Der betrieblichen Weiterbildung wird angesichts veränderter Qualifikations- und Tätigkeitsanforderungen und Fachkräfteengpässen infolge von technologischen und demografischen Entwicklungen ein hoher Stellenwert bei der Deckung des betriebsspezifischen Qualifizierungsbedarfs zugesprochen. Im betrieblichen Kontext kann die Weiterbildung auf unterschiedlichem Wege stattfinden. Neben der Teilnahme an Kursen, Lehrgängen oder Seminaren findet das Lernen im Betrieb häufig auch außerhalb formaler Kurse innerhalb des Arbeitsprozesses statt. Eine sehr formalisierte Form der Fort- und Weiterbildung sind sogenannte Aufstiegsfortbildungen, bei denen Beschäftigte einen anerkannten Fortbildungsabschluss erwerben. Für Beschäftigte mit einer Berufsausbildung schaffen Aufstiegsfortbildungen Karriereperspektiven und eröffnen Möglichkeiten für den beruflichen Aufstieg sowie für die Übernahme von verantwortlichen Fach- und Führungsaufgaben (Weiß 2014; Bußmann/Seyda 2016). Für Betriebe ist die Förderung von Aufstiegsfortbildungen eine Möglichkeit, den wachsenden Bedarf an spezialisierten Fachkräften zu decken (Bußmann/Seyda 2016).
Anhand der Daten des BIBB-Betriebspanels zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung (vgl. Erläuterung in Kapitel A7.3) aus dem Jahr 2018 wird nachfolgend dargestellt, in welchem Umfang Betriebe in Deutschland Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten fördern. Mit dem Schwerpunkt auf die betriebliche Förderung von Aufstiegsfortbildungen ergänzt der Beitrag Informationen zur betrieblichen Weiterbildungsbeteiligung, die auf anderen Datenquellen beruhen (vgl. Kapitel B1.2.2)
Formen betrieblich geförderter Fort- und Weiterbildung
Das BIBB-Qualifizierungspanel differenziert betrieblich geförderte Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen nach 1) allgemeinen Weiterbildungsmaßnahmen in Form von Kursen und Seminaren, 2) nichtkursförmigen Weiterbildungsmaßnahmen, die außerhalb organisierter Kurse direkt am Arbeitsplatz stattfinden, wie z. B. die Einarbeitung am Arbeitsplatz oder das selbstgesteuerte Lernen anhand von Computerprogrammen, sowie 3) Aufstiegsfortbildung. Weiterbildungsmaßnahmen gelten als betrieblich gefördert, wenn Betriebe ihre Beschäftigten für die Teilnahme ganz oder teilweise freistellen oder wenn sie die Kosten für die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ganz oder teilweise übernehmen. Aufstiegsfortbildungen unterscheiden sich von anderen Weiterbildungsmaßnahmen, da hier ein anerkannter Fortbildungsabschluss, beispielweise ein Meister- oder Technikerabschluss, erworben wird, mit dem Beschäftigte ihr formales Qualifikationsniveau erhöhen. Die für Fortbildungsabschlüsse geltenden Prüfungsvorschriften werden entweder durch Rechtsverordnungen des Bundes oder der Länder oder durch Rechtsvorschriften der zuständigen Kammern festgelegt (vgl. Kapitel B4.1, Kapitel B4.4).
Nach den Ergebnissen des BIBB-Qualifizierungspanels haben im Referenzjahr 2017 rund 2 von 3 Betrieben (64%) Weiterbildungsmaßnahmen in Form von Kursen oder Seminaren ihrer Beschäftigten unterstützt. In etwa der Hälfte aller Betriebe (55%) haben Beschäftigte an nichtkursförmigen Weiterbildungsmaßnahmen teilgenommen. Der Anteil der Betriebe mit Teilnehmerinnen/Teilnehmern an Aufstiegsfortbildung war erwartungsgemäß deutlich geringer. Etwa jeder achte Betrieb (12%) förderte mindestens eine/einen Beschäftigte/-n im Rahmen einer Aufstiegsfortbildung. Im Jahr zuvor lag der Anteil noch bei 11%.
