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Kurse und andere Formen der Weiterbildung

Die betrieblich finanzierte Weiterbildung ist ein wichtiger Teil des lebenslangen Lernens. Die europäischen Unternehmensbefragungen zur betrieblichen Weiterbildung (Continuing Vocational Training Survey, CVTS) stellen wichtige Kennziffern zum betrieblichen Weiterbildungsangebot zur Verfügung. An der letzten Erhebung mit dem Bezugsjahr 2010 (CVTS4) beteiligten sich 28 Länder, neben den EU-Mitgliedstaaten (außer Irland) auch Nor­wegen. Die zentralen Ergebnisse aus CVTS4 wurden im BIBB-Datenreport 2013, Kapitel B1.2.2, dargestellt. Weitere Auswertungen finden sich im BIBB-Datenreport 2014, Kapitel B.1.2.2 und im BIBB-Datenreport 2014, Kapitel C.

Europäische Erhebungen zur betrieblichen Weiterbildung (CVTS)

Die Erhebungen zur betrieblichen Weiterbildung (Continuing Vocational Training Survey, CVTS) werden in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (und weiteren interessierten Staaten wie Norwegen) durchgeführt. CVTS ist seit 2005 eine für die EU-Mitgliedstaaten verpflichtende Erhebung. Befragt werden Unternehmen mit 10 und mehr Beschäftigten aus den Wirtschaftsbereichen B bis N sowie R und S der NACE Rev. 2.275 In bisher 4 Erhebungen wurden europäisch vergleichbare Daten zu Angebot, Umfang, Formen, Organisation und Kosten der betrieblichen Weiterbildung sowie zur betrieblichen Bildungspolitik für die Jahre 1993 (CVTS1 mit 12 teilnehmenden Ländern), 1999 (CVTS2, 25 Länder), 2005 (CVTS3, 28 Länder) und 2010 (CVTS4, 28 Länder) ermittelt.

An CVTS4 beteiligten sich in Europa mehr als 115.000 Unternehmen, in Deutschland 3.047. In der Mehrzahl der Länder waren die Unternehmen auskunftspflichtig, in Deutschland war die Teilnahme für die Unternehmen freiwillig. Die Rücklaufquote lag mit Ausnahme von 6 Ländern bei 50 % und mehr, in Deutschland wurde mit 29 % die niedrigste Rücklaufquote erreicht. Eurostat veröffentlicht die CVTS-Ergebnisse in seiner Datenbank (http://ec.europa.eu/eurostat/data/database).

Unter betrieblicher Weiterbildung wird in CVTS vorausgeplantes, organisiertes Lernen verstanden, das vollständig oder teilweise von den Unternehmen finanziert wird. Unternehmen bieten ihren Beschäftigten Weiterbildung in unterschiedlichen Formen an. In CVTS4 wird das An­gebot an 7 verschiedenen Weiterbildungsformen erfasst. Neben Kursen, die entweder intern oder extern organisiert werden und getrennt vom Arbeitsplatz stattfinden, zählen dazu auch 5 stärker arbeitsinte­grierte bzw. arbeitsplatznahe Formen der Weiterbildung. Zu ihnen gehören ganz traditionelle Formen, die es schon immer gab, wie die Einarbeitung und Unterweisung am Arbeitsplatz oder Informationsveranstaltungen, aber auch modernere Formen, beispielsweise Lern- und Qualitätszirkel oder das selbstgesteuerte Lernen. Die Grenze zwischen Arbeit und Lernen ist bei diesen anderen, nicht kursförmigen Formen der Weiterbildung oft nicht klar zu ziehen, was die empirische Erfassung schwierig macht (Moraal/Grünewald 2004). Dies betrifft nicht den Anteil der Unternehmen, die solche Formen anbieten, sondern vor allem detailliertere Informationen, z. B. zur Teilnahme an solchen Formen oder zu den Kosten (Cedefop 2010, S. 107/108). Für die nicht kursförmige Weiterbildung werden daher in CVTS nur das Angebot und die Teilnahmequote erhoben, aber nicht die Dauer der Lernaktivitäten oder ihre Kosten.

