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Betriebe scheinen sich zunehmend aus der betrieblichen Berufsausbildung zurückzuziehen (vgl. Kapitel A4.10.1). Nach mehreren Jahren mit einer überwiegend konstanten, zeitweise steigenden Ausbildungsbeteiligung der Wirtschaft ist im Zeitraum 2007 bis 2013 sowohl die Ausbildungsbetriebs- als auch die Ausbildungsquote (siehe Infobox in Kapitel A4.10.1) kontinuierlich von 24,1 % bzw. 6,5 % auf 20,7 % bzw. 5,4 % gesunken. Dahinter verbergen sich 2 gegenläufige Entwicklungen: Einerseits sind die Anzahl der ausbildenden Betriebe und die der Auszubildenden ununterbrochen zurückgegangen. Sie haben aktuell den jeweils niedrigsten Wert der letzten 10 Jahre erreicht. Andererseits sind gleichzeitig die Anzahl der Betriebe sowie die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt gestiegen. Diese gegenläufigen Entwicklungen wirken sich (rein rechnerisch) negativ auf die Ausbildungsbetriebs- bzw. Ausbildungsquote aus und liefern damit eine erste Erklärung für die relativ auffälligen Veränderungen der letzten Jahre (Tabelle A4.10.1-1 Internet und A4.10.1-2 Internet).

Eine betriebsgrößenspezifische Differenzierung zeigt, dass im betrachteten Zeitraum die Gesamtzahl der Betriebe in allen Größenklassen gestiegen ist, der Rückgang bei den Ausbildungsbetrieben aber nahezu ausschließlich die Betriebsgrößenklasse der Kleinstbetriebe mit bis zu 9  sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrifft Tabelle A4.10.1-1 Internet. Zum Beispiel sank die Anzahl der ausbildenden Kleinstbetriebe um 21,8 %, während die Anzahl der ausbildenden Kleinbetriebe (10 bis 49 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte) nach einem zeitweisen Rückgang wieder das frühere Niveau erreichte. Unter den mittleren und großen Betrieben ist hingegen eine Zunahme der Ausbildungsbetriebe zu beobachten, die weniger stark gestiegen ist als die Anzahl der mittleren und großen Betrieben insgesamt, sodass im Ergebnis die Ausbildungsbetriebsquote zwischen 2007 und 2013 in allen Betriebsgrößenklassen, wenn auch unterschiedlich stark, gesunken ist Tabelle A4.10.1-1 Internet.

Ebenso wie die Ausbildungsbetriebsquote ist die Ausbildungsquote in allen Größenklassen seit 2007 rückläufig Tabelle A4.10.1-2 Internet. Dies ist unter anderem eine Folge der zurückgehenden Nachfrage nach Ausbildungsplätzen, die sich in einer sinkenden Anzahl von Auszubildenden (-9,1 %) ausdrückt. Auch wenn die Ausbildungsquote der Kleinstbetriebe immer noch höher ist als die der mittleren und großen Betriebe, liegt sie mit einem Wert von 6,0 % im Jahr 2013 doch erstmals seit 2004 knapp unterhalb der Ausbildungsquote der kleinen Betriebe (6,1 %). Schließlich ist die Ausbildungsquote der Kleinstbetriebe im Zeitraum 2008 bis 2013 am stärksten zurückgegangen (-25,2 %).

Der Rückgang der Ausbildungsbetriebs- und Ausbildungsquote – beides wichtige Indikatoren für die Beteiligung der Wirtschaft an der beruflichen Ausbildung (Hucker/Troltsch 2012, S. 39) – steht im Ergebnis also in einem engen Zusammenhang mit den aufgezeigten Entwicklungen bei den Kleinstbetrieben. Dabei ist zu beachten, dass die häufiger unregelmäßige Ausbildungsbeteiligung von Kleinstbetrieben zusammen mit der im Durchschnitt geringeren Anzahl von Auszubildenden in Kleinstbetrieben und der stichtagsbezogenen Berechnungsmethode zu einer Unterschätzung der Ausbildungsbetriebsquote dieser Betriebsgrößenklasse führt (Althoff 2004, S. 40 f.; Troltsch/Walden 2014, S. 4). Gerade die Ausbildungsbetriebsquote ist demnach für Kleinstbetriebe ein weniger gut geeigneter Indikator für deren Ausbildungsbeteiligung bzw. -bereitschaft. Diese Messprobleme liefern insofern implizit eine weitere Erklärung für die niedrige Ausbildungsbeteiligung von Kleinstbetrieben (Fischer u. a. 2007, S. 66 ff.; BIBB-Datenreport 2013, Kapitel A4.11.2; Hartung 2013, S. 31 ff.), nicht aber für den Rückgang der ausbildenden Kleinstbetriebe selbst. Hierfür kommen grundsätzlich 2 Erklärungen infrage: Entweder ziehen sich Betriebe längerfristig oder dauerhaft aus der dualen Berufsausbildung zurück, oder sie haben zunehmende Schwierigkeiten, Ausbildungsstellen zu besetzen.

