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Jugendliche, denen die notwendigen Voraussetzungen für die Aufnahme einer Berufsausbildung fehlen oder die aus anderen Gründen keinen Ausbildungsplatz finden, können im Übergangsbereich ihre individuellen Kompetenzen zur Aufnahme einer Ausbildung oder Beschäftigung verbessern (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006). Allerdings führen diese Bildungsgänge nicht zu einem qualifizierten Berufsabschluss. Seit Anfang der 1990er-Jahre hatten sich die Übergangsprozesse in eine Ausbildung deutlich erschwert (Beicht 2009; Ulrich 2008). Auf der einen Seite war hier problematisch, dass eine zunehmende Zahl von Schulabgängerinnen und Schulabgängern nicht unmittelbar, sondern erst nach Absolvierung von Maßnahmen des Übergangsbereichs eine Ausbildung aufnehmen konnte. Auf der anderen Seite war es kritisch zu sehen, dass für einen Großteil der Jugendlichen nicht eine mangelnde Ausbildungsreife der Grund für den Umweg über den Übergangsbereich war, sondern dass der Übergangsbereich hier teilweise die Funktion übernommen hatte, die Wartezeit erfolgloser Ausbildungsplatzbewerber/-innen zu überbrücken (Beicht 2009; Braun/Müller 2009; Baethge/Solga/Wieck 2007). Aus diesem Grund kam es von Anfang der 1990er- bis Mitte der 2000er-Jahre zu einer beträchtlichen Ausweitung des Übergangsbereichs. Die Bewertung der Bedeutung und Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verbesserung der Chancen für die Jugendlichen fiel in der kontrovers geführten Diskussion für die einzelnen Personengruppen unterschiedlich aus. Die BIBB-Übergangsstudie 2011 zeigt, dass sich jedoch durchaus günstige Bildungswege im Anschluss an die Teilnahme nachweisen lassen, insbesondere, wenn die Maßnahmen zu einem höherwertigen Schulabschluss führen (Beicht/Eberhard 2013).

Zwischen 2005 und 2014 war die Zahl der Anfänger/-innen im Übergangsbereich kontinuierlich zurückgegangen (rund 40%). Grund dafür war insbesondere die günstigere Ausbildungsmarktlage und die demografische Entwicklung. Ab dem Jahr 2015 kam es zu einem erneuten Anstieg. Dieser ist vor allem auf eine gestiegene Zahl an Geflüchteten zurückzuführen, die insbesondere zur Verbesserung der deutschen Sprachkenntnisse in Programme des Übergangsbereichs einmündeten. Bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im dualen System, denen eine Berufsvorbereitung bzw. berufliche Grundbildung voranging, zeigt sich dieser Anstieg im Übergangsbereich erst mit zeitlicher Verzögerung. Tendenzen in diese Richtung lassen sich im Berichtsjahr 2017 erkennen (vgl. Kroll/Uhly 2018).

Die nachfolgenden Ergebnisse zur vorherigen Berufsvorbereitung und beruflichen Grundbildung basieren auf den Daten zu den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen der Berufsbildungsstatistik (vgl. Kapitel A5.1). Seit 2007 wird in der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder erfasst, ob die Auszubildenden im dualen System zuvor eine berufsvorbereitende Qualifizierung und/oder berufliche Grundbildung abgeschlossen haben und um welche Art der Maßnahme(n) es sich handelt. Die Daten wurden erst für das Jahr 2008 veröffentlicht, da die Einführung der revidierten Berufsbildungsstatistik anfänglich noch von Meldeproblemen begleitet wurde. In den letzten Jahren hat sich die Datenlage deutlich gebessert, eine weiterhin bestehende Untererfassung der Angaben zur vorherigen Teilnahme an Maßnahmen des Übergangsbereichs kann allerdings nicht ausgeschlossen werden.93

Berufsbildungsstatistik: Erfassung der berufsvorbereitenden Qualifizierung oder beruflichen Grundbildung seit 2007

Im Jahr 2007 wurde die Berufsbildungsstatistik neu konzipiert und auf eine vertragsbezogene Einzeldatenerfassung mit erweitertem Merkmalskatalog umgestellt. Seither werden 3 Vorbildungsarten getrennt voneinander erfasst: der höchste allgemeinbildende Schulabschluss (vgl. Kapitel A5.5.1), eine vorausgegangene berufsvorbereitende Qualifizierung oder berufliche Grundbildung sowie Angaben zu einer vorherigen Berufsausbildung (vgl. Kapitel A5.3). Auf diese Weise kann die Vorbildung für alle Auszubildenden mit Neuabschluss jeweils vollständig ausgewiesen werden.

