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Die Volkshochschulen spielen in vielen Bundesländern laut dem entsprechenden Landesgesetz eine besondere Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit Weiter­bildung. Teils hat die Bereitstellung einer Volkshochschule durch die Kommunen die Funktion der Grundversorgung mit einwohnerbezogener Förderung durch das Land (z. B. Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen), in anderen Ländern werden die Volkshochschulen gleichrangig mit freien Trägern von Land und Kommunen gefördert (z. B. Bayern, Brandenburg). Grundsätzlich ist der Bund für die berufliche Weiterbildung zuständig, während bei den Ländern die Verantwortung für die allgemeine und politische Weiterbildung liegt (vgl. Deutscher Bildungsrat 1970, S.  51, Witt 2016). Dennoch wird in einigen Weiterbildungsgesetzen der Länder auch die berufliche Weiterbildung unter den förderfähigen Bereichen genannt (für einen Überblick über die Landesgesetze siehe Grotlüschen u. a. 2011, S. 358; Witt 2016; zur Einordnung der Landes­regelungen in das Gesamtsystem der Erwachsenenbildung siehe Nuissl 2011). Volkshochschulen bestehen in allen Bundesländern als öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen mit einem thematisch breitgefächertes Bildungsangebot, das in großen Teilen ohne Zugangsbeschränkungen der gesamten Bevölkerung offen steht (vgl. Süssmuth/Sprink 2011 S.  473  ff.).

Die Volkshochschul-Statistik ist eine bundesweite freiwillige Statistik des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV) und seiner Mitgliedseinrichtungen. Seit 1962 werden die personelle und finanzielle Ausstattung der Volkshochschulen sowie das Angebot in verschiedenen Veranstaltungsarten, Unterrichtsstunden und Belegungen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) statistisch erfasst.266  Seit 1998 besteht die Systematik, nach der die Veranstaltungen thematisch klassifiziert werden. Es gibt 6 sogenannte Programmbereiche: (1) Politik – Gesellschaft – Umwelt, (2) Kultur – Gestalten, (3) Gesundheit, (4) Sprachen, (5) Arbeit – Beruf, (6) Grundbildung – Schulabschlüsse. Der Programmbereich Arbeit – Beruf beinhaltet unter anderem Lehrgänge zu den Themen IuK-Anwendungen267, Büropraxis, Rechnungswesen, berufsqualifizierende Grund- und Fachlehrgänge sowie Angebote zum Themenfeld Organisation/Management (siehe für die einzelnen Fachgebiete Huntemann/Reichart 2016, Tabelle 10). Angebote, die beruflich verwertbare Kenntnisse und Qualifikationen vermitteln bzw. sich an bestimmte Berufsgruppen wenden, sind jedoch thematisch auch anderen Programmbereichen zugeordnet, z. B. als Erzieherfortbildung dem Programmbereich 1 oder als Sprachkurs mit Zertifikatserwerb dem Programmbereich 4. Ihr Umfang ist dort allerdings aufgrund der Erhebungsmethodik nicht quantifizierbar (siehe Volkshochschul-Statistik).

Volkshochschul-Statistik

In Tabelle B2.2.1-1 sind Kursveranstaltungen sowie die dazugehörenden Unterrichtsstunden und Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf ausgewiesen. Die dargestellten Summen beziehen sich jeweils auf das zugehörige Kalenderjahr. Ein Kurs ist definiert als eine Weiterbildungsveranstaltung mit mindestens 3 Unterrichtsstunden, die am Sitzort der Volkshochschule stattfindet. Eine Unterrichtsstunde umfasst 45 Minuten. Unter einer Belegung wird ein Teilnahmefall an einer Veranstaltung verstanden. Wenn dieselbe Person in einem Beobachtungszeitraum an mehreren Veranstaltungen teilnimmt, wird sie mehrfach als Belegung gezählt, die Anzahl der Belegungen ist also höher als die Anzahl der Personen, die an den Veranstaltungen teilnehmen. Außer im Programmbereich Arbeit – Beruf findet berufliche Weiterbildung auch in anderen Programmbereichen statt (z. B. im Programm­bereich Sprachen: „Wirtschaftsenglisch“). Da die Erfassung der Veranstaltungen jedoch nach inhaltlichen Aspekten und nicht nach dem Zweck erfolgt, den die Teilnehmenden mit ihrem Besuch verfolgen, ist eine Ausdifferenzierung berufsbezogener Veranstaltungen hier nicht möglich. Daher sind die berichteten Werte als Mindestzahlen des Angebots beruflicher Weiter­bildung an Volkshochschulen zu interpretieren.268

