Neue Überlegungen zur finanziellen Förderung der Weiterbildung gehörten im Jahr 2015 mit zum Themenkatalog, den die Tarifparteien der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg verhandelten. Analog zu tariflichen Altersteilzeitvereinbarungen (ATZ) regelt der am 24. Februar 2015 geschlossene Tarifvertrag zum Thema Weiterbildung u. a.: „Vereinbaren die Betriebsparteien, dass ein Teil des ATZ-Volumens für Bildungsteilzeit verwendet wird, werden persönliche Weiterbildungsmaßnahmen analog zum ATZ-Modell mit den entsprechenden monatlichen Aufstockungsbeträgen gefördert. Beschäftigte können so in Weiterbildungen während der Dauer der Bildungsteilzeit zwischen 75 und 79 Prozent ihres Nettoeinkommens erhalten. Die Betriebsparteien können davon abweichende Modelle vereinbaren.“269
Diese Regelung ist insofern bemerkenswert, als die Tarifparteien sich im Normalfall auf „Kostenregelungen mit drei Abstufungen“ (Heidemann/Busse 2015, S. 90) einigen: „Betrieblich notwendige“ Bildungsmaßnahmen finden während der Arbeitszeit statt. Die Kosten trägt der Arbeitgeber. Ebenso trägt der Arbeitgeber für „betrieblich zweckmäßige“ Weiterbildung die Kosten, jedoch müssen die Beschäftigten hier auch Freizeitanteile einbringen. Bei „‚persönlicher beruflicher Weiterbildung‘ ist es mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich, sich ohne Lohnfortzahlung freistellen zu lassen, die Maßnahmekosten müssen die Beschäftigten selbst tragen“ (Heidemann/Busse 2015, S. 90). Unberührt hiervon sind die Regelungen zur bezahlten Freistellung in den Bildungsurlaubsgesetzen der Bundesländer. Durch den neuen Tarifvertrag können Mittel, die für die Altersteilzeitregelung nicht abgerufen bzw. zurückgehalten wurden, zur Finanzierung einer Bildungsteilzeit genutzt werden. Für Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit auf die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit reduziert haben, um an einer „persönlichen beruflichen Weiterbildung“ teilzunehmen, wäre dann der Einkommensverlust auf maximal 25 % des Nettoeinkommens beschränkt. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Bildungsteilzeit ist, dass die für die Altersteilzeit bereitstehenden Mittel nicht ausgeschöpft wurden und der Arbeitgeber mit der Umwidmung dieser Mittel für Bildungsteilzeit einverstanden ist.
Auch wenn mit diesem Tarifabschluss wiederum keine verbindlichen Weiterbildungsansprüche vereinbart wurden, trug die Tarifrunde in der Elektro- und Metallindustrie dazu bei, dass Weiterbildung und Weiterbildungsfinanzierung in einem tarifpolitisch bedeutenden Tarifbereich thematisiert und über eine tarifliche Regelung die Möglichkeit für ein neues Konzept der Weiterbildungsfinanzierung eröffnet wurde.
Tarifliche Regelungen zur Weiterbildung im Betrieb
Insgesamt hat die Zahl der Tarifverträge mit Qualifizierungsregelungen im Laufe der 2000er-Jahre deutlich zugenommen. Bahnmüller (2015) schätzt, dass mittlerweile für ein Viertel aller Arbeitnehmer/ -innen tarifliche Qualifizierungsregelungen bestehen. In der Mehrzahl regeln sie die Ermittlung des betrieblichen Weiterbildungsbedarfs und Ansprüche der Beschäftigten auf Qualifizierungsgespräche. Nur selten beinhalten sie verbindliche und zeitlich quantifizierbare Ansprüche der Beschäftigten auf Weiterbildung, die dann jedoch auf einzelne Berufsgruppen wie Vorarbeiter im Gerüstbaugewerbe oder in der Textil- und Bekleidungsindustrie auf einen Belegschaftsanteil von 2 % begrenzt sind (Bahnmüller 2015). Bahnmüller verweist auf eine weitere Ausnahme, bei der für die Erziehungsberufe im öffentlichen Dienst ein Anspruch auf fünf Tage Weiterbildung pro Jahr geregelt wurde. Im Gegenzug setzten sich die Arbeitgeber mit ihrer Forderung nach Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit durch.
