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Seit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“ (Anerkennungsgesetz) am 1. April 2012 sowie der Anerkennungsgesetze der Länder wurden diese und die entsprechenden Regelungen in den Fachgesetzen bereits weiterentwickelt. Vorwiegend wurde damit die Novelle der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/ EG365 in nationales Recht umgesetzt. Mit der Reform sollen die Hürden für die Arbeitsaufnahme in einem anderen EU-Mitgliedstaat sinken und die Mobilität steigen. So wurde beispielsweise die elektronische Übermittlung von Anträgen und Unterlagen innerhalb der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) eingeführt, um Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Anerkennungsverfahren können sowohl vom Inland als auch vom Ausland aus beantragt werden. Das Ergebnis des Verfahrens kann ein Bescheid über die volle Gleichwertigkeit der ausländischen Qualifikation mit dem deutschen Referenzberuf sein. Stellt die zuständige Stelle jedoch wesentliche Unterschiede fest, bescheinigt sie bei nicht reglementierten Berufen eine Teilgleichwertigkeit oder erlegt bei reglementierten Berufen Ausgleichsmaßnahmen auf. Durch die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen können solche Unterschiede kompensiert und eine volle Anerkennung erreicht werden. Um auch Fachkräften aus Drittstaaten die Teilnahme an solchen Maßnahmen zu ermöglichen, wurde eine Lücke im Aufenthaltsrecht geschlossen: Seit 1. August 2015 enthält das Aufenthaltsgesetz einen neuen Aufenthaltstitel. Nach § 17a des AufenthG können Fachkräfte aus Drittstaaten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, um an einer Bildungsmaßnahme zur Anerkennung ihrer Berufsqualifikation in Deutschland teilnehmen zu können.

Für das Anerkennungsgesetz des Bundes liegen Ergebnisse zur Nutzung und Anwendung aus 4 Jahren vor. Sie beruhen auf der amtlichen Statistik nach § 17 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG, welches durch Artikel 1 des Anerkennungsgesetzes eingeführt wurde). Die Statistik gibt Auskunft über die von den zuständigen Stellen bearbeiteten Anerkennungsverfahren und Merkmale der Antragstellenden sowie über die bis Jahresende getroffenen Entscheidungen.366

Als weitere Informationsquelle werden die Zugriffszahlen auf das Anerkennungsportal herangezogen. Sie können als ein Frühindikator des öffentlichen Interesses an beruflicher Anerkennung gelten. Während sich die nachfolgend ausgewertete amtliche Statistik nur auf die Berufe in Bundeszuständigkeit bezieht, enthalten die im Anschluss dargestellten Zugriffszahlen auf das Anerkennungsportal sowohl Abrufe von Informationen zu bundes- als auch landesrechtlich geregelten Berufen. Ausführliche Analysen zum Anerkennungsgeschehen aus dem BIBB-Anerkennungsmonitoring sind den Berichten zum Anerkennungsgesetz (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2014; 2015a, 2016a) sowie der Projektseite (https://www.bibb.de/de/1350.php) zu entnehmen.

Berufe im Anerkennungsgesetz des Bundes

Augenblicklich fallen rund 600 Berufe unter das Anerkennungsgesetz des Bundes. Dabei wird zwischen reglementierten und nicht reglementierten Berufen unterschieden.

Bei reglementierten Berufen ist die Anerkennung eine Voraussetzung für die Berufsausübung in Deutschland. Reglementiert sind insbesondere die Gesundheitsberufe, wie beispielsweise Ärztin/Arzt (Approbation) und Altenpfleger/-in, aber auch weitere Berufe wie Steuerberater/-in, Rechtsdienstleister oder einige Meisterberufe des zulassungspflichtigen Handwerks, wie z. B. Bäckermeister/-in.

Nicht reglementierte Berufe sind die dualen Ausbildungsberufe, also z. B. Industriemechaniker/-in oder Maurer/-in, aber auch bestimmte Fortbildungsabschlüsse. Hier ist die Gleichwertigkeitsprüfung keine zwingende Voraussetzung für eine Arbeitsaufnahme, sondern dient der Transparenz. Im Bereich des Zuwanderungsrechts (Beschäftigungsverordnung) ist die Anerkennung auch in den Ausbildungsberufen eine Voraussetzung für die Zuwanderung zum Zwecke der Arbeit in Deutschland.

