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Anfang 2015 wurden im Rahmen des Programms JOBSTARTER plus des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) bundesweit 18 Projekte in die Förderung aufgenommen, die sich an die Zielgruppe der Studienabbrecher/-innen und insbesondere auch an klein- und mittelständische Betriebe (KMU) wenden. Denn mit dem Förderprogramm JOBSTARTER plus werden KMU bei der Gewinnung von Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen als Auszubildende unterstützt, um weitere Fachkräftepotenziale zu erschließen. Die derzeit geförderten Projekte haben eine Laufzeit von 36  Monaten und sind in allen Ländern, mit Ausnahme des Landes Hamburg, vertreten (Tabelle C3.2-1). Die Maßnahmen, die die Projekte umsetzen, orientieren sich an den Förderzielen:

  • Entwicklung und Erprobung von auf die Zielgruppe der Studienabbrecher/-innen zugeschnittenen Re­krutierungsstrategien sowie Aus- und Weiterbildungsangeboten in Zusammenarbeit mit KMU,
  • Beratung, Begleitung und Unterstützung der KMU bei der Gewinnung, Einstellung und Ausbildung von Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen,
  • Sensibilisierung und Information beratender Stellen und der Öffentlichkeit über das Thema „Berufliche Bildung nach Studienabbruch“,
  • Sensibilisierung und Information von Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen für die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung und der damit verbundenen Weiterbildungs- und Karrieremöglichkeiten. 

Das Ausbildungsstrukturprogramm JOBSTARTER

Mit dem Ausbildungsstrukturprogramm JOBSTARTER fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Verbesserung der Ausbildungsplatzsituation von Jugendlichen. Die geförderten Projekte tragen ferner mit ihrer gezielten Akquise und ihrem Dienstleistungsangebot für Betriebe zur Steigerung des betrieblichen Ausbildungsplatzangebotes und zu einer Verbesserung der Ausbildungsstrukturen bei. Das Programm wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds teilfinanziert. Durchgeführt wird das Programm von der Programmstelle JOBSTARTER beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Über 350 Projekte wurden bereits in die Förderung aufgenommen. Mit dem neuen Ausbildungsstrukturprogramm „JOBSTARTER plus“ sind 2015 über 50  neue Projekte gestartet, um die duale Berufsausbildung in Deutschland zu stärken (vgl. www.jobstarter.de). 

Die Projekte haben ihre Arbeit überwiegend Anfang 2015 aufgenommen und sind vom Typ her Vermittlungsprojekte (vgl. Kapitel C3.1): Sie sensibilisieren Studienabbrecher/-innen und KMU füreinander, informieren und beraten über die Möglichkeiten in der Aus- und Weiterbildung. Schließlich bringen sie ausbildungsinteressierte Studienaussteigende mit Ausbildungsbetrieben zusammen, damit am Ende Ausbildungsverträge abgeschlossen und dadurch weitere Fachkräftepotenziale erschlossen werden können.

Die Wege, die die JOBSTARTER-plus-Projekte zum Er­reichen der oben genannten Förderziele eingeschlagen haben, sind vielfältig, wie die zwei folgenden Projektbeispiele verdeutlichen.

Projekt „ask for change“

Das Projekt „ask for change“ ist ein Verbundprojekt, das an der Hochschule Wismar angesiedelt ist und gemeinsam mit RegioVision GmbH Schwerin, einem Bildungsträger im Weiterbildungsbereich, durchgeführt wird. Ziel des branchenoffen angelegten Projekts ist die frühzeitige Identifizierung von wechselwilligen Studierenden, um sie für alternative Bildungswege zu sensibilisieren und dem regionalen Ausbildungsmarkt zuzuführen. Dabei ist die Konstellation der beiden Partner, die das Projekt im Verbund umsetzen, von großem Vorteil. Dadurch können bestehende Kontakte in der Hochschule und zur regionalen Wirtschaft genutzt werden, die bei der Umsetzung des Projektvorhabens hilfreich sind. Darüber hinaus kooperiert das Projektteam mit der Agentur für Arbeit, den zuständigen Stellen sowie Unternehmensverbänden der Region. Mit der breiten Vernetzung werden das Know-how und die Kontakte der Partner genutzt, die für eine qualitativ gute Beratung sowie Vermittlung von Studienaussteigenden erforderlich sind.

Die Identifizierung von (potenziellen) Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen stellt für viele Projekte eine große Herausforderung dar. Die Projektverantwortlichen von „ask for change“ nutzen deshalb neben der Ansiedlung an der Hochschule ein zusätzliches Instrument, das einen direkten Zugang zu der Zielgruppe ermöglichen soll: Im Projekt werden sogenannte „Change-Lotsen“ eingesetzt. Diese sind selbst Studierende der Hochschule Wismar, die als erste Ansprechpartner für interessierte und wechselwillige Studierende unterwegs sind. Die Change-Lotsen haben eine Nähe zu der Lebenswelt und den eventuellen Problemlagen ihrer Kommilitonen und Kommilitoninnen und können daher eine erste Beratung anbieten. Ferner nehmen die Lotsen eine Multiplikatorfunktion ein, die sich aus ihrer Vernetzung in studentischen und hochschulpolitischen Gremien ergibt. Darüber hinaus wird eine Untersuchung vorbereitet, um belastbare Daten in Bezug auf die Zielgruppe der Studienabbrecher/-innen und deren Abbruchmotivationen zu gewinnen.

