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Berufsabschlüsse können nachtäglich im Rahmen einer Umschulung nach §§ 58 ff. Berufsbildungsgesetz (BBiG), § 42e – 42i Handwerksordnung (HwO) oder über die Zulassung zur Prüfung nach § 45 Abs. 2 BBiG oder § 37 Abs. 2 HwO (Externenprüfung) erworben werden. Mit Umschulungen werden Erwerbstätige, die ihre bisherige Tätigkeit aufgeben müssen oder wollen, auf eine neue berufliche Tätigkeit vorbereitet. Geförderte Umschulungen sind im Vergleich zur Regelausbildung im Allgemeinen um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit gekürzt (vgl. Kapitel B3.1). Mit der sogenannten Externenprüfung können Personen für einen Beruf, in dem sie tätig sind, ein anerkanntes Zertifikat erwerben. Die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung kann auf unterschiedliche Art erfolgen: Die benötigten Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten können parallel zur Berufstätigkeit autodidaktisch angeeignet werden oder im Rahmen betrieblicher Weiterbildungsangebote oder in speziellen Kursen erworben werden. Maßnahmen zur Vorbereitung auf die Externenprüfung werden von der Bundesagentur für Arbeit in der Regel in einem zeitlichen Umfang von 6 Monaten gefördert.

Die Datenlage zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses ist sowohl heterogen als auch unvollständig.

Datenlage zu abschlussorientierten Weiterbildungen

Abschlussorientierte Weiterbildungen stellen eine nicht präzise zu quantifizierende Teilmenge der Teilnehmenden an der Externenprüfung (zzgl. Berufe nach landesrechtlichen Regelungen) und der Förderzahlen abschlussorientierter Maßnahmen der BA dar:

Die Berufsbildungsstatistik erfasst die jährliche Anzahl der externen Teilnehmenden an Abschlussprüfungen in nach BBiG und HwO geordneten Berufen (vgl. Kapitel A4.8). Hierbei wird danach unterschieden, ob die Zulassung aufgrund einschlägiger berufspraktischer Erfahrung oder aufgrund eines einem anerkannten Ausbildungsberuf gleichgestellten schulischen Bildungsgangs erfolgte.

Die Teilnahmestatistik der Bundesagentur für Arbeit (vgl. Kapitel B3.1) weist Zugänge und Jahresdurchschnittsbestände für Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung mit Abschluss eines anerkannten Ausbildungsberufes aus. Darin sind Umschulungen, Vorbereitungen auf die Externenprüfung und andere abschlussbezogene Weiterbildungen zusammengefasst. Diese Daten liegen nach Alter, Geschlecht, Erwerbsstatus und Rechtskreis differenziert vor.

Weil eine große Anzahl junger Erwachsener keine abgeschlossene Berufsausbildung hat (vgl. Kapitel A8.2) und die Einmündungs- und Erfolgsaussichten bei – gegenüber der der normalen Ausbildungszeit verkürzten – Umschulungen gering sind, wurde Mitte der 1990er-Jahre das Konzept der abschlussorientierten Nachqualifizierung entwickelt. Darunter werden Weiterbildungsmaßnahmen verstanden, die auf den nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses vorbereiten und die sich insbesondere an Personen richten, deren berufliche Integration durch das Fehlen beruflicher Qualifikationen erschwert ist. Im Rahmen der abschlussorientierten Nachqualifizierung werden – wie in einer dualen Ausbildung – Arbeiten und Lernen verknüpft. Durch den modularen Aufbau können erworbene Kompetenzen, z. B. aus Arbeitserfahrungen, absolvierten Qualifizierungen des sogenannten Übergangssystems oder abgebrochenen Ausbildungen berücksichtigt werden. Die Ausbildungsdauer orientiert sich an der regulären Dauer von dualen Ausbildungsgängen. Ein Berufsabschluss kann über die sogenannte Externenprüfung erreicht werden. Nachqualifizierung, die diesem Konzept folgt, ist bisher kein Regelangebot.

Bundeseinheitliche und kompetenzorientierte Ausbildungsbausteine wurden von 2009 bis 2015 im vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Programm JOBSTARTER CONNECT erprobt. Ziel war es, Teilbereiche der beruflichen Bildung effizienter und tragfähiger zu gestalten, um noch mehr jungen Menschen eine Berufsqualifizierung und einen Einstieg ins Erwerbsleben zu ermöglichen. Ausbildungsfähige junge Menschen in der Berufsvorbereitung und an- und ungelernte junge Erwachsene wurden über die Ausbildungsbausteine unter Nutzung bestehender Bildungs- und Förderstrukturen qualifiziert. Die Dokumentation der erworbenen beruf­lichen Handlungskompetenzen erleichtert den Übergang aus der Berufsvorbereitung in eine betriebliche Ausbildung. In der Nachqualifizierung wurden Verfahren zur Feststellung bereits vorhandener beruflicher Handlungskompetenzen entwickelt, um darauf aufbauend passende Nachqualifizierungsangebote konzipieren zu können. Inzwischen liegen Ausbildungsbausteine für 22 Ausbildungsberufe vor.

Für Personen ohne bzw. ohne verwertbaren Berufsabschluss, die aus unterschiedlichen Gründen voraussichtlich durch Umschulungen oder Vorbereitungslehrgänge auf Externenprüfungen nicht zu einem Berufsabschluss geführt werden können, hat die Bundesagentur für Arbeit im Projekt „Optimierung der Qualifizierungsangebote für gering qualifizierte Arbeitslose“ standardisierte und berufsanschlussfähige Teilqualifikationen entwickelt und ab 2010 erprobt. Sie sollen sowohl eine kurzfristige Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern als auch erworbene Kompetenzen auf dem schrittweisen Weg zu einem Berufsabschluss nutzbar machen.

Ansätze zur Förderung des nachträglichen Erwerbs eines Berufsabschlusses

Zurzeit sind abschlussorientierte Qualifizierungen Elemente folgender bundesweiter Programme und Projekte: Abschlussbezogene Weiterbildungen werden von der Bundesagentur für Arbeit als Umschulungen oder über die Vermittlung von Teilqualifikationen zurzeit insbesondere in den Programmen und Initiativen

  • WeGebAU (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen),
  • „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ („Erstausbildung junger Erwachsener“) und
  • Initiative zur Flankierung des Strukturwandels (Zielgruppe: gering qualifizierte Arbeitslose)

gefördert (vgl. Kapitel B3.1).

Die Industrie- und Handelskammern erproben in der Pilotinitiative „Zertifizierung von Teilqualifikationen“ in ca. 30 Modellprojekten (Laufzeit 2013 bis 2016) in Zusammenarbeit mit Arbeitsagenturen, ob Teilqualifikationen geeignet sind, einen Berufsabschluss nachzuholen oder die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen.

Ebenfalls über Teilqualifikationen ist das Angebot der deutschen Arbeitgeberverbände und Bildungswerke der deutschen Wirtschaft in der „Arbeitgeberinitiative Teilqualifizierung“ strukturiert.

(Katrin Gutschow)