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Im Folgenden wird auf Grundlage der BA/BIBB-Bewerberbefragungen 2006 bis 2014 die Entwicklung der Ausbildungschancen von Bewerbern und Bewerberinnen, die sich bereits in Vorjahren um eine Ausbildungsstelle beworben hatten (sogenannte „Altbewerber/-innen“), aufgezeigt. Diese Bewerbergruppe ist deshalb von besonderer Relevanz, weil für sie die Ausbildungssuche nicht nur in der Vergangenheit bereits erfolglos war, sondern ein mit der Dauer des Suchprozesses zunehmendes Risiko besteht, dass die Einmündung in Ausbildung auch weiterhin nicht gelingt.

Altbewerberanteil und Merkmale der Altbewerber/-innen

Nach den BA/BIBB-Bewerberbefragungen 2006 bis 2014 hat sich der Anteil der Altbewerber/-innen an allen bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern gemeldeten Ausbildungsstellenbewerbern und -bewerberinnen in den letzten Jahren erheblich verringert  Schaubild A3.1.2- 1 (linke Grafik). Der Altbewerberanteil, der 2006 und 200848 jeweils 40 % betrug und 2010 noch 38 % ausmachte, reduzierte sich 2012 deutlich auf 31 % und lag 2014 nur noch bei 28 %.49 Mit mehr als einem Viertel stellten Altbewerber/-innen 2014 aber nach wie vor eine relativ bedeutende Gruppe unter den gemeldeten Bewerbern und Bewerberinnen dar.50

2006 hatte sich knapp die Hälfte der Altbewerber/-innen (48 %) zum ersten Mal im Vorjahr um eine Ausbildungsstelle beworben. Bei den übrigen dauerte die Ausbildungssuche schon länger an: Gut ein Viertel hatte sich bereits 2 Jahre zuvor um eine Ausbildungsstelle bemüht, ein weiteres Viertel schon vor 3 oder mehr Jahren Schaubild A3.1.2-1 (rechte Grafik). An dieser Verteilung änderte sich 2008 und 2010 nur relativ wenig. 2012 verringerte sich der Anteil der Altbewerber/-innen mit erstmaliger Ausbildungssuche im Vorjahr dann deutlich auf 41 %. Diejenigen, die bereits seit mehr als 2 Jahren eine Ausbildung suchten, nahmen nun einen merklich gestiegenen Anteil von 31 % ein. 2014 ging die Entwicklung wieder stark in die andere Richtung: Nunmehr entfiel auf diejenigen, die sich erstmals vor einem Jahr um einen Ausbildungsplatz beworben hatten, mit 53 % sogar mehr als die Hälfte der Altbewerber/-innen. Die Anteile derjenigen mit einer schon 2 Jahre bzw. noch länger andauernden Ausbildungssuche sanken damit auf jeweils weniger als ein Viertel (24 % bzw. 23 %).

Schaubild A3.1.2-1: Entwicklung des Altbewerberanteils und Verteilung der Altbewerber/-innen nach Erstbewerbungsjahr 2006 bis 2014

Altbewerber/-innen

Bei den BA/BIBB-Bewerberbefragungen wird folgende Definition zugrunde gelegt: Altbewerber/-innen sind „all diejenigen Personen, die angeben, sich bereits einmal für einen früheren Ausbildungsbeginn als den des jeweils aktuellen Ausbildungsjahres beworben zu haben“ (Ulrich/Krekel 2007). In den Erhebungen wird genau erfasst, für welches Jahr sich die Bewerber/-innen erstmals um eine Ausbildungsstelle beworben haben. Auf diese Weise lassen sich zum einen Alt- und Erstbewerber/-innen unterscheiden, zum andern geben die Daten aber auch Aufschluss über die Gesamtdauer der bisherigen Such- und Bewerbungsprozesse der Altbewerber/-innen.

