Um die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen in Deutschland zu regeln, haben Bund und Länder in den Jahren 2012 bis 2014 jeweils eigene Gesetze in Kraft gesetzt. Im Jahr 2015 befanden sich diese Rechtsgrundlagen in der Überarbeitung, um die europäische Richtlinie 2013/55/EU in nationales Recht umzusetzen. Mit der Reform sollen die Hürden für den Wechsel in einen anderen EU-Mitgliedstaat sinken und die Mobilität steigen. So wird beispielsweise die elektronische Übermittlung von Anträgen und Unterlagen innerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraumes eingeführt, um Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Für das am 1. April 2012 in Kraft getretene „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ (Anerkennungsgesetz) des Bundes liegen Ergebnisse zur Nutzung und Anwendung aus drei Jahren vor. Sie beruhen auf der amtlichen Statistik nach § 17 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG, welches dem Artikel 1 des Anerkennungsgesetzes entspricht).
Die Statistik gibt Auskunft über die von den zuständigen Stellen bearbeiteten Anerkennungsverfahren und Merkmale der Antragstellenden sowie über die bis Jahresende getroffenen Entscheidungen. Bei Vergleichen mit dem BIBB-Datenreport 2015, Kapitel E4 ist zu beachten, dass dort die Zahl der 2013 bearbeiteten Verfahren (bestehend aus noch offenen Anträgen von 2012 und Neuanträgen von 2013) und hier die Zahl der Neuanträge von 2014 dargestellt werden, um die neueste Entwicklung abzubilden.
Als weitere Informationsquelle werden die Zugriffszahlen auf das Anerkennungsportal herangezogen. Sie können als ein Frühindikator des öffentlichen Interesses an beruflicher Anerkennung gelten. Während sich die nachfolgend ausgewertete amtliche Statistik nur auf die Berufe in Bundeszuständigkeit bezieht, enthalten die im Anschluss dargestellten Zugriffszahlen sowohl Abrufe von Informationen zu bundes- als auch landesrechtlich geregelten Berufen. Ausführliche Analysen zum Anerkennungsgeschehen aus dem BIBB-Anerkennungsmonitoring sind den Berichten zum Anerkennungsgesetz zu entnehmen (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2014a; 2015a).
Berufe im Anerkennungsgesetz des Bundes
Augenblicklich fallen rund 600 Berufe unter das Anerkennungsgesetz des Bundes. Dabei wird zwischen reglementierten und nicht reglementierten Berufen unterschieden.
Bei reglementierten Berufen ist die Anerkennung eine Voraussetzung für die Berufsausübung in Deutschland. Reglementiert sind zum Beispiel die Gesundheitsberufe, so Arzt/Ärztin (Approbation), Apotheker/-in (Approbation) und Altenpfleger/-in, aber auch einige Meisterberufe im Handwerk, wie z. B. Bäckermeister/-in.
Nicht reglementierte Berufe sind die dualen Ausbildungsberufe, also z. B. der Industriemechaniker/-in oder Maurer/-in, aber auch bestimmte Fortbildungsabschlüsse. Hier ist die Gleichwertigkeitsprüfung keine zwingende Voraussetzung für eine Arbeitsaufnahme, sondern dient der Transparenz. Im Bereich des Zuwanderungsrechts ist mit der Beschäftigungsverordnung die Anerkennung auch in den Ausbildungsberufen eine Voraussetzung für die Zuwanderung zum Zwecke der Arbeit in Deutschland.
Ergebnisse der amtlichen Statistik329
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April 2012 meldeten die zuständigen Stellen bis zum 31. Dezember 2014 insgesamt 44.094 Anträge auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation. Darüber hinaus wurden auch Anträge für landesrechtlich geregelte Berufe gestellt, jedoch gibt es zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine integrierte Länderstatistik. Das gesamte Anerkennungsgeschehen in Deutschland ist daher um einiges höher als hier dargestellt. Schaubild E4-1 zeigt die Entwicklung der Antragszahlen von 2012330 bis 2014.
Auch wenn eingerechnet wird, dass sich die Daten für 2012 nur auf neun Monate beziehen, zeigt sich eine jährliche Steigerung der Antragszahlen.
Mehr als 60 % aller Neuanträge im Jahr 2014 wurden von Personen gestellt, die Staatsangehörige eines Staates der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) oder der Schweiz waren. Die häufigste Staatsangehörigkeit war die deutsche, gefolgt von der rumänischen und polnischen Schaubild E4-2. Wie auch schon im Jahr zuvor war 2014 der häufigste Ausbildungsstaat Polen gefolgt von Rumänien.
Bei Referenzberufen hat sich die Rangfolge bei den fünf häufigsten im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert. Etwa 60 % der Anträge wurden auf die Anerkennung als Ärztin oder Arzt bzw. als Gesundheits- und Krankenpflegerin oder -pfleger gestellt Schaubild E4-2.
