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Die Gruppe der „Geflüchteten“ umfasst Personen, die aus ihrer Heimat geflohen sind und in Deutschland Schutz suchen. 2015 und 2016 sind laut Erfassungssystem zur Erstverteilung von Asylsuchenden (EASY System) rund 1,21 Mio. Menschen als Asylbegehrende erfasst worden . Um den Umfang der fluchtbedingten Zuwanderung zu beschreiben, können verschiedene Kennzahlen herangezogen werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) veröffentlicht Daten u. a. zur Entwicklung der in Deutschland gestellten Asylanträge und Entscheidungen. Im folgenden Abschnitt werden diese Entwicklungen dargelegt; skizziert werden auch die rechtlichen Grundlagen des Zugangs von Geflüchteten in die Berufswelt.

Asyl und Schutzsuchende: Geflüchtete

Im Folgenden werden die Begriffe „Flüchtlinge“304, „Geflüchtete“ und „Schutzsuchende“ synonym verwendet: Gemeint sind alle Personen, die auf der Suche nach Schutz und Sicherheit nach Deutschland gekommen sind, unabhängig davon, welchen aufenthaltsrechtlichen Status sie haben und in welchem Stadium des Asylverfahrens sie sich befinden.

Diese Begriffe umfassen daher Schutzsuchende,

  • deren Schutzberechtigung auf der Grundlage ihres Asylantrags durch das BAMF anerkannt worden ist (Schutzberechtigung nach der Genfer Flüchtlingskonvention, dem Grundgesetz, Zuerkennung eines subsidiären Schutzes oder Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes),
  • deren Asylantrag abgelehnt wurde,
  • deren Asylverfahren noch andauert (Asylbewerber/-innen bzw. Asylantragsteller/-innen),305
  • die vom EASY-System als Asylsuchende bzw. Asylbegehrende registriert wurden,306
  • die noch nicht vom EASY-System als Asylsuchende registriert wurden.

Untersuchungen fokussieren oftmals auf unterschiedliche Gruppen von Geflüchteten. Die Verwendung des Begriffs „Flüchtling“ kann in amtlichen Statistiken und wissenschaftlichen Studien daher verschiedene Personengruppen umfassen, die jeweils explizit erläutert werden sollten.

Schutzarten: Es gibt in Deutschland verschiedene Arten des Schutzes:

  • Anerkennung als Flüchtling – Flüchtlingsschutz nach Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG)
  • Anerkennung als Asylberechtigte/-r aufgrund des Grundgesetzes (Art. 16a GG)
  • Subsidiärer Schutz (§ 4 Abs. 1 AsylG)
  • Abschiebungsverbot (§ 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz [AufenthG]) 

Ende 2016 lagen dem BAMF rund 434.000 Asylanträge vor, über die noch nicht entschieden war. Insbesondere durch die Aufstockung des Personals konnte das BAMF 2016 die Zahl der Entscheidungen auf rund 696.000 erhöhen und damit im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln Tabelle C1-1. 2016 nahm das BAMF, neben den offenen Asylanträgen aus dem Jahr 2015, rund 722.000 weitere Asylerstanträge entgegen (2015: 442.000; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016a). 2016 wurden rund 266.000 Asylerstanträge von Schutzsuchenden aus Syrien gestellt (37%), 18% von Schutzsuchenden aus Afghanistan und 13% von Schutzsuchenden aus dem Irak (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016a).

Die Entscheidung über den Asylantrag und das damit verbundene Aufenthaltsrecht sind zentral für den weiteren Integrationsprozess. 36,8% der Asylbewerber/-innen wurden 2016 auf der Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtlinge anerkannt (2015: 48,5%), und nur sehr wenige Anträge wurden auf der Grundlage von Art. 16a des Grundgesetzes (GG) bewilligt (2016: 0,3; 2015: 0,7%). Die große Gruppe der syrischen Asylantragsteller/-innen, aber auch diejenigen aus Afghanistan, Irak und Eritrea wurden 2016 seltener auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtlinge anerkannt; dagegen wurde ihnen häufiger als 2015 subsidiärer Schutz gewährt. Daher ist 2016 der Anteil der Asylbewerber/-innen, die subsidiären Schutz erhielten, auf 22,1% – und damit im Vergleich zum Vorjahr erheblich – gestiegen (2015: 0,6%; Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2016).307 Die Zuerkennung eines nur subsidiären Schutzes gegenüber dem Status eines Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention hat zur Folge, dass der/die Schutzsuchende zunächst nur ein einjähriges (und nicht direkt ein dreijähriges) Aufenthaltsrecht in Deutschland erhält. Darüber hinaus wurde mit den gesetzlichen Neuregelungen des sog. Asylpakets II – in Kraft getreten am 17. März 2016 – das Recht auf Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, deren Aufenthaltserlaubnis nach dem 17. März 2016 erteilt worden ist, für eine Übergangsfrist von 2 Jahren bis zum 16. März 2018 ausgesetzt (§ 104 Abs. 13 AufenthG). In dieser Zeit wird kein Familiennachzug gewährt. Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und Asylberechtigte gemäß Art. 16a GG haben dagegen weiterhin Anspruch auf sog. privilegierten Familiennachzug.