Als berufsvorbereitende Qualifizierung und berufliche Grundbildung werden nur abgeschlossene berufsvorbereitende und grundbildende Qualifizierungen von mindestens 6 Monaten Dauer erfasst. Unterschieden werden:

  • Betriebliche Qualifizierungsmaßnahme (Einstiegsqualifizierung, Einstiegsqualifizierungsjahr [EQJ], Qualifizierungsbaustein, Betriebspraktikum)
  • Berufsvorbereitungsmaßnahme93
  • Schulisches Berufsvorbereitungsjahr (BVJ)
  • Schulisches Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) (damit ist nicht das BGJ in kooperativer Form [Teilzeit] gemeint)
  • Berufsfachschule ohne vollqualifizierenden Berufsabschluss.

Mehrfachnennungen sind möglich. Verlaufsdaten, die die Übergangsprozesse bis zum Einmünden in eine Ausbildungsstelle abbilden, liegen jedoch nicht vor, da die jeweiligen Zeitpunkte, zu denen die Qualifizierungen absolviert wurden, nicht mit erhoben werden.

Generell sind die neu eingeführten Merkmale der Berufsbildungsstatistik in den ersten Jahren noch mit Vorsicht zu interpretieren, da u. a. nicht ausgeschlossen werden kann, dass unter der Ausprägung „liegt nicht vor“ auch fehlende Angaben gemeldet wurden. Analysen auf Basis der BIBB-Übergangsstudie 2011 (vgl. BIBB-Datenreport 2013, Kapitel A3.3) sowie der Schulabgängerstatistik der statistischen Ämter geben Hinweise darauf, dass das Merkmal „berufsvorbereitende Qualifizierung und berufliche Grundbildung“ untererfasst ist.

Für Zeitreihen des früheren Merkmals „schulische Vorbildung“ bis 2006 und dessen Erfassung siehe BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A5.4.

Auszubildende mit vorheriger Teilnahme an Berufsvorbereitung und beruflicher Grundbildung

Insgesamt wurden von den 515.679 im Berichtsjahr 2017 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen 46.269 mit einer Teilnahme an einer Maßnahme des Übergangsbereichs gemeldet Tabelle A5.5.2-1. Damit ist der Anteil der Jugendlichen, die vor ihrer Ausbildung eine berufsvorbereitende Maßnahme und/oder eine berufliche Grundbildung absolviert haben, im Vergleich zum Vorjahr leicht auf 9,0% gestiegen (2016: 8,9%).

Unterschiede nach Zuständigkeitsbereichen

In den einzelnen Zuständigkeitsbereichen waren die Anteile berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung und deren Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr zum Teil stark unterschiedlich ausgeprägt.

Der Anteil der Personen, die zuvor die beschriebenen Maßnahmen des Übergangsbereichs durchlaufen hatten, ging im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel von 5,9% (2016) auf 5,6% (2017) zurück. Im Gegensatz dazu sind die Anteile im Handwerk im Vergleich zum Vorjahr recht deutlich gestiegen (2016: 15,8% vs. 2017: 16,6%). Der Anteil bei den freien Berufen war erneut rückläufig und betrug für das Jahr 2017 nunmehr 5,1%. Der Bereich Hauswirtschaft hatte mit 50,8% weiterhin den höchsten Anteil gemeldet (2016: 51,1%) Tabelle A5.5.2-1. Dieser hohe Anteilswert liegt u. a. darin begründet, dass sehr viele Auszubildende in diesem Bereich höchstens über einen Hauptschulabschluss verfügten (vgl. Kapitel A5.5.1). In der Landwirtschaft hatten genau wie im Vorjahr 19,1% der Jugendlichen mit Neuabschluss zuvor an einer berufsvorbereitenden Maßnahme bzw. beruflichen Grundbildung teilgenommen. Wenn auch der Anteil im öffentlichen Dienst erneut leicht von 2,4% auf 2,6% gestiegen ist, so war er in diesem Bereich doch insgesamt am geringsten.