Formen der betrieblichen Weiterbildung in CVTS

Kurse: Veranstaltungen, die ausschließlich der betrieb­lichen Weiterbildung dienen und vom Arbeitsplatz getrennt stattfinden (z. B. in einem Unterrichtsraum oder Schulungszentrum). Die Teilnehmenden werden in einem vorab von den Organisatoren festgelegten Zeitraum vom Weiterbildungspersonal unterrichtet. Es wird zwischen internen und externen Kursen differenziert. Bei internen Kursen liegt die Verantwortung für Ziele, Inhalte, Organisation und Durchführung beim Unternehmen selbst, bei externen Kursen bei den externen Bildungsträgern, die die Kurse auf dem freien Markt anbieten.

Weiterbildung am Arbeitsplatz: Vorausgeplante Phasen der Unterweisung durch Vorgesetzte, Spezialisten oder Kollegen/Kolleginnen und Lernen durch die normalen Arbeitsmittel und andere Medien (Einarbeitung).

Job-Rotation innerhalb des Unternehmens und Arbeitsplatztausch mit anderen Unternehmen (durch Austauschprogramme, Abordnungen, Studienbesuche): Sie gelten nur dann als Weiterbildungsmaßnahme, wenn sie im Voraus geplant sind und dem spezifischen Zweck dienen, die Fähigkeiten der Teilnehmenden weiterzuentwickeln. Nicht dazu gehören routinemäßige Versetzungen, die nicht im Rahmen eines geplanten Weiterbildungsprogramms erfolgen.

Informationsveranstaltungen: Z. B. Besuch von Fach­vorträgen, Fachtagungen, Kongressen, Workshops, Fachmessen und Erfahrungsaustauschkreisen. Die Teilnahme zählt nur dann als Weiterbildung, wenn der vorrangige Zweck der Teilnahme die Weiterbildung ist.

Lern- und Qualitätszirkel: In Lernzirkeln kommen Beschäftigte regelmäßig mit dem vorrangigen Ziel zusammen, sich über die Anforderungen der Arbeitsorganisation, der Arbeitsverfahren und des Arbeitsplatzes weiterzubilden. Qualitätszirkel sind Arbeitsgruppen, deren Ziel es ist, durch Diskussion Probleme zu lösen, die mit der Produktion oder dem Arbeitsplatz zusammenhängen. Sie gelten nur dann als Weiterbildung, wenn Weiterbildung der vorrangige Zweck für die Teilnahme ist.

Selbstgesteuertes Lernen: Geplante individuelle Weiterbildungsaktivitäten, z. B. durch E-Learning, mit audiovisuellen Hilfen wie Videos, computergestütztem Lernen, Internet.

In Deutschland und Europa stehen die anderen Formen der Weiterbildung seit einiger Zeit in der bildungspolitischen Diskussion, und auch auf politischer Ebene wird ihnen eine hohe und zunehmende Bedeutung zugesprochen (vgl. Cedefop 2015, S. 123; Bundesministerium für Bildung und Forschung 2008). Begründet wird dies u. a. mit ihrer besonderen Eignung bei der (Weiter-)Entwicklung fachübergreifender Kompetenzen wie der Methoden- und Sozialkompetenz, mit ihrer größeren Flexibilität und niedrigeren Zugangsschwellen, z. B. für Geringqualifizierte (vgl. z. B. Kuper/Kaufmann 2010; Moraal u. a. 2009; Brussig und Leber 2005). Oft sind diese Formen auch einfacher zu organisieren und kostengünstiger, was insbesondere für ihren Einsatz in kleinen und mittleren Unternehmen spricht (vgl. Kriegesmann u. a. 2002). Darüber hinaus wird eine zunehmende Nutzung verschiedener Lernformen in Unternehmen angenommen (vgl. Bohlinger/Heidecke 2009). Behringer und Käpplinger (2011) konnten für Deutschland mit den Daten aus CVTS2/3 zeigen, dass die nicht kursförmige Weiterbildung in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten besonders häufig ist, im Vergleich der Erhebungen für die Jahre 1999 und 2005 wird aber keine Verdrängung der Kurse durch andere Weiterbildungsformen sichtbar. Empirisch konnten sie keine deutliche Zunahme der Lernformvielfalt nachweisen. Vor diesem Hintergrund untersucht der Beitrag die weitere Entwicklung in Deutschland und vergleicht sie mit den anderen europäischen Ländern. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei auf dem Jahr 2010, Entwicklungen werden im Vergleich zum Jahr 2005 dargestellt.

