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In der Ausbildungsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) wird erfasst, ob bei der BA gemeldete Bewerber/-innen für eine duale Ausbildung zum Ende des Geschäftsjahres am 30. September in eine Berufsausbildung eingemündet sind, der Vermittlungswunsch aufgrund eines alternativen Verbleibs aufgegeben wurde oder der Vermittlungsauftrag für unvermittelte Bewerber/ -innen (mit und ohne alternativen Verbleib) weiterläuft (vgl. Kapitel A1.3). Für die Gruppen der unversorgten Bewerber/-innen sowie der Bewerber/ -innen, die trotz alternativen Verbleibs (z. B. weiterer Schulbesuch) weiterhin nach einer Ausbildungsstelle suchen, laufen die Vermittlungsbemühungen der BA auch nach Beginn des Ausbildungsjahres weiter. Die übrigen Fälle gelten als abgeschlossen. Neben den alternativ verbliebenen Bewerberinnen und Bewerbern, die keine weitere Vermittlung wünschen, zählen hierzu auch die unbekannt Verbliebenen. Für diese Gruppe liegen in der amtlichen Statistik keine Informationen zum Verbleib vor. Aus der Ausbildungsmarktstatistik geht folglich nicht hervor, ob diese Personen eine Ausbildungsstelle gefunden haben oder im unglücklichsten Falle in die Erwerbslosigkeit eingemündet sind.

Die BA/BIBB-Bewerberbefragung47 liefert jedoch wertvolle Informationen zu dieser Gruppe. Um die Entwicklung im Zeitvergleich zu betrachten, werden im Folgenden Ergebnisse der BA/BIBB-Bewerberbefragungen 2012 und 2014 dargestellt.

Verbleib der unbekannt Verbliebenen

In beiden Berichtsjahren (2012 und 2014) lag der Anteil der unbekannt Verbliebenen bei rd. 16 % an allen regis­trierten Bewerberinnen und Bewerbern. Tabelle A3.1.1-1 informiert über den Verbleib der unbekannt verbliebenen Bewerber/-innen zum Befragungszeitpunkt im Spätherbst 2012 bzw. 2014. Demnach konnte 2012 nur gut ein Fünftel und 2014 nur 16 % der unbekannt verbliebenen Bewerber/-innen in einen vollqualifizierenden Bildungsgang, wie z. B. in eine betriebliche Berufsausbildung nach BBiG/HwO, einmünden. Weitere 25 % bzw. 23 % absolvierten zum Befragungszeitpunkt einen teilqualifizierenden Bildungsgang (z. B. Besuch der allgemeinbildenden Schule, berufsvorbereitende Maßnahme), und mehr als die Hälfte (52 % bzw. 62 %) verblieben außerhalb des Bildungssystems und waren zumeist auch erwerbslos (28 % bzw. 34 %). Somit hat sich die Situation für Personen, die den Kontakt zur BA abbrachen und unbekannt verblieben sind, erneut zugespitzt. Bei den Bewerbern und Bewerberinnen, deren Verbleib den Arbeitsagenturen (bzw. Jobcentern) bekannt war, verhält es sich 2012 und 2014 im Vergleich dazu genau gegenläufig: Fast zwei Drittel dieser Personengruppe mündeten in einen vollqualifizierenden Bildungsgang ein. Ein Viertel bzw. etwas mehr als ein Fünftel absolvierte einen teilqualifizierenden Bildungsgang, und lediglich etwas mehr als ein Zehntel (12 %) verblieb außerhalb des Bildungssystems.

Zusammensetzung der unbekannt verbliebenen Bewerber/-innen

Aus Tabelle A3.1.1-2 wird ersichtlich, dass unter den unbekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund sowohl im Jahr 2012 als auch 2014 deutlich höher ist als unter den bekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen. Ebenso verhält es sich mit Personen, die maximal über einen Hauptschulabschluss verfügen. Darüber hinaus war der Anteil der Altbewerber/-innen unter den unbekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen in den Jahren 2012 und 2014 deutlich höher als unter den bekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen. Es fällt weiter auf, dass sich ein Gros der Altbewerber/-innen unter den unbekannt Verbliebenen entweder im Vorjahr oder bereits 3 oder mehr Jahre vor dem jeweiligen Befragungsjahr erstmalig um eine Ausbildungsstelle beworben hatte. Dies kann auf 2 Sachverhalte hindeuten: Möglicherweise wird der Kontakt zur BA zeitnah abgebrochen, wenn die Bewerbungsbemühungen nicht erfolgreich waren; und dieses Verhalten wird umso wahrscheinlicher, wenn zuvor lange erfolglos nach einer Ausbildungsstelle gesucht wurde.

