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Viele Betriebe klagen über zunehmende Probleme, Jugendliche für die eigene Ausbildung gewinnen und die angebotenen Ausbildungsplätze besetzen zu können (Ebbinghaus/Gerhards 2014; Troltsch/Gerhards/Mohr 2012). Unter diesen Bedingungen kommt der Platzierung des Ausbildungsangebotes am Ausbildungsmarkt erhöhte Bedeutung zu, also der Art und Weise, wie Betriebe ihr Ausbildungsangebot bekannt machen und versuchen, Bewerber und Bewerberinnen für die angebotenen Ausbildungsstellen zu gewinnen.

Im folgenden Beitrag wird untersucht, welche Instrumente Betriebe mit Ausbildungsplatzangeboten für das Ausbildungsjahr 2012/2013 eingeschlagen haben, um für diese Stellen Bewerber und Bewerberinnen zu gewinnen, und inwieweit sich hierbei Unterschiede zeigen zwischen Betrieben, die alle Ausbildungsplätze besetzen konnten, und solchen, bei denen dies nicht der Fall war. Grundlage hierfür bilden Daten aus der dritten Erhebungswelle des BIBB-Qualifizierungspanels (vgl. Infobox  im BIBB-Datenreport 2014, Kapitel A4.10.3) aus dem Jahr 2013. In dieser Erhebungswelle wurden Betriebe mit Ausbildungsplatzangeboten für das Jahr 2012/2013 zu insgesamt acht Instrumenten jeweils danach gefragt, ob sie es für die Gewinnung von Bewerbern und Bewerberinnen für diese Ausbildungsplätze genutzt haben oder nicht. Unter den acht abgefragten Instrumenten waren sowohl indirekte als auch direkte Instrumente .

Im Einzelnen wurden in die Befragung einbezogen: aus der Gruppe der indirekten Instrumente

  • die Meldung offener Stellen bei der örtlichen Arbeitsagentur,
  • die Meldung offener Stellen bei der Kammer, der Innung oder einem Verband,
  • Stellenanzeigen in Zeitungen oder Online-Stellenbörsen sowie
  • Stellenanzeigen auf der Website des Betriebes oder in sozialen Netzwerken
  • und aus der Gruppe der direkten Instrumente
  • die Durchführung von Betriebspraktika,
  • die Beteiligung an Informationsveranstaltungen in Schulen oder Ausbildungsmessen,
  • das Informieren der eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und
  • die Durchführung von Einstiegsqualifizierungen.

Instrumente zur Gewinnung von Ausbildungsplatzbewerberinnen und –bewerbern

Betrieben stehen für die Gewinnung von Ausbildungsplatzbewerberinnen und -bewerbern unterschiedliche Instrumente (auch als Wege oder Kanäle der Bewerbergewinnung bezeichnet) zur Verfügung. Diese lassen sich in indirekte und direkte Instrumente einteilen (Rees 1966; Mouw 2003).

Indirekte Instrumente

Mit indirekten Instrumenten werden potenzielle Bewerber/ -innen mittelbar über sogenannte Akquisemittel (z. B. Anzeigen) kontaktiert, um sie über angebotene Ausbildungsstellen zu informieren und zu einer Bewerbung zu motivieren. Indirekte Instrumente haben den Vorzug, die Informationen über das jeweilige Ausbildungsangebot relativ aufwandsarm breit streuen zu können.

Direkte Instrumente

Mit direkten Instrumenten werden potenzielle Bewerber/ -innen unmittelbar und persönlich auf im Betrieb bestehende Ausbildungsmöglichkeiten angesprochen (z. B. bei Ausbildungsmessen). Der direkt zu erreichende Personenkreis ist dabei zumeist eng umgrenzt; vorteilhaft ist jedoch, dass der unmittelbare Kontakt es ermöglicht, einen persönlichen Eindruck von der Person zu gewinnen.

