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Im Folgenden wird der Sektor „Berufsausbildung“ näher beschrieben. In einem ersten Schritt wird er mit den anderen Bildungssektoren des Ausbildungsgeschehens verglichen (systemische Betrachtung). Im Fokus stehen hierbei die der iABE zur Verfügung stehenden Merkmale Jahr, Geschlecht, Nationalität und schulische Vorbildung. In einem zweiten Schritt werden die Bildungskonten innerhalb des Sektors einander gegenübergestellt sowie deren Entwicklung erläutert. 

Systemische Betrachtung

Im Ausbildungsgeschehen zeigt sich insgesamt ein Trend zur Höherqualifizierung. Während sich die Anteile in den Sektoren „Studium“ und „Erwerb der HZB (Sek II)“ erhöhen, sinken die Anteile im „Übergangsbereich“. Die relative Bedeutung des Sektors „Berufsausbildung“ ist hingegen im Zeitverlauf recht stabil Schaubild A6.1-3. Im Jahr 2014 begannen 35,5 % der Anfänger/ -innen des Ausbildungsgeschehens eine vollqualifizierende Berufsausbildung, 2005 waren es 37,4 %. Auch absolut hat sich die Zahl der Anfänger/ -innen in diesem Sektor vergleichsweise wenig verändert: 2005 begannen 739.149  Jugendliche eine Ausbildung, 2014 waren es rund 26.000 weniger (712.853). 

Im Hinblick auf die Geschlechteranteile zeichnet sich der Sektor „Berufsausbildung“ – ähnlich wie der Sektor „Studium“ – durch ein ausgeglichenes Verhältnis aus. Der „Übergangsbereich“ hingegen ist eher männlich geprägt (59,4 % Männer). Der Sektor „Erwerb der HZB (Sek II)“ weist mit 52,5 % einen leicht höheren Frauenanteil auf Tabelle A6.3-1.

Deutlicher unterscheiden sich die Sektoren in Bezug auf ihre Ausländeranteile. So weisen die Sektoren „Berufsausbildung“ (6,8 %) und „Erwerb der HZB (Sek II)“ (5,9 %) vergleichsweise niedrige Anteile auf. Hingegen sind 20,0 % der Studienanfänger ausländischer Nationalität, im Übergangsbereich haben 14,2 % keine deutsche Staatsangehörigkeit. Für den Sektor „Studium“ ist allerdings zu berücksichtigen, dass unter den ausländischen Studierenden 83,8 % sogenannte Bildungsausländer sind – also ausländische Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben.

Mit dem Merkmal „schulische Vorbildung“ erfasst die iABE den höchsten allgemeinbildenden Schulabschluss der Anfänger/ -innen in den Sektoren des Ausbildungsgeschehens. 

Da sich die Sektoren entsprechend ihren Bildungszielen voneinander abgrenzen, unterscheiden sie sich auch bezüglich der „Vorbildung“ der Anfänger/ -innen. Für die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung müssen junge Menschen keinen formalen Schulabschluss mitbringen, in den schulischen Berufsausbildungen sieht das z. T. anders aus. Entsprechend finden sich alle Arten von Vorbildung im Sektor „Berufsausbildung“. Dominiert wird der Sektor von Jugendlichen, die einen mittleren Abschluss mitbringen (51,6 %). Rund ein Viertel (23,9 %) verfügt über einen Hauptschulabschluss, 20,8 % bringen sogar die (Fach-)Hochschulreife mit. Nur 2,6 % verfügen über keinen Hauptschulabschluss. Auch im „Übergangsbereich“ beginnen Jugendliche mit unterschiedlichen Schulabschlüssen. Hier ist das Bildungsniveau jedoch erwartungsgemäß niedriger. Dennoch verfügen 25,7 % der Anfänger/ -innen dieses Sektors über einen Realschul- oder gleichwertigen Abschluss. Der Großteil dieser Jugendlichen kann vorsichtig der Gruppe der sogenannten Marktbenachteiligten zugerechnet werden, die im Sektor „Berufsausbildung“ keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. 