Tabelle A5.5.2-1: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 20171

Regionale Unterschiede

Nach den einzelnen Bundesländern differenziert, ergeben sich zum Teil deutliche Anteilsunterschiede bei der vorausgegangenen Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung Tabelle A5.5.2-2: So lag der Anteil in Bremen (4,3%), Hamburg (5,0%), Thüringen (5,8%) und Hessen (5,8%) bei etwas weniger bzw. mehr als 5%. In Baden-Württemberg (12,6%), Sachsen (12,1%), Niedersachsen (11,6%) und Brandenburg (11,0%) waren es deutlich über 10%.

In den letzten Jahren haben sich die Anteile für die Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung zwischen Ost- und Westdeutschland zunehmend angenähert Tabelle A5.5.2-3. Im Berichtsjahr 2017 ist der Anteilswert für Westdeutschland mit 9,0% auf dem Vorjahresniveau geblieben, in Ostdeutschland ist dieser leicht von 8,4% (2016) auf nunmehr 8,7% gestiegen. Noch vor wenigen Jahren wiesen vor allem die östlichen Bundesländer deutlich höhere Anteile auf (2010: 13,1%). Dies stand im Zusammenhang mit der übrigen Förderlandschaft. Aufgrund des starken Lehrstellenmangels im östlichen Bundesgebiet waren dort in der Vergangenheit stärker als im Westen außerbetriebliche Stellen eingerichtet worden. Außerdem waren überwiegend öffentlich finanzierte Stellen an bestimmte Fördervoraussetzungen geknüpft (Eberhard/Ulrich 2010), die u. a. vorlagen, wenn die Auszubildenden zuvor an einer berufsvorbereitenden Maßnahme von mindestens 6 Monaten Dauer teilgenommen hatten.94 Daher ging ein hoher Anteil öffentlich-finanzierter Stellen mit einem hohen Anteil von Meldungen Auszubildender mit berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung einher. So lag in den östlichen Bundesländern der Anteil öffentlich finanzierter Ausbildungsstellen unter den Neuabschlüssen 2010 mit 19,4% deutlich höher als im Westen mit 5,2%. Da die Förderung von Ausbildungsplätzen für marktbenachteiligte Jugendliche in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgefahren wurde (vgl. BIBB-Datenreport 2012, Kapitel A4.2.2), sank bis zum Berichtsjahr 2017 entsprechend der Anteil öffentlich-finanzierter Stellen unter den Neuabschlüssen im Osten auf 6,8% und im Westen auf 2,6%.

Tabelle A5.5.2-2: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach Bundesländern 2017

Tabelle A5.5.2-3: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung, Berichtsjahre 2010 bis 2017

Unterschiede nach höchstem allgemeinbildendem Schulabschluss

Eine differenziertere Betrachtung nach dem allgemeinbildenden Schulabschluss im Zusammenhang mit der Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung scheint insbesondere im Hinblick auf die häufig beklagte mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen (vgl. Ulrich 2008) und der dementsprechend notwendigen Nachqualifikation sinnvoll. Auch wenn die Schulabschlüsse keine formellen Zugangsvoraussetzungen für eine Berufsausbildung nach BBiG/HwO darstellen, so hat sich dennoch gezeigt, dass insbesondere den Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss der Übergang in eine Ausbildung deutlich seltener unmittelbar nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule gelingt (vgl. Reißig/Gaupp/Lex 2008).

Die deutlichen Unterschiede bei der Betrachtung der Anteile berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung differenziert nach dem allgemeinbildenden Schulabschluss sind somit nicht überraschend Tabelle A5.5.2-4. Im Jahr 2017 hatte immer noch rund ein Fünftel der Auszubildenden ohne Hauptschulabschluss (20,4%) mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag zuvor eine Maßnahme im Übergangsbereich durchlaufen. Bei denjenigen mit Hauptschulabschluss (14,4%) und mit Realschulabschluss (7,7%) lagen die Anteilswerte auf den Vorjahresniveaus. Erwartungsgemäß sinken die Anteilswerte, je höher der allgemeinbildende Schulabschluss der Auszubildenden ist. Bei den Studienberechtigten lag der Anteil mit 4,5% am niedrigsten.

