Qualifizierung im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Instrumente wird durch die Agenturen für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gefördert. Die Förderung hilfebedürftiger erwerbsfähiger Personen durch die Jobcenter erfolgt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zu den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, die Personen in den Rechtskreisen SGB II und SGB III Qualifizierung ermöglichen, zählen die berufliche Weiterbildung, die berufliche Weiterbildung für behinderte Menschen sowie die ESF-Qualifizierung während Kurzarbeit Tabelle B3.1-1.
Fördervoraussetzungen
Die Förderung der beruflichen Weiterbildung ist in den §§ 81 ff. SGB III geregelt. Voraussetzung für eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Feststellung, dass durch eine Weiterbildung eine berufliche Eingliederung erreicht oder drohende Arbeitslosigkeit abgewendet werden kann oder dass sie wegen fehlenden Berufsabschlusses notwendig ist. Außerdem muss eine Beratung durch die Agentur für Arbeit stattgefunden haben, und Maßnahme und Träger müssen für die Förderung zugelassen sein.
Liegen die Voraussetzungen für eine Förderung vor, wird grundsätzlich ein Bildungsgutschein ausgestellt, mit dem die Übernahme der Weiterbildungskosten zugesichert wird. Der Bildungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional und auf bestimmte Bildungsziele beschränkt werden.
Neben den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die durch die Agenturen für Arbeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gefördert werden, gehören auch hilfebedürftige erwerbsfähige Personen, die nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gefördert werden, zu den förderfähigen Personen. Im Rechtskreis SGB II können abweichend von dem üblichen Bildungsgutscheinverfahren Weiterbildungsmaßnahmen vergeben werden, wenn die Eignung und die persönlichen Lebensverhältnisse des Arbeitssuchenden dies erfordern und keine geeignete Maßnahme verfügbar ist. Dadurch soll die Weiterbildungsteilnahme arbeitsmarktfernerer Personengruppen erleichtert werden (§ 16 Absatz 3a SGB II).
Für Sonderprogramme der BA gelten spezielle Förderbedingungen.
Förderstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA)
In der Förderstatistik werden Förderungen bzw. Teilnahmen von Personen an Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung erfasst. Gezählt werden nicht Personen, sondern Förderfälle bzw. Teilnahmen; eine Person, die in einem Zeitraum oder an einem Zeitpunkt mehrere Förderleistungen erhält, wird daher mehrfach gezählt.
Tabelle B3.1-1: Teilnahme an beruflicher Weiterbildung in den Rechtskreisen SGB III und SGB II im Jahr 2015
Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW)
Die Förderung von Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung nach SGB III (Arbeitsförderung) und nach SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) ist eines der wesentlichen Elemente der aktiven Arbeitsförderung. Sie soll die individuellen Chancen von Menschen am Arbeitsmarkt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessern. Dazu können Qualifikationen an geänderte Anforderungen angepasst oder bislang fehlende Berufsabschlüsse erworben werden.
In den vergangenen 4 Jahren entwickelte sich die Förderung beruflicher Weiterbildung relativ konstant – nach einem vorübergehenden Anstieg der Förderung beruflicher Weiterbildung mit einem Höhepunkt 2009. Im Jahr 2015 ist die Zahl der Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung gegenüber dem Vorjahr um 5,6 % zurückgegangen. Dieser Rückgang fiel mit 3,5 % in den alten Bundesländern geringer aus als in den neuen (-9,9 %). Der Bestand an Teilnehmenden im Jahresdurchschnitt ist verglichen zum Vorjahr insgesamt um 2,1 % gestiegen, jedoch nur in den alten Bundesländern (+4 %), während der Jahresdurchschnittsbestand in den neuen Bundesländern um 2 % zurückgegangen ist Schaubild B3.1-1 und Schaubild B3.1-2.
Die Anzahl der Eintritte von Frauen in FbW-Maßnahmen ist im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr fast unverändert. Ihr Anteil an allen Zugängen ist leicht auf 45,7 % gestiegen.
Der Anteil von Maßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf hat sich seit 2009 mehr als verdoppelt. Im Jahr 2015 entfielen 48.671 Eintritte auf Maßnahmen mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf; das entspricht einem Anteil von 15,9 %. (vgl. Kapitel B3.4). Viele Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung nehmen jedoch an Weiterbildungen teil, die nicht abschlussbezogen sind. Von den Eintritten in berufliche Weiterbildung entfielen 2015 34,6 % auf Personen ohne Berufsabschluss Tabelle B3.1-2.