Nutzung indirekter Instrumente

Tabelle C2.2-1 weist für jedes der 4 indirekten Instrumente aus, welcher Anteil der Betriebe mit Ausbildungsplatzangeboten für das Ausbildungsjahr 2012/2013 das jeweilige Instrument eingesetzt hat, um über das Ausbildungsplatzangebot zu informieren und Bewerber/ -innen hierfür zu gewinnen. Es zeigt sich, dass die einzelnen indirekten Instrumente der Bewerbergewinnung unterschiedlich intensiv von den Betrieben genutzt wurden. Am häufigsten schlugen die Betriebe den Weg über die örtliche Arbeitsagentur ein. Annähernd 3 von 4  Betrieben haben diesen Vermittlungsdienst bei der Suche nach Ausbildungsplatzbewerbern eingeschaltet. Deutlich zurückhaltender waren Betriebe bei den 3 übrigen indirekten Akquisewegen, d. h. der Veröffentlichung von Stellenanzeigen in Zeitungen oder Online-Stellenbörsen, auf der eigenen Homepage oder in sozialen Netzwerken sowie der Einschaltung von Kammern, Innungen oder Verbänden.

Bei einer Aufschlüsselung nach ausgewählten betrieblichen Struktur- und Ausbildungsmerkmalen bleibt die Vorrangstellung der örtlichen Arbeitsagenturen unter den indirekten Instrumenten der Bewerbergewinnung nahezu unverändert. Allein Betriebe des öffentlichen Dienstes gaben Zeitungs- und (anderen) Online-Anzeigen den Vorrang; bei Großbetrieben lag der Weg über die Arbeitsagentur etwa gleichauf mit der Ausschreibung auf der eigenen Homepage Tabelle C2.2-1 (jeweils die Spalten mit der Überschrift insgesamt). Es ist aber auch zu erkennen, dass mit den einzelnen Struktur- und Ausbildungsmerkmalen Unterschiede in der Nutzung der einzelnen indirekten Instrumente einhergehen. So zeigt sich mit Blick auf die Strukturmerkmale, dass der Nutzungsgrad mit der Betriebsgröße steigt. Ferner war der Nutzungsgrad bei Betrieben mit Sitz in Ostdeutschland deutlich höher als bei Betrieben mit Sitz in Westdeutschland. Handwerksbetriebe haben sich wesentlich häufiger als Betriebe, die nicht dem Handwerk angehören, an die Kammer, Innung oder einen Verband gewandt, um Ausbildungsplatzbewerber zu finden, waren bei den 3 anderen indirekten Instrumenten aber erkennbar zurückhaltender. Schließlich deutet die Auswertung nach Branchen auf einen tendenziell zurückhaltenden Einsatz indirekter Instrumente bei Betrieben aus dem Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen hin.

Nach Ausbildungsmerkmalen betrachtet, gingen folgende Merkmale mit einem intensiveren Einsatz der indirekten Instrumente einher: sowohl eine höhere Anzahl der für das Jahr 2012/2013 zu besetzenden Ausbildungsstellen als auch die Höhe der schulischen Qualifikation, über die die zukünftigen Auszubildenden verfügen sollten, ferner die Breite des Berufsspektrums, für die es Bewerber/ -innen zu finden galt.

Neben den Struktur- und Ausbildungsmerkmalen scheint vor allem auch das Problem unbesetzter Ausbildungsplätze ein wesentlicher Treiber dafür zu sein, indirekte Instrumente für die Gewinnung von Bewerbern und Bewerberinnen für die angebotenen Ausbildungsplätze einzusetzen. Darauf verweist der Vergleich zwischen Betrieben, die alle für das Ausbildungsjahr 2012/2013 angebotenen Ausbildungsplätze besetzen konnten, mit den Betrieben, denen dies nicht gelungen ist. Hieraus geht hervor, dass jedes der 4 indirekten Instrumente von einem deutlich höheren Anteil der Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsplätzen als von denen ohne unbesetzte Ausbildungsstellen genutzt wurde, wobei dieses Bild auch weitgehend dann erhalten bleibt, wenn zusätzlich noch nach einzelnen Struktur- und Ausbildungsmerkmalen differenziert wird. 

