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Im folgenden Kapitel werden die Bestandszahlen der Auszubildenden insgesamt sowie differenziert nach den einzelnen Zuständigkeitsbereichen und ausgewählten Merkmalen (Geschlecht, Herkunft) auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik (vgl. Kapitel A5.1) betrachtet. Bei den Bestandszahlen handelt es sich um eine Zählung der Auszubildenden über alle Ausbildungsjahre (1., 2., 3. und 4. Ausbildungsjahr). Zum Auszubildendenbestand zählen alle Personen, die jeweils zum 31. Dezember in einem Ausbildungsverhältnis mit einem Ausbildungsvertrag nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO) stehen. Daher geben die Bestandszahlen Aufschluss über den Umfang der gesamten Ausbildungsleistung von Betrieben und Berufsschulen.

Am 31. Dezember 2017 waren bundesweit 1.323.894 Personen als Auszubildende in einer dualen Berufsausbildung nach BBiG bzw. HwO gemeldet. Damit war die Bestandszahl zum ersten Mal seit 2008 wieder leicht angestiegen (+0,2%) Tabelle A5.2-1.

Im Vergleich zum Vorjahr ist der Auszubildendenbestand beim regionalen Vergleich in Ostdeutschland stärker gestiegen (+0,6%) als in Westdeutschland (+0,1%). Die Langzeitreihe zeigt jedoch, dass sich seit 1997 – dem Jahr mit dem höchsten Wert für Ostdeutschland – der Bestand an Auszubildenden in den östlichen Bundesländern mehr als halbierte (-56,1%). In Westdeutschland zeigt sich diese Entwicklung zeitverzögert erst seit dem Jahr 2008 (2008 vs. 2017: -12,2%). Wie im Vorjahr bedeutet dies, dass auch im Berichtsjahr 2017 nur noch knapp jede/-r siebte Jugendliche (13,9%) in Ostdeutschland ausgebildet wurde. 1997 war es noch rund jede/-r vierte (25,9%).

Diese Veränderungen liegen zum einen darin begründet, dass sich Entwicklungen des Wirtschafts- und Beschäftigungssystems im dualen System widerspiegeln (Troltsch/Walden 2007). Zum anderen war der deutliche Rückgang bei den Bestandszahlen in den letzten Jahren auf den starken demografischen Einbruch in der jugendlichen Wohnbevölkerung zurückzuführen. Dies galt in den vergangenen Jahren insbesondere für Ostdeutschland. Eine Übersicht zur langfristigen Entwicklung der Auszubildendenzahlen, differenziert nach den einzelnen Bundesländern seit 1992, findet sich in Tabelle A5.2-2 Internet.53 Zur Analyse der aktuellen Entwicklung am Ausbildungsstellenmarkt für das Berichtsjahr 2018 vgl. Kapitel A1 und Matthes u. a. 2018.

Tabelle A5.2-1: Auszubildende am 31. Dezember nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet sowie A5 West- und Ostdeutschland 1992 bis 2017 (Teil 1)1

Tabelle A5.2-1: Auszubildende am 31. Dezember nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet sowie West- und Ostdeutschland 1992 bis 2017 (Teil 2)1

Bestandsentwicklung in den Zuständigkeitsbereichen

Maßgeblich für die Zuordnung der Auszubildenden zu den Zuständigkeitsbereichen ist in der Regel nicht der Ausbildungsbetrieb, sondern die für den Ausbildungsberuf zuständige Stelle (vgl. Erläuterung in Kapitel A1.2). So sind in der Berufsbildungsstatistik beispielsweise diejenigen Auszubildenden, die im öffentlichen Dienst oder in den freien Berufen für Berufe der gewerblichen Wirtschaft ausgebildet werden, – je nach zuständiger Stelle – den Bereichen Industrie und Handel oder Handwerk zugeordnet.