Die aktuellen Entwicklungen am Ausbildungsmarkt legen die Vermutung nahe, dass vor allem zunehmende Besetzungsprobleme eine Rolle bei der rückläufigen Ausbildungsbeteiligung der (Kleinst-)Betriebe spielen. Einerseits zeigen Ergebnisse aus dem IAB-Betriebspanel, dass die Ausbildungsaktivität (siehe hierzu im BIBB-Datenreport 2014, Kapitel A4.10.2) von Kleinst- und Kleinbetrieben in den Jahren 2000 bis 2012 nahezu unverändert geblieben ist, während sie in Betrieben mit mehr als 50  Beschäftigten gestiegen ist (Hartung 2013, Tabelle 8, S.  27). Anderseits zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn auf Grundlage des BIBB-Qualifizierungspanels (Pahnke u. a. 2014, S. 31 ff.), dass Betriebe umso häufiger von Stellenbesetzungsproblemen betroffen sind, je kleiner sie sind Schaubild C2.1-1.

Ist aufgrund der Angaben der befragten Betriebe bei den Großbetrieben in den Jahren 2011 bis 2013 nur etwa jede fünfte angebotene Ausbildungsstelle unbesetzt geblieben, war es bei den Kleinstbetrieben gut jede zweite. Kleine und mittlere Betriebe konnten durch Neueinstellungen ca. 70 % bzw. 85 % ihrer angebotenen Ausbildungsstellen besetzen. Diese Befunde zeigen, dass die sinkende Ausbildungsbetriebsquote weniger auf einen Rückzug der Betriebe aus der dualen Berufsausbildung, als auf (zunehmende) Besetzungsprobleme am Ausbildungsmarkt zurückzuführen ist.

Mit Blick auf die Ursachen dieser Besetzungsprobleme lässt sich zumindest für 2011 feststellen, dass ein allgemeiner Bewerbermangel weder für Kleinstbetriebe noch für Betriebe anderer Größenklassen der ausschlaggebende Grund für unbesetzte Ausbildungsstellen gewesen ist Schaubild C2.1-2. Etwas überraschend wird dieser Grund umso häufiger genannt, je größer ein Betrieb ist.

Dass Betriebe aufgrund einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage angebotene Ausbildungsstellen zurückziehen, ist nahezu ausschließlich bei Kleinstbetrieben der
Fall. Eine schlechte Wirtschaftslage führt bei diesen Betrieben aufgrund ihrer geringen Größe und geringerer Rücklagen schneller zu einer existenziellen Bedrohung, sodass die mit der eigenen betrieblichen Ausbildung verbundenen Kosten bei Kleinstbetrieben offenbar stärker ins Gewicht fallen. Möglicherweise entfällt aber auch aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der Bedarf an (zukünftigen) Fachkräften (Pahnke u. a. 2014, S. 33 ff.).

Der bedeutendste Grund für unbesetzte Ausbildungsstellen ist allerdings ein Mangel an geeigneten Bewerbern und Bewerberinnen, von dem die Kleinstbetriebe stärker betroffen sind als größere. In Einklang mit den Befunden anderer Studien zur „Ausbildungsreife“ (siehe z. B. Deutscher Industrie- und Handelskammertag 2014; Niedersächsischer Industrie- und Handelskammertag 2014; Institut der deutschen Wirtschaft 2010) verdeutlicht dieses Ergebnis die gegenwärtigen Passungsprobleme am Ausbildungsmarkt: Es gibt zwar Bewerber/ -innen, diese werden aber von den Betrieben nicht immer für geeignet gehalten. Gerade bei Kleinstbetrieben besteht zwischen Angebot und Nachfrage hinsichtlich der Schulbildung der Bewerber/ -innen eine stärkere Diskrepanz als bei größeren Betrieben (Pahnke u. a. 2014, S. 38).

Die Entwicklung der Ausbildungsbetriebs- und Ausbildungsquote scheint zu Unrecht auf einen Rückzug der Betriebe aus der betrieblichen Berufsausbildung hinzudeuten. Eine nach Betriebsgrößen differenzierte Betrachtung zeigt, dass sich besonders kleinere Betriebe vielmehr mit Schwierigkeiten konfrontiert sehen, angebotene Ausbildungsstellen zu besetzen, als dass sie sich aus dem betrieblichen Ausbildungsgeschehen zurückziehen. Gerade bei der insgesamt rückläufigen Ausbildungsbetriebsquote handelt es sich damit eher um ein dem Passungsproblem am Ausbildungsmarkt nachgelagertes Phänomen, das sich durch Besonderheiten des Ausbildungsverhaltens von Kleinstbetrieben erklären lässt und dem etablierte Ausbildungsmarktindikatoren nur bedingt Rechnung tragen.

(André Pahnke, Institut für Mittelstandsforschung [IfM] Bonn) 

Schaubild C 2.1-1: Anteil der Neueinstellungen an allen angebotenen Ausbildungsplätzen, 2011 bis 2013 (in %)

Schaubild C 2.1-2: Von Betrieben selbst genannte Gründe für unbesetzte Stellen, 2011 (in %)