Beteiligung von Betrieben an Aufstiegsfortbildungen nach Strukturmerkmalen
Schaubild B1.2.3-1 stellt den Anteil der Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen im Jahr 2017 nach ausgewählten Strukturmerkmalen dar. Der Vergleich über die Wirtschaftszweige zeigt eine überdurchschnittlich hohe Förderung an Aufstiegsfortbildungen in medizinischen und pflegerischen Dienstleistungsbetrieben (27%), im Bereich öffentlicher Dienst, Erziehung und Unterricht (23%) sowie in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes (20%). Weitaus weniger verbreitet war dagegen die Förderung von Aufstiegsfortbildungen in Betrieben der Wirtschaftszweige „Land-, Forstwirtschaft und Bergbau“, „Bauwirtschaft“ und „überwiegend persönlichen Dienstleistungen“.
Unterschiede gab es auch im Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland. Im Westen förderten 13% der Betriebe die Teilnahme an Aufstiegsfortbildungen, im Osten waren es dagegen nur 8%. Des Weiteren stieg der Anteil der Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen mit der Betriebsgröße. 71% der Großbetriebe förderten Aufstiegsfortbildungen, bei Kleinst- und Kleinbetrieben war es nur etwa jeder zwölfte Betrieb (8%). Dieses Ergebnis ist jedoch auch darauf zurückzuführen, dass mit der Höhe der Beschäftigtenzahl auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass eine solche Förderung für wenigstens eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter stattfindet. Deutliche Unterschiede fanden sich zudem zwischen ausbildenden Betrieben und Betrieben, die keine Auszubildenden beschäftigten.253 Über ein Viertel (26%) der Ausbildungsbetriebe unterstützte Aufstiegsfortbildungen von Beschäftigten; bei Betrieben ohne Auszubildende war es dagegen nur jeder zwölfte Betrieb (8%). In solchen Betrieben scheint der Bedarf an Beschäftigten mit Fortbildungsabschluss besonders hoch zu sein, und es ist zu vermuten, dass Beschäftigten hier gleichzeitig Karriereperspektiven offenstehen, die zu einer hohen Teilnahmebereitschaft an Aufstiegsfortbildungen vonseiten der Beschäftigten führt.
Schaubild B1.2.3-1: Anteil der Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen im Jahr 2017 nach Strukturmerkmalen (in %)
Beteiligung von Betrieben an Aufstiegsfortbildungen nach dem Stand der Digitalisierung
Der betrieblichen Weiterbildung kommt angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt eine wichtige Rolle zu. Der erhöhte Bedarf an Qualifizierung der Beschäftigten zeigt sich beispielsweise daran, dass Betriebe mit hohem Digitalisierungsstand bzw. hohen Investitionen in die Digitalisierung mehr allgemeine Weiterbildungsaktivitäten und höhere Teilnahmequoten vonseiten der Beschäftigten aufweisen als Betriebe, in denen digitale Technologien weniger verbreitet sind (Lukowski 2017; Janssen u. a. 2018). Gilt dieser Befund auch mit Blick auf die betriebliche Förderung von Aufstiegsfortbildungen? Im Folgenden wird auf Grundlage des Digitalisierungsindexes (vgl. Erläuterung in Kapitel A7.3) zwischen Betrieben mit hohem und geringem Digitalisierungsgrad unterschieden. Mit dem Digitalisierungsindex wird erfasst, in welchem Umfang Betriebe unterschiedliche digitale Technologien verwenden. Den in Tabelle B1.2.3-1 dargestellten Ergebnissen zufolge förderte jeder fünfte Betrieb (20%) mit hohem Digitalisierungsgrad im Jahr 2017 Aufstiegsfortbildungen. Bei Betrieben, die digitale Technologien in geringem Umfang einsetzten, war es nur jeder zwölfte Betrieb (8%). Diese Unterschiede zwischen Betrieben mit hohem versus geringem Digitalisierungsgrad bestanden in allen Größenklassen und über alle Wirtschaftszweige hinweg. Besonders hoch fiel die Differenz zwischen Betrieben mit hohem und niedrigem Digitalisierungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe (34% versus 8%) sowie im Wirtschaftszweig „Handel und Reparatur“ (14% versus 2%) aus.