In der BA-Ausbildungsmarktstatistik wird eine solche Un­terscheidung in Altbewerber/-innen und erstmalige Bewerber/-innen nicht vorgenommen. Die Bewerber/-innen werden dort vielmehr danach differenziert, ob sie die Schule im aktuellen Berichtsjahr oder bereits im Vorjahr oder früher beendet haben. Bei den Bewerbern und Be­werberinnen aus früheren Schulentlassjahrgängen, die in der Vergangenheit häufiger auch als „Altbewerber/-innen“ bezeichnet worden sind, ist jedoch unbekannt, ob sie sich in den Vorjahren tatsächlich einmal bei Betrieben um eine Ausbildungsstelle beworben haben oder nicht. Seit einigen Jahren werden in der BA-Ausbildungsmarktstatistik die Bewerber/-innen außerdem danach unterschieden, ob sie im aktuellen Berichtsjahr erstmals bei einer Arbeitsagentur oder einem Jobcenter gemeldet waren oder auch schon in einem früheren Berichtsjahr. Allerdings wird dabei für die früheren Bewerber/-innen nicht differenziert ausgewiesen, in welchem Berichtsjahr sie erstmals registriert waren (vgl. auch in Kapitel A1.3).

Altbewerber/-innen unterschieden sich in vielen wichtigen Merkmalen immer mehr oder weniger stark von Bewerbern und Bewerberinnen, die sich im Vermittlungsjahr zum ersten Mal beworben hatten (sogenannte „Erstbewerber/-innen“). Bei einem Vergleich der Alt- und Erstbewerber/-innen 2006 und 2014 ist festzustellen, dass sich die Unterschiede zwischen den beiden Bewerbergruppen zum Teil noch verstärkten Schaubild A3.1.2-2. Die deutlichsten Abweichungen zeigen sich erwartungsgemäß jeweils im Hinblick auf das Lebensalter: Altbewerber/-innen hatten viel häufiger bereits ein Alter von über 20 Jahren erreicht als Erstbewerber/ -innen. Frauen nahmen in der Altbewerbergruppe jeweils einen höheren Anteil ein als in der Erstbewerbergruppe. Jugendliche mit Migrationshintergrund waren 2006 überproportional stark in der Gruppe der Altbewerber/-innen vertreten, dies traf 2014 allerdings nicht mehr zu. Altbewerber/-innen verfügten jeweils häufiger über maximal einen Hauptschulabschluss oder eine Studien­berechtigung, dagegen seltener über einen mittleren Schulabschluss als Erstbewerber/-innen. Der höhere Anteil Studienberechtigter in der Altbewerbergruppe dürfte darauf zurückzuführen sein, dass erfolglose Bewerber/-innen mit mittlerem Schulabschluss häufiger in einer Fachoberschule oder teilqualifizierenden beruflichen Schule noch nachträglich die Fachhochschulreife erworben haben.

Sehr stark unterschieden sich die beiden Bewerbergruppen in ihrem Bewerbungsverhalten: So bewarb sich 2006 und 2014 ein wesentlich größerer Anteil der Altbewerber/-innen schriftlich in mehreren unterschiedlichen Berufen, als dies in der Gruppe der Erstbewerber/ -innen der Fall war. Wesentlich häufiger zogen Alt­bewerber/-innen bei ihren Bewerbungen auch Betriebe in Betracht, die mehr als 100 km von ihrem Wohnort entfernt lagen. Solche überregionalen Bewerbungen waren allerdings 2014 in beiden Bewerbergruppen erheblich seltener als 2006, was wahrscheinlich mit der deutlich verbesserten Lage auf dem Ausbildungsmarkt zusammenhing. Bei einer günstigeren Marktsituation geht die Mobilitätsbereitschaft der Jugendlichen in der Regel zurück. Dennoch war 2014 sowohl die berufliche als auch die regionale Flexibilität der Altbewerber/ -innen nach wie vor deutlich höher als die der Erstbewerber/ -innen.

Schaubild A3.1.2-2: Merkmale der Altbewerber/-innen und Erstbewerber/-innen 2006 und 2014

