BP:
 

Berufliche Weiterbildungsangebote werden von einer Vielzahl von Einrichtungen unterschiedlicher institutioneller Struktur und Größe durchgeführt. Neben öffentlichen und privat-kommerziell arbeitenden Trägern verantworten u. a. gesellschaftliche Großgruppen wie Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Berufsverbände Veranstaltungen beruflicher Weiterbildung. Zu den gewerkschafts- und arbeitgebernahen Weiterbildungseinrichtungen zählten 2008 nach den Ergebnissen einer umfassenden Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) insgesamt rund 7% der Anbieter (Einrichtungen der Gewerkschaft: 1,9%; Einrichtungen der Wirtschaft: 5,2%) (vgl. Dietrich/Schade/Behrensdorf 2008, S. 26). In der bundesweiten jährlichen wbmonitor-Umfrage des BIBB und des DIE werden die Einrichtungstypen weniger differenziert erfasst. Zu den wirtschaftsnahen Einrichtungen (wie Kammer, Innung, Berufsverband oder Ableger davon) gehörten 2017 demnach 9% der Weiterbildungsanbieter278 (vgl. Ambos u. a. 2018, S. 44). 

Datenbasis zu Angeboten gewerkschafts- und arbeitgebernaher Institutionen

Die in diesem Abschnitt dargestellten Daten stammen aus Veröffentlichungen der gewerkschafts- bzw. arbeitgebernahen Anbieter. Es handelt sich um Angaben zur Anzahl der Veranstaltungen und Anzahl der Teilnehmenden; teilweise liegen auch Angaben zu den Unterrichtsstunden und zum Umfang einzelner Themenbereiche vor.

Angebot an beruflicher Weiterbildung in gewerkschaftsnahen Institutionen

Schwerpunkte gewerkschaftsnaher Bildungseinrichtungen sind Angebote der politischen Bildung sowie der arbeitswelt- und arbeitnehmerorientierten Bildung, die sich vor allem an Mitglieder von betrieblichen Interessenvertretungen und Gewerkschaften richten. Zum Leistungsspektrum gehören aber auch vielfältige Maßnahmen zur beruflichen Qualifizierung für verschiedene Adressatengruppen.

Die großen Gewerkschaften unterhalten eigene Bildungsabteilungen oder sind Träger von Bildungswerken mit Angeboten zur beruflichen Weiterbildung. Dazu gehören u. a. die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) und die ver.di Bildung und Beratung GmbH (ver.di b+b). Auch die Mitgliedseinrichtungen des Bundesarbeitskreises Arbeit und Leben, der vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und dem Deutschen Volkshochschul-Verband (DVV) getragen wird, sind in diesem Kontext zu nennen (vgl. Kapitel B2.2.3). Der DGB hat zudem mit dem Berufsfortbildungswerk des DGB (bfw) eine eigene Organisation für den Bereich der beruflichen Weiterbildung gegründet, die in 2 Gesellschaften gegliedert ist. Für die Geschäftsbereiche Nord, West und Süd (alte Bundesländer) ist die in Düsseldorf ansässige bfw-Gesellschaft zuständig, für Ostdeutschland die bfw-Gesellschaft mit Sitz in Berlin.

Die Entwicklung der Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen der beiden bfw-Gesellschaften für West- und Ostdeutschland, die regelmäßig in den Geschäftsberichten veröffentlicht werden, veranschaulicht Tabelle B2.2.2-1 Insgesamt setzte sich die im Vorjahr eingetretene positive Entwicklung fort. Im Vergleich zu 2016 ist 2017 bei den Veranstaltungen ein Plus von 9,4% auf 2.689 und bei den Teilnehmenden von 2,5% auf 44.341 zu verzeichnen. Dabei schlug die Situation in den westlichen Bundesländern mit ihren deutlich höheren Volumina durch: 2017 wurden dort 79,5% aller bfw-Veranstaltungen und 84,8% aller Teilnehmenden registriert. In Ostdeutschland setzte sich der positive Trend der letzten Jahre nicht weiter fort. Die Zahl durchgeführter Veranstaltungen lag knapp unter dem Vorjahresniveau (-0,9%; 550), während die Zahl der Teilnehmenden deutlich rückläufig war (-14,1% auf 6.723).