Tabelle C1-1: Eckdaten der fluchtbedingten Zuwanderung

3,5% der Asylanträge wurden mit einen Abschiebungsverbot beschieden (2015: 0,7%; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016a). Die Gesamtschutzquote für alle Herkunftsländer lag im Jahr 2016 bei 62,4% und damit höher als 2015 (49,8%; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016a).

Für die Integration in die Berufs- und Arbeitswelt hat der Aufenthaltsstatus eine entscheidende Bedeutung, da er neben dem Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt über die rechtlichen Möglichkeiten des Zugangs zu Förderangeboten entscheidet.

Rechtliche Bedingungen des Zugangs zu betrieblicher Ausbildung

Die Zugangsvoraussetzungen der betrieblichen Ausbildung von Ausländerinnen und Ausländern haben im Jahr 2016 eine Vielzahl von gesetzlichen Neuregelungen erfahren, insbesondere durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016. Es eröffnet Geflüchteten trotz negativer Bleibeperspektive, d. h. trotz Ablehnung ihres Asylantrags, einen Anspruch darauf, dass ihr Aufenthalt für die Gesamtdauer einer qualifizierten Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf geduldet wird Tabelle C1-2. Im Anschluss an die Duldung kann das Recht erworben werden, für 2 weitere Jahre in Deutschland zu bleiben, sofern eine der beruflichen Qualifikation entsprechende Beschäftigung aufgenommen wird. Ausländer/-innen aus sog. „sicheren Herkunftsstaaten“ können jedoch grundsätzlich keine betriebliche Ausbildung aufnehmen, wenn sie ihren Asylantrag nach dem 31. August 2015 gestellt haben.

Neben den Zugangsvoraussetzungen zur betrieblichen Ausbildung wird im Folgenden der Zugang zur vollschulischen Ausbildung, zum Arbeitsmarkt sowie zur Ausbildungsförderung durch Maßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB), Drittes Buch (III) dargestellt. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem aufenthaltsrechtlichen Status einer geflüchteten Person (gestattet, geduldet oder anerkannt [Flüchtlinge mit Schutzberechtigung]) zu. Die folgende Darstellung versteht sich als vereinfachter Überblick Tabelle C1-2

Tabelle C1-2: Zugang zur vollschulischen und dualen Ausbildung, zum Arbeitsmarkt sowie zur Ausbildungsförderung durch Maßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB III) nach aufenthaltsrechtlichem Status einer geflüchteten Person

So können Besonderheiten im Einzelfall – neben Problemen im Rahmen der praktischen Umsetzung der Regelungen – regelmäßig zu erschwerten Voraussetzungen oder gar zum Zugangsausschluss führen. Dies gilt insbesondere für Ausländer/-innen aus sicheren Herkunftsstaaten. Auch bedarf das Nachgehen einer Beschäftigung, d. h. einer betrieblichen Ausbildung oder Arbeit, stets einer vorherigen Erlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde. Dies gilt mit Ausnahme der Anerkennung eines Abschiebungsverbotes (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG) nicht für Flüchtlinge mit einer Schutzberechtigung (GFK, GG, subsidiärer Schutz) . Unter einer „guten Bleibeperspektive“ ist in Tabelle C1-2 zu verstehen, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist (§ 132 Abs. 1 SGB III). Eine solche wird regelmäßig angenommen, wenn das Herkunftsland eine Schutzquote von mehr als 50% aufweist.

(Mona Granato, Christoph Junggeburth,)

  • 304

    Wenn der Begriff „Flüchtling“ rechtlich im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention verwendet wird, so erfolgt ein Zusatz „Flüchtling/-e nach der Genfer Flüchtlingskonvention“.

  • 305

    Asylbewerber/-innen bzw. Asylantragsteller/-innen, die einen Asylantrag beim BAMF gestellt haben und deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, erhalten eine Aufenthaltsgestattung.

  • 306

    Asylsuchende werden im EASY-System (Erstverteilung von Asylbegehrenden) registriert.

  • 307

    Asylerstanträge aus Syrien: 2016 (2015) nach GFK 56,3% (94,7%), subsidiärer Schutz 41,4% (0,1%); Asylerstanträge aus Irak: 2016 (2015) nach GFK 53,5% (83,1), subsidiärer Schutz 16,0% (1,4%); Asylerstanträge aus Eritrea: 2016 (2015) nach GFK 75,0% (88,3%); subsidiärer Schutz 16,6% (3,5%) (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016a, 2015).