Differenziert man die Bestandszahlen nach den einzelnen Zuständigkeitsbereichen, zeigt sich, dass die leicht positive Entwicklung beim Auszubildendenbestand im Berichtsjahr 2017 nicht in allen Zuständigkeitsbereichen gleichermaßen angekommen war. Während das Handwerk, der öffentliche Dienst und die freien Berufe Zuwächse verzeichnen konnten, ging der Auszubildendenbestand bei Industrie und Handel und in der Hauswirtschaft zurück. In der Landwirtschaft kam es zu keinen nennenswerten Veränderungen. Schaubild A5.2-1, Tabelle A5.2-1.

Schaubild A5.2-1: Entwicklung der Zahl der Auszubildenden am 31. Dezember von 1992 bis 2017 nach Zuständigkeitsbereichen (Basis = 1992)

Im quantitativ größten Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel waren zum 31. Dezember 2017 bundesweit 770.514 Auszubildende (rund 58% des Gesamtbestandes) beschäftigt. Damit ging der Bestand im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 5.583 Personen (-0,7%) zurück, wobei der Rückgang in Ost- und Westdeutschland nahezu gleich ausfiel (-0,8% vs. -0,7%). Der bundesweit niedrigste Bestand in diesem Bereich war 1995 mit 702.867 Auszubildenden erreicht, der höchste im Jahr 2008 mit 934.221.

Im Handwerk – dem zweitgrößten Zuständigkeitsbereich – kam es, nach stetig rückläufigen Bestandszahlen in den vergangenen Jahren, im Berichtsjahr 2017 zu einem Anstieg (+1,2%). Dieser fiel in den ostdeutschen Bundesländern mit +3,3% stärker aus als in den westdeutschen (+0,9%). Der Langzeitvergleich zeigt, dass nach einer positiven Entwicklung bis Mitte der 1990er-Jahre im Zuge des Aufbaus handwerklicher Wirtschaftsstrukturen in Ostdeutschland die bundesweit rückläufige Tendenz bei der Zahl der Auszubildenden in diesem Bereich seit 1998 anhielt und im Jahr 2016 den tiefsten Stand seit 1992 markierte. Durch den Anstieg im Jahr 2017 ist dieser negative Trend vorerst gestoppt. Dennoch zeigt sich beim Blick auf die vergangenen Jahre, dass insgesamt der Rückgang der Auszubildendenzahlen in Ostdeutschland deutlich stärker war als in Westdeutschland. 1997 wurden in Ostdeutschland noch 179.223 Personen im Zuständigkeitsbereich Handwerk ausgebildet. Im Jahr 2017 waren dies hier lediglich noch 49.029. Dies bedeutet einen Rückgang von -72,6% (Westdeutschland: -30,2%; Bundesgebiet: -42,3%).

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Ausbildungsverhältnisse in den dualen Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs des öffentlichen Dienstes recht deutlich gestiegen (+2.223 bzw. +6,1%). Im Langzeitvergleich war aber auch in diesem Zuständigkeitsbereich die Bestandszahl an Auszubildenden seit 1992 deutlich rückläufig. Lag der Bestand 1992 in diesem Bereich noch bei 71.355, so ist er im Laufe der Jahre nahezu kontinuierlich mit 38.655 Ausbildungsverhältnissen im Jahr 2017 auf nunmehr gut die Hälfte gesunken (-45,8%). Der Abwärtstrend ab 1994 resultierte – neben der demografischen Entwicklung – vor allem aus der Privatisierung im Post- und Bahnbereich sowie der Aufhebung des dualen Ausbildungsberufs Sparkassenkaufmann/-kauffrau und dem Wechsel der entsprechenden Ausbildungsberufe in den Zuständigkeitsbereich von Industrie und Handel. Der deutliche Rückgang im Jahr 2007 dürfte zu einem gewissen Teil auf die Umstellung in der Berufsbildungsstatistik zurückzuführen sein54 sowie auf ein verändertes Ausbildungsverhalten im öffentlichen Dienst (vgl. BIBB-Datenreport 2010, Kapitel A5.2.1).