Tabelle A5.5.2-4: Auszubildende mit Neuabschluss und vorheriger Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach höchstem allgemeinbildenden Schulabschluss, Berichtsjahr 2017

Von den Jugendlichen, die die allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen haben, wurden vor der Aufnahme ihrer dualen Ausbildung am häufigsten Berufsvorbereitungsmaßnahmen (9,6%) besucht. Im Gegensatz dazu konnten bei den Hauptschulabsolventen und -absolventinnen keine Einzelmaßnahmen mit derartig überdurchschnittlichen Anteilswerten gefunden werden. Bei denjenigen Jugendlichen mit Realschulabschluss war es am ehesten die Berufsfachschule ohne vollqualifizierenden Abschluss (3,6%), die leicht überdurchschnittlich besucht wurde. Von den studienberechtigten Jugendlichen wurden Maßnahmen des Übergangsbereichs erwartungsgemäß eher selten besucht, lediglich der Besuch einer Berufsfachschule ohne vollqualifizierenden Berufsabschluss wurde auch bei einem nennenswerten Anteil der Studienberechtigten (3,2%) gemeldet.

Auszubildende nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit

Auch bei einem Vergleich der Anteile vorheriger berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung unter den Neuabschlüssen von Frauen und Männern finden sich Unterschiede Tabelle A5.5.2-5. Wie bereits im Vorjahr hatte auch 2017 jeder zehnte männliche Auszubildende (10,2%) zuvor eine Maßnahme durchlaufen, bei den Frauen lag dieser Wert bei 7,0%.

Die Unterschiede beim Blick auf die Staatsangehörigkeit (deutsch/ausländisch95) und einer vorausgegangenen Teilnahme an Maßnahmen des Übergangsbereichs haben sich im Vergleich zum Vorjahr verstärkt Tabelle A5.5.2-5. Von den Auszubildenden ohne deutsche Staatsangehörigkeit hatten 11,8% zuvor berufsvorbereitende bzw. grundbildende Maßnahmen absolviert (2016: 10,5%), von den deutschen Auszubildenden 8,6% (2016: 8,8%). Der Anstieg des Anteilswertes für die ausländischen Auszubildenden ist sehr wahrscheinlich auch auf einen Anstieg der in den letzten Jahren nach Deutschland zugewanderten Geflüchteten zurückzuführen, die im Anschluss an ihre berufsvorbereitenden Maßnahmen eine Berufsausbildung im dualen System aufgenommen haben.

(Stephan Kroll)

Tabelle A5.5.2-5: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach Personengruppen, Bundesgebiet 2017

  • 93

    Berufsvorbereitungsmaßnahmen, die mindestens 6 Monate dauern und keiner der anderen genannten Kategorien zuzuordnen sind.

  • 94

    Die Förderungsfähigkeit aufgrund der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme mit mindestens 6-monatiger Dauer wurde mit der Aufhebung des § 242 SGB III zum 1. April 2012 ebenfalls aufgehoben. Seit dem 1. April 2012 ist die außerbetriebliche Ausbildung für sozial Benachteiligte bzw. Lernbeeinträchtigte geregelt durch § 74 Absatz 1 Ziffer 2 SGB III, § 76 SGB III und § 78 SGB III. Zu den Finanzierungsarten der Berufsausbildung siehe die Erläuterungen unter https://www.bibb.de/dokumente/pdf/dazubi_daten.pdf.

  • 95

    In der Berufsbildungsstatistik wird die Staatsangehörigkeit der Auszubildenden erfasst, ein möglicher Migrationshintergrund kann jedoch nicht ausgewiesen werden. Als ausländische Auszubildende werden alle Auszubildenden ohne deutschen Pass gezählt. Jugendliche, die sowohl über eine deutsche als auch eine nicht deutsche Staatsangehörigkeit verfügen, werden nicht als ausländische Auszubildende erfasst.