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Die betriebliche Ausbildung in Deutschland ist gemessen am aktuellen Bedarf an Nachwuchskräften und am Neuangebot an Ausbildungsstellen offensichtlich ein weiterhin wichtiger Rekrutierungsmechanismus, um selbst ausgebildete Fachkräfte langfristig für den eigenen Betrieb zu gewinnen. Für Betriebe und Unternehmen ist es aber nach wie vor schwierig, sich an der Ausbildung Jugendlicher zu beteiligen. Dies zeigt sich daran, dass z. B. Ende 2017 unter den insgesamt 2,16 Mio. Betrieben mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nur noch 427.000 Betriebe als Ausbildungsbetriebe registriert waren (vgl. Kapitel A7.1). Damit sank der Anteil an Ausbildungsbetrieben in der Grundgesamtheit auf unter 20%.

Im folgenden Kurzbeitrag160 wird auf Grundlage des BIBB-Qualifizierungspanels und anhand einer Reihe ausgewählter Indikatoren nach betrieblichen Strukturmerkmalen161 untersucht, wie die Beteiligung von Betrieben an der Ausbildung von Jugendlichen im Berichtsjahr 2018 ausfiel und welche Probleme bei der Deckung ihres Bedarfs an Nachwuchskräften aufgetreten sind. Ausgewählt wurden folgende 3 Indikatoren:

  • Anteil an Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten an allen Betrieben mit sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (einschl. Auszubildenden),
  • Anteil an Betrieben mit neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen an allen Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten und
  • Anteil an Betrieben mit unbesetzten Ausbildungsstellen an allen Betrieben mit Ausbildungsstellenangeboten.

BIBB-Qualifizierungspanel

Das BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung ist eine jährliche Wiederholungsbefragung, mit der repräsentative Längsschnittdaten zum betrieblichen Qualifizierungsgeschehen in Deutschland erhoben werden. Die Auswahl der Betriebe erfolgt über eine disproportional geschichtete Zufallsstichprobe aus der Grundgesamtheit aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die erforderlichen Betriebsadressen wurden von der Bundesagentur für Arbeit, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Rahmen des SGB X § 75 zur Verfügung gestellt. Die Daten werden über computergestützte persönlich-mündliche Interviews (CAPI) und optional über internetgestützte Interviews (CAWI) seit der fünften Erhebungswelle von infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft (Bonn) erhoben. Weiterführende Informationen zur Konzeption des BIBB-Qualifizierungspanel sowie aktuelle Informationen zum BIBB-Qualifizierungspanel sind unter www.qualifizierungspanel.de abrufbar.

Bei der achten Erhebungswelle nahmen über 4.000 Betriebe im Rahmen der CAPI-CAWI-Befragungen teil. Für die Hochrechnung im Quer- und Längsschnitt wurden betriebs- und beschäftigungsproportionale Gewichtungsfaktoren verwendet. Die Panelquote liegt bei etwa 75%. Die Befragungsdaten der ersten bis sechsten Erhebungswelle können externe Nutzer über das Forschungsdatenzentrum des BIBB unter https://www.bibb.de/de/1372.php für eigene Auswertungen nutzen.

Bedarf der Wirtschaft an selbst ausgebildeten Fachkräften

Insgesamt bestand im Berichtsjahr ein hoher Bedarf an Nachwuchskräften, der aber von den Betrieben und Unternehmen nur bedingt gedeckt werden konnte. Im Einzelnen bedeutet dies: Der Anteil an Betrieben mit neuen Angeboten an Ausbildungsstellen nach BBiG/HwO lag durchschnittlich bei 20,3% Tabelle A7.3-1. Damit hat für das Ausbildungsjahr 2017/2018 jeder fünfte Betrieb der insgesamt 2,1 Mio. Betriebe Ausbildungsstellen für Jugendliche angeboten.

Besonderheiten sind in der Betrachtung nach Strukturmerkmalen erkennbar. Ein hohes Interesse an selbst ausgebildeten Nachwuchskräften lag vor allem bei größeren mittelständischen Betrieben und bei Großunternehmen vor. Unter den Wirtschaftssektoren wiesen das verarbeitende Gewerbe, die Bauwirtschaft sowie das Handels- und Reparaturgewerbe einen überdurchschnittlichen Bedarf auf. Im Berichtsjahr bot etwa jeder dritte Handwerksbetrieb oder gut jeder vierte Betrieb, der sowohl dem Industrie und Handel- als auch dem Handwerkskammerbereich angehörte, Ausbildungsstellen an. Signifikante Ost-West-Unterschiede sind nicht zu erkennen.