Einmündung der Altbewerber/-innen in duale Ausbildung

Bei der Suche nach einer betrieblichen Ausbildungsstelle waren Altbewerber/-innen immer weniger erfolgreich als Erstbewerber/-innen. So mündeten 2006, dem Jahr mit den größten Versorgungsproblemen auf dem Ausbildungsmarkt, nur 29 % der Altbewerber/-innen in eine betriebliche Ausbildung in Berufen nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO) ein, gegenüber 39 % der Erstbewerber/-innen.51 In den nachfolgenden Jahren erhöhten sich zwar aufgrund der besseren Marktlage die Einmündungsquoten beider Gruppen, zwischen ihnen blieben jedoch große Abweichungen bestehen Schaubild A3.1.2-3. 2010 konnten 34 % der Altbewerber/-innen eine betriebliche Ausbildung beginnen, gegenüber 43 % der Erstbewerber/-innen. 2012 mündeten dann 32 % der Altbewerber/-innen, aber 45 % der Erstbewerber/-innen ein, dies war – mit einer Differenz von 13 Prozentpunkten – der größte Unterschied in den betrachteten Jahren. Während sich 2014 die Einmündungsquote der Altbewerber/-innen in betriebliche Ausbildung mit 34 % wieder leicht erhöhte, fiel sie für Erstbewerber/-innen nun mit 40 % deutlich niedriger aus als 2012; die Abweichung zwischen beiden Gruppen reduzierte sich damit auf nur noch 6 Prozentpunkte, was die geringste Differenz im Beobachtungs­zeitraum darstellt.

Neben der betrieblichen Ausbildung gab es für einen kleineren Teil der Bewerber/-innen auch die Möglichkeit, eine öffentlich finanzierte, außerbetriebliche Ausbildung in BBiG/HwO-Berufen aufzunehmen.52 Altbewerber/-innen profitierten hiervon jeweils etwas stärker als Erstbewerber/-innen. 2006 mündeten 9 % der Altbewerber/-innen in außerbetriebliche Ausbildung ein, gegenüber 7 % der Erstbewerber/-innen. Aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten relativ starken Abbaus außerbetrieblicher Ausbildungsplätze betrug 2014 die betreffende Einmündungsquote der Altbewerber/-innen nur noch 6 %, die der Erstbewerber/-innen 4 %.

Wird die gesamte duale Berufsausbildung, also die betriebliche und außerbetriebliche Ausbildung in BBiG/HwO-Berufen, zusammen betrachtet, so ist festzustellen, dass sich die Einmündungsquoten der Alt- und Erstbewerber/ -innen im Laufe der Jahre relativ wenig veränderten. Der niedrigste Wert für Altbewerber/-innen war 2006 mit 38 % zu verzeichnen. 2010 lag ihre Einmündungsquote mit 42 % am höchsten, reduzierte sich allerdings ab 2012 wieder auf 40 %. Aber nicht nur für Altbewerber/-innen, sondern auch für Erstbewerber/-innen lässt sich im Zeitverlauf kaum eine Verbesserung des Übergangs in duale Ausbildung erkennen: So erhöhte sich deren Einmündungsquote, die 2006 bei 46 % gelegen hatte, zwar ab 2010 vorübergehend auf 49 %, ging dann jedoch 2014 wieder deutlich zurück auf 44 %, den geringsten Wert für Erstbewerber/-innen in den betrachteten Jahren.

Innerhalb der Altbewerbergruppe gab es allerdings noch­mals große Unterschiede im Einmündungserfolg, je nachdem, wie lange die Suche nach einem Ausbildungsplatz schon andauerte Schaubild A3.1.2-4. 2006 konnten 33 % der Altbewerber/-innen, die sich erstmals im Vorjahr beworben hatten, erfolgreich eine betriebliche Ausbildung aufnehmen. Begann die Ausbildungssuche aber bereits vor 2 Jahren, so mündeten nur 29 % der Altbewerber/-innen in betriebliche Ausbildung ein. Lag die erstmalige Bewerbung sogar noch länger zurück, waren es lediglich 21 %. Demgegenüber verbesserte sich 2014 für alle 3 Altbewerbergruppen der Einmündungs­erfolg: So konnten nun 39 % derjenigen, die sich vor einem Jahr zum ersten Mal beworben hatten, eine betriebliche Ausbildung beginnen, und von denjenigen, die schon vor 2 Jahren bzw. vor 3 oder mehr Jahren eine Ausbildung anstrebten, mündeten 32 % bzw. 26 % ein.

Von der außerbetrieblichen Ausbildung profitierten Alt­bewerber/-innen, deren Erstbewerbung vor 2 Jahren erfolgte, sowohl 2006 als auch 2014 am stärksten. Diejenigen, die sich noch länger um eine Ausbildung bemüht hatten, erhielten dagegen jeweils am seltensten einen außerbetrieblichen Ausbildungsplatz.