Seit der Revision der Berufsbildungsstatistik wird das Betriebsmerkmal „Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst“ erfasst. Daraus ergibt sich, dass für das Jahr 2017 zu den 38.655 gemeldeten Auszubildenden des öffentlichen Dienstes mindestens 15.108 Auszubildende hinzugerechnet werden, die im öffentlichen Dienst in Berufen der anderen Zuständigkeitsbereiche ausgebildet wurden (zu 49,2% gehörten sie dem Bereich Industrie und Handel, zu 19,5% dem Handwerk und zu 21,9% der Landwirtschaft an; den freien Berufen und der Hauswirtschaft entstammten 5,3% bzw. 4,0% der Auszubildenden). Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass das Merkmal „Zugehörigkeit der Ausbildungsstätte zum öffentlichen Dienst“ im Rahmen der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter noch untererfasst ist.55

In den freien Berufen ist der Auszubildendenbestand von 2016 nach 2017 von 110.256 auf 112.140 Auszubildende gestiegen (+1,7). Dies ist aber allein auf den Anstieg in Westdeutschland (+1,9%) zurückzuführen. In Ostdeutschland kam es dagegen zu einem leichten Rückgang (-0,1%). Bundesweit lag die Bestandszahl im Jahr 1996 mit 160.593 Auszubildenden am höchsten. Seither ist ein relativ konstanter Rückgang zu verzeichnen, der seit dem Jahr 2015 zum Stillstand gekommen ist. Im Langzeitvergleich ergibt sich dennoch, dass 2017 rund ein Drittel weniger Auszubildende im Bereich der freien Berufe zu finden waren als Mitte der 1990er-Jahre.

Keine Veränderungen ergaben sich im Bereich der Landwirtschaft. 2017 wurden hier 32.898 Auszubildende gemeldet und damit lediglich 6 weniger (+/-0,0%) als noch ein Jahr zuvor. Auch regional ergeben sich keine nennenswerten Unterschiede. Langfristig betrachtet nahm der Bestand an Auszubildenden in Berufen der Landwirtschaft zwischen 1993 und 2007 stark zu (+13.209 bzw. 44,5%). Seit dem Jahr 2008 geht die Bestandszahl jedoch wieder deutlich zurück und 2017 war sie nahezu identisch mit dem Wert von 1992. Auch dieser Rückgang zeigt sich in Westdeutschland weniger dramatisch (-11,6%) als in Ostdeutschland, wo sich der Auszubildendenbestand in diesem Zeitraum nahezu halbierte (-47,3%).

Im vergleichsweise kleinen Zuständigkeitsbereich Hauswirtschaft war der Bestand an Auszubildenden – wie bereits in den vergangenen Jahren – erneut rückläufig. Im Vergleich zu 2016 befanden sich bundesweit 159 Personen weniger (-2,8%) in einem Ausbildungsverhältnis in diesem Bereich. Damit wurden hier 2017 nur noch 5.586 Personen ausgebildet. Dabei fiel der Rückgang in der Hauswirtschaft regional differenziert in Ostdeutschland (-6,2%) deutlicher aus als in Westdeutschland (-1,7%). Der rückläufige Trend zeigt sich seit Ende der 1990er-Jahre. Die meisten Auszubildenden wurden mit 14.097 im Jahr 1998 erreicht. Im Vergleich zu diesem Höchstwert hat sich der Bestand 2017 deutlich mehr als halbiert (-60,4%). In Ostdeutschland gab es einen noch deutlich stärkeren Rückgang allein in den letzten 13 Jahren. Zwischen 2004 und 2017 fiel der Bestand hier um rund 73%.

Der Zuständigkeitsbereich Seeschifffahrt umfasste ausschließlich Meldungen für den Beruf Schiffsmechaniker/-in und war dementsprechend klein. Seit 2008 wird er nicht mehr für die Berufsbildungsstatistik gemeldet (Bestand bei letzter Meldung 2007: 963 Auszubildende).56