Werden die überjährigen Verfahren zu den Neuanträgen hinzugerechnet, wurden im Jahr 2014 insgesamt 19.806 Verfahren bearbeitet. Vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 wurden 14.838 Bescheide erstellt. Schaubild E4-3 zeigt die Ergebnisse dieser Bescheide. Bei reglementierten Berufen sank der Anteil der Bescheide, die keine Gleichwertigkeit feststellen, von 4,0 % im Jahr 2013 auf 3,1 % im Jahr 2014. Gleichzeitig stieg der Anteil an Bescheiden über eine volle Gleichwertigkeit (inkl. beschränkter Berufszugang nach HwO) von 77,9 % auf 82,0 %. Bei 14,9 % war die per Bescheid auferlegte Ausgleichsmaßnahme zum 31. Dezember 2014 noch nicht abgeschlossen (wenn Ausgleichsmaßnahmen im Laufe eines Jahres erfolgreich abgeschlossen werden, dann erhalten die Personen einen Bescheid über die volle Gleichwertigkeit und werden von der Statistik auch in der Gruppe der vollen Gleichwertigkeit gezählt). Diese Personen können nach Durchführung der Ausgleichsmaßnahme eine volle Gleichwertigkeit erhalten.
Auch bei Bescheiden für nicht reglementierte Berufe zeigt sich eine geringfügige Verschiebung: Im Jahr 2013 stellten 62,9 % der Bescheide eine volle Gleichwertigkeit fest, 2014 waren es 64,1 %. Der Anteil der Bescheide, die keine Gleichwertigkeit (inklusive Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes) feststellten, stieg von 4,4 % auf 5,2 %.
(Tom Wünsche, Jessica Erbe)
Schaubild E4-1: Entwicklung der Antragszahlen bei reglementierten und nicht reglementierten Berufen 2012 bis 2014
Schaubild E4-2: Anzahl der Anträge bei den häufigsten Referenzberufen, Staatsangehörigkeiten und Ausbildungsstaaten im Jahr 2014
Schaubild E4-3: Ergebnisse der Bescheide in den Jahren 2013 und 2014 (in %)
„Anerkennung in Deutschland“ – das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen
Die Nachfrage nach Informationen zu den Verfahren der beruflichen Anerkennung ist weiterhin sehr hoch. Dies spiegelt sich auch in den kontinuierlich starken Zugriffszahlen auf das mehrsprachige Portal „Anerkennung in Deutschland“ im Jahre 2015 wider – sowohl aus Deutschland als auch aus dem Ausland.
Anerkennung in Deutschland
Das Informationsportal der Bundesregierung „Anerkennung in Deutschland“ zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen (www.anerkennung-in-deutschland.de) wurde mit dem Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes des Bundes am 1. April 2012 aktiviert. Das mittlerweile neunsprachige Informationsmedium bündelt berufsspezifisch alle Informationen zu Anerkennungsregelungen in Deutschland, sowohl in Bundes- als auch Länderzuständigkeit. Das Portal wird vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) betrieben.
Kontinuierlich starker Anstieg der Zugriffszahlen
In Schaubild E4-4 wird die Entwicklung der Zugriffszahlen (Seitenansichten und Besuche) auf das Internetangebot in der gesamten Projektlaufzeit seit April 2012 dargestellt. Danach verzeichnet das Portal von Anfang an eine sehr starke und kontinuierliche Steigerung der Besuchszahlen. Während im Jahr 2012 insgesamt ca. 257.000, 2013 ca. 560.000 und 2014 rund 1.117.000 Besuche verzeichnet wurden, zählte das Portal im Jahr 2015 rund 1.480.000 Besuche. Auch die Anzahl der getätigten Seitenansichten weist eine steigende Tendenz auf. Seit April 2012 hatte das Portal somit insgesamt 3,4 Millionen Besuche mit fast 18 Millionen Seitenansichten.
Über das Portal können zudem Anfragen zum Anerkennungsthema an das Bundesinstitut gerichtet werden. Für das Gesamtjahr 2015 wurden über das Portal ca. 6.300 Anfragen aus dem Inland und aus dem Ausland gestellt. Im Jahr 2014 waren es insgesamt 3.385.
Der „Anerkennungs-Finder“ und „Profi-Filter“
Der „Anerkennungs-Finder“ ist die zentrale Dienstleistung des Portals. Dieses Online-Tool bietet den Anerkennungsinteressierten zum einen die Möglichkeit, einen ihrer ausländischen Qualifikation entsprechenden deutschen Referenzberuf zu ermitteln. Zum anderen ermöglicht es, mit wenigen Klicks zu einer umfangreichen Informationsseite über Anerkennungsverfahren in dem gewünschten Beruf zu gelangen. Auf dieser Seite wird auch – abhängig von dem gewünschten Arbeitsort – die für die Anerkennung zuständige Stelle angezeigt.