Die meisten weiterbildenden Unternehmen bieten sowohl Kurse als auch zumindest eine der anderen Formen an wie Schaubild B1.2.2-1 zeigt. Die beiden Gruppen der Lernformen werden also zumeist komplementär genutzt. In fast allen Ländern ist der Anteil der Unternehmen mit einem kombinierten Angebot aus Kursen und anderen Formen im Jahr 2010 höher als die entsprechenden Anteile der Unternehmen, die ausschließlich Kurse oder andere Formen anbieten; nur in Lettland und Rumänien ist das Angebot nur einer Gruppe der Lernformen ebenso häufig wie die Kombination der Lernformen. Im EU-28-Durchschnitt bieten 43 % der Unternehmen Kurse und andere Formen an, 10 % nur andere Formen und 13 % nur Kurse. In Spanien (22 %) und Frankreich (31 %) ist der Anteil der Unternehmen, die nur auf Kurse setzen, deutlich höher. Allein auf andere Formen baut hingegen ein vergleichsweise großer Teil der Unternehmen im Vereinigten Königreich (20 %), in Portugal (21 %), in Zypern (24 %) und in Slowenien (27 %). Bereits 2005 war dieser Mix von Kursen und anderen Formen in den weiterbildenden Unternehmen in den an CVTS3 beteiligten Ländern vorherrschend, mit 37 % war der damalige EU-28-Durchschnittswert allerdings noch etwas niedriger. Der höhere Wert im Jahr 2010 ist vor allem auf einen höheren Anteil weiterbildender Unternehmen, also einen Rückgang der Weiterbildungs­abstinenz, zurückzuführen. In Deutschland nutzen 2010 mit 54 % deutlich mehr als die Hälfte der Unternehmen sowohl Kurse als auch andere Formen der Weiterbildung. Dieser Wert ist im Vergleich zu 2005 um 3 Prozentpunkte gestiegen. Bei den Unternehmen, die nur auf Kurse setzen, gab es eine Zunahme um 4 Prozentpunkte auf einen Wert von 7 %. Mit einem Anteil von 12 % greifen 2010 auch mehr Unternehmen nur auf nicht kursförmige Weiterbildung zurück, der entsprechende Anteil ist aber leicht rückläufig (3 Prozentpunkte). Insgesamt gibt es in Deutschland nur wenige Veränderungen bei der Nutzung der beiden großen Gruppen der Lernformen.

Schaubild B1.2.2-1: Kombination von Kursen und anderen Weiterbildungsformen in Unternehmen 2010 (in % aller Unternehmen)

Betriebliches Angebot an Kursen und verschiedenen anderen Formen

Welche Lernformen bieten die Unternehmen im Einzelnen in der betrieblichen Weiterbildung an? In fast allen Ländern sind 2010 Kurse die häufigste Lernform Tabelle B1.2.2-1. Lediglich in Slowenien bieten mehr Unternehmen ihren Beschäftigten Weiterbildung durch Informationsveranstaltungen als durch Kurse an, in Bulgarien sind Kurse und die Weiterbildung am Arbeitsplatz gleichauf, in Malta Kurse und Informationsveranstaltungen. Der Abstand zwischen den Kursen und den einzelnen anderen Lernformen ist in vielen Staaten sehr deutlich, in Frankreich bieten z. B. 71 % der Unternehmen Kurse an, der nächsthöhere Wert wird mit jeweils 23 % für Weiterbildung am Arbeitsplatz und Informa­tionsveranstaltungen gemessen. Ein Gegenbeispiel ist das Vereinigte Königreich, in dem 60 % der Unternehmen Kurse und 59 % Weiterbildung am Arbeitsplatz anbieten. Insgesamt zeigt sich, dass die traditionellen, schon lange verwendeten Weiterbildungsformen in den Unternehmen sehr viel häufiger angeboten werden als die moderneren Weiterbildungsformen. Im EU-28-Durchschnitt bieten 56 % der Unternehmen Kurse an und jeweils 34 % die ebenfalls traditionellen Formen Weiterbildung am Arbeitsplatz und Informationsveranstaltungen. Die moderneren Formen (Job-Rotation/Austauschprogramme, Lern- und Qualitätszirkel, selbstgesteuertes Lernen) liegen mit Werten zwischen 9 % und 14 % relativ weit zurück. Bereits 2005 zeigte sich ein ähnliches Bild. Auch damals lagen die Kurse mit einem Anteil von 49 % weit vorne, gefolgt von Informationsveranstaltungen und der Weiterbildung am Arbeitsplatz (jeweils 33 %), die 3  moderneren Formen wurden in 10 % bis 13 % der Unter­nehmen angeboten.