Tabelle B1.2.3-1: Anteil der Betriebe mit Aufstiegsfortbildungen im Jahr 2017 nach Digitalisierungsgrad und Struktrumerkmalen (in %)
Teilnehmer/-innen an betrieblich geförderten Aufstiegsfortbildungen nach Fachrichtungen
Neben der Frage, ob Betriebe Aufstiegsfortbildungen förderten, wird die Teilnahmequote in einzelnen Fachrichtungen ermittelt und dabei zwischen 4 Fachrichtungen von Aufstiegsfortbildungen unterschieden:
- kaufmännische Fortbildungen, die nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) geregelt sind,
- gewerblich-technische Fortbildungen, die nach BBiG oder HwO geregelt sind,
- Aufstiegsfortbildungen an Fachschulen im Bereich Agrarwissenschaft, Gestaltung, Technik oder Wirtschaft, die landesrechtlich geregelt sind,
- Aufstiegsfortbildungen im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen.
Für die einzelnen Fachrichtungen lassen sich Teilnahmequoten berechnen. Dafür wird jeweils die Summe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Aufstiegsfortbildungen pro Fachrichtung (Zähler) durch die Summe aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Aufstiegsfortbildungen (Nenner) im Jahr 2017 geteilt. Da der Beitrag nur betrieblich geförderte Aufstiegsfortbildungen behandelt, beziehen sich die Aussagen auf Personen, die sich während der Fortbildungsdauer in einem betrieblichen Beschäftigungsverhältnis befanden.
Schaubild B1.2.3-2 stellt die Teilnahmequoten in der Differenzierung nach Wirtschaftszweigen und nach dem Digitalisierungsgrad dar. Mit 40% entfiel 2017 der höchste Anteil an Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf kaufmännische Aufstiegsfortbildungen nach BBiG oder HwO, mit denen beispielsweise ein Abschluss als Fachwirt/-in, Fachkauffrau/Fachkaufmann oder Betriebswirt/-in erlangt werden kann. An zweiter Stelle standen mit 29% die Teilnehmer/-innen an Aufstiegsfortbildungen im Gesundheits- und Sozialwesen, zu denen beispielsweise Fachkrankenpfleger/-innen zählen. An gewerblich-technischen Aufstiegsfortbildungen nach BBiG oder HwO, die beispielsweise zum Industrie-, Fach- oder Handwerkmeister fortbilden, nahmen 15% aller Beschäftigten mit einer betrieblich geförderten Aufstiegsfortbildung teil. Gleich hoch (15%) war der Anteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Aufstiegsfortbildungen an Fachschulen in den Bereichen Technik, Wirtschaft, Gestaltung und Agrarwissenschaften.
Bei der Verteilung der Teilnahmequoten über die Fachrichtungen gab es erwartungsgemäß deutliche Unterschiede zwischen den Wirtschaftszweigen: In den Wirtschaftszweigen „Handel und Reparatur“ sowie „unternehmensnahe/persönlichen Dienstleistungen“ überwogen kaufmännische Aufstiegsfortbildungen. Im verarbeitenden Gewerbe und der Bauwirtschaft wurden dagegen hauptsächlich gewerblich-technische Aufstiegsfortbildungen absolviert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Aufstiegsfortbildungen im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen fanden praktisch ausschließlich in Betrieben des Wirtschaftszweigs „Medizinische Dienstleistungen“ oder „Öffentlicher Dienst und Erziehung“ statt.
(Sabine Mohr)
Schaubild B1.2.3-2: Verteilung der Teilnehmer/-innen an Aufstiegsfortbildungen im Jahr 2017 nach Fachrichtungen und Wirtschaftszweigen (in %)
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Die Differenzierung zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben erfolgt anhand der Angaben zur Beschäftigung von Auszubildenden in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder der Handwerksordnung (HwO) anerkannten Ausbildungsberuf zum Stichtag 31.12.2017. Betriebe, die zu diesem Stichtag Auszubildende beschäftigen, zählen zu den ausbildenden Betrieben.