Circa 46 % der im Portal getätigten Seitenansichten fielen im Jahr 2015 auf den „Anerkennungs-Finder“, was eine starke Nachfrage an den dort hinterlegten Inhalten zeigt. Die am häufigsten aufgerufenen Berufsprofile auf Deutsch und Englisch sind in Tabelle E4-1 aufgeführt.
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, besteht das stärkste Interesse nach wie vor an dem in Deutschland reglementierten Bereich, d. h. an den Berufen, wo die Feststellung der Gleichwertigkeit eine unabdingbare Voraussetzung für den Berufszugang bildet. Dieses Interesse findet seine Entsprechung in den Zahlen der amtlichen Statistik Schaubild E4-1.
Für die Zielgruppe Beratungsfachkräfte und Experten und Expertinnen im Anerkennungsbereich steht im Portal „Anerkennung in Deutschland“ der sog. „Profi-Filter“ zur Verfügung. Er bietet diverse Experten-Suchfunktionen für zuständige Stellen und Berufe. Die ca. 316.000 Seitenansichten im Jahr 2015 deuten darauf hin, dass der Filter von seiner Experten-Zielgruppe weiterhin stark genutzt wird.
Mehrsprachigkeit des Portals und Nutzung im Ausland
Auch im Jahr 2015 greift ein kontinuierlich hoher Anteil der Besucher/-innen aus dem Ausland auf das Portal zu. Im Jahresdurchschnitt waren es 53 % aller Interessierten. In Tabelle E4-2 sind die häufigsten Herkunftsländer aufgeführt. Der große Informationsbedarf im Ausland war ein zentraler Grund für den mehrsprachigen Ausbau des Portals um weitere 6 Sprachen (neben Deutsch und Englisch). Seit 2014 ist das Portal auf Italienisch, Polnisch, Rumänisch, Spanisch und Türkisch verfügbar, seit Anfang 2015 gibt es auch eine Seite auf Griechisch. Im Frühjahr 2016 wird eine arabischsprachige Version dazukommen, im Laufe des Jahres 2016 ist noch eine russischsprachige Version geplant. Tabelle E4-3 (Seitenansichten in jeweiligen Sprachversionen) zeigt an, dass das mehrsprachige Angebot auch im Jahr 2015 stark genutzt wurde.
Der mehrsprachige Portalausbau steht im Zusammenhang mit den Aktivitäten zur Bewerbung des Anerkennungsportals im Ausland, die im Juli 2014 gestartet wurden und durch das Anerkennungsportal im Auftrag des BMBF umgesetzt werden. Im Rahmen der internationalen Werbeaktivitäten wurden unter anderem sieben Kampagnen-Webseiten eingesetzt, die in den Sprachen der ausgewählten Kampagnenländer (Italien, Polen, Rumänien, Spanien, die Türkei) sowie auf Deutsch und Englisch kompakte Informationen über den Inhalt des Portals bereitstellen und für weiterführende Informationen auf das Hauptangebot verlinken. Diese sog. „Landingpages“ hatten im Jahr 2015 insgesamt ca. 720.000 Besuche mit rund 880.000 getätigten Seitenansichten Tabelle E4-3.
(Anna Borowiec, Claudia Moravek)
Schaubild E4-4: Besuche und Seitenaufrufe von Anerkennung in Deutschland 2012 bis 2015
Tabelle E4-1: Nutzung der deutschen und englischen Berufsprofile 2015
Tabelle E4-2: Besuche der 10 häufigsten Herkunftsländer 2015
Tabelle E4-3: Nutzung der Sprachversionen 2015
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Die ausgewiesenen Zahlen werden vom Statistischen Bundesamt (StBA) erhoben und veröffentlicht. Dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) – wie auch der allgemeinen Öffentlichkeit – werden aus Datenschutzgründen ausschließlich anonymisierte Zahlen zur Verfügung gestellt. Durch das Anonymisierungsverfahren werden jegliche Werte auf das nächstkleinere oder -höhere Vielfache von drei gerundet (bspw. 4→3; 5→6). Infolgedessen können die Summen der Einzelwerte einer Zeile oder Spalte von den jeweils ausgewiesen Zeilen- oder Spaltensummen abweichen, da das StBA Summen auf Basis der Echtwerte bildet und diese erst anschließend anonymisiert. Die entstehenden Rundungsdifferenzen können besonders dann bedeutsam sein, wenn viele kleine Werte zusammengerechnet werden. Werden prozentuale Angaben gemacht, so wurden diese durch das StBA auf Basis der Echtwerte errechnet.
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Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz im April 2012 in Kraft trat und sich die Angaben für 2012 daher nur auf neun Monate beziehen.