Bei Betrachtung der gesamten dualen Ausbildung, also betriebliche und außerbetriebliche Ausbildung zusam­mengefasst, zeigt sich, dass 2006 und 2014 Altbewerber/ -innen mit erstmaliger Bewerbung im Vorjahr mit 42 % bzw. 44 % vergleichsweise häufig bei der Ausbildungssuche erfolgreich waren. Altbewerber/-innen, die bereits 2  Jahre zuvor eine Ausbildung angestrebt hatten, schnitten demgegenüber mit jeweils 39 % merklich ungünstiger ab. Mit Abstand am schlechtesten gelang der Übergang in duale Ausbildung jedoch der Gruppe, deren Suchprozess bereits 3 Jahre oder länger andauerte: 2006 betrug ihre Einmündungsquote nur 29 % und war 2014 mit 30 % kaum höher.

Schaubild A3.1.2-3: Einmündung in duale Ausbildung der Altbewerber/-innen und Erstbewerber/-innen 2006 bis 2014

Schaubild A3.1.2-4: Einmündung in duale Ausbildung der Altbewerber/-innen 2006 und 2014 differenziert nach Erstbewerbungsjahr

Verbleibsformen der Altbewerber/-innen

Angesichts des eher geringen Übergangserfolgs der Altbewerber/-innen in betriebliche bzw. duale Ausbildung soll im Folgenden auch betrachtet werden, welche Verbleibe die nicht eingemündeten Jugendlichen hatten.53 Hierzu wurden – neben der „Einmündung in betriebliche Ausbildung“, die in der Regel das eigentliche Ziel der Ausbildungsstellenbewerber/-innen darstellte – 3  weitere Verbleibsarten unterschieden. Zum „Verbleib in anderer Vollqualifizierung“ wurde die Einmündung in außerbetriebliche Ausbildung in BBiG/HwO-Berufen und die Aufnahme einer Schulberufsausbildung oder eines Hochschulstudium zusammengefasst.54 Dem „Verbleib in Schule oder Teilqualifizierung“ wurde der Besuch einer allgemeinbildenden oder teilqualifizierenden beruflichen Schule (einschließlich Fachoberschule) sowie die Teilnahme an einem Berufsvorbereitungsjahr o.  Ä., einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Arbeitsagentur, einer betrieblichen Einstiegsqualifizierung oder einem Praktikum zugerechnet. Zum „Verbleib außerhalb des Bildungssystems“ wurden Freiwilligendienste (z. B. Bundesfreiwilligendienst oder freiwilliges soziales Jahr), Erwerbstätigkeit, Jobben, Arbeitslosigkeit und Sonstiges (z. B. Auslandsaufenthalt, zu Hause aus privatem Grund) gezählt.

Demnach mündeten Altbewerber/-innen immer etwas häufiger als Erstbewerber/-innen nicht in eine betrieb­liche Ausbildung, sondern in eine andere Art der Vollqualifizierung ein, wobei es im Laufe der Jahre nur geringe Schwankungen gab Schaubild A3.1.2-5. 2006 befanden sich 22 % der Altbewerber/-innen am Jahresende in einer anderen vollqualifizierenden Ausbildung, gegenüber 18 % der Erstbewerber/-innen. Die entsprechenden Anteile lagen auch 2014 in nahezu gleicher Höhe (21 % vs. 18 %). Deutlich seltener als Erstbewerber/-innen verblieben Altbewerber/-innen dagegen in Schule oder Teilqualifizierung: 2006 hatten 18 % der Altbewerber/ -innen einen solchen Verbleib und 2014 sogar nur 13 %, während es bei den Erstbewerbern und Erstbewerberinnen 28 % bzw. 27 % waren. Der relativ große Unterschied ist damit zu erklären, dass für Altbewerber/-innen in der Regel der Besuch einer allgemeinbildenden Schule nicht mehr in Betracht kam und sie häufig bereits an einem oder sogar mehreren teilqualifizierenden Bildungsgängen teilgenommen hatten. Außerhalb des Bildungssystems verblieben Altbewerber/-innen immer mehr als doppelt so häufig wie Erstbewerber/-innen, und zwar wiederum mit nur geringen Veränderungen im Zeitablauf. 2006 befanden sich 31 % der Altbewerber/-innen am Jahresende nicht mehr im Bildungssystem, und 2014 waren es 32 %, dagegen lag der betreffende Anteil bei Erstbewerbern und Erstbewerberinnen nur bei jeweils 15 %.