Tabelle C 2.2-1: Nutzung indirekter Akquiseinstrumente nach betrieblichen Struktur- und Ausbildungsmerkmalen insgesamt sowie nach Betrieben mit und ohne Ausbildungsplatzvakanzen (in %)

Tabelle C 2.2-2: Nutzung direkter Akquiseinstrumente nach betrieblichen Struktur- und Ausbildungsmerkmalen insgesamt sowie nach Betrieben mit und ohne Ausbildungsplatzvakanzen (in %)

Nutzung direkter Instrumente

Betriebe haben auch bei der Nutzung direkter Instrumente für die Platzierung ihrer für das Ausbildungsjahr 2012/2013 bestehenden Ausbildungsangebote deutliche Prioritäten gesetzt. Wie aus Tabelle C2.2-2 ersichtlich wird, haben Betriebe hier in erster Linie versucht, über Betriebspraktika Ausbildungsplatzbewerber/ -innen zu finden. Den anderen direkten Akquisewegen kam ein erkennbar geringerer Stellenwert zu, der dem jeweils erforderlichen Aufwand zu folgen scheint: So informierte zwar jeder zweite Betrieb seine Mitarbeiter/ -innen über sein für das Jahr 2012/2013 bestehendes Ausbildungsangebot, aber nur ein knappes Drittel präsentierte dieses Angebot auf – in der Regel eintägigen – Schul- und Messeveranstaltungen. Die Möglichkeit, potenzielle Auszubildende über 6- bis 12-monatige Einstiegsqualifizierungen kennenlernen und einschätzen zu können, nutzte einer von 5 Betrieben (Tabelle C2.2-2, jeweils die Spalten mit der Überschrift insgesamt).

Ähnlich wie bei den indirekten Wegen variiert auch die Nutzung der direkten Wege mit betrieblichen Strukturmerkmalen. So wurden die einzelnen direkten Instrumente häufiger von größeren als von kleineren Betrieben, aber auch häufiger von Betrieben aus Ostdeutschland als von Betrieben aus Westdeutschland angewandt. Vergleichsweise selten nutzten zudem Betriebe aus dem Bereich der unternehmensnahen Dienstleistungen und des öffentlichen Dienstes die verschiedenen direkten Instrumente der Bewerbergewinnung. Zwischen Handwerksbetrieben und Nichthandwerksbetrieben bestanden allerdings kaum Unterschiede. Bei einer Differenzierung nach Ausbildungsmerkmalen fallen die Unterschiede insgesamt eher gering aus. Eine gewisse Ausnahme bildet die Anzahl der zu besetzenden Ausbildungsplätze. Hier lässt sich für jedes einzelne Instrument erkennen, dass Betriebe, die mehrere Ausbildungsstellen zu vergeben hatten, häufiger darauf zurückgriffen als Betriebe mit wenigen Ausbildungsplatzangeboten.

Zudem ist zu erkennen, dass das Problem unbesetzter Ausbildungsstellen zwar auch die Nutzung der direkten Instrumente zu fördern scheint, allerdings nicht in der Deutlichkeit wie bei den indirekten Instrumenten. Teilweise zeigt sich sogar ein gegenteiliger Befund, also dass im Vergleich mit Betrieben ohne Besetzungsprobleme weniger Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsplätzen auf ein direktes Instrument der Bewerbergewinnung zurückgreifen. Dies trifft besonders auf die Durchführung von Betriebspraktika und das Angebot von Einstiegsqualifizierungen zu.

Fazit

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Betriebe auf Schwierigkeiten bei der Besetzung angebotener Ausbildungsplätze eher mit einer vermehrten Nutzung indirekter als direkter Instrumente der Bewerbergewinnung reagieren. Eine Erklärung hierfür dürfte darin bestehen, dass sich mit indirekten Instrumenten bei einem vergleichsweise geringen Aufwand ein erheblich größerer Kreis potenzieller Ausbildungsinteressenten erreichen lässt als bei einem direkten Vorgehen. Allerdings lässt sich bei indirekten Instrumenten nur bedingt steuern, inwieweit die anvisierte Zielgruppe auch tatsächlich erreicht wird. Diese Möglichkeit ist bei direkten Instrumenten wesentlich besser gegeben. Sie erlauben es, eine bestimmte Klientel gezielt anzusprechen, was oft schneller und unkomplizierter zum Vertragsabschluss führt als der indirekte Weg (Zimmermann 2009, S. 203). Das kann gerade bei Nachfrageproblemen von Vorteil sein. Angesichts der zu erwartenden Entwicklung eines sich für Betriebe weiter verengenden Ausbildungsmarktes sollten Betriebe daher die Potenziale direkter Instrumente der Bewerbergewinnung stärker nutzen.

(Christian Gerhards, Margit Ebbinghaus)