Berufliche Weiterbildungsangebote werden von einer Vielzahl von Einrichtungen unterschiedlicher institutioneller Struktur und Größe durchgeführt.269 Neben öffentlichen und privat kommerziell arbeitenden Trägern verantworten u. a. gesellschaftliche Großgruppen wie Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Berufsverbände Veranstaltungen beruflicher Weiterbildung. Zu den gewerkschafts- und arbeitgebernahen Weiterbildungseinrichtungen zählten 2008 nach den Ergebnissen einer umfassenden Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) zusammen rund 7 % der Anbieter (Einrichtungen der Gewerkschaft: 1,9 %; Einrichtungen der Wirtschaft: 5,2 %; vgl. Dietrich/Schade/Behrensdorf 2008, S. 26). In der bundesweiten jährlichen wbmonitor-Umfrage des BIBB und des DIE werden die Einrichtungstypen weniger differenziert erfasst. Zu den wirtschaftsnahen Einrichtungen (wie Kammer, Innung, Berufsverband oder Ableger davon) gehörten 2015 demnach 9,4 % der Weiterbildungsanbieter270 (vgl. Ambos/Koscheck/Martin 2016, S. 26).
Datenbasis zu Angeboten gewerkschafts- und arbeitgebernaher Institutionen
Die in diesem Abschnitt dargestellten Daten stammen aus Veröffentlichungen der gewerkschafts- bzw. arbeitgebernahen Anbieter. Es handelt sich um Angaben zur Anzahl der Veranstaltungen und Anzahl der Teilnehmenden; teilweise liegen auch Angaben zu den Unterrichtsstunden und zum Umfang einzelner Themenbereiche vor.
Angebot an beruflicher Weiterbildung in gewerkschaftsnahen Institutionen
Schwerpunkte gewerkschaftsnaher Bildungseinrichtungen sind Angebote der politischen Bildung sowie der arbeitswelt- und arbeitnehmerorientierten Bildung, die sich vor allem an Mitglieder von betrieblichen Interessenvertretungen und Gewerkschaften richten. Zum Leistungsspektrum gehören aber auch vielfältige Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung für verschiedene Adressatengruppen.
Die großen Gewerkschaften unterhalten eigene Bildungsabteilungen oder sind Träger von Bildungswerken mit Angeboten zur beruflichen Weiterbildung. Dazu gehören u. a. die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) und die ver.di Bildung und Beratung GmbH (ver.di b+b). Auch die Mitgliedseinrichtungen des Bundesarbeitskreises Arbeit und Leben, der vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und dem Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV) getragen wird, sind in diesem Kontext zu nennen (vgl. Kapitel B2.2.3). Der DGB hat zudem mit dem Berufsfortbildungswerk des DGB (bfw) eine eigene Organisation für den Bereich der beruflichen Weiterbildung gegründet, die in 2 Gesellschaften gegliedert ist. Die für Westdeutschland zuständige Gesellschaft unterhält 12, die in Ostdeutschland 2 Geschäftsstellen.
Die Entwicklung der Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen der beiden bfw-Gesellschaften für West- und Ostdeutschland, die regelmäßig in den Geschäftsberichten veröffentlicht werden (vgl. Berufsfortbildungswerk Gemeinnützige Bildungseinrichtung des DGB GmbH [bfw] o. J.), veranschaulicht Tabelle B2.2.2-1. Insgesamt gesehen setzt sich im Jahr 2015 die rückläufige Tendenz fort. Gegenüber dem Vorjahr ist bei den Veranstaltungen ein Rückgang von 2,0 % auf 2.288 und bei den Teilnehmenden von 6,5 % auf 37.831 zu verzeichnen. Dabei schlagen die Rückgänge in den westlichen Bundesländern mit ihren deutlich höheren Volumina durch: 2015 wurden dort 77,7 % aller bfw-Veranstaltungen und 81,6 % aller Teilnehmenden verzeichnet. In Ostdeutschland dagegen zeigt sich im Vergleich zum Vorjahr eine positive Entwicklung. Zugenommen hat insbesondere die Zahl durchgeführter Veranstaltungen (+16,5 % auf 509), während der Anstieg bei den Teilnehmenden deutlich geringer ausfiel (+1,0 % auf 6.962).