Anteil an Frauen in dualen Ausbildungsberufen

Im Berichtsjahr 2017 lag der Anteil der Frauen an allen Auszubildenden des dualen Systems mit 37% erneut niedriger als im Vorjahr (2016: 37,8%) Tabelle A5.2-3. Der rückläufige Trend der letzten Jahre setzte sich fort, und der Bestand weiblicher Auszubildender lag damit anteilig 4,0 Prozentpunkte niedriger als noch Anfang der 2000er-Jahre.57 Die Gründe für dieses Ungleichgewicht bei den geschlechtsspezifischen Anteilen liegen – den Ergebnissen der BA/BIBB-Bewerberbefragung zufolge – auch maßgeblich an den unterschiedlichen beruflichen Wünschen. Die Literatur zur Berufswahl belegt, dass Frauen eine sehr viel schwächere Neigung zu technischen Berufen haben (Nissen/Keddi/Pfeil 2003). Sie interessieren sich vorrangig für kaufmännische und Dienstleistungsberufe und streben überproportional eine schulische Berufsausbildung an (vgl. Beicht/Walden 2014a). Hinzu kommt, dass als Folge der Tertiarisierung – also dem Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft – zunehmend auch Männer eine Ausbildung im Dienstleistungsbereich aufnehmen und dadurch der ohnehin schon starke Konkurrenzdruck unter den Bewerberinnen in ihren bevorzugten Berufen durch zunehmend männliche Konkurrenz weiter erhöht wird (vgl. Kroll 2015). Dennoch kommen gewerblich-technische Berufe, die im dualen Berufsbildungssystem nach wie vor eine bedeutende Rolle spielen, für Frauen kaum in Betracht. Diese Unterschiede zeigen sich auch deutlich bei einer berufsspezifischen Betrachtung und bei dem Vergleich des Frauenanteils in den unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen.

So gibt es Zuständigkeitsbereiche, in denen fast ausschließlich Frauen zu finden sind. Bei den freien Berufen ergibt sich 2017 ein Frauenanteil von 92,5%, welcher bei der Betrachtung der letzten Jahre zwar leicht rückläufig, aber dennoch relativ konstant ist. Gleiches gilt für den Hauswirtschaftsbereich, in welchem ebenfalls 9 von 10 Auszubildende Frauen sind (89,4%). Im Zuständigkeitsbereich des öffentlichen Dienstes ist der Frauenanteil an allen Auszubildenden mit Werten zwischen 63% bis 65% seit 1999 ebenfalls überdurchschnittlich hoch und ist im Vergleich zum Jahr 1992 (50,7%) im Zeitverlauf deutlich angestiegen.

Tabelle A5.2-3: Frauenanteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 1992 bis 2017 (in %)

Anders stellt sich die Situation in den großen Zuständigkeitsbereichen Industrie und Handel sowie Handwerk dar, in denen die Frauenanteile traditionell deutlich niedriger sind. Im Bereich Industrie und Handel ist der Frauenanteil von 36,7% (2016) auf 35,7% (2017) gesunken. Dieser rückläufige Trend ist im Bereich Industrie und Handel seit Mitte der 1990er-Jahre erkennbar (1996: 43,5%). Derart starke Rückgänge im Langzeitvergleich ergeben sich im Handwerk beim Frauenanteil nicht. Zwar liegt dieser auch 2017 mit 20,3% niedriger als noch im Vorjahr (2016: 21,1%), 1996 lag er aber bspw. bei 19,3%. Ebenfalls unterdurchschnittlich zeigte sich der Anteil an Frauen im Bereich der Landwirtschaft, der sich mit 22,6% nahezu auf dem Vorjahresniveau befand.

Bei den Ausbildungsberufen im dualen System zeigt sich eine deutliche Geschlechtersegregation derart, dass ein Großteil der Ausbildungsberufe entweder überwiegend mit Frauen oder überwiegend mit Männern besetzt ist. Diese berufsstrukturellen Unterschiede sind seit Mitte der 1980er-Jahre annähernd unverändert (vgl. Uhly 2007). Für die folgenden Auswertungen werden die dualen Ausbildungsberufe auf Basis des jeweiligen Frauenanteils an den Auszubildenden im Jahr 1977 bzw. des ersten Jahres des Auftretens eines Berufes (oder seines Vorgängerberufes) unterteilt. Im Berichtsjahr 2017 waren in Westdeutschland 42,8% aller weiblichen Auszubildenden in einem weiblich dominierten Beruf, also einem Beruf mit einem Männeranteil von maximal 20% Tabelle A5.2-4. Auch wenn dieser Anteil im Vergleich zum Berichtsjahr 1980 für Westdeutschland damit um 10 Prozentpunkte gesunken ist (1980: 52,8%), so verblieb er auch aktuell auf einem hohen Niveau. Weitere 11,3% der Frauen befanden sich 2017 in einem überwiegend weiblich besetzten Beruf mit einem Frauenanteil von 60% bis 80%. Dieser Wert ist im Vergleich zu 1980 nur leicht gesunken (1980: 15,1%). In den männlich dominierten bzw. überwiegend männlich besetzten Ausbildungsberufen absolvierten 2017 insgesamt nur 21,7% aller Frauen ihre Ausbildung.