Nochmals große Unterschiede hinsichtlich des Verbleibs gab es zudem innerhalb der Gruppe der Altbewerber/ -innen, je nachdem, wie lange sie sich schon um eine Ausbildung bemühten Schaubild A3.1.2-6. Altbewerber/ -innen, die sich 2 Jahre zuvor zum ersten Mal beworben hatten, nahmen sowohl 2006 als auch 2014 etwas häufiger anstelle einer betrieblichen Berufsausbildung eine andere vollqualifizierende Ausbildung auf als diejenigen, die erst seit einem Jahr bzw. schon seit 3 oder mehr Jahren eine Ausbildung anstrebten. Ein Verbleib in Schule oder Teilqualifizierung kam bei Altbewerbern und Altbewerberinnen umso seltener vor, je länger ihre Ausbildungssuche andauerte, was sich allerdings 2014 gegenüber 2006 abschwächte. Ein Verbleib außerhalb des Bildungssystems nahm demgegenüber mit der Dauer des Suchprozesses beträchtlich zu: 2006 befanden sich 23 % der Altbewerber/-innen mit erstmaliger Bewerbung im Vorjahr nicht mehr in Bildung. Von denjenigen, die bereits vor 2 Jahren eine Ausbildung beginnen wollten, waren es schon 30 %. Lag die erste Ausbildungssuche 3 oder mehr Jahre zurück, nahmen sogar 46 % der Altbewerber/-innen am Jahresende nicht mehr an Bildung teil. 2014 kam ein Verbleib außerhalb des Bildungssystems teilweise sogar noch häufiger vor: Nun waren 26 % der Altbewerber/ -innen, die sich vor einem Jahr erstmals bewarben, nicht mehr im Bildungssystem. Bei denjenigen, die seit 2 Jahren eine Ausbildung suchten, betrug der entsprechende Anteil 33 %. Von den Altbewerbern und Altbewerberinnen mit noch früherer Erstbewerbung befanden sich 44 % am Jahresende nicht mehr in Bildungsprozessen.

Schaubild A3.1.2-5: Verteilung der Altbewerber/-innen und Erstbewerber/-innen nach Verbleibsart 2006 bis 2014

Schaubild A3.1.2-6: Verteilung der Altbewerber/-innen nach Verbleibsart 2006 und 2014 differenziert nach Erstbewerbungsjahr

Verbleibschancen der Altbewerber/-innen unter Berücksichtigung wichtiger Einflussfaktoren

Wie aus der vorangegangenen Darstellung hervorgeht, mündeten Altbewerber/-innen in den vergangenen Jahren deutlich seltener in betriebliche Ausbildung ein und hatten wesentlich häufiger einen Verbleib außerhalb des Bildungssystems als Bewerber/-innen, die sich im jeweiligen Vermittlungsjahr erstmals beworben hatten. Aus der Übergangsforschung ist bekannt, dass es von vielen verschiedenen Faktoren abhängt, ob der Übergang in eine betriebliche Berufsausbildung gelingt oder nicht. Nach dem ressourcentheoretischen Modell von Eberhard (2012) spielen neben persönlichen Merkmalen und den schulischen Voraussetzungen der Bewerber/-innen vor allem auch das Bewerbungsverhalten und die Rahmenbedingungen der Ausbildungssuche, insbesondere die Situation auf dem regionalen Ausbildungsmarkt, eine entscheidende Rolle. Es wurde daher der Frage nachgegangen, ob sich durch diese Faktoren die geringeren Erfolge der Altbewerber/-innen bei der Suche nach einem betrieblichen Ausbildungsplatz erklären lassen oder ob es zusätzliche Nachteile gibt, die allein mit dem Status „Altbewerber/-in“ zusammenhängen. Gleichzeitig wurde auch untersucht, inwieweit Altbewerber/-innen bei Berücksichtigung der genannten Faktoren ein erhöhtes Risiko haben, außerhalb des Bildungssystems zu verbleiben. Zu diesem Zweck wurden für 2006 und 2014 jeweils multivariate Analysen (multinomiale logistische Regressionen) durchgeführt. Hierdurch ist es möglich festzustellen, welche Merkmale der Jugendlichen und welche Bedingungen der Ausbildungssuche einen eigenständigen Einfluss auf die Chance der Einmündung in betriebliche Ausbildung bzw. das Risiko eines anderen Verbleibs55 haben, da alle jeweils anderen einbezogenen Faktoren kontrolliert werden. In die Analysen wurden – neben dem Merkmal „Altbewerber/-in“ (differenziert nach dem Jahr der Erstbewerbung) – das Geschlecht der Jugendlichen, der Migrationshintergrund, der Schulabschluss, die letzten Schulnoten in Deutsch und Mathematik sowie wichtige Bedingungen der Ausbildungssuche (u. a. die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in der Wohnregion)56 einbezogen.57 Die Analyseergebnisse für die Bewerber/ -innen 2006 sind im Einzelnen in Tabelle A3.1.2-1 ausgewiesen, die Ergebnisse für die Bewerber/ -innen 2014 in Tabelle A3.1.2-2. Im Folgenden wird nur auf die zentralen Analyseergebnisse im Hinblick auf die Einmündung der Altbewerber/-innen in betriebliche Ausbildung bzw. ihren Verbleib außerhalb des Bildungssystems eingegangen.