Verbleib von Teilgruppen unter den unbekannt verbliebenen Bewerbern/Bewerberinnen

Konnte nun zunächst festgestellt werden, dass unter den unbekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen viele Personen mit Migrationshintergrund, mit maximal Hauptschulabschluss und Altbewerber/-innen anzutreffen sind, wird nun in einem weiteren Schritt betrachtet, in welche Art von Bildungsgang (voll- oder teilqualifizierend) diese Teilgruppen eingemündet sind oder ob sie außerhalb des Bildungssystems verblieben waren. Aus Tabelle A3.1.1-3 geht hervor, dass sich das Vorhandensein der Merkmale Migrationshintergrund, maximal Hauptschulabschluss und Altbewerber/-in generell negativ auf das Einmünden in einen voll- oder teilqualifizierenden Bildungsgang auszuwirken scheint. Allerdings zeigt die Tabelle auch, dass ein noch größerer Anteil der Bewerber/-innen außerhalb des Bildungssystems verbleibt, wenn der Status offiziell unbekannt verblieben lautet.

Tabelle A3.1.1-1: Verbleib der unbekannt verbliebenen und der bekannt verbliebenen Bewerber und Bewerberinnen der Berichtsjahre 2012/2014 (in %)

Tabelle A3.1.1-2: Merkmale der unbekannt verbliebenen und der bekannt verbliebenen Bewerber und Bewerberinnen 2012/2014 (in %)

Tabelle A3.1.1-3: Verbleib von Teilgruppen unter den unbekannt verbliebenen und den bekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen 2012/2014 (in %)

Bewertung des Verbleibs

Insgesamt bewerteten die unbekannt verbliebenen Be­werber/-innen ihren Verbleib sowohl 2012 als auch 2014 viel häufiger (38 % bzw. 46 %) als Notlösung oder Sackgasse als die bekannt verbliebenen Bewerber/-innen (11 % bzw. 9 %). Dieser Trend zeichnet sich auch über die unterschiedlichen Verbleibarten (Einmündung in teil- oder vollqualifizierten Bildungsgang oder außerhalb des Bildungssystems) ab, wobei für beide Personengruppen gilt: je höher qualifizierend der aktuelle Verbleib, desto größer der Anteil der Personen, die diesen Verbleib als positiv (wunschgemäß, positiv bewertete Alternative oder sinnvolle Überbrückung) bewerteten Schaubild A3.1.1-1

Schaubild A3.1.1-1: Bewertung des Verbleibs unter den unbekannt verbliebenen und sonstigen Bewerbern und Bewerberinnen 2012 und 2014 (in %)

Vorbereitung auf die Berufswahl und Lehrstellensuche

Bei der Vorbereitung auf die Berufswahl und Lehrstellensuche zeigen sich 2014 kaum Unterschiede zwischen den unbekannt und den bekannt verbliebenen Bewerberinnen und Bewerbern. Am häufigsten wurden Einzelgespräche mit einem/einer Berufsberater/-in der Bundesagentur für Arbeit geführt, die Jugendlichen im Klassenverband von diesen informiert oder aber auch Gespräche mit den Eltern geführt, so die Befragten. Insgesamt deuten die Ergebnisse des  Schaubildes A3.1.1-2 darauf hin, dass sich unbekannt verbliebene Bewerber/-innen seltener über institutionelle Angebote (Besuch der Klasse durch Berufsberater/-innen der BA, Besuch von Berufsmessen und Lehrstellenbörsen) auf die Berufswahl und die Lehrstellensuche vorbereiteten und stattdessen häufiger informelle Quellen (Gespräche mit Eltern, Freunden/Freundinnen und Bekannten) hierzu nutzten.

Innerhalb der BA/BIBB-Bewerberbefragungen 2012 und 2014 wurde nicht explizit danach gefragt, warum die unbekannt verbliebenen Bewerber und Bewerberinnen den Kontakt zur staatlichen Berufsberatung abgebrochen haben. Allerdings liegen verschiedene Einschätzungen der Befragten vor, die im Zusammenhang mit dem Such- und Beratungsprozess stehen könnten Schaubild A3.1.1- 3: Während die bekannt verbliebenen Bewerber/-innen vermehrt angaben, in der Schule gut vorbereitet worden zu sein (42 %) und keine Probleme gehabt zu haben, eine Lehrstelle in einem interessanten Beruf zu finden (27 %), konnten die unbekannt verbliebenen Bewerber/ -innen diesen Aussagen nur deutlich seltener (30 % bzw. 10 %) zustimmen. Sie gaben dafür häufiger an, dass sie sich zu wenig um Lehrstellen bemüht haben (28 %) und dass sie die Einstellungsvoraussetzungen nicht erfüllen konnten (21 %). Auch gab rund ein Fünftel von ihnen an, eigentlich etwas anderes (als eine Berufsausbildung) gewollt und sich unzureichend beraten gefühlt zu haben. Immerhin noch 13 % der unbekannt verbliebenen Bewerber/ -innen sehen in gesundheitlichen Einschränkungen eine Erschwernis bei der Berufswahl und Lehrstellensuche, und rund ein Zehntel hatte das Gefühl, benachteiligt worden zu sein.