Ergebnisse der amtlichen Statistik367

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes bis Ende 2015 meldeten die zuständigen Stellen insgesamt 63.486 Anträge auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation. Schaubild D4-1 zeigt die Entwicklung der Antragszahlen368 von 2012369 bis 2015.

Schaubild D4-1: Entwicklung der Antragszahlen bei reglementierten und nicht reglementierten Berufen 2012 bis 2015 absolut

Auch wenn berücksichtigt wird, dass sich die Daten für 2012 nur auf 9 Monate beziehen, ist eine jährliche Steigerung der Antragszahlen zu verzeichnen. Fast 58% aller Neuanträge im Jahr 2015 wurden von Personen gestellt, die Staatsangehörige eines Staates der EU, des EWR oder der Schweiz waren. Die häufigste Staatsangehörigkeit war wie im Vorjahr die deutsche, gefolgt von der rumänischen und polnischen Schaubild D4-2. 2015 hat Rumänien Polen als häufigster Ausbildungsstaat 2014 (und auch 2013) überholt.

Bei den Referenzberufen wurden erstmals die meisten Neuanträge auf die Anerkennung als Gesundheits- und Krankenpfleger bzw. -pflegerin gestellt, diese haben damit die Anträge von Ärztinnen und Ärzten überholt Schaubild D4-2. Fast 58% aller Anträge entfielen allein auf diese beiden Berufe. Mit den Elektronikerinnen und Elektronikern ist ein weiterer dualer Beruf nach den Kaufleuten für Büromanagement unter den Top-5-Referenzberufen nach Anträgen. Insgesamt ist der Anteil der Anträge auf die Anerkennung eines nicht reglementierten Berufs weiter gestiegen und machte 25,8% aller Anträge des Jahres 2015 aus.

Im Jahr 2015 erstellten die zuständigen Stellen 17.112 Bescheide Schaubild D4-3. Bei reglementierten Berufen sank der Anteil der Bescheide, die keine Gleichwertigkeit feststellten, von 3,1% im Jahr 2014 auf 2,4% im Jahr 2015. Gleichzeitig sank der Anteil an Bescheiden über eine volle Gleichwertigkeit (inkl. beschränkter Berufszugang nach HwO) von 82,0% auf 77,8%. Bei 19,8% war die per Bescheid auferlegte Ausgleichsmaßnahme zum 31. Dezember 2015 noch nicht abgeschlossen. Diese Personen können nach erfolgreicher Durchführung der Ausgleichsmaßnahme eine volle Gleichwertigkeit erhalten.370

Auch bei Bescheiden für nicht reglementierte Berufe zeigt sich eine geringfügige Verschiebung: 2014 hatten 64,1% der Bescheide eine volle Gleichwertigkeit festgestellt; 2015 waren es 62,9%. Der Anteil der Bescheide, die keine Gleichwertigkeit (inklusive Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes) feststellten, sank von 5,2% auf 3,4%.

(Tom Wünsche, Jessica Erbe)

Schaubild D4-2: Anzahl der Anträge bei den häufigsten Referenzberufen, Staatsangehörigkeiten und Ausbildungsstaaten im Jahr 2015

Schaubild D4-3: Ergebnisse der Bescheide in den Jahren 2014 und 2015 (in %)

„Anerkennung in Deutschland“ – das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Informationen zur Anerkennung von beruflichen Qualifikationen sind weiterhin stark nachgefragt – auch außerhalb des EU-Auslands. Mit dem neuen arabischsprachigen Angebot erweitert „Anerkennung in Deutschland“ das Portfolio auf 9 Sprachen und informiert mit einer App gezielt Flüchtlinge.

Anerkennung in Deutschland

„Anerkennung in Deutschland“ ist das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen (www.anerkennung-in-deutschland.de); es wurde mit dem Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes des Bundes am 1. April 2012 aktiviert. Mit dem Portal werden berufsspezifisch alle Informationen zu Anerkennungsregelungen in Deutschland – sowohl in Bundes- als auch in Länderzuständigkeit – gebündelt dargestellt und in 9 Sprachen angeboten. Das Portal wird vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) herausgegeben.

Seit Januar 2016 ist „Anerkennung in Deutschland“ auch das deutsche Beratungszentrum für Fragen zur Anerkennung ausländischer Berufs- qualifikationen auf EU-Ebene. Als solches gibt es EU-Bürgerinnen und EU-Bürgern sowie den Beratungszentren der anderen Mitgliedstaaten Auskunft über die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen in Deutschland.