In Deutschland folgt die Verteilung ebenfalls diesem Muster. Mit einem Wert von 61 % im Jahr 2010 ist das Angebot an Kursen am häufigsten, Informationsveranstaltungen werden mit 56 % ebenfalls von vielen Unternehmen für Weiterbildung genutzt. Auch die Weiterbildung am Arbeitsplatz erreicht mit 45 % einen hohen Wert, der deutlich über dem EU-28-Durchschnitt liegt. Von den moderneren Formen ist das selbstgesteuerte Lernen (15 %) am häufigsten, gefolgt von Lern- und Qualitäts­zirkeln (12 %) und der Weiterbildung durch Job-Rotation innerhalb des Unternehmens bzw. Austauschprogrammen mit anderen Unternehmen (7 %). Im Vergleich zum Jahr 2005 bietet ein um 7 Prozentpunkte höherer Anteil der Unternehmen Kurse an, die Anteile für die verschiedenen anderen Formen haben sich jedoch meist verringert. So gab es Abnahmen von 4 Prozentpunkten bei den Lern- und Qualitätszirkeln, von 3 Prozentpunkten bei der Weiterbildung am Arbeitsplatz und von jeweils 2 Prozentpunkten bei Informationsveranstaltungen und Job-Rotation/Austauschprogrammen. Beim selbstgesteuerten Lernen blieb der Anteil der Unternehmen, die diese Form anbieten, stabil.

Tabelle B 1.2.2-1: Anteil der Unternehmen, die die jeweilige Lernform anbieten, und Anteil der Beschäftigten, die an der jeweiligen Lernform teilnehmen (2010, jeweils in %)

Teilnahme an Kursen und anderen Formen

Da bereits die Teilnahme eines einzelnen Beschäftigten ausreicht, um als ein Unternehmen mit einem Angebot der jeweiligen Lernform klassifiziert zu werden, werden zur Einschätzung der quantitativen Bedeutung der einzelnen Lernformen nachfolgend die Teilnahmequoten der Beschäftigten betrachtet Tabelle B1.2.2-1. Hier zeigt sich – wie schon beim Angebot – die große Bedeutung der Kurse. In allen Ländern mit Ausnahme Litauens ist 2010 die Teilnahme der Beschäftigten an Weiterbildungskursen am höchsten. In allen Ländern mit Ausnahme von Griechenland, Rumänien, Litauen und Ungarn nehmen mehr als 20 % der Beschäftigten an Weiterbildungskursen teil. Der EU-28-Durchschnitt beträgt 38 % aller Beschäftigten. Bei den anderen Formen ist die Weiterbildung am Arbeitsplatz diejenige mit den höchsten Teilnahmequoten, der EU-28-Durchschnitt beträgt 20 %. In den einzelnen Ländern ist sie meist die Lernform mit der zweithöchsten Teilnahmequote, in Litauen ist sie sogar die Lernform mit der höchsten Teilnahmequote. In Dänemark, Österreich und Slowenien weisen die Informationsveranstaltungen jeweils die zweithöchste Teilnahmequote auf, in Finnland liegen die Weiterbildung am Arbeitsplatz und das selbstgesteuerte Lernen gleichauf. Während die Weiterbildung am Arbeitsplatz mit Ausnahme Griechenlands 10 % oder mehr der Beschäftigten erreicht, ist eine Teilnahmequote von 10 % oder mehr bei den 4 anderen Formen eher die Ausnahme: Bei der Weiterbildung durch Informationsveranstaltungen liegt die Teilnahmequote in 11 Ländern bei 10 % oder mehr, in Slowenien nimmt sogar fast jede/-r dritte Beschäftigte an ihnen teil, in Dänemark jede/-r fünfte. Der EU-28-Durchschnittswert beträgt 8 %. Auch das selbstgesteuerte Lernen hat EU-weit eine durchschnittliche Reichweite von 8 % der Beschäftigten. In Norwegen, Finnland, Dänemark und Deutschland wird diese Lernform mit Teilnahmequoten über 10 % häufiger von den Beschäftigten genutzt als in den anderen Ländern. Kaum von Bedeutung für die Weiterbildung der Beschäftigten sind Lern- und Qualitätszirkel mit einem EU-28-Durchschnittswert von 3 % und Job-Rotation und Austauschprogramme mit einem Wert von 2 %.