Die längerfristige Betrachtung verdeutlicht, dass zwischen 2005 und 2009 bundesweit Zuwächse beim durchgeführten Angebot und bei der Nachfrage verzeichnet werden konnten, denen 2010 und 2011 erhebliche Einbrüche folgten. Seitdem sind die Teilnehmendenzahlen in der Tendenz weiter rückläufig, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Ähnliches gilt – nach einem zwischenzeitlichen Wiederanstieg – auch für die Veranstaltungen. Im Ergebnis erreichen die Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen für das Bundesgebiet insgesamt 2015 den tiefsten Stand im Zeitraum der letzten 10 Jahre.
Die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) bietet bundesweit an mehr als 300 Standorten berufliche Weiterbildungsveranstaltungen an. Schwerpunkte liegen bei kaufmännischen Bildungsgängen sowie in den Bereichen Gesundheit und Soziales. Neben Angeboten für Berufstätige und Aufstiegsqualifizierungen gehören Umschulungen und Weiterbildungen für Arbeitssuchende und Rehabilitanden zum Leistungsspektrum. Für das Berichtsjahr 2015 konnten von der DAA keine statistischen Daten zu Weiterbildungsveranstaltungen und Teilnehmenden zur Verfügung gestellt werden. Für die Jahre 2004 bis 2014 liegen entsprechende Angaben vor (siehe BIBB-Datenreport 2016, Kapitel B2.2.2).
Tabelle B2.2.2-1: Veranstaltungen und Teilnehmende der Berufsfortbildungswerke des DGB 2005 bis 2015
Angebot an beruflicher Weiterbildung in arbeitgebernahen Institutionen
Der „Wuppertaler Kreis e. V. – Bundesverband betriebliche Weiterbildung“ versteht sich als Zusammenschluss der führenden Weiterbildungseinrichtungen der Wirtschaft. Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft sind u. a. der langjährige Erfolg in der Weiterbildung von Fach- und Führungskräften, das Angebot der Dienstleistungen auf dem freien Markt und deren Relevanz in einem Teilsegment der Weiterbildung (vgl. Wuppertaler Kreis 2015a). Im Jahr 2016 hatte der Verband 46 Mitglieder. Dazu zählten u. a. branchenbezogene Weiterbildungsunternehmen, Einrichtungen bedeutender Konzerne sowie Bildungswerke der Wirtschaft in einigen Bundesländern.271 Die Einordnung als „arbeitgebernahe Institutionen“ gründet sich zum einen auf den Entstehungszusammenhang des Verbandes, zum anderen auf dessen aktuellem Selbstverständnis als Interessenvertretung der Mitglieder und der Unternehmen (vgl. ebd.).
Ergebnisse zu den Weiterbildungsleistungen, die aus der regelmäßigen Umfrage unter den Verbandsmitgliedern stammen, enthält Tabelle B2.2.2-2.272 Im Jahr 2015 wurden von den sich an der Erhebung beteiligenden Einrichtungen 142.000 Veranstaltungen durchgeführt. Bezogen auf die letzten 10 Jahre ist ein neuer Höchststand erreicht, wenngleich sowohl die Zahl der Mitglieder insgesamt als auch die Zahl der Einrichtungen, die die Umfrage beantwortet haben, tendenziell rückläufig war. Damit ist die negative Entwicklung der Veranstaltungszahlen seit dem Jahr 2011 gestoppt. Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Plus von 14,7 % zu verzeichnen.
Demgegenüber war die Zahl der Teilnehmenden erstmals seit Beginn der statistischen Erfassung (2006) im Vergleich zu den Vorjahren rückläufig: 2015 wurden 1,32 Mio. Teilnehmende erfasst (-4,3 % gegenüber 2014).