Tabelle A 6.3-1: Bildungssektoren und Konten im Vergleich

Beschreibung der Bildungskonten

Der Sektor „Berufsausbildung“ setzt sich aus 6 Konten zusammen. Die Tabelle A6.3-1 verdeutlicht, dass die „Duale Ausbildung nach BBiG/HwO“ das quantitativ bedeutendste Konto innerhalb dieses Sektors darstellt: 67,9 % beginnen eine duale Ausbildung, während 32,1 % der Anfänger/ -innen sich für eine der unterschiedlichen Varianten einer schulischen Berufsausbildung  entscheiden. Zur dualen Berufsausbildung nach BBiG/HwO finden sich bereits ausführliche200 Beschreibungen auf Grundlage der Berufsbildungsstatistik in Kapitel A4. Die nachfolgende Beschreibung konzentriert sich daher auf die Konten der sogenannten „schulischen Berufsausbildung“, die ihrerseits eine unterschiedliche quantitative Bedeutung hat. In Kapitel A5.1.2 werden ergänzende berufsstrukturelle Analysen auf Basis der Fachserie 11, Berufliche Schulen durchgeführt.

Ausbildungen in Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialberufen (GES-Berufen)

Die rund 176.000 Anfänger/ -innen in „Landes- und bundesrechtlich geregelten Ausbildungen in Berufen des Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesens“ bilden den Schwerpunkt innerhalb der schulischen Berufsausbildung. Gemessen an der Zahl der Anfänger/ -innen im Sektor „Berufsausbildung“ werden knapp ein Viertel (24,7 %) aller vollqualifizierenden Berufsausbildungen in diesem Bereich begonnen. Einige Berufe des Gesundheitswesens werden im dualen System nach BBiG/HwO ausgebildet (z. B. Medizinische/ -r Fachangestellte/ -r). Diese werden nicht im Konto der GES-Berufe erfasst. Der Großteil der GES-Berufe wird an Schulen des Gesundheitswesens, Fachschulen und Berufsfachschulen sowie an Fachakademien erlernt. Die Ausbildung ist entweder bundes- oder landesrechtlich geregelt. 

Die GES-Ausbildungen sind im Vergleich mit den anderen Konten der schulischen Berufsausbildung stark weiblich geprägt (77,9 % der Anfänger/ -innen). Gleichzeitig weisen sie mit nur 5,0 % den niedrigsten Ausländeranteil aus. Gut die Hälfte aller Anfänger/ -innen (53,3 %) verfügt vor Beginn der Ausbildung über einen mittleren Abschluss (Realschule), rund ein Viertel (25,5 %) verfügt sogar über die (Fach-)Hochschulreife. Nur knapp ein Fünftel aller Anfänger/ -innen hatte einen Hauptschulabschluss (20,2 %).

Bildungsgänge an Berufsfachschulen und Fachgymnasien, die einen Berufsabschluss und eine Hochschulzulassungsberechtigung (HZB) vermitteln 

Im Rahmen der schulischen Berufsausbildung stellen die „Bildungsgänge an Berufsfachschulen und Fachgymnasien, die einen Berufsabschluss und eine HZB vermitteln“, mit rund 24.000 Anfängerinnen und Anfängern im Jahr 2014 das zweitgrößte Konto dar. Gemessen am Sektor „Berufsausbildung“ entspricht dies einem Anteil von 3,4 % an allen vollqualifizierenden Berufsausbildungen. Das Konto bündelt die sogenannten doppelqualifizierenden Bildungsgänge. Hier werden landesrechtlich geregelte Bildungsgänge – i. d. R. die sogenannten „Assistentenausbildungen“ – angeboten, welche gleichzeitig die Hochschulreife vermitteln. Da der Berufsabschluss als primäres Bildungsziel definiert ist, werden diese Bildungsgänge im Sektor „Berufsausbildung“ und nicht im Sektor „Erwerb der HZB (Sek II)“ verbucht.

Der Frauenanteil in diesem Konto ist mit 45,0 % im Vergleich zu den anderen Konten der schulischen Berufsausbildung eher gering. Auch der Ausländeranteil weist mit knapp 7,9 % den zweitniedrigsten Wert auf. Entsprechend dem Bildungsziel verfügen 95,6 % der Anfänger/ -innen bereits über einen mittleren Schulabschluss, 3,4 % bringen sogar die (Fach-)Hochschulreife mit. Sie nutzen diese Bildungsgänge in erster Linie zum Erwerb von beruflichen Qualifikationen.

