Der Rückgang der Ungelerntenquote junger Erwachsener im Alter von 20 bis 34 Jahren hat sich fortgesetzt. 2012 wurde mit 13,8 % erstmals wieder der Wert von 14 % unterschritten. Im Jahr 2000 betrug er zuletzt 13,9 %; in den letzten 10 Jahren lag der Wert meist über 14,6 % Tabelle A8.3-1. Eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes weist für das Jahr 2013225 einen weiterhin gesunkenen Anteilswert von 13,5 % aus.226
Die nachfolgenden Ergebnisse beruhen auf den Daten des Mikrozensus 2012. Sie beziehen sich auf die 20- bis 34-Jährigen, die in 3 Kohorten von je 5 Jahrgängen (20 bis 24, 25 bis 29 und 30 bis 34 Jahre) betrachtet werden.
Im Jahr 2012 waren 2.042.000 junge Menschen im Alter von 20 bis unter 35 Jahren ohne formale Qualifikation (nicht formal Qualifizierte, nfQ). Das waren 40.000 weniger als 2011, was einem Rückgang des Anteils von 14,1 % auf 13,8 % an dieser Alterskohorte entspricht. Dieser Rückgang erfolgte bei allen drei Altersgruppen Tabelle A8.3-1. Von 2011 auf 2012 fiel die Quote der nfQ in der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen von 13,1 % auf 12,6 %, bei den 25- bis 29-Jährigen von 13,9 % auf 13,6 % und in der Gruppe der 30- bis 34-Jährigen von 15,3 % auf 15,1 %. In der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen ist ein Rückgang von 13,5 % auf 13,1 % zu verzeichnen. Der Anteil junger Menschen ohne Berufsabschluss steigt also von der jüngsten bis zur ältesten Teilkohorte an. Gut 100.000 der 30- bis 34-Jährigen – davon über 80 % mit Hochschulzugangsberechtigung – befinden sich noch in einer Ausbildung oder im Studium, und nicht alle schließen mit Erfolg ab. Ändert sich in den kommenden Jahren an dem derzeitigen Qualifikationsverhalten junger Menschen in Deutschland und der Qualifikationsstruktur der Zuwandernden nichts, wird die Quote junger Menschen ohne berufliche Qualifikation wahrscheinlich weiter sinken.
Tabelle A 8.3-1: Junge Erwachsene ohne Berufsausbildung von 1996 bis 2013
Nicht formal Qualifizierte (nfQ)
Unter nfQ bzw. „Ungelernte“ werden alle (erwerbsfähigen) Personen zusammengefasst, die keine „erfolgreiche, zertifizierte Teilnahme an formalen (standardisierten, staatlich geregelten oder anerkannten) Bildungsgängen (Gottsleben 1987, S. 1) vorweisen können, also keinen Abschluss einer dualen oder rein schulischen Berufsausbildung oder eines Fachhochschul- oder Hochschulstudiums (oder gleichwertigen Abschlusses) haben. Personen mit Anlernausbildung bzw. mit einem Praktikum gelten als nicht formal qualifiziert. Da sich unter den nfQ vor allem in den untersuchten Altersjahrgängen eine erhebliche Anzahl an Personen befindet, die ihre berufliche Ausbildung noch nicht beendet haben oder ihren freiwilligen Wehrdienst, Bundesfreiwilligendienste oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr leisten, wurden bei der Auswertung der Mikrozensusdaten folgende Personen nicht zu denjenigen ohne abgeschlossene Berufsausbildung gezählt: Schüler/ -innen, Studierende, Auszubildende227, Freiwilligendienstleistende.
Unterschiede nach Geschlecht, Schulabschlüssen und Region
Bis 2010 waren junge Frauen häufiger von Ausbildungslosigkeit betroffen als gleichaltrige Männer. Nachdem sich die Anteile in den letzten Jahren immer weiter angenähert hatten, unterschritten Frauen 2011 mit 14,0 % zum ersten Mal die Quote der Männer von 14,2 %. Auch 2012 setzte sich dieser Trend fort, ohne dass sich die Differenz vergrößerte (Frauen 13,7 %, Männer 13,9 %) Tabelle A8.3-2. Ausbildungslosigkeit hängt sehr stark mit den erreichten Schulabschlüssen zusammen, und die Quote der nfQ nach Schulabschlüssen hat sich in den letzten Jahren auch wenig verändert. Von den Personen, die über keinen Schulabschluss verfügen, sind 63 % ohne einen Berufsabschluss. 2009 waren es noch 70 %. Bei denjenigen mit Hauptschulabschluss sind es knapp 32 %, und bei denjenigen mit Realschulabschluss sind es 9 %. Von den Personen mit Hochschulzugangsberechtigung sind knapp 5 % ohne Berufsabschluss Tabelle A8.3-2.