Dass trotz dieser hohen Bereitschaft zur Ausbildung und den Erfordernissen einer adäquaten Nachwuchssicherung die Erfolgsquoten auf dem Ausbildungsstellenmarkt recht unterschiedlich ausfallen, lässt sich am Anteil an Betrieben mit abgeschlossenen Ausbildungsverträgen ablesen. Hier konnte mit 50,6% nur jeder zweite Betrieb auch tatsächlichen seinen Fachkräftebedarf sichern. Wie in den Vorjahren gelang dies vor allem Betrieben mit zunehmender Betriebsgröße. Überdurchschnittlich erfolgreich waren auch das verarbeitende Gewerbe, Betriebe mit pflegerischen und medizinischen Dienstleistungen sowie der öffentliche Dienst. Profitieren konnten zudem Betriebe im Westen Deutschlands.

Tabelle A7.3-1: Indikatoren zur betrieblichen Ausbildungsbeteiligung nach Strukturmerkmalen 2018 (in %)

Klassifikation der Wirtschaftssektoren im BIBB-Qualifizierungspanel

  • Primärsektor (Land-, Forstwirtschaft, Bergbau, Energie-, Wasserversorgung, Abfallwirtschaft)
  • Verarbeitendes Gewerbe (Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, Elektro-, Metallgewerbe, Maschinen-, Fahrzeugbau, Herstellung sonstiger Güter wie Holz, Papier, Nahrungsmittel, Textilien)
  • Bauwirtschaft (Hoch- und Tiefbau, vorbereitende Baustellenarbeiten, -installation)
  • Handel und Reparatur (KFZ-Handel, Groß- und Einzelhandel, Reparaturgewerbe)
  • Primär unternehmensnahe Dienstleistungen (finanz-, rechts- und wohnungswirtschaftliche Dienstleistungen, Forschung/Entwicklung, Architektur-, Ingenieurbüros, Werbung/Marktforschung, Leiharbeit, Reise-, Sicherheitsgewerbe)
  • Primär personenbezogene Dienstleistungen (Beherbergungs-, Gastronomiegewerbe, Informations-, Kommunikationsgewerbe, Verkehrs-, Lagergewerbe, Friseurgewerbe, sonstige personenbezogene Dienstleistungen)
  • Medizinische und pflegerische Dienstleistungen (Gesundheits-, Sozialwesen, Arztpraxen, Kliniken, Heime)
  • Öffentliche Dienstleistungen (Öffentliche Verwaltung, Erziehung, Unterricht, Verbände, Interessenvertretungen, Organisationen ohne Erwerbscharakter)

Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsstellen

Nach Strukturmerkmalen unterschieden hatten vor allem Kleinstbetriebe, Betriebe im personenbezogenen Dienstleistungsbereich, im Baugewerbe oder in den neuen Bundesländern, sowie Handwerksbetriebe überdurchschnittliche Probleme, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. Relativ erfolgreicher verlief die Nachwuchssuche für Großbetriebe, das verarbeitende Gewerbe, den Pflege- und Medizinbereich sowie den öffentlichen Dienst. Was die Kammerzugehörigkeit anbelangt so zeigten sich vor allem bei den freien Berufen und im öffentlichen Dienst sehr günstige Ausgangsbedingungen für die Besetzung der angebotenen Ausbildungsstellen.

(Klaus Troltsch)

  • 160

    In einer gesonderten Veröffentlichung werden die im Datenreport 2017 durchgeführten Auswertungen zur mittelfristigen Entwicklung des dualen Ausbildungssystems fortgeführt.

  • 161

    Bei den Strukturmerkmalen handelt es sich um 4 Betriebsgrößenklassen, 8 Wirtschaftssektoren, die Unterscheidung nach West/Ost sowie die Kammerzugehörigkeit, die in dern Tabellen nur nachrichtlich ausgewiesen wird.