Bildungsgänge an Berufsfachschulen außerhalb BBiG/HwO

Die „Berufsfachschulen vollqualifizierend außerhalb BBiG/HwO“ sind mit rund 15.000 im Jahr 2014 das am drittstärksten besetzte Bildungskonto innerhalb der schulischen Berufsausbildung. Gemessen an der Zahl aller Anfänger/ -innen im Sektor „Berufsausbildung“ stellen sie lediglich einen Anteil von 2,1 % an allen vollqualifizierenden Berufsausbildungen. Bei den Bildungsgängen handelt es sich vorwiegend um landesrechtlich geregelte „Assistentenausbildungen“, wie beispielsweise zum/zur „staatlich geprüften kaufmännischen Assistenten/Assistentin“ oder „staatlich geprüften umweltschutztechnischen Assistenten/Assistentin“. Das Konto ist mit 56,6 % Frauen eher weiblich geprägt. Mit 9,8 % ist der Ausländeranteil in diesen Bildungsgängen außerhalb BBiG/HwO höher als in der dualen Ausbildung nach BBiG/HwO. Im Hinblick auf die schulische Vorbildung weisen sie einen vergleichsweise niedrigen Anteil mit Hauptschulabschluss vor. 60,5 % verfügen über einen Realschulabschluss, rund ein Viertel (24,7 %) bringt die (Fach-)/Hochschulreife mit. 

Beamtenausbildungen im mittleren Dienst

Mit rund 9.000 Anfängern und Anfängerinnen im Jahr 2014 ist das Konto „Berufsausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis (Beamtenausbildung mittlerer Dienst)“ gemessen an allen Anfängern und Anfängerinnen des Sektors „Berufsausbildung“ vergleichsweise klein (1,3 %). Ausgebildet wird in der öffentlichen Verwaltung (vgl. Kapitel A5.2). Es gibt darüber hinaus einige wenige Beamte in Ausbildung, deren Dienstort im Ausland liegt, welche im Rahmen der iABE nicht erfasst werden. Die Beamtenausbildung weist den größten Männeranteil auf (64,1 %). Gleichzeitig finden sich unter den Beamten aus rechtlichen Gründen nur Auszubildende mit deutschem Pass. Alle Anfänger/ -innen haben einen mittleren Schulabschluss.

Bildungsgänge an Berufsfachschulen nach BBiG/HwO

Das Konto „Vollqualifizierende Berufsabschlüsse an Berufsfachschulen nach BBiG/HwO“ ist mit nur rund 5.000 Anfängern und Anfängerinnen im Jahr 2014 das am schwächsten besetzte Konto. Mit einem Frauenanteil von 59,0 % liegt es im Mittelfeld der schulischen Berufsausbildung. Der Ausländeranteil ist mit 15,4 % am höchsten. Gleichzeitig bringen die Jugendlichen eine vergleichsweise niedrigere schulische Vorbildung mit. 45,1 % verfügen über einen Hauptschulabschluss, 44,8 % über einen mittleren Abschluss. Nur 8,9 % der Anfänger/ -innen verfügen über eine (Fach-)Hochschulreife. 

Schaubild A 6.3-1: Entwicklung der Bildungskonten gegenüber dem Basisjahr 2005

Entwicklung der Bildungskonten

Das Schaubild A6.3-1 stellt die Entwicklung der Bildungskonten gegenüber dem Basisjahr 2005 dar:

Während die Anzahl der Anfänger/ -innen in dualer und schulischer Berufsausbildung insgesamt konstant ist, zeigen die Konten innerhalb der schulischen Berufsausbildung ungleiche Entwicklungen. So stiegen die Anfängerzahlen für die „Beamtenausbildungen“ (+52,3 %) sowie die „Ausbildungen im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen“ (+23,3 %). Gleichzeitig sanken sie in „Bildungsgängen an Berufsfachschulen und Fachgymnasien, die einen Berufsabschluss und eine HZB vermitteln“ (-17,3 %), in „Bildungsgängen an Berufsfachschulen außerhalb BBiG/HwO“ (-52,5 %) sowie in „Bildungsgängen an Berufsfachschulen nach BBiG/HwO“ (-55,1 %).