Der Rückgang des Anteils nicht formal Qualifizierter beschränkt sich fast ausschließlich auf Westdeutschland. Hier fiel die Quote von 14,9 % auf 14,5 %, während sie in Ostdeutschland, wo der Anteil nfQ immer niedriger lag, mit 11,1 % praktisch gleich blieb. Allerdings sind es die ostdeutschen Frauen, die den Anteil nicht formal qualifizierter Frauen unter den der Männer drücken. Obwohl in Ostdeutschland nur 22 % der 20- bis 34-jährigen Bevölkerung leben, reicht die Differenz zwischen Männern und Frauen von 2,2 Prozentpunkten aus, um bundesweit das Vorzeichen umzukehren. Die Schere zwischen Frauen und Männern hat sich in Ostdeutschland von 2011 auf 2012 weiter geöffnet Tabelle A8.3-3.
Tabelle A 8.3-2: Junge Erwachsene ohne beruflichen Abschluss im Alter von 20 bis 34 Jahren 2012
Staatsangehörigkeit/Migrationshintergrund
Von den 20- bis 24-Jährigen mit deutscher Staatsangehörigkeit haben 45 % ihre Ausbildung abgeschlossen, und fast genauso viele befinden sich noch in Ausbildung. Die Quote steigt auf 80 % bei den 25- bis 29-Jährigen und 88 % bei den 30- bis 34-Jährigen. Von den jungen Menschen ohne deutschen Pass (dazu zählen auch diejenigen mit doppelter Staatsbürgerschaft) der jüngsten Kohorte haben erst 30 % eine abgeschlossene Ausbildung. Der Anteil, der sich in Ausbildung befindet, liegt ebenso hoch wie bei den Deutschen. Allerdings gelten schon 28 % als nicht formal qualifiziert, und dieser Anteil steigt in den beiden älteren Kohorten auf 31 % bzw. 36 %. Die 25- bis 34-jährigen ausländischen Frauen sind gegen den Gesamttrend häufiger ohne Berufsabschluss als die Männer Tabelle A8.3-4.
Das Konzept des Migrationshintergrundes ist gegenüber der Staatsangehörigkeit aussagekräftiger, weil es erlaubt, zwischen Personen mit eigener und ohne eigene Migrationserfahrung zu unterscheiden, und weil es die Zuwanderung von Eingebürgerten sichtbar macht. Hinter dieser Differenzierung steht die Annahme, dass Personen ohne eigenen Migrationshintergrund bzw. Eingebürgerte stärker in das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem integriert sind und daher geringere Quoten an nicht formal Qualifizierten aufweisen.
Die Ergebnisse stützen diese Annahme: 20- bis 34-jährige Deutsche ohne Migrationserfahrung bleiben zu 9,4 % ohne Berufsabschluss, zugewanderte Migranten mit knapp 29 % dreimal so häufig. In Deutschland Geborene mit Migrationshintergrund, aber ohne eigene Migrationserfahrung liegen mit 21,7 % dazwischen Tabelle A8.3-4. Frauen weisen im Vergleich zu Männern noch niedrigere Werte auf. Nur bei Migrantinnen mit eigener Migrationserfahrung liegt die Quote mit 30,1 % erkennbar über der Quote der Männer mit 27,7 %.
2012 lebten in Deutschland 693.000 junge Erwachsene im Alter von 20 bis 34 Jahren, die türkischer Herkunft waren. Von ihnen waren 281.000 (40,6 %) ohne Berufsabschluss Tabelle A8.3-5. Der außerordentlich hohe Anteil an nfQ unter den jungen Erwachsenen mit türkischem Migrationshintergrund bereitet seit Jahren Sorge. In der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen mit türkischem Migrationshintergrund sind bereits 27 % der Frauen und 28,4 % der Männer nicht formal qualifiziert. In der nächstälteren Teilgruppe der 25- bis 29-Jährigen steigt der Anteil bei den Frauen auf 47,6 % und bei den Männern auf 37,8 %. In der ältesten Teilgruppe (30 bis 34 Jahre) sind 47,5 % der Männer und 56,5 % der Frauen ohne abgeschlossene Ausbildung.