Die längerfristige Betrachtung verdeutlicht, dass zwischen 2007 und 2009 bundesweit Zuwächse beim durchgeführten Angebot und bei der Nachfrage zu verzeichnen waren, denen 2010 und 2011 erhebliche Einbrüche folgten. Bis 2015 gingen die Teilnehmendenzahlen weiter zurück, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Ähnliches gilt – nach einem zwischenzeitlichen Wiederanstieg – für die Veranstaltungen. Nachdem die Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen für das Bundesgebiet insgesamt 2015 den tiefsten Stand im Zeitraum der letzten 10 Jahre erreicht hatten, waren wieder Zunahmen zu verzeichnen; die Ergebnisse für 2017 lagen aber immer noch deutlich unter dem Niveau von 2010. 

Die DAA bietet bundesweit an mehr als 300 Standorten berufliche Weiterbildungsveranstaltungen an. Schwerpunkte liegen bei kaufmännischen Bildungsgängen sowie in den Bereichen Gesundheit und Soziales. Neben Angeboten für Berufstätige und Aufstiegsqualifizierungen gehören Umschulungen und Weiterbildungen für Arbeitssuchende und Rehabilitanden sowie Angebote für Geflüchtete zum Leistungsspektrum. Für die Berichtsjahre 2015 bis 2017 konnten von der DAA keine statistischen Daten zu Weiterbildungsveranstaltungen und Teilnehmenden zur Verfügung gestellt werden. Für die Jahre 2004 bis 2014 liegen entsprechende Angaben vor (siehe BIBB-Datenreport 2016, Kapitel B2.2.2).

Tabelle B2.2.2-1: Veranstaltungen und Teilnehmende der Berufsfortbildungswerke des DGB, 2007 bis 2017

Angebot an beruflicher Weiterbildung in arbeitgebernahen Institutionen

Der „Wuppertaler Kreis e. V. – Bundesverband betriebliche Weiterbildung“ versteht sich als Zusammenschluss der führenden Weiterbildungseinrichtungen der Wirtschaft. Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft sind u. a. der langjährige Erfolg in der Weiterbildung von Fach- und Führungskräften, das Angebot der Dienstleistungen auf dem freien Markt und deren Relevanz in einem Teilsegment der Weiterbildung (vgl. Wuppertaler Kreis 2015). Im Jahr 2018 hatte der Verband 46 Mitglieder. Dazu zählten u. a. branchenbezogene Weiterbildungsunternehmen, Einrichtungen bedeutender Konzerne sowie Bildungswerke der Wirtschaft in einigen Bundesländern. Die Einordnung als „arbeitgebernahe Institutionen“ gründet sich zum einen auf den Entstehungszusammenhang des Verbandes, zum anderen auf dessen aktuellem Selbstverständnis als Interessenvertretung der Weiterbildungseinrichtungen der Wirtschaft (vgl. Wuppertaler Kreis 2015).279

Ergebnisse zu den Weiterbildungsleistungen, die aus der regelmäßigen Umfrage unter den Verbandsmitgliedern stammen, enthält Tabelle B2.2.2-2.280 Im Jahr 2017 wurden von den sich an der Erhebung beteiligenden Einrichtungen 127.900 Veranstaltungen durchgeführt. Bezogen auf die letzten 10 Jahre war damit ein neuerlicher Einbruch zu verzeichnen, obwohl 2016/2017 die Zahl der Mitglieder insgesamt wie auch die Zahl der Einrichtungen, die die Umfrage beantwortet haben, konstant geblieben ist bzw. wieder leicht zugenommen hat. Im Vergleich zum Vorjahr waren die Veranstaltungszahlen stark rückläufig (-17,8%). Demgegenüber erreichte die Zahl der Teilnehmenden das Vorjahresniveau (1,4 Mio.), d. h. wieder das Maximum seit Beginn der statistischen Erfassung (2006).

