Das betriebliche Bildungsverhalten steht seit 1995 im Mittelpunkt der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), hier insbesondere dem Forschungsbereich „Betriebe und Beschäftigung“. Dabei werden anhand gemeinsam erarbeiteter Indikatoren die betrieblichen Bildungsaktivitäten analysiert (vgl. u. a. BIBB-Datenreport 2016, Kapitel A4.10.2, BIBB-Datenreport 2014, Kapitel A4.10.2, BIBB-Datenreport 2013, Kapitel A4.11.2; BIBB-Datenreport 2012, Kapitel A4.10.2; BIBB-Datenreport 2011, Kapitel A4.10.1; BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A5.10.3). Mit den Daten des IAB-Betriebspanels können Aussagen dazu getroffen werden, wie viele Betriebe in Deutschland nach eigenen Angaben die gesetzlichen Voraussetzungen zur Berufsausbildung erfüllen, also ausbildungsberechtigt sind, und wie hoch der Anteil der Betriebe ist, die tatsächlich ausbilden. Zudem kann betrachtet werden, wie viele der Ausbildungsabsolventen/-absolventinnen vom Ausbildungsbetrieb in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen werden (vgl. Kapitel A10.1.1). Grundlage der hier vorgestellten Ergebnisse ist eine Expertise155 des IAB, die diese Indikatoren und weitere Fragen zum Aus- und Weiterbildungsverhalten deutscher Betriebe diskutiert. Die Ergebnisse werden nachstehend nach Regionen (Ost-/Westdeutschland156) und Betriebsgrößenklassen getrennt dargestellt; die Expertise bietet zusätzlich nach Wirtschaftszweigen getrennte Auswertungen.
IAB-Betriebspanel
Das IAB-Betriebspanel ist eine Erhebung, deren Grundgesamtheit die Betriebsdatei der Bundesagentur für Arbeit darstellt. In ihr sind alle Betriebe in Deutschland erfasst, die mindestens einen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten haben. Hiervon ausgehend verwendet die Erhebung den Betrieb als Untersuchungseinheit, also die örtliche Einheit, in der die konkreten Tätigkeiten eines Unternehmens durchgeführt werden. Das IAB-Betriebspanel wird als jährliche Panelerhebung (Stichtag: 30.06.) realisiert; derzeit gehen die Angaben von rund 16.000 Betrieben ein. Die Rücklaufquoten liegen je nach Welle zwischen 63% und 73%. Inhaltlich ist das IAB-Betriebspanel eine Mehrthemenbefragung. Während die Angaben zur Ausbildung jährlich erhoben werden, stehen die Angaben zur betrieblichen Weiterbildung erst seit 2007 jährlich zur Verfügung, vorher wurden die Angaben alle 2 Jahre erhoben. Alle Angaben basieren auf der Hochrechnung von Stichprobendaten. Somit kann die wahre Zahl von der ausgewiesenen abweichen, kleine Veränderungen sollten daher nur mit Vorsicht interpretiert werden. Zudem sind manche Zellen der Tabellen mit einem Asterisk (*) versehen, was darauf hinweist, dass die Anzahl der hinter den Angaben stehenden befragten Betriebe für eine inhaltliche Interpretation zu gering ist. Weitere Hinweise zur Datengrundlage finden sich bei Ellguth/Kohaut/Möller (2014).
Ausbildungsberechtigung
Hat ein Betrieb die Absicht, sich in der Berufsausbildung zu engagieren, muss er die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Danach ist ein Betrieb ausbildungsberechtigt, wenn die „[…] Ausbildungsstätte nach Art und Einrichtung für die Berufsausbildung geeignet ist und die Zahl der Auszubildenden in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Ausbildungsplätze oder zur Zahl der beschäftigten Fachkräfte steht […]“. Zudem müssen sowohl der Arbeitgeber (u. a. zum Abschluss von Ausbildungsverträgen) wie auch der Ausbilder/die Ausbilderin befähigt bzw. geeignet sein, um die Berufsausbildung inhaltlich und strukturell durchzuführen. Ein Betrieb kann die Ausbildungsberechtigung allein erlangen oder im Verbund mit anderen Betrieben oder Bildungseinrichtungen zur Ausbildung berechtigt sein.157
Ausbildungsberechtigung und Ausbildungsaktivität
Der Indikator Ausbildungsberechtigung zeigt an, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausbildung erfüllt sind. Die Betriebe werden direkt gefragt, ob sie die Voraussetzungen zur Berufsausbildung alleine, im Verbund mit anderen Betrieben erfüllen oder nicht erfüllen.
Der Indikator Ausbildungsaktivität (bei Berechtigung) bildet den Anteil der ausbildungsberechtigten Betriebe ab, die gemäß einer Kombination verschiedener Szenarien als ausbildungsaktiv bezeichnet werden können. Die tatsächliche Ermittlung erfolgt nach der Befragung der Betriebe anhand unterschiedlicher Kriterien, wie etwa dem Bestand an Auszubildenden, der Zahl der Neuzugänge und Abgänge im laufenden Ausbildungsjahr u. v. m. (siehe IAB-Expertise).