Dargestellt sind jeweils die in den Volkshochschulen im Berichtsjahr durchgeführten Kurse sowie die zugehörigen Unterrichtsstunden und Belegungen. In der Regel sind die Angebote der Volkshochschulen öffentlich ausgeschrieben (z. B. über das Programmheft, die Website) und allen Interessierten (ggf. verbunden mit der Anforderung von Vorkenntnissen) zugänglich. Auftrags- und Vertragsmaßnahmen sind Veranstaltungen für einen geschlossenen Teilnehmerkreis, die die Volkshochschule im Auftrag eines Dritten (z. B. lokale Arbeitsgemeinschaft als Träger [ARGE] für Leistungen nach dem SGB II, Bundesagentur für Arbeit, andere staatliche Instanz oder privatwirtschaftliches Unternehmen) durchführt. Diese werden seit 1998 getrennt erfasst. Vor 1998 sind diese Veranstaltungen in der Gesamtsumme enthalten. Neben den Kursen gibt es an den Volkshochschulen noch andere Veranstaltungsarten (Einzelveranstaltungen, Studienfahrten, Studienreisen), die in der Tabelle nicht eingeschlossen sind; im Programmbereich Arbeit – Beruf machen diese weniger als 1 % der Unterrichtsstunden aus.

Die in Tabelle B2.2.1-2 ausgewiesene VHS-Weiterbildungsdichte ist definiert als die Unterrichtsstunden in Kursen an VHS pro 1.000 Einwohner/-innen des jeweiligen Versorgungsgebiets auf Länderebene (Datenbasis für Bevölkerungsstand auf Landesebene bis einschließlich Berichtsjahr 2008: 30. Juni des Berichtsjahres; ab Berichtsjahr 2009: 31. Dezember des dem Berichtsjahr vorhergehenden Jahres). In der Tabelle ist diese Kennzahl jeweils nur auf die Veranstaltungen im Programmbereich Arbeit – Beruf bezogen und nach Landesteilen (alte/neue Bundesländer) differenziert.

Bei der Erhebung der Teilnahmefälle nach Geschlecht wird nicht zwischen offenen Kursen und Auftrags- und Vertragsmaßnahmen differenziert; die Angaben beziehen sich daher auf die Teilnehmenden an den Kursangeboten im Programmbereich Arbeit – Beruf insgesamt. Nicht für alle Teilnahmefälle liegt die Information zum Geschlecht vor. Die Erfassungsquote betrug im Berichtsjahr 2015 82,1 % der Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf.

Angebot beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen

Gemäß der Statistik umfasste das Kursangebot der Volkshochschulen an beruflicher Weiterbildung im Jahr 2015 bundesweit knapp 55.800 Veranstaltungen Tabelle B2.2.1-1. Die Gesamtzahl der Kurse war damit, wie in allen Jahren seit 2008, gegenüber dem Vorjahr rückläufig (zur langfristigen Entwicklung in den Jahren seit 1991 siehe genauer BIBB-Datenreport 2010, Kapitel B2.2.1). Während die Anzahl der Kurse um 8,2 % sank, nahmen Unterrichtsstunden und Belegungen um 4,6 % bzw. um 9,6 % ab. Alle Fachgebiete waren von Rückgängen der Kurse, Unterrichtsstunden und Belegungen betroffen; einzig in den Fachgebieten „kaufmännische Grund- und Fachlehrgänge“ und „branchenspezifische Fachlehrgänge“ sind die Unterrichtsstunden im Vergleich zum Vorjahr gestiegen; bei den „technischen IuK-Anwendungen“ blieb die Zahl der Unterrichtsstunden annähernd konstant. Das größte Fachgebiet, „IuK-Grundlagen/allgemeine Anwendungen“, umfasste 46 % der Kurse im Programmbereich; auch hier gingen die Kurse um 9,6 % auf gut 25.700 zurück.

Auch bei den Auftrags- und Vertragsmaßnahmen waren 2015 Rückgänge zu verzeichnen, und zwar um 10,2 % bei den Kursen und um 9,6 % bei den Belegungen. Die Summe der Unterrichtsstunden in Auftrags- und Vertragsmaßnahmen war dagegen stabil (+0,1 %). 13,7 % der Kursveranstaltungen, 34,2 % der Unterrichtsstunden und 18,0 % der Belegungen waren dem Segment der Auftrags- und Vertragsmaßnahmen zuzuordnen – außer dem Zuwachs bei den Unterrichtsstunden blieben die Anteile in etwa stabil.

Auftrags- und Vertragsmaßnahmen laufen in der Regel deutlich länger als offene Angebote; 2015 beinhaltete eine Auftrags- und Vertragsmaßnahme in der beruflichen Weiterbildung 68,7 Unterrichtsstunden. Damit stieg die durchschnittliche Kursdauer im Vergleich zum Vorjahr um 6 Stunden an. Ein Kurs im offenen Angebot des Programmbereichs dauerte 2015 durchschnittlich 21,1  Unterrichtsstunden (+0,3 Stunden gegenüber 2014). So sind erstmals seit mehreren Jahren die Kursdauern wieder gestiegen.

