Der seit 2012 andauernde Aufschwung des Wirtschaftsklimas der gesamten Weiterbildungsbranche setzt sich 2015 nicht fort. Der wbmonitor Klimawert für alle Anbieter ist gegenüber dem Vorjahr um 3 Punkte auf +38 gefallen, befindet sich jedoch weiterhin auf hohem Niveau Schaubild B2.1.1-1. Während im Mai 2015 die aktuelle wirtschaftliche Lage mit +43 nahezu identisch zum Vorjahr (2014: +44) bewertet wurde, hat sich der Erwartungswert auf +34 leicht abgeschwächt (2014: +38).
wbmonitor Klimawert
Der wbmonitor Klimawert bildet die Einschätzung der wirtschaftlichen Situation durch die Weiterbildungsanbieter ab. Er berechnet sich aus dem geometrischen Mittel der Differenzen zwischen den positiven und negativen Urteilen über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage sowie die Erwartung in einem Jahr. Die Anbieterangaben werden anhand des Dozentenstundenvolumens des Vorjahres gewichtet. Die Werte liegen zwischen -100 und +100. Der wbmonitor Klimawert ist eine konzeptionelle Adaption des ifo Geschäftsklimas.
Schaubild B2.1.1-1: Entwicklung der wbmonitor Klimawerte von 2008 bis 2015
Die Weiterbildungsbranche weist weiterhin ein besseres Wirtschaftsklima auf als das Dienstleistungsgewerbe insgesamt. Da sich jedoch das vom ifo Institut für diesen Zeitpunkt gemessene Geschäftsklima der Dienstleistungsbranche gegenüber dem Vorjahresmonat um 6 Punkte auf +27 verbessert hat (vgl. ifo Institut 2015a), schrumpft der Abstand auf 11 Punkte, was nahezu der Hälfte der Vorjahresdifferenz (20 Punkte) entspricht. Die bessere Wirtschaftsstimmung der Weiterbildung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass diese mit einem Erwartungswert von +38 deutlich optimistischer in die Zukunft blickt als die gesamte Dienstleistungsbranche (+15, Tabelle B2.1.1-1). Die aktuelle wirtschaftliche Lage wird hingegen ähnlich positiv beurteilt.
Differenziert nach den Hauptfinanzierungssegmenten (mindestens 50 % der Einnahmen im Bereich der Weiterbildung stammen aus der jeweiligen Quelle) konnten sich nur überwiegend betrieblich finanzierte Anbieter in ihrem Wirtschaftsklima minimal verbessern, wodurch sie sich vom leicht rückläufigen Gesamttrend abheben. Demgegenüber fällt bei Einrichtungen, die vor allem für die Arbeitsagenturen bzw. Jobcenter tätig sind, der Rückgang des Klimawertes vergleichsweise stark aus. Auch überwiegend durch Teilnehmende bzw. Selbstzahler finanzierte Anbieter sowie Einrichtungen, die mindestens die Hälfte ihrer Mittel von Kommune, Land, Bund und/oder EU beziehen, haben sich in ihrer wirtschaftlichen Stimmung verschlechtert.
Die vorwiegend auf betriebliche Kunden ausgerichteten Anbieter weisen weiterhin den höchsten Klimawert (+56) der 4 nach Hauptfinancier unterschiedenen Anbietersegmente auf. Auch der zur Entwicklung des Geschäftsklimas der Dienstleistungsbranche parallele Verlauf bei einem deutlichen Niveauunterschied setzt sich fort. Die vor allem betrieblich finanzierten Anbieter profitieren offensichtlich vom steigenden Engagement der Unternehmen, in die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu investieren (vgl. Janssen/Leber 2015). Nicht nur im Vergleich zu anderen Segmenten der Weiterbildungsbranche, sondern auch verglichen mit anderen Wirtschaftszweigen des Dienstleistungssektors stellt sich für diese Anbietergruppe die Situation positiver dar: Diejenigen Branchen, die gemäß des ifo Konjunkturindikators innerhalb des Dienstleistungssektors das beste Geschäftsklima aufweisen, „Public Relations und Unternehmensberatung“ sowie „Dienstleistungen der Informationstechnologie“, erreichen mit Werten von +37 bzw. +34 (vgl. ifo Institut 2015b) nicht das hohe Niveau der vor allem betrieblich finanzierten Weiterbildungsanbieter.
Im Kontrast dazu befinden sich Einrichtungen, die überwiegend für die Arbeitsagenturen bzw. Jobcenter tätig sind, hinsichtlich ihres Wirtschaftsklimas am unteren Ende des Spektrums. Mit einem Klimawert von +18 ist ihre wirtschaftliche Stimmung im Mai 2015 dennoch leicht positiv. Obwohl die Förderzahlen in den Bereichen „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ sowie „Förderung der beruflichen Weiterbildung“ im Vorjahreszeitraum leicht gestiegen sind (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2015g, S. 33), hat sich der wbmonitor Klimawert für diese Anbietergruppe um 14 Punkte verschlechtert. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sich die Erwartung für die kommenden 12 Monate deutlich eingetrübt hat (Erwartungswert +12, Abnahme gegenüber dem Vorjahr um 20 Punkte). Offensichtlich gingen diese Anbieter im Mai 2015, kurz bevor sich der Flüchtlingszustrom deutlich verstärkt hat (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2015a, S. 6), von keiner Ausweitung der Weiterbildungsförderung der Bundesagentur für Arbeit aus. Zu diesem Zeitpunkt war z. B. die Förderung von Sprachkursen für Flüchtlinge durch die Bundesagentur für Arbeit noch nicht absehbar. Die aktuelle wirtschaftliche Lage hat sich mit einem Rückgang von 8 Punkten weniger deutlich verschlechtert (Lagewert +23).