Anders stellt sich die Situation in Ostdeutschland dar. Auch hier erfolgt die Zuordnung des Berufs auf Basis der Daten von Westdeutschland 1977 oder dem ersten Jahr des Auftretens eines neuen Berufs. In Ostdeutschland lag der Frauenanteil in männlich dominierten Berufen (0% bis 20% weibliche Auszubildende) mit 17,2% deutlich höher als in Westdeutschland und näherungsweise auf dem Niveau des Jahres 1995 (17,7%). Der Anteil der Frauen, die in Ostdeutschland in einem weiblich dominierten Beruf ausgebildet werden, lag 2017 mit 38,6% hingegen niedriger als in Westdeutschland. Dieser Anteil ist im Vergleich zu 1995 (46,1%) näherungsweise in der Größenordnung zurückgegangen, in der es bei den Frauen in überwiegend weiblich besetzten Berufen (60% bis 80% Frauenanteil) in Ostdeutschland in diesem Zeitraum zu einem Anstieg kam (1995: 7,3% vs. 2017: 12,8%).

Weitere Berechnungen zeigen, dass sich über die Hälfte (50,8%) aller weiblichen Auszubildenden im dualen System im Jahr 2017 auf nur 9 Berufe verteilte; das Spektrum bei den männlichen Auszubildenden war dagegen mit 16 Berufen deutlich größer. Die starke Fokussierung – insbesondere junger Frauen – auf wenige Berufe wurde schon in der Vergangenheit beobachtet (vgl. Kroll 2015). Die Ursachen hierfür sind vielfältig und sowohl bei den nachfragenden Jugendlichen als auch beim Angebotsspektrum und dem Rekrutierungsverhalten der Betriebe zu suchen.

Tabelle A5.2-4: Weibliche Auszubildende (Bestände) in männlich und weiblich besetzten Ausbildungsberufen, Westdeutschland 1980, 1995 und 2017, Ostdeutschland 1995 und 2017

Anteil an Ausländern in den dualen Ausbildungsberufen

Seit Anfang der 1990er-Jahre war der Anteil an Auszubildenden mit ausländischem Pass58 stark zurückgegangen. Lag der Ausländeranteil an allen Auszubildenden 1994 noch bei 8%, so hatte er sich bis zum Jahr 2006 nahezu halbiert (4,2%). Der zwischenzeitliche Rückgang des Ausländeranteils unter den Auszubildenden des dualen Systems seit Mitte der 1990er-Jahre ist z. T. auf verstärkte Einbürgerungen zurückzuführen. In der Wohnbevölkerung ging der Anteil ebenfalls zurück. Auf der anderen Seite dürften aber auch erhebliche Engpässe auf dem Ausbildungsmarkt in der Vergangenheit zu einer längeren und schwierigeren Übergangsphase – insbesondere für ausländische Jugendliche – beigetragen haben (vgl. Kroll/Granato 2013).

Der rückläufige Trend hat sich in den letzten Jahren umgekehrt, sodass es seit dem Jahr 2007 wieder zu einem stetigen Anstieg gekommen ist. 2017 hat der Ausländeranteil mit 8,6% (113.238 Auszubildende) den höchsten Stand seit 1992 erreicht Tabelle A5.2-5. Diese Entwicklung dürfte maßgeblich auch durch den Anstieg der Zahl Geflüchteter bedingt sein. Insbesondere die Bestandszahlen der ausländischen Auszubildenden mit einer Staatsangehörigkeit aus einem (nichteuropäischen) Asylherkunftsland59 hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen (Bestand 2012: 2.763 vs. 2017: 22.089).60 Allerdings ist festzuhalten, dass es sich bei der Gruppe der Auszubildenden mit einer Staatsangehörigkeit aus einem Asylherkunftsland nicht um eine eindeutige Abgrenzung von Geflüchteten handelt. Hier können ebenso gut zu einem Teil Personen enthalten sein, die schon länger in Deutschland leben und die auch über andere Migrationswege (u. a. Arbeitsmigration, Familiennachzug) nach Deutschland gekommen sind.