Im Jahr 2015 umfasste der Programmbereich Arbeit – Beruf 9,4 % der Kurse an Volkshochschulen, mit 9,3 % der Unterrichtsstunden und 7,3 % der Belegungen (vgl. Huntemann/Reichart 2016, Tabelle 9); der Anteil am Gesamtangebot der Volkshochschulen war in den letzten Jahren jeweils leicht rückläufig.

Tabelle B2.2.1-1: Kursveranstaltungen im Programmbereich Arbeit – Beruf an Volkshochschulen 1991 bis 20151

Weiterbildungsdichte beruflicher Weiter­bildung an Volkshochschulen

Wie Tabelle B2.2.1-2 zeigt, war das Angebot an beruflicher Weiterbildung an Volkshochschulen in den alten Ländern über die Jahre sowohl absolut als auch auf die Einwohnerzahl bezogen deutlich größer als in den neuen Ländern (die Entwicklung seit 1991 ist im Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010, Kapitel B2.2.1 dargestellt).

Im Jahr 2015 sind die Unterrichtsstunden in den alten wie in den neuen Ländern zurückgegangen (um 4,5 % bzw. 5,7 %). Ebenso ist langfristig ein stärkerer Rückgang in den neuen Ländern zu beobachten – er beträgt seit dem Jahr 2000 in den neuen Ländern 68,0 %, in den alten Ländern 52,6 %.

Die VHS-Weiterbildungsdichte im Programmbereich Arbeit – Beruf betrug 2015 8,4 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner/Einwohnerinnen der neuen Länder und 21,6 Unterrichtsstunden pro 1.000 Einwohner/Einwohnerinnen in den alten Ländern. Dort entfiel 2015 mit 36,2 % ein deutlich höherer Anteil der Unterrichtsstunden auf Auftrags- und Vertragsmaßnahmen als in den neuen Ländern (12,6 %).

Tabelle B2.2.1-2: Umfang beruflicher Weiterbildung in den alten und neuen Ländern 1991 bis 2015

Verteilung der Teilnahmefälle an beruflicher Weiterbildung in Volkshochschulen nach Geschlecht

Der Frauenanteil in Kursen der Volkshochschulen liegt insgesamt bei etwa drei Viertel der Teilnahmefälle (seit 1991 zwischen 73,1 % und 75,8 %; vgl. Huntemann/Reichart; Pehl/Reitz; PAS). Im Programmbereich Arbeit – Beruf ist der Frauenanteil geringer als insgesamt. Im Jahr 2015 erfolgten 65,2 % der Belegungen im Programmbereich Arbeit – Beruf von Frauen; damit wurde ein neuer Höchstwert seit Erfassung des Geschlechts von Kursteilnahmen in diesem Programmbereich erreicht. Seit 1997 lag der Wert über der 60 %-Marke, mit seitdem steigender Tendenz bei leichten Schwankungen.

Die Volkshochschulen sind ein Anbieter, der ein breites berufsbildendes Angebot für die Bevölkerung (z. B. im Bereich der EDV-Kenntnisse) vorhält, aber auch an berufsfachlichen Qualifizierungen beteiligt ist. Dieses Angebot wird auch und insbesondere von Frauen genutzt, die durch ihre geringere Erwerbsbeteiligung seltener Gelegenheit zu beruflich-betrieblicher Weiterbildung haben. Darüber hinaus führen die Volkshochschulen im Rahmen von Auftrags- und Vertragsmaßnahmen auch zielgruppenspezifische Weiterbildung durch, etwa für Arbeitssuchende (vgl. Kapitel B3.1) oder für Beschäftigte von Betrieben (vgl. Kapitel B1.2).

(Elisabeth Reichart, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)

  • 266

    Vgl. die online verfügbaren Jahresbände (www.die-bonn.de/publikationen/recherche.aspx?schlagwort=volkshochschul-statistik+arbeitsjahr) und Pehl/Reitz.

  • 267

    „Informations- und Kommunikationstechnik“: PC-Kurse oder Kurse zum Umgang mit (teils fachspezifischer) Software.

  • 268

    Seit 2014 findet, gefördert durch das BMBF, eine große Revision der VHS-Statistik im Rahmen des Verbunds Weiterbildungsstatistik statt (vgl. Kapitel B2.2.3 und www.die-bonn.de/id/11142); der überarbeitete Berichtsbogen liegt mittlerweile vor. In der revidierten Erhebungssystematik werden berufs- und abschlussbezogene Angebote deutlich differenzierter als bisher auszuweisen sein. Die erste Erhebung nach dem neuen System wird für das Berichtsjahr 2018 erfolgen.