Sowohl bei vor allem auf selbst zahlende Personen ausgerichteten Anbietern als auch bei überwiegend durch Mittel von Kommune, Land, Bund und/oder EU finanzierten Einrichtungen ist der Klimawert innerhalb eines Jahres jeweils um 4 Punkte zurückgegangen. Bei Ersteren wurde der seit 2011 anhaltende Aufwärtstrend gestoppt. Der Wert von +46 ist trotzdem der zweithöchste bislang für diese Anbietergruppe gemessene, sodass sich diese Anbieter weiter im wirtschaftlichen Hoch befinden. Einrichtungen, die sich überwiegend durch Mittel der genannten Gebietskörperschaften finanzieren, liegen in ihrem wbmonitor Klimawert knapp 20 Punkte darunter (+27). Wie auch die stark von den Arbeitsagenturen/Jobcentern abhängigen Einrichtungen beurteilt diese Anbietergruppe die aktuelle Lage (+36) positiver als die Erwartung für die kommenden 12 Monate (+19). Somit sehen im Mai 2015 Einrichtungen des öffentlichen (Finanzierungs-)Segments der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung verhaltener entgegen als überwiegend durch private Mittel (Teilnehmende bzw. Betriebe) finanzierte Anbieter.
Eine noch größere Spannweite des Wirtschaftsklimas zeigt sich bei Differenzierung nach der Art der Einrichtung. Dass wirtschaftsnahe Einrichtungen, d. h. Bildungszentren von Kammern, Innungen, Berufsverbänden o. Ä., eine hervorragende wirtschaftliche Stimmung vermelden (Klimawert +64), dürfte u. a. auf deren sehr hohen Finanzierungsanteil durch private Mittel (vgl. Abschnitt Strukturdaten aus der wbmonitor Umfrage 2015) zurückzuführen sein. Der Klimawert dieser Gruppe ist im Vergleich zum Vorjahr sogar um 15 Punkte gestiegen. Gemeinnützig ausgerichtete private Einrichtungen, die durchschnittlich betrachtet einen vergleichsweise geringen Finanzierungsanteil von privaten Kunden beziehen, jedoch den höchsten von Arbeitsagenturen bzw. Jobcentern, weisen demgegenüber mit +25 den niedrigsten wbmonitor Klimawert aller Einrichtungstypen auf (Rückgang gegenüber 2014 um 15 Punkte). Auch Volkshochschulen finden sich im Vergleich zu anderen Einrichtungstypen am unteren Ende des Spektrums (Klimawert +31), sie konnten sich gegenüber dem Vorjahr jedoch um 5 Punkte verbessern.
Tabelle B2.1.1-1: Klimawert, wirtschaftliche Lage und Erwartung für ausgewählte Teilgruppen von Weiterbildungsanbietern 2015
Strukturinformationen aus der wbmonitor Umfrage 2015
Die Branche ist hinsichtlich Organisationen bzw. Institutionen, die Weiterbildung durchführen, sehr heterogen. Die größte Gruppe stellen Einrichtungen mit privatwirtschaftlicher Rechtsform und kommerzieller Ausrichtung (29,7 %), gefolgt von gemeinnützig ausgerichteten privaten Einrichtungen (z. B. in der Rechtsform einer gGmbH oder eines Vereins, 16,4 %). Einen Träger in Form einer Kirche, Gewerkschaft, Partei, Stiftung, eines Verbandes oder Vereins weisen 14,6 % der Einrichtungen auf. Jeweils etwa jede zehnte Einrichtung ist eine Volkshochschule (11,5 %), ein wirtschaftsnahes Bildungszentrum einer Kammer, Innung oder eines Berufsverbandes (9,4 %) bzw. eine berufliche Schule (8,9 %). Auf betriebliche Bildungseinrichtungen, wozu z. B. Bildungsabteilungen von Großbetrieben gehören, die für externe Kunden tätig sind, entfallen nur geringe Anteile (4,0 %). Dies gilt ebenfalls für (Fach-)Hochschulen und wissenschaftliche Akademien bzw. deren Weiterbildungszentren oder Spin-offs (3,7 %). Bei den übrigen 1,7 % handelt es sich um staatliche Einrichtungen, die nicht in den genannten Kategorien enthalten sind, wie z. B. Einrichtungen der politischen Bildung oder von ausländischen Staaten.