Tabelle A 8.3-3: Anteil der 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss, West- und Ostdeutschland 2012 (in %)
Tabelle A 8.3-4: Anteil der 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss nach Migrationsstatus 2012 (in %)
Tabelle A 8.3-5: Anzahl und Anteil der 20- bis 34-Jährigen ohne Berufsabschluss mit türkischem Migrationshintergrund 2012 (in %)
Der Anteil türkischstämmiger junger Erwachsener ohne Berufsabschluss liegt noch erheblich höher, wenn keine deutsche Staatsangehörigkeit vorliegt: 32,9 % der 20- bis 24-jährigen Ausländer mit türkischem Migrationshintergrund haben keine Ausbildung. Von den 25- bis 19-Jährigen sind es bereits mehr als die Hälfte (52,2 %) und bei den 30- bis 34-Jährigen 60,4 %.
Betrachtet man die Anteile nach dem Migrationsstatus, also unter dem Gesichtspunkt, ob jemand selbst zugewandert ist oder nicht, liegt die Quote der in Deutschland geborenen türkischstämmigen Personen ohne Berufsabschluss mit 31,6 % deutlich unter dem Gesamtwert aller jungen Erwachsenen mit türkischem Migrationshintergrund (40,6 %). Frauen sind in jeder Altersgruppe häufiger ausbildungslos, aber die Differenz liegt in allen Gruppen unter 4 %. Von den Zugewanderten türkischer Herkunft sind 32 % der 20- bis 24-Jährigen ohne Ausbildung, der Anteil springt auf 47,2 % bei den 25- bis 29-Jährigen und auf 55,7 % bei den 30- bis 34-Jährigen. In den beiden älteren Gruppen zeigt sich eine Differenz von 12,8 bzw. 10 Prozentpunkten zum Nachteil der Frauen.
(Uta Braun, Manuel Schandock)
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Der Mikrozensus 2013 ist derzeit noch nicht für die Wissenschaft frei zugänglich. Begrenzte Berechnungen sind als Sonderauswertungen möglich. Daher beschränken sich die Auswertungen für das Jahr 2013 auf die in Tabelle A8.3-1 dargestellten Ergebnisse.
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Die Tabelle A8.3-1 weist für das Jahr 2013 zwei Zeilen auf: Eine für die Hochrechnung auf Basis der alten Bevölkerungsfortschreibung und eine auf der Basis des Zensus 2011. Der Zensus 2011 hat ergeben, dass in Deutschland 2011 rund 1,5 Millionen Menschen weniger lebten, als aufgrund der Bevölkerungsfortschreibung angenommen wurde, darunter waren 1,1 Millionen Ausländer. In der Altersgruppe der 20- bis 34-Jährigen fehlten 469.000 Personen, darunter 220.000 Ausländer. Die Bevölkerungszahl und -struktur bestimmen den Hochrechnungs- und Gewichtungsfaktor des Mikrozensus und wirken sich dadurch auch auf die Quote formal nicht Qualifizierter (nfQ) aus. Die bessere Schätzung der Anzahl Ausbildungsloser (1,91 Millionen) ermöglicht der Zensus, zur Beurteilung der Entwicklung des Anteils der nfQ sollte besser auf die Bevölkerungsfortschreibung ohne Berücksichtigung des Zensus zurückgegriffen werden. Der Vergleich der beiden Zeilen zeigt, dass die Anzahl der nfQ nach beiden Berechnungen zurückgegangen ist. Der Anteil Ausbildungsloser ist nach der herkömmlichen Bevölkerungsfortschreibung von 13,8 % (2012) auf 13,5 % (2013) gefallen, auf Basis des Zensus liegt er mit 13,3 % noch niedriger. Für den letzteren Wert gibt es derzeit aber noch keine Vergleichswerte.
- 227 Zur Abgrenzung der Auszubildenden wird neben der Angabe zum gegenwärtigen Schulbesuch (EF 287) auch die Angabe zur gegenwärtigen beruflichen Stellung (EF 117) berücksichtigt (Mikrozensus 2012 und 2013).
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Bei den Schulabschlüssen handelt es sich nicht nur um die Abschlüsse, mit denen die allgemeinbildende Schule verlassen wurde. Hauptschul- und Realschulabschlüsse können auch im Berufsvorbereitungsjahr und bei Vorliegen bestimmter Bedingungen im Rahmen einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung erworben werden. Der mit 3,9 % außerordentlich niedrig erscheinende Anteil derer ohne Schulabschluss an allen Schulabschlüssen gibt einen Eindruck davon, in welchem Maße nach Verlassen der Schule noch allgemeine Schulabschlüsse erworben werden. Vgl. Vereinbarung über den Abschluss der Berufsschule (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 1. Juni 1979 i. d. F. vom 4. Juni 1997); siehe www.kmk.org/dokumentation/veroeffentlichungen-beschluesse/bildung-schule/berufliche-bildung.html