In diesem Kapitel werden strukturelle Entwicklungen bei berufsqualifizierenden Bildungsgängen betrachtet, die außerhalb BBiG/HwO in Berufsfachschulen und Schulen des Gesundheitswesens erworben werden. Im Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtungen stehen öffentliche und private Schulen.
Im Bereich der Ausbildung außerhalb BBiG/HwO verzeichnen die privaten Schulen einen nicht unerheblichen Anteil an Absolventinnen und Absolventen: Im Bereich der Berufsfachschulen lag der prozentuale Anteil im Abgangsjahrgang 2016 bundesweit bei knapp 40%, in Schulen des Gesundheitswesens beendeten sogar rund drei Viertel aller Absolventinnen und Absolventen die Ausbildung in privaten Schulen. Insgesamt gab es im Schuljahr 2015/16 in Deutschland 5.814 private Schulen, davon 2.186 im Bereich der beruflichen Schulen (37,6%).
Das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft wird durch das Grundgesetz (Art. 7 Abs. 4)149 und zum Teil durch entsprechende Bestimmungen der Landesverfassungen ausdrücklich gewährleistet. Die wichtigsten Rechtsvorschriften für die Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft sind die Schulgesetze und eigene Privatschulgesetze der Länder.150 Der prozentuale Anteil der Schulen in freier Trägerschaft ist nach Bundesland und Schularten unterschiedlich (vgl. Kultusministerkonferenz 2017f, S. 33). Unterschieden werden Schulen nach öffentlichem und privatem Status. Je nachdem, ob eine Privatschule einer vergleichbaren öffentlichen Schule entspricht oder nicht, handelt es sich um eine Ersatz- oder Ergänzungsschule. Ersatzschulen als Schulen mit privatem Status entsprechen hinsichtlich Organisationsform, Aufgaben und Unterrichtsinhalten öffentlichen Schulen und bedürfen der Genehmigung durch die Schulbehörden. Allerdings verleiht erst die staatliche Anerkennung der Ersatzschule die Befugnis, Prüfungen abzuhalten und Abschlusszeugnisse zu erteilen, die denen der öffentlichen Schulen entsprechen (vgl. Kultusministerkonferenz 2015, S. 11f.).
Betrachtet werden nachfolgend die Absolventendaten in Ausbildungsgängen außerhalb BBiG/HwO nach Schulart, nach Bundesland sowie auf Einzelberufsebene exemplarisch für die Gesundheitsfachberufe.
Datenbasis zu privaten Schulen
Die Daten sind der Fachserie 11 Reihe 2 des Statistischen Bundesamtes entnommen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist die Abgrenzung nach dem öffentlichen und privaten Status der Schulen nicht mit der nach dem öffentlichen und privaten Träger gleichzusetzen. Privatschulen können von natürlichen sowie von juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts errichtet und betrieben werden. So sind beispielsweise alle Schulen in öffentlicher Trägerschaft des Bundes nach Landesgesetz private Schulen. Gleiches gilt in der Regel auch für Schulen, die von Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie z. B. Kirchen, getragen werden. Es handelt sich bei Privatschulen um Ersatz- oder um Ergänzungsschulen, je nachdem, ob eine Privatschule einer vergleichbaren öffentlichen Schule entspricht oder nicht. Nachgewiesen (Anm.: in der Statistik Fachserie 11 Reihe 2) sind private Schulen, wenn ihre Zuordnung zu den Schularten des Zuordnungskataloges nach dem Recht des jeweiligen Landes möglich ist (Ersatzschulen); (vgl. Statistisches Bundesamt 2017, S. 7). In den Statistiken sind die Ergänzungsschulen in der Regel nicht enthalten. Für Ergänzungsschulen besteht nur eine Anzeigepflicht über die Aufnahme des Schulbetriebs gegenüber den Schulbehörden (Kultusministerkonferenz 2015, S. 12).
