In der dualen Berufsausbildung haben die Auszubildenden gegenüber ihrem Ausbildungsbetrieb einen rechtlichen Anspruch auf eine angemessene und mit jedem Ausbildungsjahr ansteigende Vergütung (§ 17 Berufsbildungsgesetz). Die Ausbildungsvergütung hat vom Gesetzgeber 3 Funktionen zugeschrieben bekommen (Herkert/Töltl 2018): Sie soll zum einen die Auszubildenden für ihre während der Ausbildung im Betrieb geleistete produktive Arbeit entlohnen und zum anderen einen spürbaren Teil ihrer Lebenshaltungskosten decken. Darüber hinaus soll die Vergütung die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten. Die Vergütungszahlungen sind für die Auszubildenden von erheblicher finanzieller Bedeutung. Gleichzeitig stellen sie für die Betriebe den größten Kostenfaktor bei der Durchführung der Ausbildungen dar. Die Personalkosten der Auszubildenden nehmen insgesamt mit durchschnittlich 62% den überwiegenden Anteil der betrieblichen Ausbildungskosten ein (vgl. Schönfeld u. a. 2016). Allein 45% der Bruttoausbildungskosten entfallen dabei auf die Ausbildungsvergütungen und weitere 17% auf die gesetzlichen, tariflichen und freiwilligen Sozialleistungen für die Auszubildenden.
Bedeutung der tariflichen Vereinbarungen zu den Ausbildungsvergütungen
Da im Berufsbildungsgesetz (BBiG) nicht festgelegt ist, welche Vergütungshöhe als angemessen anzusehen ist,187 werden in den meisten Wirtschaftszweigen von den Tarifpartnern (Arbeitgeber und Gewerkschaften) Vereinbarungen zu den Ausbildungsvergütungen abgeschlossen. Die tariflichen Regelungen werden meistens für einen bestimmten Wirtschaftszweig in einer bestimmten Region innerhalb Deutschlands getroffen.188 Der Geltungsbereich einer Tarifvereinbarung wird als Tarifbereich bezeichnet. Tarifgebundene Betriebe189 müssen ihren Auszubildenden mindestens die in ihrem Tarifbereich vereinbarten Beträge zahlen; niedrigere Vergütungen sind dann unzulässig, übertarifliche Zuschläge aber möglich. Betriebe ohne Tarifbindung können dagegen die in ihrem Wirtschaftszweig und ihrer Region geltenden tariflichen Vergütungssätze deutlich unterschreiten, und zwar nach derzeitiger Rechtsprechung um bis zu 20%. Allerdings orientieren sich auch nicht tarifgebundene Betriebe häufig freiwillig an den tariflichen Beträgen. Daher werden die tatsächlichen Vergütungszahlungen in den alten Ländern nach wie vor stark durch die tariflichen Regelungen bestimmt, obwohl die Tarifbindung der Betriebe hier seit Mitte der 1990er-Jahre deutlich abgenommen hat (vgl. Ellguth/Kohaut 2018). In den neuen Ländern ist die Tarifbindung schon immer schwächer ausgeprägt gewesen (vgl. Ellguth/Kohaut 2018), und dort liegt die Höhe der tatsächlich gezahlten Ausbildungsvergütungen auch häufiger unter dem Tarifniveau als in den alten Ländern (vgl. Beicht/Walden 2012).
BIBB-Auswertung der tariflichen Ausbildungsvergütungen
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) beobachtet und analysiert seit dem Jahr 1976 die Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen. Zu diesem Zweck wird jährlich zum Stand 1. Oktober eine Auswertung der aktuell geltenden tariflichen Vergütungssätze durchgeführt. Diese werden jeweils vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus dem dort geführten Tarifregister zusammengestellt. Berücksichtigt werden dabei die Vergütungsvereinbarungen aus rund 450 wichtigen Tarifbereichen Deutschlands. Auf dieser Datenbasis werden im BIBB Vergütungsdurchschnitte für stärker besetzte Ausbildungsberufe berechnet. Seit 1992 erfolgt neben der Auswertung für die alten Länder auch eine gesonderte Auswertung für die neuen Länder. 2018 wurden 181 Berufe in den alten Ländern und 153 Berufe in den neuen Ländern einbezogen. In diesen Berufen waren insgesamt 89% aller Auszubildenden vertreten (alte Länder: 90%, neue Länder: 81%).