Ein weiterer zentraler Regelungsgegenstand ist die Weiterbildungsfinanzierung. Dabei tragen die Arbeitgeber grundsätzlich die Kosten für betrieblich notwendige oder zweckmäßige Qualifizierungsmaßnahmen. Je nach Art der Qualifizierungsmaßnahme kann jedoch auch ein Eigenbeitrag der Beschäftigten vereinbart werden. In den Tarifvereinbarungen der chemischen Industrie oder des öffentlichen Dienstes werden die Betriebsparteien aufgefordert, hierbei „die Grundsätze einer fairen Kostenverteilung unter Berücksichtigung des betrieblichen und individuellen Nutzens“ zu wahren. Die Mehrzahl der tariflichen Qualifizierungsvereinbarungen schreibt eine einzelbetriebliche Finanzierung der Weiterbildung fest. Nur wenige Tarifverträge beteiligen alle Betriebe des Tarifbereichs über ein Fondssystem an der Weiterbildungsfinanzierung und begreifen damit die Qualifizierung von Fachkräften nicht mehr als einzelbetriebliches Problem, sondern als Herausforderung für die gesamte Branche (Berger/Moraal 2012).
Tariffonds zur Weiterbildungsfinanzierung
Der zentrale Ansatz eines tariflichen Branchenfonds zur Finanzierung betrieblicher Weiterbildung beruht auf der Entkopplung der betrieblichen Weiterbildungsentscheidung von der betrieblichen Weiterbildungsfinanzierung. So zahlen alle Betriebe, die einem solchen Tarifvertrag unterliegen, einen bestimmten Prozentsatz ihrer Bruttolohnsumme oder einen festen Beitrag pro Beschäftigten in einen meist von beiden Tarifparteien paritätisch verwalteten Fonds ein. Aus diesem Fonds können Betriebe, die in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten investieren, ihre Kosten refinanzieren.
Bahnmüller (2009) hebt drei Vorteile der tariflichen Fondsfinanzierung hervor. So ermöglichen Tariffonds eine Weiterbildungsfinanzierung unabhängig von konjunkturellen Schwankungen und der aktuellen wirtschaftlichen Lage eines Betriebes, wenngleich die Beitragszahlung an die Beschäftigtenzahlen in der jeweiligen Branche gekoppelt ist und die Höhe der zur Verfügung stehenden Fondsmittel somit auch von der aktuellen Wirtschaftslage abhängig ist. Durch die paritätische Beteiligung von Arbeitgebern und Gewerkschaften orientieren sich Finanzierungsentscheidungen weniger an betrieblichen Einzelinteressen, sondern mehr am Bedarf der gesamten Branche. In eher klein- und mittelbetrieblich geprägten Branchen entlasten Tariffonds gerade kleinere Einzelbetriebe nicht nur finanziell, sondern auch bei der Organisation von Weiterbildungsmaßnahmen. Darüber hinaus wird der Vorteil von Weiterbildungsfonds darin gesehen, dass mit einer überbetrieblichen umlagegestützten Finanzierung einer Unterinvestition in Weiterbildung entgegengesteuert werden kann (Bosch 2010).
Tariffonds beruhen auf „Kompensationstarifverträgen“ in eher kleinen Branchen
Trotz der hier genannten Vorteile haben tarifliche Fondslösungen auch bei den Gewerkschaften keine uneingeschränkte tarifpolitische Priorität (Zitzelsberger 2015, S. 105), zumal die Arbeitgeberverbände einer Fondslösung zur Weiterbildungsfinanzierung oft erst dann zustimmen, wenn die Gewerkschaften ihrerseits auf andere Forderungen verzichten. Insofern handelt es sich bei Qualifizierungstarifverträgen immer um sogenannte „Kompensationstarifverträge“, da der Finanzierungsbeitrag der Arbeitgeber meist durch Verzicht der Arbeitnehmer/ -innen kompensiert wird. Beim Tariffonds der Textil- und Bekleidungsindustrie nahmen diese z. B. eine geringere Steigerung ihres Urlaubsgeldes in Kauf. Auch bei dem erstmals für Leiharbeiter/ -innen vereinbarten Qualifizierungstarifvertrag werden zwar die Weiterbildungskosten über den Tariffonds bzw. vom Arbeitgeber getragen. Den Zeitaufwand für die Weiterbildung bestreiten alleine die Leiharbeiter/ -innen über die auf einem Arbeitszeitkonto angesammelten Mehrarbeitszeiten.