Die Analysen zeigen, dass 2006 Altbewerber/-innen im Vergleich zu Erstbewerbern und Erstbewerberinnen auch unter Berücksichtigung wichtiger Einflussfaktoren signifikant schlechtere Chancen hatten, bei der Suche nach betrieblicher Ausbildung erfolgreich zu sein. Dies betraf sowohl Altbewerber/-innen, deren erstmalige Bewerbung im Vorjahr erfolgte – sie hatten eine um 15  Prozentpunkte niedrigere Einmündungswahrscheinlichkeit als Erstbewerber/-innen – als auch diejenigen, die sich bereits seit 2 bzw. 3 oder mehr Jahren um eine Ausbildung bemühten – bei ihnen betrug die entsprechende Differenz 9 bzw. 16 Prozentpunkte. 2014 hat sich dies allerdings verändert: So war nun für Altbewerber/-innen, die sich zum ersten Mal im Vorjahr beworben hatten, die Wahrscheinlichkeit einer Einmündung in betriebliche Ausbildung – bei Kon­trolle wichtiger Einflussgrößen – ebenso hoch wie für Erstbewerber/-innen. Für Altbewerber/-innen, die sich bereits vor 2 oder mehr Jahren auf Ausbildungssuche befanden, blieben allerdings die Aussichten auch 2014 signifikant schlechter, ihre Einmündungswahrscheinlichkeit in betriebliche Ausbildung war nunmehr um 7  bzw. 11 Prozentpunkte geringer als für Erstbewerber /-innen.

Das Risiko eines Verbleibs außerhalb des Bildungssystems war 2006 für alle Altbewerbergruppen auch bei Einbeziehung zentraler Einflussfaktoren signifikant größer als für Erstbewerber/-innen. Dabei nahm die Wahrscheinlichkeit, nicht mehr an Bildung teilzunehmen, mit der Dauer des Suchprozesses sehr stark zu: Während sie für Altbewerber/-innen mit erstmaliger Bewerbung im Vorjahr um 7 Prozentpunkte höher lag als für Erstbewerber/ -innen, fiel sie bei denjenigen, die bereits seit 2  Jahren eine Ausbildung suchten, um 11 Prozentpunkte und bei denjenigen mit einer noch längeren Suchdauer um 20 Prozentpunkte höher aus. 2014 stellten sich die Unterschiede wie folgt dar: Altbewerber/-innen, die im Vorjahr erstmals nach betrieblicher Ausbildung suchten, verblieben mit einer um 6 Prozentpunkte höheren Wahrscheinlichkeit als Erstbewerber/-innen außerhalb des Bildungssystems. Die entsprechende Differenz betrug bei denjenigen, die sich vor 2 Jahren bereits um eine Ausbildung bemühten, wiederum 11 Prozentpunkte. Für Altbewerber/-innen mit noch länger andauerndem Suchprozess war es 2014 sogar um 27 Prozentpunkte wahrscheinlicher, nicht mehr an Bildung teilzunehmen, als für Erstbewerber/-innen.