Das Niveau der tariflichen Ausbildungsvergütungen unterscheidet sich zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen beträchtlich. In vielen Wirtschaftszweigen gibt es zudem unterschiedliche Tarifregionen mit voneinander abweichenden Regelungen. Daher bestehen auch innerhalb der Wirtschaftszweige meistens regionale Unterschiede in der Vergütungshöhe, vor allem zwischen den alten und neuen Ländern. Nur in relativ wenigen Wirtschaftszweigen sind die Ausbildungsvergütungen in den neuen Ländern bereits an das Tarifniveau der alten Länder angepasst und bundesweit geltende einheitliche Vereinbarungen getroffen worden. Innerhalb der einzelnen Tarifbereiche werden in der Regel für alle Auszubildenden – unabhängig vom Ausbildungsberuf – einheitliche monatliche Vergütungssätze für die einzelnen Ausbildungsjahre festgelegt.
In der Auswertung des BIBB werden berufsspezifische Vergütungsdurchschnitte ermittelt. Dies erfolgt über eine Zuordnung von Ausbildungsberufen zu denjenigen Wirtschaftszweigen bzw. Tarifbereichen, in denen sie schwerpunktmäßig bzw. typischerweise ausgebildet werden (zur Methode vgl. Beicht 2011). Für jeden einbezogenen Ausbildungsberuf wird ein Durchschnitt über die tariflichen Vergütungssätze der jeweils zugeordneten Tarifbereiche berechnet, und zwar getrennt für alte und neue Länder. Anschließend werden auf Basis der jeweiligen berufsspezifischen Vergütungsdurchschnitte weitere Durchschnittswerte gebildet, z. B. für die einzelnen Ausbildungsbereiche in den alten bzw. neuen Ländern. Darüber hinaus werden auch durchschnittliche Vergütungsbeträge bezogen auf das gesamte Bundesgebiet berechnet. Bei den Durchschnittsbildungen erfolgt immer eine Gewichtung mit den Auszubildendenzahlen der jeweiligen Berufe in den alten bzw. neuen Ländern. Da der weitaus größte Teil der Auszubildenden in den alten Ländern ausgebildet wird, sind die gesamtdeutschen Vergütungsdurchschnitte sehr stark vom westlichen Vergütungsniveau geprägt.
Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 1992 bis 2018
Der gesamtdeutsche Durchschnitt der tariflichen Ausbildungsvergütungen lag 2018 bei 908 € pro Monat. Die Vergütungen erhöhten sich um durchschnittlich 3,7% gegenüber dem Vorjahr.190 In den alten Ländern betrugen die Vergütungen 2018 durchschnittlich 913 € pro Monat und in den neuen Ländern 859 €.191 Prozentual stiegen die Vergütungen in den neuen Ländern mit 3,9% etwas mehr an als in den alten Ländern mit 3,6%.
Bei Betrachtung der langfristigen Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen in den alten und neuen Ländern zeigen sich Phasen mit vergleichsweise hohen Vergütungssteigerungen und Phasen mit eher geringen Erhöhungen Schaubild A9.1-1.192 In den alten Ländern betrugen die Vergütungen 1992 im Durchschnitt 472 € pro Monat. Hier gab es 1993 mit einem Plus von durchschnittlich 5,3% den größten prozentualen Anstieg in den letzten 26 Jahren. Ab 1996 fiel die Anhebung der Ausbildungsvergütungen für viele Jahre – mit meist deutlich unter 3,0% – eher gering aus. Relativ starke Erhöhungen waren erst wieder von 2012 bis 2014 festzustellen, mit einem jährlichen Anstieg von jeweils über 4,0%. In den Folgejahren ging die Steigerungsrate allerdings erneut zurück und erreichte 2017 nur noch 2,6%. Mit 3,6% nahmen die Vergütungen 2018 wieder etwas stärker zu.
In den neuen Ländern waren die Vergütungen 1992 mit durchschnittlich 321 € pro Monat erheblich niedriger als in den alten Ländern. Zunächst waren in den neuen Ländern sehr hohe Vergütungssteigerungen zu verzeichnen. Den höchsten Anstieg gab es 1993 mit 26,1%, dann folgten 1994 und 1995 Erhöhungen um 7,7% bzw. 8,3%. 1996 erreichten die Vergütungen in den neuen Ländern 90% der westdeutschen Vergütungshöhe. Von 1997 bis 2006 war der prozentuale Anstieg jedoch nur noch sehr schwach und meistens geringer als in den alten Ländern; in einzelnen Jahren sank der Vergütungsdurchschnitt sogar. Die Annäherung an das Westniveau war daher rückläufig, 2006 lagen die Vergütungen nur noch bei 85% der westlichen Höhe. Ab 2007 nahmen die Steigerungsraten in den neuen Ländern wieder zu und waren nun in den meisten Jahren merklich höher als in den alten Ländern. Von 2009 bis 2016 bewegte sich der jährliche Anstieg – mit Ausnahme von 2010 – zwischen 4,1% und 5,0%. 2016 fehlten mit 94% der westlichen Vergütungshöhe nur noch 6 Prozentpunkte bis zur völligen Angleichung. Mit Steigerungsraten von 2,5% im Jahr 2017 und 3,9% im Jahr 2018 stagnierte die Annäherung an das Tarifniveau der alten Länder in jüngster Zeit jedoch weitestgehend.