Hinsichtlich der Ausrichtung des Angebots auf berufliche und/oder allgemeine Weiterbildung führen die meisten Anbietertypen mehrheitlich nur berufliche Weiterbildung als Hauptaufgabe durch Schaubild B2.1.1-2. Den höchsten Anteil weisen hierbei betriebliche Bildungseinrichtungen mit 71,3 % auf, gefolgt von privat kommerziellen (65,8 %) und wirtschaftsnahen Anbietern (64,7 %). Die Ausrichtung des Angebots von Volkshochschulen, beruflichen Schulen sowie Einrichtungen in der Trägerschaft gesellschaftlicher Großgruppen (Kirche, Gewerkschaft, Partei etc.) unterscheidet sich deutlich: Volkshochschulen bieten immer allgemeine Erwachsenenbildung als Schwerpunkt an, entweder ausschließlich (43,2 %) oder kombiniert mit beruflicher Weiterbildung (56,8 %). Auch innerhalb der heterogenen Gruppe der Einrichtungen in Trägerschaft gesellschaftlicher Großgruppen leistet ein vergleichsweise hoher Anteil nur allgemeine bzw. politische Weiterbildung als Hauptaufgabe (30,0 %). Berufliche Schulen sind derjenige Anbietertyp, für den die Weiterbildung am häufigsten nur eine Nebenaufgabe darstellt (40,3 %).
Hauptfinanciers der Einrichtungen sind die Teilnehmenden selbst (durchschnittlicher Finanzierungsanteil bezogen auf alle Anbieter: 32,2 %), betriebliche Kunden (21,0 %), die Arbeitsagenturen bzw. Jobcenter (17,9 %) sowie Gebietskörperschaften inklusive der Bundesländer und der EU (20,7 %). Differenziert nach den verschiedenen Anbietertypen sind die Finanzierungsprofile z. T. sehr heterogen Schaubild B2.1.1-3: Private kommerzielle Anbieter, betriebliche und wirtschaftsnahe Bildungseinrichtungen sowie Weiterbildungsorganisationen von (Fach-)Hochschulen und Akademien finanzieren sich mehrheitlich durch private Mittel von Personen und Betrieben. Während bei wirtschaftsnahen Anbietern und hochschulischen Einrichtungen der Schwerpunkt auf der Teilnehmendenfinanzierung liegt, sind betriebliche Bildungseinrichtungen vor allem für andere Betriebe tätig. Volkshochschulen unterscheiden sich mit ihrer dualen Finanzierungsstruktur aus Teilnehmendenentgelten und öffentlicher (Grund-)Finanzierung deutlich vom übrigen Anbieterspektrum. Den höchsten durchschnittlichen Finanzierungsanteil von Arbeitsagenturen und Jobcentern weisen gemeinnützige private Einrichtungen auf (27,3 %), knapp gefolgt von betrieblichen Bildungseinrichtungen (26,6 %) und privaten kommerziellen Anbietern (25,1 %). Berufliche Schulen werden als Teil des staatlichen Schulwesens stark von öffentlicher Seite finanziert. Einrichtungen, die einen nicht öffentlichen Träger in Form einer Kirche, Gewerkschaft, Partei, Stiftung o. Ä. besitzen, erhalten von diesem im Durchschnitt 10,5 % ihrer Mittel. Zudem ist bei diesen Anbietern kein eindeutiger Finanzierungsschwerpunkt erkennbar, was der heterogenen Zusammensetzung der Gruppe geschuldet sein dürfte.
Eine hohe Spannweite zwischen den Anbietertypen zeigt sich ebenfalls in der durchschnittlichen Dauer der Weiterbildungsveranstaltungen, gemessen an der durchschnittlichen Anzahl der pro Veranstaltung von Dozentinnen und Dozenten unterrichteten bzw. betreuten Stunden Schaubild B2.1.1-4. Die beiden Pole bilden hierbei Volkshochschulen, deren Veranstaltungen mit im Durchschnitt 24,6 Dozentenstunden am kürzesten sind, und berufliche Schulen mit durchschnittlichen 515,5 Dozentenstunden pro Veranstaltung. Der hohe Wert der beruflichen Schulen ist offensichtlich auf deren Durchführung von abschlussorientierten Aufstiegsfortbildungen (zum Meister, Techniker etc.) zurückzuführen. An zweiter Stelle liegen gemeinnützige private Einrichtungen mit einer durchschnittlichen Dauer von 280,3 Dozentenstunden pro Veranstaltung. Hier dürfte sich der vergleichsweise hohe Finanzierungsanteil von Arbeitsagenturen bzw. Jobcentern (siehe oben) widerspiegeln, die neben eher kurzen Aktivierungsmaßnahmen vor allem Umschulungen bzw. Maßnahmen zum Erwerb anerkannter Berufsabschlüsse längerer Dauer fördern. Die restlichen Anbietertypen liegen im Bereich von durchschnittlich 56,2 Dozentenstunden pro Veranstaltung ([Fach-]Hochschulen, Akademien) bis 174,2 Dozentenstunden (privat kommerzielle Anbieter).
(Stefan Koscheck)