Mit dem Projekt werden Strukturen erprobt, optimiert und nachhaltig etabliert, die den Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen den Zugang zu einer Berufsausbildung und den regionalen Betrieben erleichtert. Dies erfolgt zum Beispiel mit einem Leitfaden, der (potenziellen) Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen Informationen über Alternativen und entsprechende Beratungseinrichtungen aufzeigt. Zur konkreten Unterstützung, in eine Ausbildung einzumünden, bietet das Projekt Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen neben Beratungs- und Orientierungsgesprächen insbesondere auch eine Analyse der eigenen Stärken und Schwächen an. Hiervon ausgehend und unter Berücksichtigung der Frage, ob die bislang studierte Fachrichtung beibehalten werden soll, wird nach geeigneten Ausbildungsberufen und passenden Ausbildungsbetrieben gesucht. Als weitere Möglichkeit, Betriebe kennenzulernen, werden beispielsweise auch Firmenexkursionen angeboten.

Durch das Projekt werden aber auch Strukturen in der Hochschulorganisation etabliert, um Studierenden in einer schwierigen Entscheidungsphase den Zugang zu Ansprechpartnern zu ermöglichen. Die Lehrkräfte und Hochschulmitarbeitenden sind für das Beratungsangebot des Projekts sensibilisiert und können so frühzeitig betroffene Studierende vermitteln. Projektbegleitend wird der gesamte Beratungsprozess evaluiert, um mögliche Schwachstellen und Verbesserungspotenziale sichtbar zu machen und den Beratungsprozess entsprechend anzupassen. So bietet das Projekt wichtige Impulse für zukünftige Entwicklungen an der Hochschule Wismar.

Tabelle C3.2-1: Projekte des Programms JOBSTARTER plus mit dem Schwerpunkt „Gewinnung von Studienabbrechern/ Studienabbrecherinnen für die Berufsausbildung“ (Teil 1)

Tabelle C3.2-1: Projekte des Programms JOBSTARTER plus mit dem Schwerpunkt „Gewinnung von Studienabbrechern/ Studienabbrecherinnen für die Berufsausbildung“ (Teil 2)

Tabelle C3.2-1: Projekte des Programms JOBSTARTER plus mit dem Schwerpunkt „Gewinnung von Studienabbrechern/ Studienabbrecherinnen für die Berufsausbildung“ (Teil 3)

Projekt „Karriereprogramm Handwerk – Vom Campus in den Chefsessel“

Die Handwerkskammer für Unterfranken hat sich mit dem Projekt „Karriereprogramm Handwerk – Vom Campus in den Chefsessel“ zum Ziel gesetzt, insbesondere für das Handwerk leistungsstarke Jugendliche für die beruf­liche Aus- und Weiterbildung zu gewinnen. Hierzu zählen insbesondere Studienabbrecher/-innen, da sie wegen ihrer Vorqualifikationen und ihres höheren Reifegrades wichtige Schlüsselqualifikationen einbringen können. In der Region Unterfranken bringt das Projekt kleine und mittlere Handwerksbetriebe, die Interesse an der Ausbildung eigener Fachkräfte sowie der Förderung von Führungsnachwuchs haben, mit Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen zusammen, die einen Neustart in handwerklichen Berufen anstreben.

Das Projekt verfolgt zwei zentrale Ansatzpunkte: die Sensibilisierung, Beratung, Begleitung und Unterstützung von KMU bei der Gewinnung von Studienabbrechern und Studienabbrecherinnen für den Weg in eine duale Berufsausbildung sowie die Information von Studien­abbrechern und Studienabbrecherinnen über bestehende attraktive Karrieremöglichkeiten im Handwerk. Dabei spielt eine professionelle Beratung und Begleitung eine Schlüsselrolle. Den Studienabbrechern und Studien­abbrecherinnen wird eine neutrale und individuelle Beratung rund um die Möglichkeiten und Perspektiven im Handwerk geboten. Denn es zeigte sich, dass den Betroffenen häufig grundlegende Kenntnisse über eine duale Ausbildung und die Karrierewege in der beruflichen Bildung fehlen. Auch herrscht bei ihnen häufig die Sorge vor, den gesellschaftlichen Ansprüchen ohne akademischen Grad nicht genügen zu können.

Die für eine Ausbildung gewonnenen Studienabbrecher/-innen werden während der Ausbildung vom Projekt be­gleitet. Die Studienabbrecher/-innen werden über Fortbildungsmöglichkeiten informiert und bei der Planung weiterer Karriereschritte unterstützt. Das Projekt setzt sich aktiv für eine Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung in beide Richtungen ein und weitet bereits bestehende Kooperationen mit den Hochschulen in Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg sowie den Agenturen für Arbeit, Berufsschulen und Unternehmervertretungen weiter aus.

Carina Weidmann, Jana Stolpmann (Hochschule Wismar), Christina Huck (Handwerkskammer für Unterfranken)