Das Tätigkeitsspektrum der Verbandsmitglieder ist breit gefächert. Den relativ größten durchschnittlichen Anteil am Umsatz (30,3 %) erzielten 2015 offene Seminare, die v. a. von mittelständischen Unternehmen für deren Mitarbeitende nachgefragt werden. Im Durchschnitt knapp ein Viertel wurde mit Inhouse-Seminaren für Firmen erwirtschaftet (22,7 %). Auf Maßnahmen für öffentliche Auftraggeber (z. B. nach SGB) entfiel im Durchschnitt ein Fünftel des Umsatzes (20,0 %). Im Vergleich zum Vorjahr ist der Umsatzanteil dieses Formats leicht gestiegen (+3,3 Prozentpunkte), während der durchschnittliche Anteil der Firmenseminare am Umsatz leicht rückläufig war (-3,9 Prozentpunkte). Mit der Durchführung abschlussbezogener Lehr- und Studiengänge wurde 2015 ein durchschnittlicher Umsatzanteil von 15,3 % erreicht, mit Prozessbegleitung/Coaching schließlich 6,3 %273 (vgl. Wuppertaler Kreis 2016, S. 6; Wuppertaler Kreis 2015b, S. 6).
Tabelle B2.2.2-2: Veranstaltungen, Teilnehmende, Standorte und Mitglieder des Wuppertaler Kreises 2005 bis 2015
Angebot an beruflicher Weiterbildung bei den Industrie- und Handelskammern
Die aktuell 79 Industrie- und Handelskammern (IHK) in Deutschland274 sind Einrichtungen der Wirtschaft für die Wirtschaft. Sie nehmen öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr und bieten den qua Gesetz zur Mitgliedschaft verpflichteten gewerblichen Unternehmen275 in ihrem regionalen Zuständigkeitsbereich verschiedene Serviceleistungen an. Zum Leistungsspektrum gehören u. a. an betrieblicher Praxis ausgerichtete berufliche Weiterbildungen, die die IHK zusammen mit ihren Bildungszentren realisieren. Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um berufsbegleitende Seminare und Lehrgänge, die zum Teil auf IHK-Prüfungen vorbereiten. Das Branchenspektrum der IHK-Mitglieder spiegelt sich in der Themenvielfalt des Weiterbildungsangebots. Statistische Daten zu den Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmenden für das Bundesgebiet, die auf Angaben der einzelnen IHK beruhen, veröffentlicht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) jährlich in seiner „Fortbildungsstatistik“.276
Die IHK haben im Jahr 2015 insgesamt 23.157 Weiterbildungsveranstaltungen mit einem Volumen von 1,94 Mio. Unterrichtsstunden durchgeführt, an denen 319.583 Personen teilgenommen haben Tabelle B2.2.2-3.
Gegenüber dem Vorjahr ist ein Rückgang zu verzeichnen: Mit einem Minus von 4,0 % gingen die Veranstaltungen am stärksten zurück. Die Zahl der Unterrichtsstunden sank um 2,0 %, die der Teilnehmenden um 0,7 %. Im Zeitraum seit 2010277 zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen: Der aktuelle Rückgang bei den Veranstaltungen ist der höchste in den letzten Jahren. Das Unterrichtsstundenvolumen weist starke Schwankungen auf und erreicht im Jahr 2013 mit 2,0 Mio. Unterrichtsstunden seinen Höchststand. Bei den Teilnehmenden gab es bis 2012 einen Aufwuchs, anschließend einen Rückgang, der 2014 besonders stark ausfiel.