Im Vergleich zum Jahr 2005 haben sich die EU-28-Durchschnittswerte für Kurse (+5 Prozentpunkte), Weiterbildung am Arbeitsplatz (+4 Prozentpunkte) und das selbstgesteuerte Lernen (+3 Prozentpunkte) erhöht, bei den 3 anderen Lernformen gab es keine oder nur geringe Veränderungen. In Deutschland ist wie im EU-28-Durchschnitt der stärkste Anstieg bei der Teilnahmequote an Kursen zu verzeichnen. Nahmen 2005 30 % der Beschäftigten an Kursen teil, waren es 2010 39 %. Auch bei der Teilnahme an Informationsveranstaltungen gab es einen kräftigen Anstieg von 10 % auf 15 %. Bei der Weiterbildung am Arbeitsplatz wird die deutsche Teilnahmequote von 28 % im Jahr 2010 nur vom Vereinigten Königreich (30 %) und Tschechien (31 %) übertroffen. Wie bereits erwähnt gehört Deutschland zu den Ländern, in denen die Unternehmen für die betriebliche Weiterbildung häufiger als in anderen Ländern selbstgesteuertes Lernen (11 %) als Lernform einsetzen. Kaum eine Rolle spielen hingegen Lern- und Qualitätszirkel (4 %) und Job-Rotation und Austauschprogramme (2 %).

Lernformvielfalt

Wie gezeigt nutzen viele Unternehmen sowohl Kurse als auch andere Formen. Eine Vielfalt von Lernformen im Unternehmen kann auf eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Bildung hindeuten. Sie ermöglicht darüber hinaus, für unterschiedlichen Lernbedarf und verschiedene Beschäftigtengruppen jeweils besonders geeignete Maßnahmen anzubieten (Grünert/Wiener/Winge 2011; Moraal u. a. 2009). In CVTS werden insgesamt 7 Lernformen unterschieden. Eurostat stellt der Forschung CVTS-Mikrodaten276 für 22 (2010) bzw. 19 (2005) Länder zur Verfügung. Dies ermöglicht es zu untersuchen, wie viele Lernformen in den Unternehmen genutzt werden und die Entwicklung zwischen 2005 und 2010 aufzuzeigen. Betrachtet werden nachfolgend nur die weiterbildenden Unternehmen. Da dieser Anteil, wie oben dargestellt Schaubild B1.2.2-1, in den Ländern unterschiedlich hoch ist, ist auch der Anteil der aus den Auswertungen ausgeschlossenen Unternehmen unterschiedlich, in Polen z. B. 78 % der Unternehmen, in Norwegen hingegen nur 3 % der Unternehmen.

Die Zahl der angebotenen Lernformen liegt im Durchschnitt der weiterbildenden Unternehmen zwischen 3,7 in Norwegen und 2,2 in Frankreich Schaubild B1.2.2-2. Eine relativ große Lernformvielfalt mit im Durchschnitt mindestens 3 angebotenen Lernformen zeigt sich in 10  Staaten. Zu dieser Ländergruppe gehören vor allem skandinavische und westeuropäische Staaten einschließlich Deutschlands, mit Estland und der Slowakei jedoch auch 2 osteuropäische Staaten sowie mit Malta ein süd­europäischer Staat. Das Gros der ost- und südeuropäischen Staaten findet sich jedoch unter den 12 Staaten mit einer geringeren Lernformvielfalt. Hinzu kommen noch Finnland sowie Frankreich mit dem insgesamt niedrigsten Durchschnittswert.