Im Jahr 2016 erfüllten rund 55% aller Betriebe in Deutschland die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausbildung, davon 52% allein und 3% im Verbund Tabelle A7.2-1. Im zeitlichen Vergleich ist zu erkennen, dass der Anteil der allein zur Ausbildung berechtigten Betriebe leicht rückläufig ist. Der Anteil der Betriebe, die im Verbund zur Ausbildung berechtigt sind, unterlag im Zeitverlauf dagegen nur geringen Schwankungen. Leicht zugenommen hat der Anteil der Betriebe, die die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausbildung nicht erfüllen. Die Ausbildungsbasis, also der Anteil der zur Ausbildung grundsätzlich zur Verfügung stehenden Betriebe, hat sich im Zeitverlauf folglich geringfügig verringert. In Westdeutschland sind deutlich mehr Betriebe allein zur Ausbildung berechtigt als in Ostdeutschland (2016: 53% vs. 47%). In Ostdeutschland ist dagegen der Anteil der im Verbund zur Ausbildung berechtigten Betriebe höher, aber auch der Anteil der Betriebe, die gar nicht zur Ausbildung berechtigt sind.
Tabelle A7.2-1: Ausbildungsberechtigung (in %)
Große Betriebe verfügen sehr viel häufiger über eine Ausbildungsberechtigung als kleine Betriebe Tabelle A7.2-2. War im Jahr 2016 knapp über die Hälfte aller Kleinstbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten allein oder im Verbund zur Ausbildung berechtigt, traf dies von den Großbetrieben auf nahezu alle zu. Dabei ist ein Größeneffekt sowohl für die allein ausbildungsberechtigten Betriebe festzustellen als auch für die Betriebe, die im Verbund ausbilden dürfen. Differenziert nach Ost- und Westdeutschland zeigt sich zudem, dass im Westen in jeder Größenklasse der Anteil ausbildungsberechtigter Betriebe höher ist als im Osten Tabelle A7.2-3 Internet.
Tabelle A7.2-2: Ausbildungsberechtigung nach Betriebsgröße (in %)
Ausbildungsaktivität (bei Berechtigung)
Die eben dargestellten Angaben zur Ausbildungsberechtigung ermöglichen Aussagen zur Ausbildungsbasis, nicht aber zur tatsächlichen Ausbildungsbeteiligung der Betriebe. Um diese Beteiligung genauer zu fassen, wird mit der Ausbildungsaktivität im Folgenden ein weiterer Indikator betrachtet, der den Anteil der ausbildenden Betriebe an den ausbildungsberechtigten Betrieben wiedergibt. Um die Ausbildungsaktivität abzubilden, wurde aufgrund des Erhebungsstichtages des IAB-Betriebspanels (30.06.), der zwischen den Ausbildungsjahren liegt, eine sehr weitgehende Definition gewählt. Nach dieser Definition bildete im Jahr 2016 gut die Hälfte (52%) aller ausbildungsberechtigten Betriebe auch tatsächlich aus Tabelle A7.2-4. Im zeitlichen Verlauf ist dabei in den letzten Jahren ein nahezu konstanter Verlauf der Ausbildungsaktivität festzustellen.
Tabelle A7.2-4: Ausbildungsaktivität nach Betriebsgröße, alte und neue Länder (in %)
In Westdeutschland waren im Jahr 2016 mit 54% mehr ausbildungsberechtigte Betriebe tatsächlich ausbildungsaktiv als in Ostdeutschland (48%). Differenziert nach Größenklassen zeigt sich, dass die Ausbildungsaktivität mit der Beschäftigtenzahl ansteigt: So bildeten im Jahr 2016 38% der ausbildungsberechtigten Kleinstbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten aus, aber 95% der Großbetriebe mit 500 und mehr Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen. Bei der Interpretation dieses Befundes ist allerdings zu beachten, dass kleine Betriebe wichtige Gründe haben, nicht jedes Jahr auszubilden. So ist besonders die Orientierung am betrieblichen Fachkräftebedarf – ein wesentlicher Anlass für die Ausbildung – in kleineren Betrieben ein Grund dafür, die Ausbildung nicht ständig, sondern nur in gewissen Zeiträumen durchzuführen.
Zieht man zusätzlich zur Betriebsgröße die Region als Kriterium hinzu, so ist im Segment der Kleinstbetriebe eine Annäherung zwischen Ost- und Westdeutschland zu erkennen (vgl. Expertise). Während der Ost-West-Unterschied im Jahr 2010 noch 12 Prozentpunkte betrug (31% vs. 43%), waren es im Jahr 2016 noch lediglich 4 Prozentpunkte (35% vs. 39%). Im Vergleich zu den Jahren 2009/2010 ist nahezu in allen Betriebsgrößenklassen ein Rückgang der Ausbildungsaktivität der ausbildungsberechtigten Betriebe sowohl in West- wie auch in Ostdeutschland festzustellen. Eine Ausnahme bilden lediglich Betriebe mit 50 bis 499 Beschäftigten in Westdeutschland.
(Sandra Dummert – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung)
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155
Die Expertise ist unter: http://www.bibb.de/datenreport einsehbar.
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156
Seit der Welle 2007 wird Berlin vollständig zu den neuen Ländern gezählt, zuvor wurde Westberlin den alten und Ostberlin den neuen Ländern zugeschlagen.
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157
Vgl. §§ 27 und 28 BBiG.