Der Anteil der unter 25-Jährigen bei den Eintritten ist 2015 weiter gesunken und betrug 7,2 %. Der Fokus bei der Betreuung unter 25-Jähriger mit Qualifikationsbedarf liegt auf der Vermittlung in Berufsausbildung. Der Anteil der Ausländer/-innen an den Eintritten in Weiterbildung ist auf 16,4 % gestiegen; der Anteil von Langzeitarbeitslosen ist gegenüber dem Vorjahr um 1 % zurückgegangen und betrug 12,1 % (Statistisches Bundesamt 2010, 2011, 2012, 2013, 2014c, 2015e, 2016p).
Die Gesamtausgaben im Rechtskreis SGB III für die Förderung der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung (inkl. allgemeiner Maßnahmen zur Weiterbildung Rehabilitation) betrugen 2015 rund 2,1 Mrd. €. Diese Ausgaben setzen sich aus den Weiterbildungskosten aus dem Eingliederungstitel (Lehrgangskosten, Fahrtkosten, Kinderbetreuungskosten, Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung) und den Ausgaben für die Gewährung von Arbeitslosengeld bei Weiterbildung zusammen. In der Grundsicherung betrugen die Gesamtausgaben für die Förderung der beruflichen Weiterbildung 580,62 Mio. € (Bundesagentur für Arbeit 2016n, Geschäftsbericht 2015).
Schaubild B3.1-1: Eintritte in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III von 2006 bis 2015 (ohne Reha)
Schaubild B3.1-2: Durchschnittlicher Jahresbestand in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach SGB II und SGB III von 2006 bis 2015 (ohne Reha)
Tabelle B3.1-2: Eintritte in FbW nach ausgewählten Merkmalen 2011 bis 2015 (in %)
WeGebAU (Förderung der Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer/-innen in Unternehmen)
Im Fokus des erstmals 2006 aufgelegten, seit April 2012 entfristeten Programms steht eine Anschubfinanzierung für die Weiterbildung von Geringqualifizierten und von beschäftigten Älteren, insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen, um ihnen zusätzliche Qualifikationen für den Arbeitsmarkt zu verschaffen und ihre Beschäftigungschancen und Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu erweitern. Im Rahmen des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland (Konjunkturpaket II) waren die Förderungsmöglichkeiten befristet bis 31. Dezember 2010 um die Personengruppe der Arbeitnehmer/-innen erweitert, deren Berufsabschluss mit einer Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren mindestens 4 Jahre zurückliegt und die in den letzten 4 Jahren nicht an einer mit öffentlichen Mitteln geförderten beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben.
Das Programm WeGebAU bietet 2 Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung:
- Zuschüsse zu Weiterbildungskosten (WK)
Für gering qualifizierte Beschäftigte (§ 81 Absatz 2 SGB III) oder für ältere Beschäftigte in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten, die das 45. Lebensjahr vollendet haben (§ 82 SGB III), erstatten die Agenturen für Arbeit die Lehrgangskosten für Maßnahmen, die außerhalb des Betriebs durchgeführt werden, voll oder teilweise und geben einen Zuschuss zu den notwendigen übrigen Weiterbildungskosten. Die befristete Regelung zur Weiterbildungsförderung von jüngeren Beschäftigten (unter 45 Jahren) in KMU wurde bis Ende 2019 verlängert. Sie können unter der Voraussetzung gefördert werden, dass sich der Arbeitgeber mit mindestens 50 % an den Lehrgangskosten beteiligt (§ 131a SGB III). Diese Förderungen sind nicht begrenzt auf Weiterbildungen, die zu einem anerkannten Berufsabschluss führen; auch Teilqualifikationen können erworben werden Schaubild B3.1-3.
- Förderung mit Arbeitsentgeltzuschuss
Für die Qualifizierung ungelernter oder gering qualifizierter Arbeitnehmer/-innen kann der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt für weiterbildungsbedingte Ausfallzeiten sowie eine Pauschale zu den Sozialversicherungsbeiträgen erhalten (Rechtsgrundlage: § 81 Absatz 5 SGB III).