Schaubild A9.1-1: Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 1992 bis 2018
Strukturen der tariflichen Ausbildungsvergütungen 2018
Die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen unterschieden sich 2018 beträchtlich zwischen den einzelnen Ausbildungsberufen. Im Handwerksberuf Maurer/-in waren – mit monatlich 1.159 € im gesamtdeutschen Durchschnitt – sehr hohe Vergütungen tariflich vereinbart. In den neuen Ländern fielen sie allerdings mit durchschnittlich 975 € erheblich niedriger aus als in den alten Ländern mit 1.175 €. Sehr hoch lagen die tariflichen Vergütungsdurchschnitte beispielsweise auch in den Berufen Mechatroniker/-in (gesamt: 1.088 €, alte Länder: 1.091 €, neue Länder: 1.070 €), Industriekaufmann/-frau (gesamt: 1.047 €, alte Länder: 1.051 €, neue Länder: 981 €), Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzen (einheitlich: 1.035 €) sowie Verwaltungsfachangestellte/-r (einheitlich: 1.003 €). Eher niedrig waren die tariflichen Vergütungsdurchschnitte 2018 zum Beispiel in den Berufen Maler/-in und Lackierer/-in (einheitlich: 718 €), Bäcker/-in (einheitlich: 678 €), Florist/-in (gesamt: 617 €, alte Länder: 622 €, neue Länder: 587 €), Friseur/-in (gesamt: 584 €, alte Länder: 606 €, neue Länder: 387 €) sowie Schornsteinfeger/-in (einheitlich: 518 €).
Zwischen den Ausbildungsbereichen gab es 2018 ebenfalls große Unterschiede im Niveau der tariflichen Ausbildungsvergütungen. Im öffentlichen Dienst waren im Gesamtdurchschnitt die höchsten Vergütungen tariflich vereinbart, eine Abweichung zwischen alten und neuen Ländern gab es nicht mehr Schaubild A9.1-2. Ebenfalls hoch fielen die Vergütungen insgesamt in Industrie und Handel aus. Allerdings unterschieden sich die Durchschnitte zwischen alten und neuen Ländern relativ stark, wobei in den neuen Ländern erst 93% des Westniveaus erreicht wurden. Ein insgesamt eher niedriges Vergütungsniveau wiesen die freien Berufe, das Handwerk und die Landwirtschaft auf. Im Bereich der freien Berufe lagen die Beträge in den neuen Ländern bei 97% der Vergütungshöhe in den alten Ländern, im Handwerk bei 91% und in der Landwirtschaft bei 82%. Bei den Durchschnittswerten für die Ausbildungsbereiche ist zu berücksichtigen, dass vor allem innerhalb von Industrie und Handel sowie Handwerk die Vergütungen der einzelnen Berufe stark differierten. Dagegen waren die Vergütungsunterschiede innerhalb der kleineren Ausbildungsbereiche, die wesentlich weniger Berufe umfassen, viel geringer.
Schaubild A9.1-2: Tarifliche Ausbildungsvergütungen 2018 insgesamt und nach Ausbildungsbereichen
Insgesamt verteilten sich die berufsspezifischen Ausbildungsvergütungen im Jahr 2018 in Deutschland wie folgt: 22% der Auszubildenden kamen auf hohe monatliche Beträge von 1.050 € und mehr. Für 53% bewegten sich die Vergütungen zwischen 800 € und unter 1.050 €. Relativ gering waren die Beträge für 25% der Auszubildenden mit weniger als 800 €. In den neuen Ländern ist aufgrund des im Vergleich zu den alten Ländern niedrigeren Vergütungsniveaus eine ungünstigere Verteilung zu verzeichnen als im gesamten Bundesgebiet.193 Für 12% der Auszubildenden gab es in den neuen Ländern hohe Vergütungen von 1.050 € und mehr. Für 50% lagen die Beträge zwischen 800 € und unter 1.050 €. Für 38% der Auszubildenden fielen die Vergütungen mit weniger als 800 € eher niedrig aus.