Bisher einigten sich die Tarifparteien vorrangig kleinerer Branchen mit meist klein- und mittelbetrieblicher Struktur auf die Einrichtung eines überbetrieblichen Tariffonds zur Weiterbildungsfinanzierung. Entsprechend liegt die Zahl der Beschäftigten, die insgesamt in den Geltungsbereich eines Tariffonds fallen, bei rd. 100.000. Wie schon im Vorjahr wurde die betriebliche Weiterbildung in der Miederindustrie auch im Jahr 2014 bei mehr als einem Drittel (35 %) der gut 1.700 Beschäftigten mit durchschnittlich gut 1.800 € pro Teilnahme über den Tariffonds finanziert. In der Textil- und Bekleidungsindustrie mit rd. 51.000 Beschäftigten war die Inanspruchnahme des Tariffonds jeweils auf 2 % der Belegschaft begrenzt. Diese 2 % schöpften die Beschäftigten jedoch voll aus. Die fondsfinanzierte Weiterbildungsförderung betrug in der Textil- und Bekleidungsindustrie durchschnittlich 383 € pro Teilnehmer. Damit stiegen die fondsfinanzierten Weiterbildungsteilnahmen in der Textil- und Bekleidungsindustrie gegenüber den Vorjahren 2011 bis 2013 leicht an. Im Gerüstbaugewerbe lag der Anteil der Beschäftigten, deren Weiterbildung über die Sozialkasse im Zeitraum 2010 bis 2013 finanziert wurde, bei 1,5 % der im Jahresdurchschnitt rd. 21.200 beschäftigten Arbeitnehmer. Hierbei wurden schätzungsweise durchschnittlich 6.000 € z. B. für eine Fortbildung zum Geprüften Gerüstbau-Kolonnenführer oder Gerüstbau-Fachmonteur aus der Sozialkasse erstattet.
Das derzeit von tariflichen Weiterbildungsfonds verwaltete Mittelvolumen lässt sich nicht genau beziffern, da es nicht immer ausschließlich für Weiterbildung, sondern auch für Ausbildung, Altersvorsorge und Gesundheitsförderung der Arbeitnehmer/ -innen verwendet wird. Schätzungsweise standen im Kalenderjahr 2012 bzw. 2013 für die Finanzierung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern tarifliche Fondsmittel in Höhe von jeweils ca. 4,9 Mio. € zur Verfügung. Hiervon wurden in den betreffenden Branchen rund 3,9 Mio. € zur Finanzierung der Weiterbildungsteilnahme der Beschäftigen ausgezahlt.
Tarifliche Fonds zur Finanzierung der Weiterbildungsteilnahme bestehen derzeit in den folgenden Branchen:
Textil- und Bekleidungsindustrie
Im Wirtschaftsbereich Textil und Bekleidung haben sich die Tarifparteien von drei kleinen Branchen auf überbetriebliche Fondslösungen zur Weiterbildungsfinanzierung geeinigt. Zu Beginn des Jahres 2012 trat die neu verhandelte Tarifvereinbarung zur überbetrieblichen Fondsfinanzierung der Weiterbildung in der Miederindustrie in Kraft. Erstmals wurde dieser Tariffonds im Jahr 1963 ausgehandelt und seitdem immer wieder verlängert. In der aktuellen Vereinbarung verpflichten sich die Arbeitgeber, 3,4 % der Bruttolohn- und Gehaltssumme in einen Fonds zur Altersversorgung, Bildung und Gesundheitsförderung der Arbeitnehmer/ -innen einzuzahlen.