Das Tätigkeitspektrum der Verbandsmitglieder ist breit gefächert. Den relativ größten durchschnittlichen Anteil am Umsatz (35,1%) erzielten 2017 offene Seminare, die v. a. von mittelständischen Unternehmen für deren Mitarbeitende nachgefragt werden. Gegenüber dem Vorjahr ist der Anteil dieses Segments um 3,3 Prozentpunkte gesunken. Im Durchschnitt gut ein Fünftel wurde mit Inhouse-Seminaren für Firmen erwirtschaftet (22,2%). Auf Maßnahmen für öffentliche Auftraggeber (z. B. nach SBG) entfiel ein fast ebenso hoher durchschnittlicher Umsatzanteil (20,3%). Die Ergebnisse dieser beiden Formate lagen geringfügig unter bzw. etwas über Vorjahresniveau (22,6% bzw. 18,8%). Mit der Durchführung abschlussbezogener Lehr- und Studiengänge wurde 2017 ein durchschnittlicher Umsatzanteil von 11,4% erreicht, was nahezu dem Vorjahreswert entspricht (11,3%). Der durchschnittliche Umsatzanteil von Prozessbegleitung/Coaching ist im Vergleich zum Vorjahr minimal (+0,9 Prozentpunkte) auf 4,4%281 gestiegen (vgl. Wuppertaler Kreis 2018, S. 6; Wuppertaler Kreis 2017, S. 6).

Tabelle B2.2.2-2: Veranstaltungen, Teilnehmende, Standorte und Mitglieder des Wuppertaler Kreises 2007 bis 2017

Angebot an beruflicher Weiterbildung bei den Industrie- und Handelskammern

Die aktuell 79 Industrie- und Handelskammern (IHK) in Deutschland282 sind Einrichtungen der Wirtschaft für die Wirtschaft. Sie nehmen öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr und bieten den qua Gesetz zur Mitgliedschaft verpflichteten gewerblichen Unternehmen283 in ihrem regionalen Zuständigkeitsbereich verschiedene Serviceleistungen an. Zum Leistungsspektrum gehören u. a. an betrieblicher Praxis ausgerichtete berufliche Weiterbildungen, die die IHK zusammen mit ihren Bildungszentren realisieren. Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um berufsbegleitende Seminare und Lehrgänge, die zum Teil auf IHK-Prüfungen vorbereiten. Das Branchenspektrum der IHK-Mitglieder spiegelt sich in der Themenvielfalt des Weiterbildungsangebots. Statistische Daten zu den Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmenden für das Bundesgebiet, die auf Angaben der einzelnen IHK beruhen, veröffentlicht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) jährlich in seiner „Fortbildungsstatistik“.284

Die IHK haben im Jahr 2017 insgesamt 23.166 Weiterbildungsveranstaltungen mit einem Volumen von rund 2,04 Mio. Unterrichtsstunden durchgeführt, an denen 317.174 Personen teilgenommen haben Tabelle B2.2.2-3. Gegenüber dem Vorjahr ist ein leichter Rückgang zu verzeichnen: Die Zahl der Unterrichtsstunden sank um -3,8%, die der Veranstaltungen um -2,0% und die der Teilnehmenden um -1,6%.

Seit dem Jahr 2010285 zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen: Das Unterrichtsstundenvolumen weist starke Schwankungen auf. Bei den Veranstaltungen und den Teilnehmenden gab es bis 2012 einen Aufwuchs. Die Veranstaltungszahlen sind seitdem schwankend, wobei der Rückgang 2015 vergleichsweise hoch ausfiel. Bei den Teilnehmenden war 2014 eine starke Abnahme zu verzeichnen. Anschließend zeichnete sich ebenfalls kein eindeutiger Trend ab.

Mit Blick auf bestimmte Segmente und Themenbereiche der IHK-Weiterbildungen 2017 im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich, dass – entgegen der Gesamtentwicklung – bei der Aufstiegsbildung die Veranstaltungszahlen in den quantitativ ins Gewicht fallenden Bereichen kaufmännische Bildung (+3,8%), AEVO (+1,4%) und industriell-technische Bildung (+0,3%) geringfügig gestiegen bzw. stabil geblieben sind. Zugleich war auch hier die Zahl der Unterrichtsstunden und der Teilnehmenden jeweils leicht rückläufig (kaufmännische Bildung: -3,1% bzw. -4,4%; AEVO: -3,3% bzw. -2,0%; industriell-technische Bildung: -3,9% bzw. -3,0%). Demnach sind eine Abnahme des durchschnittlichen Stundenvolumens und ein leichter Rückgang der durchschnittlichen Teilnehmendenzahl pro Veranstaltung zu verzeichnen.