 

Tabelle A3.1.2-1: Einflüsse auf den Verbleib von Ausbildungsstellenbewerbern und -bewerberinnen 2006 – Ergebnisse eines multinomialen logistischen Regressionsmodells (durchschnittliche Marginaleffekte – AME)

Tabelle A3.1.2-2: Einflüsse auf den Verbleib von Ausbildungsstellenbewerbern und -bewerberinnen 2014 – Ergebnisse eines multinomialen logistischen Regressionsmodells (durchschnittliche Marginaleffekte – AME)

Fazit

Der Anteil der Altbewerber/-innen an allen bei den Ar­beitsagenturen und Jobcentern gemeldeten Bewerbern und Bewerberinnen ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Während sich nach den Ergebnissen der BA/BIBB-Bewerberbefragungen in den Vermittlungs­jahren 2006 und 2008 noch 40 % der Bewerber/ -innen bereits in Vorjahren um eine betriebliche Ausbildung beworben hatten, waren es 2014 nur noch 28 %. Dennoch stellen Altbewerber/-innen nach wie vor eine nicht zu vernachlässigende Bewerbergruppe dar. Altbewerber/ -innen sind von besonderer bildungspolitischer Relevanz, weil der Einmündungs­erfolg immer weiter abnimmt, je länger sich Jugendliche bereits auf Ausbildungssuche befinden. Die geringeren Aussichten der Altbewerber/ -innen auf eine betriebliche Ausbildungsstelle lassen sich dabei nicht allein auf bestimmte Einflussfaktoren (z. B. Schulabschluss, Marktlage in der Wohnregion) zurückführen, vielmehr sind ihre Chancen auch unter ansonsten gleichen Bedingungen schlechter als die von Bewerbern und Bewerberinnen, die sich zum ersten Mal bewerben. Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass für Altbewerber/-innen die andauernde Erfolglosigkeit zum Stigma wird (Solga 2005, S. 189 ff.). Ein negativer Effekt könnte aber auch von ihrem höheren Alter ausgehen: Altbewerber/-innen sind relativ häufig bereits über 20  Jahre alt und damit in einem Alter, in dem die Chancen auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz generell abnehmen. Dies lässt sich damit erklären, dass Betriebe eine Präferenz für Bewerber/-innen haben, die aus ihrer Sicht für eine Ausbildung weder zu jung noch zu alt sind (Imdorf 2012).

An den schlechteren Einmündungschancen in betrieb­liche Ausbildung hat sich in den vergangenen Jahren für Altbewerber/-innen nichts Grundlegendes verändert. Lediglich für Altbewerber/-innen, die im Vorjahr zum ersten Mal nach einer Ausbildung suchten, ist 2014 eine Verbesserung zu verzeichnen: Sie konnten nun – anders als zuvor – ebenso häufig eine betriebliche Ausbildung beginnen wie Bewerber/-innen, die sich erstmals im aktuellen Vermittlungsjahr bewarben. Allerdings war dies hauptsächlich auf eine 2014 relativ niedrige Einmündungsquote der Erstbewerber/-innen zurückzuführen. Ob diese Annäherung tatsächlich damit zu erklären ist, dass Betriebe inzwischen stärker auf „reifere“ Bewerber/ -innen setzen, wie eine Studie des Wissenschafts­zentrums Berlin für Sozialforschung ergeben hat (Kübler/Schmid 2015), kann auf Datenbasis der BA/BIBB-Bewerberbefragungen nicht beurteilt werden.

Die Altbewerber/-innen profitierten in den vergangenen Jahren jeweils mehr als die Erstbewerber/-innen von der außerbetrieblichen Ausbildung, ihre Chancennachteile wurden hierdurch jedoch nie ausgeglichen. Dadurch, dass die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsplätze in den vergangenen Jahren relativ stark reduziert wurde, stieg die Einmündungsquote der Altbewerber/-innen bezogen auf die gesamte duale Ausbildung – trotz eines verbesserten Zugangs zu betrieblicher Ausbildung – kaum an. Dies war allerdings auch für Erstbewerber/-innen in ähnlicher Weise festzustellen.

Für Altbewerber/-innen bestand mit zunehmender Dauer der Ausbildungssuche immer ein ansteigendes Risiko, außerhalb des Bildungssystems zu verbleiben. Ein solcher Verbleib war 2006 für 46 % der Altbewerber/-innen, deren Suchprozess bereits vor 3 oder mehr Jahren begann, festzustellen, 2014 war der entsprechende Anteil mit 44 % kaum geringer. Vor allem für diese Gruppe muss von einer hohen Gefahr der Resignation und infolgedessen dauerhafter Ausbildungslosigkeit ausgegangen werden. Daher erscheint es unbedingt notwendig, wirksame Strategien zu entwickeln, um Altbewerbern und Altbewerberinnen schneller als bisher zu einer Berufsausbildung zu verhelfen.