Unterschiede in der Vergütungshöhe waren 2018 auch zwischen männlichen und weiblichen Auszubildenden festzustellen. Im gesamten Bundesgebiet betrugen 2018 die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen für junge Männer 917 € pro Monat, für junge Frauen lagen sie mit 892 € um 2,7% niedriger. In den neuen Ländern war der Abstand etwas geringer als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Männliche Auszubildende erreichten durchschnittlich 866 €, weibliche Auszubildende 845 €, und damit 2,4% weniger.
Deutlich stärker fielen die Abweichungen allerdings innerhalb der beiden größten Ausbildungsbereiche Industrie und Handel sowie Handwerk aus. So kamen junge Männer 2018 in Industrie und Handel im gesamtdeutschen Durchschnitt auf 992 €, junge Frauen dagegen mit 945 € auf einen um 4,7% niedrigeren Betrag. Im Handwerk gab es für weibliche Auszubildende mit durchschnittlich 689 € sogar eine um 12,3% geringere Vergütung als für männliche Auszubildende mit 786 €.
Die abweichenden Vergütungsdurchschnitte resultierten dabei ausschließlich daraus, dass junge Männer schwerpunktmäßig in gewerblich-technischen Berufen ausgebildet wurden und Frauen weit überwiegend in kaufmännischen bzw. Dienstleistungsberufen. In den Berufen, in denen fast ausschließlich junge Männer vertreten waren, fielen die Ausbildungsvergütungen häufig relativ hoch aus. Umgekehrt lagen in einigen Berufen, die einen sehr hohen Frauenanteil aufwiesen, die Vergütungen eher niedrig.
Bei allen bisher genannten Beträgen handelte es sich jeweils um die durchschnittlichen tariflichen Vergütungen während der gesamten in der Ausbildungsordnung festgelegten Ausbildungsdauer der Berufe. Für die einzelnen Ausbildungsjahre wurden 2018 folgende monatliche Durchschnittswerte bezogen auf das gesamte Bundesgebiet ermittelt: Im 1. Ausbildungsjahr betrugen sie 825 €, im 2. Jahr 900 €, im 3. Jahr 994 € und im 4. Jahr 1.032 €. In den neuen Ländern ergaben sich für das 1. Ausbildungsjahr durchschnittlich 780 €, für das 2. Jahr 854 €, für das 3. Jahr 934 € und für das 4. Jahr 1.008 € pro Monat.194
Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen im Vergleich zur Lohn- und Gehaltsentwicklung und der Preissteigerung
Im Folgenden wird die Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen mit der allgemeinen tariflichen Lohn- und Gehaltsentwicklung verglichen und die Vergütungszunahme unter Berücksichtigung des stattgefundenen Anstiegs der Verbraucherpreise betrachtet Tabelle A9.1-1. Im Zeitraum von 2005 bis 2017 erhöhten sich die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen im gesamten Bundesgebiet um 44,3%. In den alten Ländern betrug die Steigerung insgesamt 41,4%, in den neuen Ländern 56,3%. Über den Umfang des allgemeinen Lohn- und Gehaltsanstiegs im betreffenden Zeitraum gibt der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Index der tariflichen Monatsverdienste der Arbeitnehmer/-innen195 Auskunft. Danach fiel im gesamtdeutschen Durchschnitt die Steigerungsrate bei den Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2017 um 12,7 Prozentpunkte höher aus als bei den Verdiensten der Arbeitnehmer/-innen (31,6%).
Tabelle A9.1-1: Nominaler und realer Anstieg der tariflichen Ausbildungsvergütungen (AV) sowie nominaler Anstieg der Tarifverdienste von 2005 bis 2017
In den alten Ländern war die Gesamtsteigerungsrate der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2017 um 10,1 Prozentpunkte höher als bei den Tarifverdiensten der Arbeitnehmer/-innen (31,3%). Vor allem von 2011 bis 2016 wurden die Ausbildungsvergütungen hier prozentual jeweils merklich stärker erhöht als die Arbeitnehmerverdienste. 2017 fiel der Anstieg bei den Vergütungen dagegen etwas schwächer aus als bei den Verdiensten. In den neuen Ländern lag der prozentuale Gesamtanstieg der Ausbildungsvergütungen von 2005 bis 2017 sogar um 22,2 Prozentpunkte über der Steigerungsrate der Arbeitnehmerverdienste (34,1%). In allen Jahren von 2005 bis 2016 – mit Ausnahme von 2008 – war die Verdienstentwicklung für die Auszubildenden deutlich günstiger als für die Arbeitnehmer/-innen. 2017 war jedoch auch in den neuen Ländern die prozentuale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen geringer als die der Arbeitnehmerverdienste.
