Das Wichtigste in Kürze
Zielsetzung des Kapitels ist es, aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen deutscher Berufsbildung innerhalb eines europäischen und internationalen Kontexts zu verorten und die indikatorengestützte Berichterstattung des Datenreports zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung um Daten zur Internationalisierung der beruflichen Bildung zu erweitern. In diesem Jahr bilden die vereinbarten Benchmarks aus dem gemeinsamen Arbeitsprogramm der EU zu Bildung und Ausbildung „ET 2020“, die Berichterstattung zu Mobilität in Ausbildung und Beruf auf europäischer Ebene sowie die Entwicklungen in der Umsetzung des Bundesgesetzes zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen wichtige Themen dieses Kapitels. Das Schwerpunktthema des Datenreports aufgreifend, wird speziell im Teil E2 der sogenannte „Mismatch“ zwischen den vom Bildungssystem zur Verfügung gestellten Qualifikationen und Kompetenzen und den Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt aus internationaler Perspektive beleuchtet. Passungsprobleme können in verschiedenen Formen, bezogen auf unterschiedliche Kriterien und in unterschiedlichen Phasen im Bildungs- und Beschäftigungssystem, auftreten. Ihre Analyse ist an die Verfügbarkeit entsprechender Daten geknüpft. International kommen verschiedene Messkonzepte und Erhebungsmethoden zum Einsatz, was einen Vergleich der Daten erschwert. Ein Standard zur Erhebung des Missmatches hat sich bislang nicht herausgebildet.
Darüber hinaus sind folgende Entwicklungen herauszustellen:
- Die Entwicklung hin zu den europäischen Benchmarks, die zwecks Monitoring des EU-Arbeitsprogramms zu Bildung und Ausbildung vereinbart wurden, verläuft unterschiedlich. Deutschland liegt bei der Anzahl erworbener Bildungsabschlüsse auf tertiärem Niveau unter dem EU-Durchschnitt. Der Anteil erwachsener Bundesbürger am lebensbegleitenden Lernen bleibt auf Ebene des Benchmarks für Deutschland nahezu unverändert (7,8 %), obgleich differenzierende Daten eine deutliche Zunahme des Anteils nonformaler Weiterbildung bei Rückgang formaler Weiterbildung für Deutschland erkennen lassen. Die AES-Auswertung lässt darüber hinaus auf eine wachsende Beteiligung erwachsener Bundesbürger an formaler und nonformaler Weiterbildung schließen. Die Erwerbstätigenquote junger Menschen ist in der EU in 2013 gegenüber dem Vorjahr noch einmal gesunken (75,5 %), während in Deutschland ein weiterer Anstieg auf bereits hohem Niveau (89,7 %) zu verzeichnen ist. Europaweit liegt der Anteil junger Menschen, die frühzeitig das Bildungssystem verlassen, bei 12 %, Tendenz leicht rückläufig, jedoch noch deutlich vom anzustrebenden europäischen Benchmark von 10 % entfernt.
- Im Rahmen des neuen Programms für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport Erasmus+ werden bis Ende 2020 in der EU insgesamt 14,8 Mrd € für die Förderung von Qualifikation und Beschäftigung zur Verfügung gestellt. Die Steigerung der grenzüberschreitenden Mobilität hat somit auf europäischer wie nationaler Ebene weiterhin hohe Priorität. Auf EU-Ebene ist bis 2020 beabsichtigt, dass 6,0 % der 18- bis 34-Jährigen mit einem berufsbildenden Abschluss einen Auslandsaufenthalt von mindestens 2 Wochen während ihrer Ausbildung nachweisen. Für Deutschland hat der Bundestag im Januar 2013 das Ziel festgeschrieben, dass mindestens 10 % der Auszubildenden entsprechende Erfahrungen im Ausland sammeln. Der geschätzte prozentuale Anteil liegt für Deutschland aktuell bei über 4 %. Im Jahr 2014 absolvierten mehr als 30.000 junge Menschen einen Auslandsaufenthalt im Verlauf ihrer Erstausbildung. Umgekehrt wird Deutschland neben Großbritannien zu den beliebtesten Zielen für Auslandsaufenthalte in der Berufsbildung innerhalb Europas.
- Bis Ende 2013 wurden knapp 26.500 Anträge auf Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen nach dem Bundesgesetz gestellt. Von den 2013 neu gestellten Anträgen bezogen sich 77,9 % auf die Anerkennung eines in Deutschland reglementierten Berufs. Am häufigsten handelt es sich um Verfahren von deutschen Staatsangehörigen, gefolgt von polnischen, rumänischen und spanischen Staatsbürgern. Die Mehrzahl aller Verfahren fällt dabei auf die Gruppe der medizinischen Gesundheitsberufe. Während bei den reglementierten Berufen 77,9 % der im Jahr 2013 abgeschlossenen Verfahren mit der Feststellung einer vollen Gleichwertigkeit enden, sind bei den nicht reglementierten Berufen 62,9 % ebenfalls positiv beschieden, und 32,8 % enden mit der Feststellung einer teilweisen Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation. Der Informations- und Beratungsbedarf zu den Verfahren der beruflichen Anerkennung ist weiter gestiegen. Über das Portal „Anerkennung in Deutschland“ informierten sich seit seinem Start nahezu 2 Mio. Besucherinnen und Besucher, darunter eine steigende Zahl von Interessierten aus dem Ausland. Dieser wachsenden Nachfrage wird mit mehrsprachigen Informationsangeboten begegnet.
(Birgit Thomann)