Die Personen, denen es innerhalb des Berichtsjahres 2014 nicht gelungen war, in eine duale Berufsausbildung einzumünden, wurden innerhalb der BA/BIBB-Bewerberbefragung gebeten, die Gründe hierfür anzugeben. Schaubild A3.1.1-4 veranschaulicht die Ergebnisse. Erwartungsgemäß gab ein Großteil der unbekannt verbliebenen Bewerber/-innen und auch der bekannt verbliebenen Bewerber/-innen an, dass der Grund dafür, aktuell keine Lehre zu machen, darin liege, dass die Bewerbungen bisher erfolglos waren. Interessant ist jedoch, dass rund ein Viertel der bekannt verbliebenen Bewerber/-innen sich nach eigener Angabe für etwas anderes (als eine duale Berufsausbildung) entschieden hatte. Tendenziell neigten die unbekannt verbliebenen Bewerber/-innen etwas häufiger dazu, eine Lehrstelle abzubrechen (7 % vs. 6 %). Auch war ihnen im Vergleich zu den bekannt verbliebenen Bewerbern/Bewerberinnen etwas häufiger gekündigt worden (7 % vs. 4 %). Auch wurde die Änderung der persönlichen Verhältnisse von dieser Personengruppe häufiger als Grund angegeben (8 % vs. 3 %).

Schaubild A3.1.1-2: Vorbereitung auf die Berufswahl und Lehrstellensuche der unbekannt verbliebenen und sonstigen Bewerber und Bewerberinnen 2014 (Mehrfachnennungen, in %)

Schaubild A3.1.1-3: Bewertung der Lehrstellensuche der unbekannt verbliebenen und sonstigen Bewerber und Bewerberinnen 2014 (Mehrfachnennungen, in %)

Schaubild A3.1.1-4: Gründe dafür, warum keine Lehre gemacht wird der unbekannt verbliebenen und sonstigen Bewerber und Bewerberinnen 2014 (Mehrfachnennungen, in %)

Zusammenfassung

Insgesamt lässt sich für die Gruppe der unbekannt ver­bliebenen Bewerber/-innen Folgendes festhalten: Im Vergleich zu den bekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen gelang es ihnen in beiden Berichtsjahren (2012 und 2014) seltener, in einen voll- oder zumindest teilqualifizierenden Bildungsgang einzumünden. Überdurchschnittlich oft verblieben sie außerhalb des Bildungssystems und hier auch auffallend häufig in der Erwerbslosigkeit.

Auch befinden sich unter den unbekannt verbliebenen Bewerbern und Bewerberinnen viele Altbewerber/ -innen (gerade auch aus früheren Jahren), Personen mit Migrationshintergrund und jene, die maximal über einen Hauptschulabschluss verfügten. Große Anteile dieser Personengruppen haben zunächst den Anschluss an das Bildungssystem verloren. Demzufolge bewerteten diese Bewerber/-innen ihren Verbleib auch häufiger negativ als die bekannt verbliebenen Bewerber/-innen. Bei der Vorbereitung auf die Berufswahl und Lehrstellensuche ergeben sich nur geringe Abweichungen. Bekannt verbliebene Bewerberinnen und Bewerber erlebten scheinbar eine bessere Vorbereitung durch die Schule, wohingegen die Gruppe der offiziell unbekannt verbliebenen Bewerber/-innen ihren Misserfolg häufig auf internale Gründe zurückführte.

Auffällig ist der hohe Anteil an Altbewerbern/-bewerberinnen in der Gruppe der unbekannt verbliebenen Bewerber/ -innen, die den Kontakt zur BA im Laufe des Vermittlungsjahres abgebrochen haben. Dies ist auch deshalb kritisch zu sehen, weil einem Teil dieser Jugendlichen wiederholt der Übergang in eine Ausbildung (bzw. der Abschluss einer Ausbildung) nicht gelungen ist. Hier besteht die Gefahr, dass sie dauerhaft den Anschluss an das Bildungssystem verlieren mit den bekannten negativen Folgen für die Beschäftigungsfähigkeit und gesellschaftliche Teilhabe.

(Julia Gei)

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    Die BA/BIBB-Bewerberbefragung wird alle 2 Jahre durchgeführt, sodass für das Jahr 2015 keine Ergebnisse vorliegen.