Für eine Einschätzung des Ausmaßes der Integration in die duale Berufsausbildung ist der Ausländeranteil unter den Auszubildenden kein geeigneter Indikator. Um diese Einschätzung vornehmen zu können, muss der Ausländeranteil unter den Auszubildenden in Relation zum Ausländeranteil in der Wohnbevölkerung im entsprechenden Alter gesetzt werden. Dies geschieht mit der Analyse der Ausbildungsanfängerquote der Jugendlichen in Kapitel A5.8. Der Ausländeranteil eignet sich jedoch für einen Vergleich der Zuständigkeitsbereiche bzw. auch für Analysen auf der Ebene der Einzelberufe.

Der Anteil der Ausländer ist im Vergleich zum Vorjahr – wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt – in allen Zuständigkeitsbereichen gestiegen Tabelle A5.2-5. Die deutlichsten Zuwächse zwischen 2016 und 2017 ergaben sich erneut im Handwerk (2016: 8,8%; 2017: 10,9%; +2,1 Prozentpunkte), in der Hauswirtschaft (2016: 6,7%; 2017: 8,2%; +1,5 Prozentpunkte) sowie im Bereich Industrie und Handel (2016: 6,3%; 2017: 7,3%; +1 Prozentpunkt). Weiterhin den höchsten Ausländeranteil findet man mit nunmehr 13,4% im Bereich der freien Berufe.

Im größten Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel lag der Anteil an Ausländern 2017 insgesamt bei 7,3% und damit zwar über dem Wert vom Vorjahr, aber immer noch unter dem Gesamtdurchschnitt von 8,6%. Einzelne ausgewählte Berufe61 mit einem überproportionalen Ausländeranteil waren in diesem Zuständigkeitsbereich: Fachkraft im Gastgewerbe (32,0%), Fachkraft für Metalltechnik (20,7%) und Restaurantfachmann/-fachfrau (20,1%).

Im Handwerk lag der Ausländeranteil 2017 mit 10,9% erstmals seit 1992 über dem Höchstwert von 9,8% aus dem Jahr 1993. Berufe mit einem hohen Ausländeranteil unter den Auszubildenden im Bereich des Handwerks waren: Bäcker/-in (24,1%), Friseur/-in (23,2%) und Bauten- und Objektbeschichter/-in (17,1%).

Bei den freien Berufen ist der Ausländeranteil im Vergleich zum Vorjahr von 12,5% auf 13,4% (+0,9 Prozentpunkte) gestiegen und lag damit auch 2017 weiterhin recht deutlich über den Anteilen der anderen Zuständigkeitsbereiche. Ausschlaggebend hierfür waren die überproportional hohen Anteile an ausländischen Auszubildenden in den stark besetzten Berufen Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r (31.686 Auszubildende; Ausländeranteil: 22,4%) und Pharmazeutisch-kaufmännische/-r Angestellte/-r (3.525 Auszubildende; Ausländeranteil: 19,4%). Außerdem findet man in diesen beiden Berufen in der Gruppe der ausländischen Auszubildenden fast ausschließlich Frauen (98,4% bzw. 93,7%). Weitere Berechnungen zeigen, dass sich 2017 mehr als ein Viertel (28,4%) aller weiblichen Auszubildenden mit ausländischem Pass in der Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten bzw. Medizinischen Fachangestellten befand.

Im Bereich der Hauswirtschaft ist der Anteil an ausländischen Auszubildenden zwischen 2016 und 2017 von 6,7% auf 8,2% gestiegen. Berufe mit einem Ausländeranteil über 10% findet man hier aber ebenso wenig wie im öffentlichen Dienst und im Zuständigkeitsbereich der Landwirtschaft. Der Anteil im öffentlichen Dienst ist im Vergleich zum Vorjahr nur leicht auf 3,0% gestiegen. Gleiches gilt auch für den Ausländeranteil im Bereich Landwirtschaft (2016: 1,7% vs. 2017: 2,5%).