Die positive Entwicklung der Anfängerzahlen in den GES-Berufen beruht insbesondere auf einer Zunahme in den Berufen Gesundheits- und Krankenpfleger/ -in und Altenpfleger/ -in. Aufgrund des demografischen Wandels gibt es in diesem Sektor einen steigenden Fachkräftebedarf, den es zu decken gilt. Auch verzeichnen die Erzieher/ -innen einen deutlichen Zulauf, der in Zusammenhang mit dem neuen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz gebracht werden kann (vgl. Kapitel A5.1.2).

Während die Beamtenausbildung zwischen 2005 und 2007 um 21,6 % gesunken ist, verzeichnet sie seitdem auf der Bundesebene einen kontinuierlichen Anstieg. Außer Brandenburg, Hessen und Rheinland-Pfalz zeigen alle Länder einen Anstieg der Anfänger/ -innen. In  den Ländern Bayern, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt hat sich die Anzahl gegenüber dem Jahr 2007 mehr als verdoppelt. Für eine Erklärung müssen die länderspezifischen Besonderheiten detailliert betrachtet werden (siehe Kasten A6.2).

Bei den Rückgängen der Anfängerzahlen in den doppelqualifizierenden Bildungsgängen fällt der Knick ab dem Jahr 2008 ins Auge. Während im Jahr 2008 noch rund 34.000 Anfänger/ -innen gezählt wurden, sind es ein Jahr später nur noch rund 26.000. Dies ist insbesondere auf eine Umwidmung der doppelqualifizierenden Bildungsgänge in Baden-Württemberg zurückzuführen: Im Jahr 2008 wurden sie noch im Sektor „Berufsausbildung“ gezählt (als primäres Bildungsziel wird hier noch der Berufsabschluss angegeben), ab dem Jahr 2009 im Sektor „Erwerb der HZB (Sek II)“ als „Bildungsgänge an Berufsfachschulen, die eine HZB vermitteln“ ausgewiesen (ab diesem Zeitpunkt ist die HZB als primäres Ziel benannt). Die Anfängerzahlen für dieses Konto stiegen im gleichen Zeitraum von 6.000 auf 17.000.

Über die Gründe für den Rückgang der sogenannten „Assistentenausbildungen“ in „Bildungsgängen an Berufsfachschulen außerhalb BBiG/HwO“ muss spekuliert werden. So kann vermutet werden, dass dies auf ihren kompensatorischen Charakter zurückzuführen ist. Insbesondere aufgrund des demografischen Wandels gibt es einen deutlichen Rückgang der Jugendlichen. Hierdurch verbessern sich zum einen die Chancen der jungen Menschen, einen Ausbildungsplatz im dualen System nach BBiG/HwO zu finden, wodurch weniger kompensatorische Angebote – seien es Assistentenausbildungen oder Maßnahmen des Übergangsbereichs  – benötigt werden. Eine weitere Ursache, die einen Rückgang der „Assistentenausbildung“ verursacht, ist vermutlich der Trend hin zu einer stärkeren allgemeinbildenden Höherqualifizierung, sowohl über doppelqualifizierende Bildungsgänge im Sektor „Berufsausbildung“ als auch über die primär allgemeinbildenden Bildungsgänge im Sektor „Erwerb der HZB (Sek II)“. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die angebotenen Assistentenausbildungen an den beruflichen Schulen auch institutionellen Logiken folgen. So kann eine Landesregierung Ausbildungsplätze anbieten oder diese aufgrund veränderter Bedingungen zurückfahren. Entsprechend sinkt dann auch die Zahl der Anfänger/ -innen in diesen Ausbildungen. 

Für den Rückgang der „Bildungsgänge an Berufsfachschulen nach BBiG/HwO“ können ähnliche Gründe vermutet werden.

(Regina Dionisius, Amelie Illiger, Friedel Schier)