Mehr als 5 Mio. Besucherinnen und Besucher

Der ungebrochen hohe Informationsbedarf über die Themen der Anerkennung und Feststellung ausländischer Berufsqualifikationen ist an den Zugriffszahlen auf das Internetportal abzulesen. Das Schaubild D4-4 zeigt die Entwicklung der Besucherzahlen und Seitenaufrufe (Zugriffszahlen) über den Gesamtzeitraum der Projektlaufzeit seit 2012. Haben im Berichtsjahr 2012 erst 257.000 Interessierte das Portal besucht, betrug die Besucherzahl im Jahr 2016 fast 1,7 Mio. (1.694.500). Seit dem Start des Portals „Anerkennung in Deutschland“ haben damit mehr als 5 Mio. Interessierte (5.115.578) das Portal besucht. Diesen hohen Besucherzahlen entsprechend haben sich auch die Seitenaufrufe entwickelt: Waren im Startjahr 2012 insgesamt 2.089.000 Seitenaufrufe zu verzeichnen, hat sich diese Zahl allein für das Jahr 2016 beinahe vervierfacht auf knapp 8 Mio. (7.944.978). Die Zugriffszahlen haben 2016 ein hohes und stabiles Niveau erreicht.

Mobile Anerkennungsinformationen mit der App

Zusammen mit der arabischen Sprachversion des Portals im Frühjahr 2016 wurde auch eine App als mobiles Informationsangebot zu „Anerkennung in Deutschland“ herausgegeben. Mit dieser App können sich insbesondere Flüchtlinge über Möglichkeiten der Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen informieren. Neben dem einfachen Einstieg in das Thema Anerkennungsverfahren wird ihnen auch aufgrund einer ortsbasierten Suche die nächstgelegene Beratungsstelle angezeigt. Das Angebot ist in Arabisch, Dari, Farsi, Tigrinya und Paschtu als den fünf wichtigsten Herkunftssprachen von Geflüchteten erhältlich und kann als App für Android-, iOS- und Windows-Geräte kostenlos in den App-Stores heruntergeladen werden.

„Anerkennungs-Finder“ als zentrales Instrument

Knapp die Hälfte (45%) aller Seitenaufrufe im Portal galten im Jahr 2016 dem „Anerkennungs-Finder“. Mit diesem zentralen Instrument des Portals können sich Anerkennungsinteressierte über den ihrer Ausbildung entsprechenden deutschen Referenzberuf informieren. Zudem sind hier alle notwendigen Informationen zum Anerkennungsverfahren zusammengefasst. Dabei setzt das Portal auf die nutzergerechte Aufbereitung der Informationen bei Verwendung einfacher Sprache. Ein Informationsschwerpunkt des „Anerkennungs-Finders“ ist es, die für die Anerkennung (und den Zugang zum Beruf) zuständige Stelle – abhängig vom gewünschten Arbeitsort – sowie deren Kontaktdaten anzugeben. Dazu sind im Finder bundesweit mehr als 1.500 zuständige Stellen bei Bund und Ländern verzeichnet und den einzelnen Berufen zugeordnet.

Mit über 320.000 Zugriffen im Jahr 2016 zeigen sich auch weiterhin der hohe praktische Nutzen und die Beliebtheit des Profi-Filters. Dieses Werkzeug ist eine wichtige Arbeitsgrundlage für viele Beraterinnen und Berater, die damit nach bestimmten Informationen über Berufe suchen und sich die Ergebnisse nach Ausbildungsarten, Regelungsarten und Ländern gefiltert anzeigen lassen können.

Schaubild D4-4: Besuche und Seitenaufrufe von Anerkennung in Deutschland 2012 bis 2016

Tabelle D4-1: Nutzung der deutschen und englischen Berufsprofile 2016

Tabelle D4-2: Besuche nach den 15 häufigsten Herkunftsländern 2016

Reglementierte Berufe weiterhin im Fokus

Im Hinblick auf die einzelnen Berufsbilder gilt das größte Informationsinteresse weiterhin den reglementierten Berufen, bei denen eine Gleichwertigkeitsprüfung nicht nur im Hinblick auf die Beschäftigungsperspektive sinnvoll, sondern zur Berufsausübung sogar rechtlich notwendig ist. Die am häufigsten aufgerufenen Berufsprofile auf Deutsch und Englisch sind in Tabelle D4-1 aufgeführt. Die Hälfte dieser Berufe wird vom Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz des Bundes oder den entsprechenden Fachgesetzen erfasst, während die anderen Berufe landesrechtlich geregelt sind.

