass es nach derzeitigem Informationsstand keinen Hinweis auf starke Effekte dieser regionalen Teilstichprobe gibt.