Nach einem Rückgang der Eintritte um ca. 70 % von 102.450 im Jahr 2010 auf 29.029 im Jahr 2011 und weiter auf 18.404 Förderungen im Jahr 2012, der insbesondere auf den Wegfall der Fördergrundlage für qualifizierte Beschäftigte zurückzuführen war, sind sowohl die Eintritte als auch der Bestand sowie die Bewilligungen von Arbeitsentgeltzuschüssen im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Insbesondere im Bestand zeigen sich deutliche Anstiege von ca. 20 % bei den Teilnehmenden bzw. ca. 28 % bei den Arbeitsentgeltzuschüssen Schaubild B3.1-3.
Initiative zur Flankierung des Strukturwandels (IFlaS) und Initiative AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht
Da Geringqualifizierte auch weiterhin schlechtere Arbeitsmarktchancen haben und gleichzeitig ein Fachkräftemangel prognostiziert wird, unterstützt die BA abschlussorientierte Qualifizierungen sowohl im Programm WeGebAU (Zielgruppe gering qualifizierte Beschäftigte) als auch mit der 2010 gestarteten Initiative zur Flankierung des Strukturwandels (IFlaS) (Zielgruppe: gering qualifizierte Arbeitslose) und der Initiative AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht (Zielgruppe: Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss). Zu den abschlussorientierten Qualifizierungen zählen neben den Umschulungen (als betriebliche Einzel- oder Gruppenumschulungen) auch Vorbereitungskurse auf die Externenprüfung oder Qualifizierungen, die in aufeinander aufbauenden Teilqualifikationen strukturiert sind. Gefördert werden können Qualifizierungen in Berufen, für die nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren festgelegt ist.
Mit IFlaS wird gering qualifizierten Arbeitslosen und Wiedereinsteigenden ermöglicht, einen anerkannten Berufsabschluss oder eine zertifizierte Teilqualifikation zu erwerben. Im Jahr 2015 wurden 30.000 Personen aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherung in IFlaS abschlussbezogen gefördert (Bundesagentur für Arbeit 2016n, Geschäftsbericht 2015).
Mit der Initiative AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht, deren Laufzeit bis 2018 verlängert wurde, sollen insbesondere Personen zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss für eine abschlussorientierte Qualifizierung gewonnen werden (vgl. Kapitel A11 und Kapitel B3.4). Ziel der Initiative ist es, in 3 Jahren 100.000 junge Erwachsene abschlussorientiert zu qualifizieren. Vom Start im Jahr 2013 bis September 2015 wurden insgesamt 92.400 Personen erreicht. Davon sind bis zum September 2015 18.000 junge Erwachsene in eine ungeförderte Berufsausbildung eingetreten, 43.700 junge Erwachsene aus dem Zuständigkeitsbereich der Arbeitslosenversicherung und 30.700 aus der Grundsicherung haben eine abschlussorientierte Qualifizierung aufgenommen (Bundesagentur für Arbeit 2016n, Geschäftsbericht 2015).
Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege
Die im Dezember 2012 unter Federführung des Bundesfamilienministeriums mit Beteiligung des Bundesarbeitsministeriums, des Bundesgesundheitsministeriums und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit einer dreijährigen Laufzeit gestartete Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege wird durch die BA in den 2 Handlungsfeldern „Erschließung des Nachqualifizierungspotenzials in der Altenpflege“ und „Weiterbildungsförderung durch die Agenturen für Arbeit und Jobcenter“ mit abschlussbezogenen Qualifizierungen umgesetzt. Dafür wurden befristet dreijährige Umschulungsförderungen in der Altenpflege ermöglicht und die Bedingungen für die zeitliche Anrechnung von Vorkenntnissen verbessert. Für die Programme WeGebAU und IFlaS wurde in diesem Zusammengang befristet die Möglichkeit geschaffen, die Ausbildung zum/zur Altenpflegehelfer/-in als Teilschritt auf dem Weg zum Abschluss als Fachkraft zu fördern (Bundesagentur für Arbeit: HEGA 09/13 – 01 – Förderung der beruflichen Weiterbildung Altenpflegehelfer/-in im Rahmen der Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege).
Von April 2015 bis März 2016 wurde in 15 Agenturen für Arbeit eine Weiterbildungsberatung für Rat suchende Beschäftigte oder Personen aus der stillen Reserve erprobt, um „das bestehende Angebot in der Region bedarfsgerecht (zu) ergänzen, die zielgerichtete Steuerung zu passgenauen Qualifizierungsmaßnahmen (zu) verbessern und im Idealfall die Vernetzung der Akteure (zu) optimieren“ (Bundesagentur für Arbeit 2016n, Geschäftsbericht 2015, S. 35).
(Katrin Gutschow)