Hoher Informationsbedarf im Ausland: Arabische Sprachversion seit 2016

Mit dem Anerkennungsgesetz des Bundes – wie diesem folgend mit den entsprechenden Gesetzen der Länder – wurden die europarechtlichen Vorgaben zur Anerkennung beruflicher Auslandsqualifikationen erfüllt. Zugleich wurden die Möglichkeiten der beruflichen Anerkennung für Personen mit Qualifikationen aus Drittstaaten eröffnet. Der sich daraus ergebende hohe Nutzen des Portals für Anerkennungsinteressierte im Ausland ist auch an den Besucherzahlen erkennbar Tabelle D4-2. Im Jahr 2016 fanden 48% aller Besuche aus dem Ausland statt, wovon 42% auf die Staaten der EU, EWR oder der Schweiz und 58% auf Drittstaaten entfallen.


Tabelle D4-3: Nutzung der Sprachversionen 2016

Der hohe Informationsbedarf im Ausland, der bereits zum Start des Portals erkennbar war, soll auch durch passende sprachliche Angebote erfüllt werden. Daher wird das Portal neben den Sprachen Deutsch und Englisch (seit der Einführung 2012) auch in den Versionen Italienisch, Polnisch, Rumänisch, Spanisch und Türkisch (2014) sowie Griechisch (2015) angeboten. Da Arabisch als eine der 6 offiziellen UN-Sprachen von einer großen Zahl der Flüchtlinge als Mutter- oder Fremdsprache gesprochen wird, wird das Portal seit dem Frühjahr 2016 auch in dieser Sprache angeboten. Schon bevor Zuwandernde über deutsche Sprachkenntnisse verfügen, können sie damit Informationen zur Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation erhalten – was auch gelingt: Das arabischsprachige Portal wurde seit seinem Start im April 2016 zur dritthäufigst genutzten Sprachversion. Die weiterhin hohe Nachfrage nach dem mehrsprachigen Angebot ist in Tabelle D4-3 (Seitenaufrufe in jeweiligen Sprachversionen) ablesbar. Sie führte zu dem Entschluss, das Portal im Jahr 2017 um eine russischsprachige und eine französischsprachige Version zu ergänzen.

(Sven Mückenheim, Karoline Kaibel)

  • 365

    Richtlinie 2013/55/EU vom 20. November 2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG

  • 366

    Wie schon im BIBB-Datenreport 2016 wird hier die Zahl der Neuanträge von 2015 dargestellt, um die neueste Entwicklung abzubilden. Im Gegensatz dazu wurde im Datenreport 2015 die Zahl der in 2013 bearbeiteten Verfahren (bestehend aus noch offenen Anträgen von 2012 und Neuanträgen von 2013) referiert.

  • 367

    Die ausgewiesenen Zahlen werden vom Statistischen Bundesamt (StBA) erhoben und veröffentlicht. Es handelt sich um anonymisierte Daten. Durch das Anonymisierungsverfahren werden jegliche Werte auf das nächstkleinere oder -höhere Vielfache von 3 gerundet (bspw. 4 → 3; 5 → 6). Infolgedessen können die Summen der Einzelwerte einer Zeile oder Spalte von den jeweils ausgewiesen Zeilen- oder Spaltensummen abweichen, da Summen auf Basis der Echtwerte gebildet und diese erst anschließend anonymisiert werden. Die entstehenden Rundungsdifferenzen können besonders dann bedeutsam sein, wenn viele kleine Werte zusammengerechnet werden. Werden prozentuale Angaben gemacht, so werden diese auf Basis der Echtwerte errechnet. Eine koordinierte Statistik zur Umsetzung der Landesanerkennungsgesetze liegt noch nicht vor. Für das Jahr 2015 wurden für das Bundesland Bremen keine Daten gemeldet, weshalb für dieses Land die Daten von 2014 übernommen wurden.

  • 368

    Darüber hinaus wurden auch Anträge für landesrechtlich geregelte Berufe gestellt, jedoch gibt es derzeit noch keine koordinierte Länderstatistik.

  • 369

    Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz im April 2012 in Kraft trat und sich die Angaben für 2012 daher nur auf 9 Monate beziehen.

  • 370

    Wenn Ausgleichsmaßnahmen im Laufe eines Jahres erfolgreich abgeschlossen werden, dann erhalten die Personen einen Bescheid über die volle Gleichwertigkeit und werden von der Statistik auch in der Gruppe der vollen Gleichwertigkeit gezählt.