(Ursula Beicht)

  • 48

    Gemeint sind hier immer die jeweiligen Vermittlungsjahre, die jeweils am 1. Oktober des Vorjahres begannen und bis 30. September des genannten Jahres dauerten. 

  • 49

    Zu beachten ist, dass jeweils für einen kleineren Teil der Bewerber/-innen anhand der erhobenen Daten in den BA/BIBB-Bewerberbefragungen nicht geklärt werden konnte, ob es sich um Altbewerber/-innen oder erstmalige Bewerber/ - innen handelte. 2006 traf dies auf 5 % der Bewerber/-innen zu, 2008 auf 8 %, 2010 und 2012 auf jeweils 6 % und 2014 auf 3 %. Diese Fälle blieben bei den weiteren Auswertungen, deren Ergebnisse im Folgenden dargestellt werden, unberücksichtigt. 

  • 50

    Erste Ergebnisse der BA/BIBB-Bewerberbefragung 2014 hinsichtlich der Merkmale und des Verbleibs der Altbewerber/-innen 2014 sind bereits im BIBB-Datenreport 2015, Kapitel A3.1.1 enthalten. 

  • 51

    Als Einmündung gilt hier, wenn Bewerber/-innen im betreffenden Vermittlungsjahr oder in den nachfolgenden Monaten eine entsprechende Ausbildung aufgenommen hatten und dort bis zum Befragungszeitpunkt am Ende des Kalenderjahres verblieben waren. Nicht berücksichtigt sind somit zwischenzeitlich (z. B. in der Probezeit) bereits wieder gelöste Ausbildungsverhältnisse, denn diese werden in den BA/BIBB-Bewerberbefragungen nicht erfasst. Zu beachten ist auch, dass Bewerber/-innen, die sich aus einem bestehenden Ausbildungsverhältnis heraus um eine andere Ausbildungsstelle bemüht hatten, dann aber doch in ihrer ursprünglichen, vor dem Vermittlungsjahr begonnenen Ausbildung verblieben waren, zu den nicht eingemündeten Bewerbern und Bewerberinnen gerechnet worden sind.

  • 52

    Außerbetriebliche Ausbildungsplätze in BBiG/HwO-Berufen werden vor allem für leistungsschwächere Jugendliche bereitgestellt, die nicht in eine betriebliche Ausbildungsstelle vermittelt werden konnten. Es handelt sich dabei meistens um lernbeeinträchtigte oder sozial benachteiligte Jugendliche oder um junge Menschen mit Behinderungen, die in der außerbetrieblichen Ausbildung eine besondere Betreuung erhalten. In der Vergangenheit gab es vor allem in Ostdeutschland auch eine größere Zahl an außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen für sogenannte marktbenachteiligte Jugendliche, d. h., die allein wegen der schlechten Situation auf dem Ausbildungsmarkt keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten haben. Vor allem aufgrund der verbesserten Marktlage wurde die Zahl der außerbetrieblichen Plätze in den vergangenen Jahren stark reduziert. 

  • 53

    Erfasst wird in den BA/BIBB-Bewerberbefragungen jeweils der Verbleib zum Erhebungszeitpunkt, also am Ende des jeweiligen Kalenderjahres. 

  • 54

    Außerdem wurde hier auch der – eigentlich nicht angestrebte – Verbleib in einer bestehenden vollqualifizierenden Ausbildung zugeordnet. 

  • 55

    Bei den Analysen wurde nach den 4 gebildeten Verbleibsarten (Einmündung in betriebliche Ausbildung, Verbleib in anderer Vollqualifizierung, Verbleib in Schule oder Teilqualifizierung sowie Verbleib außerhalb des Bildungssystems) differenziert. 

  • 56

    Als Indikator für die Marktlage wurde die Relation des betrieblichen Ausbildungsstellenangebots zu den ausbildungsinteressierten Jugendlichen in den jeweiligen Arbeitsagenturbezirken herangezogen (zur Berechnung dieses Indikators vgl. Ulrich 2012). 

  • 57

    Die Auswahl der einbezogenen Variablen orientierte sich an dem ressourcentheoretischen Ansatz von Eberhard (2012) zur Erklärung der Übergangschancen von Ausbildungsstellenbewerbern und -bewerberinnen in duale Berufsausbildung.