In der Branche Textil Service trat im Jahr 2009 ein Tarifvertrag in Kraft, bei dem der Industrieverband Textil Service – intex – e.V. und die IG Metall übereinkamen, „die Aus-, Fort-, Weiterbildung, präventiven Gesundheitsschutz sowie die Altersversorgung der Beschäftigten zu fördern“. Die intex-Mitgliedsbetriebe verpflichten sich zu diesem Zweck, jährlich 35 € je Beschäftigten an einen Verein zur Verwaltung des Tariffonds abzuführen.
Im Jahr 1997 vereinbarten die Tarifparteien der Textil- und der Bekleidungsindustrie den Tarifvertrag zur Förderung von Aus-, Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten in diesem Industriezweig. Zentrale Elemente dieses Tarifvertrags waren die Regelung eines individuellen Weiterbildungsanspruchs für die Beschäftigten bei gleichzeitiger Begrenzung des jährlichen Anspruchs auf maximal 2 % der Belegschaft und die Einführung eines paritätisch verwalteten Bildungsfonds. Die Fondsmittel stehen jeweils zur Hälfte für arbeitgeberseitig und für arbeitnehmerseitig veranlasste Weiterbildung zur Verfügung.
Land- und Forstwirtschaft
Die Entstehungsgeschichte der tariflichen Qualifizierungsfonds in der Land- und Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hessen reicht zurück in die unmittelbare Nachwendezeit auf dem Gebiet der früheren DDR (Koch 2013). Die Mitgliedsverbände des Gesamtverbandes der Deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände e.V. und der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirtschaft schlossen im Jahr 1991 den „Tarifvertrag zur Qualifizierung der Arbeitnehmer aus der Land- und Forstwirtschaft und über Maßnahmen zur Erschließung und Sicherung wettbewerbsfähiger Voll- oder Teilzeitarbeitsplätze der Land- und Forstwirtschaft“ und verpflichteten sich, einen „Qualifizierungsfonds Land- und Forstwirtschaft e. V.“ (QLF) als gemeinsame Einrichtung zu gründen. In der ersten Hälfte der 1990er-Jahre wurden in Ostdeutschland über diesen Fonds pro Jahr ca. 5.000 bis 7.000 der vom radikalen Strukturwandel betroffenen Arbeitnehmer/ -innen aus der Land- und Forstwirtschaft in Beschäftigungsgesellschaften für neue Tätigkeiten am ersten Arbeitsmarkt qualifiziert bzw. umgeschult. Die Besonderheit dieses Fonds bestand darin, dass über ihn Qualifizierungsmaßnahmen gefördert wurden, die sich auch an ehemalige Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft richteten, die eine Wiederaufnahme der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit anstrebten. Im Jahr 2001 wurde der operative Betrieb des Qualifizierungsfonds der Land- und Forstwirtschaft e.V. (QLF) eingestellt und der Tariffonds mit Datum vom 10. November 2006 schließlich liquidiert. Die Modalitäten des eingestellten Qualifizierungsfonds waren im Jahr 2001 jedoch Vorbild für die Errichtung von tarifvertraglich geregelten Qualifizierungsfonds der Land- und Forstwirtschaft in Schleswig-Holstein und Hessen. Ähnlich einigten sich auch die Tarifparteien der Forstwirtschaft in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt im Jahr 2001 auf eine gemeinsame Qualifizierungsregelung mit Fondslösung. Kurz darauf zog sich die Arbeitsgemeinschaft forstlicher Lohnunternehmen Sachsen-Anhalt jedoch aus diesem Qualifizierungstarifvertrag zurück. Mit dem Änderungstarifvertrag vom 1. Januar 2002 besteht der tarifliche Qualifizierungsfonds nur noch für die Forstwirtschaft Niedersachen.
Gerüstbaugewerbe
Der finanziell bedeutendste Tariffonds mit langer Tradition ist die Sozialkasse im Gerüstbaugewerbe (Berger/Häusele/Moraal 2012). Die Tarifvertragsparteien des Gerüstbaugewerbes vereinbarten dieses tarifliche Fondsmodell im Jahr 1981. Aus dieser Sozialkasse werden die tarifvertraglich geregelten Sozialleistungen einschließlich der Kosten für die berufliche Aus- und Weiterbildung finanziert. Förderfähig sind nach Tarifvertrag dieser Branche nur die Fortbildungslehrgänge zum geprüften Gerüstbau-Kolonnenführer, zur Vorbereitung auf die Ausbildereignungsprüfung und zur Abschlussprüfung Gerüstbauer/Gerüstbauerin gemäß § 45 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz. Die Teilnahmen an diesen Lehrgängen wurden in den Jahren 2011 bis 2013270 mit jährlich 1,9 Mio. € aus der Sozialkasse bezuschusst.