Schaubild B 1.2.2-2: Durchschnittliche Anzahl der Lernformen in weiterbildenden Unternehmen 2010

In allen Ländern ist in kleineren Unternehmen der An­teil der weiterbildenden Unternehmen geringer als in größeren Unternehmen, und auch die Teilnahmequoten sind zumeist geringer (vgl. BIBB-Datenreport 2014, Kapitel  C4.1; Cedefop 2015, S. 64–72). Es ist daher auch zu erwarten, dass die Vielfalt der in der betrieb­lichen Weiterbildung eingesetzten Lernformen mit der Unternehmensgröße steigt. Da es zwischen den EU-Mit­gliedstaaten Unterschiede in der Größenstruktur der Unternehmen gibt (vgl. BIBB-Datenreport 2014, Kapitel  C4; Cedefop 2015, S. 42/43), sind die Unterschiede zwischen den Ländern bezüglich der Lernformvielfalt auch durch diese wirtschaftsstrukturellen Unterschiede geprägt. Empirisch zeigt sich, dass – wie erwartet – das Angebot an verschiedenen Lernformen mit der Unternehmensgröße zunimmt. Die kleinen Unternehmen mit 10  bis 49 Beschäftigten liegen außer in Frankreich (gleiche Werte) jeweils unter dem Landesdurchschnitt aller Unternehmen, in den mittleren Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten sowie den großen Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten jeweils darüber. Auch bei einer Differenzierung nach Größenklassen bleibt im Wesentlichen das gezeigte Muster erhalten, die wirtschaftsstrukturellen Unterschiede können die Differenz der Lernformvielfalt nur teilweise erklären. Staaten mit einer im Gesamtdurchschnitt geringen Lernformvielfalt finden sich auch in den 3 Größenklassen jeweils im unteren Bereich wieder, Staaten mit einer höheren Lernformvielfalt jeweils im oberen Bereich. Lediglich Finnland schließt bei den Großunternehmen zur Spitzengruppe auf und weist daher zwischen Unternehmen verschiedener Größen­klassen die größten Unterschiede in der Vielfalt der eingesetzten Lernformen auf.

Für 15 Länder liegen vergleichbare Ergebnisse der Jahre 2005 und 2010 vor. Dabei zeigt sich kein eindeutiger Trend. In 7 Ländern gab es eine Zunahme, in 6 Ländern eine Abnahme der Lernformvielfalt, in 2 Ländern keine Veränderung. Sowohl die Zu- als auch die Abnahmen fielen dabei in der Regel relativ gering aus. In Deutschland nahm die Lernformvielfalt leicht ab. Mit einem Durchschnittswert von 3,2 für 2010 (nach 3,4 für 2005) gehört Deutschland aber weiterhin zu den Ländern, in denen die weiterbildenden Unternehmen besonders viele verschiedene Lernformen anbieten.

Ein Großteil der weiterbildenden Unternehmen beschränkt sein Weiterbildungsangebot auf wenige Lernformen. So bieten 2010 in 9 Ländern mehr als 50 % der Unternehmen nur 1 bis 2 Lernformen an, in Rumänien und Frankreich trifft dies auf zwei Drittel der weiterbildenden Unternehmen zu Schaubild B1.2.2-3. Wird nur eine Lernform angeboten, handelt es sich in 16 Ländern zumeist um externe Kurse. In Bulgarien, Malta, Portugal und dem Vereinigten Königreich hat die Weiterbildung am Arbeitsplatz den höchsten Anteil, in Deutschland und Litauen sind dies Informationsveranstaltungen. Hohe Lernformvielfalt (Angebot von 5–7 Formen) weisen in Frankreich, Italien, Portugal, Polen, Tschechien, Rumänien und Ungarn jeweils weniger als 10 % der weiterbildenden Unternehmen auf. In Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Estland, Malta, Schweden, Luxemburg, Dänemark und Norwegen hat jedoch mindestens jedes fünfte weiterbildende Unternehmen 5 bis 7  Lernformen im Angebot.