(Stephan Kroll)

Tabelle A5.2-5: Ausländeranteil an allen Auszubildenden nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 1992 bis 2017 (in %)

  • 53

    Eine ausführlichere Übersicht zu ausgewählten Merkmalen auf der Ebene der einzelnen Bundesländer findet sich in Kapitel A5.3.

  • 54

    Nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes führte die Umstellung der Datenlieferung im Jahr 2007 insbesondere im Zuständigkeitsbereich des öffentlichen Dienstes zu Einschränkungen in der zeitlichen Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Allerdings zeigt sich auch in der BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge im Jahr 2007 ein starker Rückgang in den Berufen des öffentlichen Dienstes (siehe https://www.bibb.de/dokumente/pdf/naa309_2007re_tab002_1land.pdf). Insofern ist unklar, in welchem Ausmaß der Rückgang in den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes in der Berufsbildungsstatistik durch die Umstellung der Datenlieferung und in welchem Maße durch reale Entwicklungen bedingt ist.

  • 55

    Auf Basis eines für das Berichtsjahr 2016 durchgeführten Abgleichs mit Daten der Personalstandstatistik des Statistischen Bundesamtes könnte eine Untererfassung für das Berichtsjahr 2016 von ca. 17% vorgelegen haben (vgl. Kapitel A6.2). Der Abgleich ist nicht unproblematisch und muss unter spezifischen Annahmen erfolgen, siehe hierzu Uhly/Kroll (2018): Erläuterungen zum Datensystem Auszubildende (DAZUBI), Hinweise zu den einzelnen Berichtsjahren, URL: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/dazubi_berichtsjahre.pdf

  • 56

    Da der Ausbildungsberuf nicht nach BBiG oder HwO geordnet ist, sondern einen vergleichbar geregelten Beruf außerhalb des Geltungsbereichs des BBiG darstellt, wurde er bis 2007 freiwillig gemeldet (die gesetzliche Grundlage für die Berufsbildungsstatistik, insbesondere § 88 BBiG, betrifft nur Ausbildungsberufe, die nach BBiG bzw. HwO geregelt sind). Mit den erweiterten Meldepflichten im Rahmen der Revision der Berufsbildungsstatistik durch das Berufsbildungsreformgesetz wurde die Datenmeldung im Jahr 2008 eingestellt. Ausbildungsverträge werden im Zuständigkeitsbereich der Seeschifffahrt weiterhin abgeschlossen.

  • 57

    Zu den Gründen sinkender Ausbildungsbeteiligung junger Frauen siehe auch Dionisius/Kroll/Ulrich 2018.

  • 58

    In der Berufsbildungsstatistik wird die Staatsangehörigkeit der Auszubildenden erfasst, ein möglicher Migrationshintergrund kann jedoch nicht ausgewiesen werden. Als ausländische Auszubildende werden alle Auszubildenden ohne deutschen Pass gezählt. Jugendliche, die sowohl über eine deutsche als auch eine nicht deutsche Staatsangehörigkeit verfügen, werden nicht als ausländische Auszubildende erfasst.

  • 59

    Es handelt sich hierbei um eine Differenzierung der Bundesagentur für Arbeit. Das Aggregat „Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus einem der zugangsstärksten Herkunftsländern von Asylbewerbern“ oder kurz „Asylherkunftsländer“ wird (seit Juni 2016) durch die BA folgendermaßen definiert: „In das Aggregat wurden die nichteuropäischen Länder aufgenommen, die in den letzten Jahren zu den Ländern mit den meisten Asylerstanträgen gehörten; es umfasst folgende 8 Länder: Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.“ (Bundesagentur für Arbeit 2017)

  • 60

    Eine differenziertere Analyse zu dieser Personengruppe findet sich in Kroll/Uhly 2018.

  • 61

    Basis bilden hier Berufe mit einem Bestand von mehr als 100 Auszubildenden im Jahr 2017.