Bei den bisher genannten Steigerungsraten handelte es sich immer um die nominalen Erhöhungen. Um den realen Zuwachs, d. h. den tatsächlichen Zugewinn an Kaufkraft beurteilen zu können, muss die Preissteigerung herausgerechnet werden. Der Umfang der Preissteigerung lässt sich anhand des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Verbraucherpreisindex (Gesamtindex für Deutschland) bestimmen. Danach stiegen die Verbraucherpreise in Deutschland von 2005 bis 2017196 um insgesamt 18,2% an. Bezogen auf das gesamte Bundesgebiet betrug die reale Erhöhung der tariflichen Ausbildungsvergütungen in dieser Zeitspanne somit 22,1%. In den alten Ländern lag die reale Steigerung der tariflichen Ausbildungsvergütungen in den Jahren 2005 bis 2017 bei 19,6%. In den neuen Ländern gab es mit 32,3% einen deutlich stärkeren prozentualen Realanstieg, allerdings basierend auf einem erheblich niedrigeren Ausgangsniveau der Vergütungen als in den alten Ländern.
(Ursula Beicht)
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187
Derzeit beabsichtigt die Bundesregierung, im Rahmen einer Novelle des Berufsbildungsgesetzes eine Mindestausbildungsvergütung ab dem Jahr 2020 einzuführen. Welche Betriebe von einer Mindestausbildungsvergütung betroffen wären und welche Auswirkungen diese auf die Ausbildungskosten hätte, hat das BIBB kürzlich mit einer datengestützten Simulation untersucht (vgl. Wenzelmann/Pfeifer 2018).
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188
Insbesondere im Handwerk sowie im Dienstleistungssektor gibt es Bereiche, in denen die Ausbildungsvergütungen nicht in allen, sondern nur in einzelnen Regionen innerhalb Deutschlands tariflich geregelt sind oder in denen überhaupt keine tariflichen Vereinbarungen zu den Ausbildungsvergütungen geschlossen werden.
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189
Eine Tarifbindung liegt in der Regel dann vor, wenn der Betrieb dem tarifschließenden Arbeitgeberverband eines Wirtschaftszweigs angehört oder wenn für den Betrieb ein gesonderter Firmentarifvertrag abgeschlossen wurde. In eher seltenen Fällen werden Tarifvereinbarungen in einem Wirtschaftszweig durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt, dann gelten die tariflichen Regelungen ohne Ausnahme für alle Betriebe des betreffenden Bereichs.
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190
Die tariflichen Ausbildungsvergütungen stellen für die Auszubildenden Bruttobeträge dar. In der Regel ist hiervon der Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung zu entrichten. Nur wenn die Vergütung nicht mehr als 325 € beträgt, gilt der Auszubildende als Geringverdiener und die gesamten Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) müssen dann vom Ausbildungsbetrieb übernommen werden. Bei relativ hohen Ausbildungsvergütungen erfolgt gegebenenfalls auch ein Lohnsteuerabzug.
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191
Zu beachten ist, dass die tariflichen Ausbildungsvergütungen nicht in der aus öffentlichen Mitteln finanzierten außerbetrieblichen Berufsausbildung in BBiG/HwO-Berufen gelten. Dort erhalten die Auszubildenden in der Regel wesentlich niedrigere Vergütungen, die gesetzlich bzw. durch Verordnung festgelegt werden.
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Zur Langzeitentwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen von 1976 bis 2010 vgl. auch Beicht (2011 und 2019).
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193
Da die gesamtdeutschen Verteilungen und Durchschnitte der Vergütungen stark vom Vergütungsniveau in den alten Ländern geprägt wurden, wird in diesem Abschnitt auf die Ergebnisse für die alten Länder nicht gesondert eingegangen.
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194
Zu beachten ist, dass der Vergütungsdurchschnitt für das 4. Ausbildungsjahr ausschließlich auf den relativ wenigen Berufen mit einer dreieinhalbjährigen Ausbildungsdauer basiert und somit nicht unmittelbar mit den Werten der anderen Ausbildungsjahre vergleichbar ist.
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195
Für 2018 lagen diese Angaben noch nicht vor.
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196
Für 2018 lagen diese Angaben ebenfalls noch nicht vor. Die Verbraucherpreisindizes werden vom Statistischen Bundesamt nicht in der Differenzierung nach alten und neuen Ländern ermittelt.