Überdurchschnittlich negativ hat sich im Vorjahresvergleich die Anpassungsbildung entwickelt (Veranstaltungen: -4,7%, Unterrichtsstunden: -8,1%, Teilnehmende: -9,2%). Besonders auffällig sind die hohen Rückgänge im Bereich industriell-technische Bildung (Veranstaltungen: -16,3%; Unterrichtsstunden: -22,5%; Teilnehmende: -15,3%). 

Bei den Firmenseminaren setzte sich die 2016 eingetretene positive Entwicklung nicht fort. Hier fielen die Rückgänge bei den Unterrichtstunden ebenfalls am höchsten aus (-11,1%), wobei auch die Abnahmen bei den Veranstaltungen (-5,1%) und den Teilnehmenden (-6,7%) überdurchschnittliches Niveau erreichten.

Die nach Themenbereichen differenzierte Übersicht über die IHK-Weiterbildungsveranstaltungen im Jahr 2017  Tabelle B2.2.2-4 verdeutlicht, dass die größten Anteile an Veranstaltungen (54,4%) und Teilnehmenden (42,7%) auf die Anpassungsbildung entfielen. Unter thematischen Gesichtspunkten hatte hier der kaufmännische Bereich das größte Gewicht. Aufstiegsweiterbildungen sind i. d. R. deutlich zeitintensiver. Dies erklärt, dass 58,1% aller Unterrichtsstunden der IHK 2017 diesem Bereich zugerechnet wurden, aber nur gut ein Fünftel der Veranstaltungen (22,3%) und ein Viertel der Teilnehmenden (24,7%). Auch in diesem Segment hatten kaufmännische Weiterbildungen den relativ höchsten Anteil am Angebot und an der Nachfrage. Auf Firmenseminare entfielen im Jahr 2017 zwar 13,0% aller IHK-Weiterbildungsveranstaltungen und 10,3% aller Teilnehmenden, dagegen lediglich 2,9% der Unterrichtsstunden. Sie wiesen im Vergleich zur Anpassungs- und Aufstiegsbildung somit die kürzeste Dauer von durchschnittlich 19 Unterrichtsstunden auf.

(Ingrid Ambos, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung)

Tabelle B2.2.2-3: Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmende der Industrie- und Handelskammern, 2007 bis 2017

Tabelle B2.2.2-4: Veranstaltungen, Unterrichtsstunden und Teilnehmende der Industrie- und Handelskammern nach Themenbereichen 2017

  • 278

    Gewerkschaftsnahe Einrichtungen werden nicht als Einzelkategorie erhoben und ausgewiesen.

  • 279

    Für weitere Informationen siehe: www.wkr-ev.de

  • 280

    Bei der Interpretation der Daten sind die Schwankungen bei den Umfragebeteiligungen zu berücksichtigen.

  • 281

    Sonstiges (z. B. Forschung, Hotelbetrieb): 6,5%

  • 282

    Im Jahr 2015 gab es noch 80 IHK. Anfang 2016 sind die IHK Bremen und Bremerhaven nach Auskunft des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) fusioniert.

  • 283

    Außer Handwerksbetriebe, landwirtschaftliche Betriebe und freie Berufe

  • 284

    Auch die ca. 550 Bildungseinrichtungen in Trägerschaft der 53 Handwerkskammern und anderer Organisationen des Handwerks (wie Innungen oder Kreishandwerkerschaften) bieten berufliche Weiterbildung an. Nach Informationen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) werden außer der Prüfungsstatistik aber auf Bundesebene keine Daten zum Angebot und zu den Teilnehmenden vorgehalten.

  • 285

    Langzeitvergleiche sind nur mit den Daten ab 2010 möglich, da in diesem Jahr die Erhebungsmodalitäten geändert wurden.