Mit Blick auf bestimmte Segmente und Themenbereiche der IHK-Weiterbildungen im Jahr 2015 fallen die im Vergleich zum Vorjahr relativ hohen Rückgänge bei den Firmenseminaren auf (-18,9 % bei den Veranstaltungen, -21,3 % bei den Unterrichtsstunden und -20,1 % bei den Teilnehmenden). Auch der Bereich kaufmännische Anpassungsbildung verzeichnete vergleichsweise starke Einbrüche (-11,0 % bei den Veranstaltungen, -16,0 % bei den Unterrichtsstunden und -9,1 % bei den Teilnehmenden). Nennenswerte positive Entwicklungen – zumindest bei den Teilnehmenden – waren demgegenüber bei „sonstigen“ Weiterbildungsveranstaltungen278 (+18,0 %), in den Bereichen der kaufmännisch-technischen und der auf IT und Medien bezogenen Anpassungsbildung (+9,9 % bzw. +8,6 %) sowie im Segment der Aufstiegsbildung im Themenbereich „AEVO“279 (+5,0 %) zu verzeichnen.
Die nach Themenbereichen differenzierte Übersicht über die IHK-Weiterbildungsveranstaltungen im Jahr 2015 Tabelle B2.2.2-4 verdeutlicht, dass die größten Anteile an Veranstaltungen (54,8 %) und Teilnehmenden (43,8 %) auf die Anpassungsbildung entfiel. Unter thematischen Gesichtspunkten hatte hier der kaufmännische Bereich das größte Gewicht. Aufstiegsweiterbildungen sind i. d. R. deutlich zeitintensiver. Dies erklärt, dass 60,2 % aller Unterrichtsstunden der IHK 2015 diesem Bereich zugerechnet wurden, aber nur jeweils ca. ein Viertel der Veranstaltungen und der Teilnehmenden (23,0 % bzw. 27,6 %). Auch in diesem Segment hatten kaufmännische Weiterbildungen den relativ höchsten Anteil am Angebot und an der Nachfrage. Auf Firmenseminare entfielen im Jahr 2015 zwar 11,7 % aller IHK-Weiterbildungsveranstaltungen und 8,8 % aller Teilnehmenden, dagegen lediglich 2,9 % der Unterrichtsstunden. Sie wiesen im Vergleich zur Anpassungs- und Aufstiegsbildung somit die kürzeste Dauer von durchschnittlich 21 Unterrichtsstunden auf.
(Ingrid Ambos, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)
Tabelle B2.2.2-3: Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmende der Industrie- und Handelskammern 2005 bis 2015
Tabelle B2.2.2-4: Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmende der Industrie- und Handelskammern nach Themenbereichen 2015
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269
Dieses Kapitel ist eine Fortschreibung des Kapitels B2.2.2 von Christina Weiß im Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2016.
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270
Gewerkschaftsnahe Einrichtungen werden nicht als Einzelkategorie erhoben und ausgewiesen.
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271
Vgl. www.wkr-ev.de (Stand: 11.10.2016).
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272
Bei der Interpretation der Daten sind die Schwankungen bei den Umfragebeteiligungen zu berücksichtigen.
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273
Sonstiges (z. B. Forschung, Hotelbetrieb): 5,4 %.
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274
Im Jahr 2015 gab es noch 80 IHK. Anfang 2016 sind die IHK Bremen und Bremerhaven nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) fusioniert.
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275
Außer Handwerksbetriebe, landwirtschaftliche Betriebe und freie Berufe.
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276
Auch die ca. 550 Bildungseinrichtungen in Trägerschaft der 53 Handwerkskammern und anderer Organisationen des Handwerks (wie Innungen oder Kreishandwerkerschaften) bieten berufliche Weiterbildung an. Nach Informationen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) werden außer der Prüfungsstatistik aber auf Bundesebene keine Daten zum Angebot und zu den Teilnehmenden vorgehalten.
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277
Langzeitvergleiche sind nur mit den Daten ab 2010 möglich, da in diesem Jahr die Erhebungsmodalitäten geändert wurden.
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278
Fachvorträge und -tagungen, Weiterbildungsseminare und Arbeitskreise für Ausbilder/-innen, sonstige Vorträge und Tagungen sowie Dozenten- und Prüferseminare.
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279
Ausbilder-Eignungsverordnung.