In Berufsfachschulen überwog im Berichtsjahr 2016 bei Ausbildungsgängen, die einen beruflichen Abschluss in einem Beruf außerhalb BBiG/HwO vermitteln, der Anteil der Absolventinnen und Absolventen in öffentlichen Schulen. Von bundesweit insgesamt 74.253 Absolventinnen und Absolventen in Berufsfachschulen beendeten 61,8% den Bildungsgang in öffentlichen Schulen. Je nach Bundesland zeigen sich große Unterschiede. In Bremen (613 Absolventinnen/Absolventen) und dem Saarland (177 Absolventinnen/Absolventen) lag der Anteil bei 100%, Schleswig-Holstein folgte mit einem Anteil von 92,3% an öffentlichen Schulen (von 2.551 Absolventinnen/Absolventen insgesamt). Anders verhielt es sich in den östlichen Bundesländern. Hier lag der Anteil der Absolventinnen und Absolventen im Bereich der privaten Schulen höher. Am höchsten war der prozentuale Anteil in Sachsen: Von 5.535 Absolventinnen und Absolventen beendeten 4.068 bzw. 73,5% ihren Ausbildungsgang in privaten Schulen. Berlin folgte mit einem Absolventenanteil an privaten Schulen von 59,9%, Sachsen-Anhalt mit 55,2% und Thüringen mit 53,8% Tabelle A6.1.4-1.
Tabelle 6.1.4-1: Absolventinnen/Absolventen in Berufsfachschulen (Abschluss außerhalb BBiG/HwO) nach rechtlichem Status der Schule und Bundesland - Schuljahr 2016/2017
In Schulen des Gesundheitswesens überwog – im Gegensatz zu den Berufsfachschulen – der prozentuale Anteil der Absolventinnen und Absolventen aus privaten Schulen: 74,5% der bundesweit insgesamt 44.824 Absolventinnen und Absolventen in bundes- und landesrechtlichen Ausbildungsgängen in Schulen des Gesundheitswesens besuchten private Schulen. In Bremen (236 Absolventinnen/Absolventen) kamen alle Absolventinnen und Absolventen aus privaten Schulen (im Bereich der Berufsfachschulen ausschließlich öffentliche Schulen s. o.), Brandenburg folgte mit 96,6% und Niedersachsen mit 93,4%. Hessen hatte mit 53,5% den niedrigsten Anteil. Für Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen erfolgt der Nachweis der Absolventenzahlen in der Statistik des Statistischen Bundesamtes bei den Berufsfachschulen Tabelle A6.1.4-2.
Tabelle A6.1.4-2: Absolventinnen/Absolventen in Schulen des Gesundheitswesens nach rechtlichem Status der Schule und nach Bundesland - Schuljahr 2016/2017
Die Ausbildung in bundesrechtlich geregelten Gesundheitsfachberufen wird überwiegend in Schulen des Gesundheitswesens, in einigen Bundesländern auch in Berufsfachschulen151, angeboten. Im Abgangsjahr 2016 beendeten bundesweit 52.818 Auszubildende ihren Bildungsgang in Gesundheitsfachberufen, davon 72,0% in privaten Schulen Tabelle A6.1.4-3. Betrachtet man die Entwicklung der letzten 3 Abgangsjahre Schaubild A6.1.4-1, so zeigt sich 2016 im Vergleich zum Abgangsjahr 2014 ein Rückgang der Zahl der Absolventinnen und Absolventen um insgesamt 2%; der prozentuale Anteil in privaten Schulen sank von 73,5% auf 72,0%. Blickt man auf die Einzelberufsebene der in Tabelle A6.1.4-3 aufgeführten Gesundheitsfachberufe, so zeigen sich deutliche Unterschiede je nach Ausbildungsgang.
Schaubild A6.1.4-1: Entwicklung der Absolventinnen/Absolventen in Gesundheitsfachberufen 2014 bis 2016, absolut und Anteil privater Schulen (in %)
Tabelle A6.1.4-3: Absolventinnen/Absolventen in Gesundheitsfachberufen nach Ausbildungsgang und Anteil an privaten Schulen – Schuljahr 2016/2017
Mit 35,2% war der prozentuale Anteil der Absolventinnen und Absolventen in privaten Schulen beim Medizinisch-technischen Radiologieassistenten am niedrigsten. Sieht man von den absolventenschwachen Ausbildungsgängen (Absolventenzahl < 50) ab, verzeichnete mit 90,2% der zweijährige Ausbildungsgang in der Podologie den höchsten prozentualen Absolventenanteil in privaten Schulen, gefolgt von der Ausbildung in Ergotherapie (86,5%) und Physiotherapie (82,7%).
(Maria Zöller)
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Art. 7 Abs. 4 GG: Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler/-innen nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
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In der Altenpflege in geringem Umfang auch an Fachschulen (Anteil ist in Tabelle A6.1.4-3 berücksichtigt).