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 Das Wichtigste in Kürze

Zielsetzung des Kapitels ist es, aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen deutscher Berufsbildung innerhalb eines europäischen und internationalen Kontexts zu verorten und die indikatorengestützte Berichterstattung des Datenreports zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung um Daten zur Internationalisierung der beruflichen Bildung zu erweitern. Die Berichterstattung zu den vereinbarten Benchmarks aus dem gemeinsamen Arbeitsprogramm der EU zu Bildung und Ausbildung „ET 2020“, zur Entwicklung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa, ein international vergleichender Blick auf die Integration von jungen Flüchtlingen in die Berufsbildung und den Arbeitsmarkt (= das Schwerpunktthema dieses Datenreports), die Informationen zu Mobilität in Ausbildung und Beruf auf europäischer Ebene sowie die Entwicklungen in der Umsetzung des Bundesgesetzes zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen bilden die zentralen Themen dieses Kapitels.

Ergänzend zu Kapitel C wird aus internationaler Perspektive erkennbar, dass Deutschland, Österreich und Schweden im EU-Vergleich die Staaten mit dem höchsten prozentualen Anstieg an Asylanträgen sind. Die meisten Asylsuchenden kamen im Jahr 2015 aus Afghanistan (in Österreich die größte Gruppe der Asylsuchenden), Albanien, Eritrea, Irak, Iran, Kosovo, Pakistan sowie Syrien in diese Länder. Syrische Flüchtlinge bilden sowohl in Schweden wie in Deutschland die größte Gruppe der Asylsuchenden. In allen 3 Ländern hat sich seit 2013 die Zahl der positiven Asylentscheidungen erhöht, mehr als drei Viertel aller Asylanträge werden in allen 3 Staaten von Personen aus der Altersgruppe der 14- bis 34-Jährigen gestellt. Damit stellen sich Herausforderungen für Zugänge zu Bildung, Ausbildung und Beschäftigung. Bezogen auf die für Österreich vorliegenden Daten lässt sich sagen, dass insbesondere Flüchtlinge aus Irak, Iran und Syrien einen recht hohen Bildungsstand aufweisen und in einer deutlichen Mehrheit (90% der Iraner, 73% der Iraker, 67% der Syrer) eine über die Pflichtschule hinausgehende angeschlossene Ausbildung vorweisen. Insbesondere in Schweden, aber in geringerem Maße auch in Österreich, werden Anreize für Unternehmen gesetzt, damit sie Flüchtlinge einstellen.

Darüber hinaus sind folgende Entwicklungen herauszustellen:

  • Die Daten zur Erreichung der europäischen Benchmarks haben sich seit dem Vorjahr nur wenig verändert (vgl. Datenreport 2016, Kapitel E1.1). Gleichwohl bedürfen sie zur angemessenen Interpretation einer qualitativen Erläuterung, wie das Beispiel des Verständnisses von tertiärer Bildung zeigt. Für Deutschland gilt es weiterhin, bei der Beteiligung Erwachsener am lebenslangen Lernen aufzuholen (EU-Benchmark: 15 %; aktueller Wert für Deutschland in 2015: 8,1 %, 2014: 7,9 %), der EU-Durchschnitt liegt im Jahr 2015 bei 10,7 %. Hingegen werden in unserem Land die Benchmarks zum Anteil der frühzeitigen Schul- und Ausbildungsabgänger (EU-Benchmark: 10 %; Wert für Deutschland in 2015: 10,1 %, 2014: 9,5 %) sowie zur Beschäftigungsquote der 20- bis 34-Jährigen (EU-Benchmark: 82 %; Wert für Deutschland in 2015: 88,9 %, 2014: 90 %) bereits heute erreicht.
  • Die Jugendarbeitslosigkeit bleibt in vielen Staaten Europas ein drängendes Problem. In Griechenland, Italien und Spanien hat sie sich leicht reduziert, die Quoten bleiben gleichwohl im europäischen Vergleich auf hohem Niveau. Als neuer Indikator wurde die Quote aller nicht erwerbstätigen Jugendlichen erfasst, die zum Messzeitpunkt weder an Bildungsmaßnahmen teilnehmen noch in Ausbildung oder Beschäftigung sind (NEET). Die vorliegenden Werte unterstreichen den Vorteil dualer Berufsbildungssysteme zur Arbeitsmarktintegration junger Menschen und zeigen ebenso, dass Norwegen und die Niederlande ebenfalls gute Ergebnisse erzielen.
  • Im Rahmen des Programms für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport Erasmus+ wurden im Jahr 2016 19.022 Auslandsaufenthalte für Lernende und 4.085 Aufenthalte für das Berufsbildungspersonal bewilligt. Damit setzt sich seit dem Jahr 2009 ein kontinuierlicher Anstieg fort. Insgesamt absolvierten im Jahr 2016 in Deutschland mehr als 30.000 junge Menschen einen Auslandsaufenthalt im Rahmen ihrer Erstausbildung. Es ist weiter davon auszugehen, dass mit einer kontinuierlichen, aber langsamen Steigerung (aktuell wird von einer Mobilitätsquote von ca. 4,5 % ausgegangen) das vom Bundestag formulierte Ziel noch nicht erreicht ist, bis 2020 mindestens 10% der Auszubildenden einen Auslandsaufenthalt während ihrer Ausbildung zu ermöglichen. Als Zielland für Mobilität in der Berufsbildung in Europa steht Deutschland nach dem Vereinigten Königreich bei jungen Menschen an zweiter Stelle.
  • Bis Ende 2015 wurden insgesamt 63.486 Anträge auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation allein nach dem Bundesgesetz gestellt. Für landesrechtlich geregelte Berufe liegt noch keine koordinierte Statistik vor. Inklusive der überjährigen Verfahren wurden im Jahr 2015 insgesamt 17.112  Bescheide erstellt – mehrheitlich ergingen diese zur Anerkennung eines in Deutschland reglementierten Berufs. Fast 58 % aller Anträge beziehen sich auf eine Anerkennung als Gesundheits- und Krankenpfleger/ -in oder als Arzt/Ärztin. 25,8 % aller Anträge im Jahr 2015 entfallen auf die Anerkennung eines nichtreglementierten Berufs. Von den beschiedenen Verfahren endeten bei den reglementierten Berufen 77,8 % und bei den nichtreglementierten Berufen 62,9 % mit einer vollen Gleichwertigkeit. Die häufigste Staatsangehörigkeit der Antragstellenden war die deutsche, gefolgt von der rumänischen und polnischen Staatsangehörigkeit. Die häufigsten Ausbildungsstaaten der Antragstellenden sind Rumänien und Polen. Der weiterhin hohe Informationsbedarf zu den Themen Anerkennung und Feststellung ausländischer Berufsqualifikationen ist an den insgesamt mehr als 5  Mio.  Besuchern des Informationsportals der Bundesregierung (www.anerkennung-in-deutschland.de) erkennbar. Das Portal bietet seine Informationen in 9  Sprachen an. Im Jahr 2016 fanden 48 % aller Portalbesuche aus dem Ausland statt.

(Birgit Thomann)