Im Vergleich zum Jahr 2005 zeigt sich nur in einigen der 15 Länder, für die vergleichbare Ergebnisse vorliegen, eine Entwicklung hin zu einer Pluralisierung der Lernformen. Dies trifft auf Zypern, Schweden, Estland, Bulga­rien, Dänemark, Ungarn und Polen zu. Hier hat der Anteil der weiterbildenden Unternehmen, die 1 bis 2 Lernformen angeboten haben, stark abgenommen (zwischen 6  und 13 Prozentpunkten). Entsprechend stieg der Anteil der Unternehmen mit 3 bis 4 bzw. 5 bis 7 Lernformen. In Belgien, Finnland, Luxemburg und Rumänien kam es nur zu geringen Verschiebungen zwischen den 3 Gruppen. In Deutschland, Frankreich, Spanien und Tschechien hat sich der Anteil der weiterbildenden Unternehmen mit einem vielfältigen Angebot an Lernformen verringert. Während es in den 3 letztgenannten Ländern insbesondere zu einem Anstieg des Anteils der weiterbildenden Unternehmen mit nur 1 bis 2 Lernformen kam (5 bis 7 Prozentpunkte), blieb dieser in Deutschland mit 36 % in beiden Jahren konstant. Der Anteil der Unternehmen mit besonders vielfältigem Weiterbildungsangebot (5 bis 7 Lernformen) nahm in Deutschland jedoch von 26 % in 2005 auf 20 % in 2010 ab.

Schaubild B1.2.2-3: Anzahl der Lernformen in weiterbildenden Unternehmen 2010

Fazit

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die anderen Formen der Weiterbildung in Deutschland und Europa eine hohe Bedeutung haben; sie werden von mehr als der Hälfte der Unternehmen genutzt. Dennoch ist es nicht zu einer Verdrängung der Weiterbildungskurse gekommen. Viele Unternehmen nutzen Kurse und andere Formen komplementär. Die Bedeutung der Kurse ist weiterhin hoch: Sie werden in fast allen Ländern am häufigsten von den Unternehmen angeboten, und auch bei der Teilnahme der Beschäftigten weisen die Kurse fast durchweg die höchsten Quoten auf. Innerhalb der anderen Formen ist die Weiterbildung am Arbeitsplatz besonders häufig. Die 4 anderen Formen nicht kursförmiger Weiterbildung haben insbesondere unter Berücksichtigung der Teilnahmequoten ein eher geringes Gewicht.

Mit Blick auf die in der Forschung angesprochene Zu­nahme der Lernformvielfalt zeigt sich in Europa kein eindeutiges Bild. Es gibt sowohl Länder, für die eine Pluralisierung festgestellt werden konnte, als auch Länder, bei denen es zu einer Abnahme der Vielfalt der eingesetzten Lernformen gekommen ist. In Deutschland bieten die weiterbildenden Unternehmen 2010 im Durchschnitt 3,2  verschiedene Lernformen an. Dies ist einer der höchsten Werte innerhalb der europäischen Länder, für die entsprechende Daten vorliegen. Die Lernformvielfalt hat sich allerdings in Deutschland zwischen 2005 und 2010 leicht verringert. Europaweit beschränken viele Unternehmen ihr Angebot nur auf wenige Lernformen. In 9 Ländern bietet mehr als die Hälfte der weiterbildenden Unternehmen höchstens 1 bis 2 verschiedene Lernformen an.

(Gudrun Schönfeld, Friederike Behringer)

 

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    B: Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden. C: Verarbeitendes Gewerbe. D: Energieversorgung. E: Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen. F: Baugewerbe. G: Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen. H: Verkehr und Lagerei. I:  Gastgewerbe. J: Information und Kommunikation. K: Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. L: Grundstücks- und Wohnungswesen. M:  Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienst­leistungen. N: Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen. R:  Kunst, Unterhaltung und Erholung. S: Erbringung von sonstigen Dienstleis­tungen. In CVTS1 wurden nicht in allen Ländern alle vorgesehenen Wirtschaftsbereiche in die Befragung einbezogen.

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    Die folgenden Auswertungen stützen sich auf die CVTS-Mikrodaten von Eurostat (Referenzjahre 2005 und 2010). Die Verantwortung für alle Schlussfolgerungen, die aus den Daten gezogen wurden, liegt bei den Autorinnen.