Feinstblechpackungsindustrie
Die Einrichtung von Weiterbildungsfonds wurde auch in der Feinstblechpackungsindustrie im Jahr 2002/2004 mit dem Qualifizierungstarifvertrag vereinbart. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen überbetrieblichen Qualifizierungsfonds, vielmehr verpflichtet der Tarifvertrag die Mitgliedsbetriebe, einen Fonds „auf betrieblicher Ebene“ einzurichten. Vereinbart wurde, dass in diesen jeweils vom Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam verwalteten Qualifizierungsfonds „1,3645 % der jährlichen Entgeltsumme (…) der unter den persönlichen Geltungsbereich fallenden Beschäftigten“ abgeführt werden. Direkte Weiterbildungskosten wie z. B. Lehrgangskosten werden über diesen Fonds erstattet, während der Arbeitgeber alle „indirekten oder Folgekosten“, z. B. Vertretungskosten, trägt.
Weiterbildungsfonds Zeitarbeit
Eine weitere Ausnahme stellt die tarifliche Fondsregelung zur Finanzierung beruflicher Weiterbildung von Leiharbeitern dar, die zwischen der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und dem Zeitarbeitsunternehmen Technicum GmbH (Tochter der USG People Germany) im Dezember 2011 vereinbart wurde (BIBB-Datenreprot 2013, Kapitel B3.6). Seit Oktober 2013 fließen monatlich 0,8 % der Bruttolohnsumme des Mitgliedsunternehmens Technicum in diesen Fonds ein. Der Tarifvertrag legt weiter fest, dass „zusätzliche Mittel für den ‚Weiterbildungsfonds Zeitarbeit‘ (…) auf freiwilliger Basis durch die Entleihkunden der Zeitarbeitsunternehmen erbracht werden“ können. Den Zeitaufwand für die Weiterbildung müssen die Leiharbeiter/ -innen allerdings „durch Abbau von Zeitguthaben aus dem Arbeitszeitkonto“ bestreiten. Im Frühjahr 2014 waren erste fondsfinanzierte Qualifizierungsmaßnahmen für Leiharbeitnehmer/ -innen geplant.
Die für Weiterbildung zur Verfügung stehenden Fondsmittel werden oft nur zum Teil ausgeschöpft. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Tariffonds weder im Gerüstbaugewerbe noch in den Textilbranchen ausschließlich auf die alleinige Weiterbildungsfinanzierung fokussiert sind. Sie dienen teilweise ebenso der Ausbildungsfinanzierung wie auch der Förderung anderer tariflich festgelegter Sozialleistungen. In diesem Zusammenhang ist auch der im Jahr 2008 in der chemischen Industrie aufgelegte Demografiefonds zu erwähnen. Er dient in erster Linie der Schaffung alters- und leistungsgerechter Arbeitsbedingungen und flexibler Übergänge in den Ruhestand. In der Verbindung mit Langzeitkonten ist allerdings auch hier eine Fondsnutzung für Qualifizierungszwecke nicht ausgeschlossen. Das Beispiel des Demografietarifvertrags in der chemischen Industrie zeigt, dass derartige tarifliche Fondsmodelle zur Berufsbildungsfinanzierung nicht auf kleine Branchen begrenzt bleiben müssen. Dies verdeutlicht auch ein Blick in die Niederlande. Im Jahr 2007 wurden hier 140 Aus- und Weiterbildungsfonds (O&O Fonds) in 116 Wirtschaftszweigen gezählt. 86 % der 6,9 Mio. Arbeitnehmer/ -innen in den Niederlanden fielen dabei in den Geltungsbereich dieser O&O Fonds (Donker van Heel et al. 2008, S. 10).
(Klaus Berger)