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Mit der Bildungsprämie wird seit Dezember 2008 die Beteiligung Erwerbstätiger mit niedrigem Einkommen an individueller berufsbezogener Weiterbildung unterstützt. Das Bundesprogramm Bildungsprämie wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Es befindet sich aktuell in seiner dritten Förderphase. Im Verlauf der Phasen wurden die Förderkonditionen mehrfach angepasst, die aktuellen Konditionen gelten seit Juli 2017.

Bis Ende Dezember 2018 wurden rund 340.000 Prämiengutscheine und 28.800 Spargutscheine ausgegeben. Den Erfahrungen der beiden vorangegangenen Förderperioden nach werden knapp 75 % der Prämiengutscheine auch eingelöst. 

Programm „Bildungsprämie“

Mit der Bildungsprämie können Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt werden, die berufsspezifische Kenntnisse bzw. Fertigkeiten vermitteln, sowie Weiterbildungen, die der Stärkung der allgemeinen Beschäftigungsfähigkeit dienen.

Die Bildungsprämie umfasst 2 Finanzierungsinstrumente, die kumulativ anwendbar sind:

  • Prämiengutschein: Mit dem Prämiengutschein unterstützt der Bund Erwerbstätige in ihrem Weiterbildungsinteresse, indem 50% der Veranstaltungsgebühren übernommen werden, maximal jedoch 500 €. Den Gutschein können Personen erhalten, die mindestens 15 Stunden pro Woche erwerbstätig sind und deren zu versteuerndes Jahreseinkommen 20.000 € bei Alleinstehenden (bzw. 40.000 € bei gemeinsamer Veranlagung) nicht übersteigt. 
  • Spargutschein: Das Weiterbildungssparen (den Spargutschein) können alle diejenigen nutzen, die über ein mit der Arbeitnehmer-Sparzulage gefördertes Ansparguthaben nach dem Vermögensbildungsgesetz (VermBG) verfügen. Der Spargutschein der Bildungsprämie ermöglicht es, vorzeitig auf das angesparte Guthaben zuzugreifen, ohne dass dadurch die Arbeitnehmersparzulage verloren geht. Er kann unabhängig vom Jahreseinkommen in Anspruch genommen und auch als Ergänzung des Prämiengutscheins für den verbleibenden finanziellen Eigenanteil genutzt werden. Durch das Weiterbildungssparen können aufwendige und oftmals langfristige Weiterbildungsmaßnahmen leichter finanziert werden.

Für den Erhalt eines Prämien- und/oder Spargutscheins ist die Teilnahme an einem Beratungsgespräch in einer der bundesweit ca. 530 Beratungsstellen obligatorisch. 

Struktur der Programmteilnehmenden

Die Teilnehmerstruktur hat sich über die 3 Förderphasen in einzelnen soziodemografischen Merkmalen nur leicht verändert. Bei der Betrachtung des Geschlechts ist der überproportional hohe Frauenanteil auffallend Tabelle B3.6-1. Hier ist sogar eine leichte Zunahme von anfänglich 74% auf mittlerweile 77% festzustellen. Der hohe Frauenanteil korrespondiert in der Tendenz mit den Daten des Adult Education Survey (AES) 2016, denen zufolge erwerbstätige Frauen sich fast doppelt so oft an individueller berufsbezogener Weiterbildung beteiligen als Männer (7% vs. 4%) (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2017c, S. 35). 

Zu Beginn der dritten Förderphase bis einschließlich Juni 2017 waren Personen unter 25 Jahren von einer Förderung ausgeschlossen. Seit Juli 2017 sind sie, wie schon in der ersten und zweiten Förderphase, wieder förderberechtigt. Ihr Anteil an allen geförderten Personen dieser Altersgruppe liegt seitdem bei 7% und hat damit bisher nicht das Niveau aus den ersten beiden Förderphasen erreicht (11%). Außerdem sind seit Juli 2017 auch Personen in Rente förderberechtigt, sofern sie mindestens 15 Stunden erwerbstätig sind. Insgesamt ist in der Altersstruktur eine Verschiebung hin zu den älteren Jahrgängen erkennbar. Schließt man die unter 25-Jährigen sowie Rentner aus der Analyse aus, lassen sich die übrigen Gruppen über die Förderphasen vergleichen. Fast unverändert blieb der Anteil der 25- bis 34-Jährigen. Dagegen ist der Anteil der 35- bis 44-Jährigen von anfänglich 34% auf 29% gesunken, während der Anteil der 45- bis 54-Jährigen in dieser Zeit von 25% auf 27% leicht anstieg. Die älteste Altersgruppe der ab 55-Jährigen verzeichnete dafür einen deutlichen Zuwachs. Von ursprünglich 5% nahm der Anteil um 4 Prozentpunkte auf mittlerweile 9% zu Tabelle B3.6-1

Die Beschäftigungsstruktur der teilnehmenden Personen hat sich unterschiedlich entwickelt. Ein deutlicher Zuwachs ist bei abhängig Beschäftigten in Teilzeit erkennbar. Lag ihr Anteil in der ersten Förderphase bei 36%, ist er inzwischen mit 49% auf fast die Hälfte aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer angestiegen Tabelle B3.6-1. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der Vollzeiterwerbstätigen von 40% auf 26% deutlich zurückgegangen. Der Anteil der Selbstständigen stieg im Laufe des Förderzeitraums von 19% zu Beginn auf 23% in der dritten Förderphase an. Der deutliche Anstieg von Teilzeiterwerbstätigen könnte zum einen mit der generellen Zunahme von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in Teilzeit arbeiten, zusammenhängen (2009: 19%, 2018: 28%) (Bundesagentur für Arbeit 2018l). Eine weitere Ursache könnte aber auch in der Einkommensentwicklung liegen. Seit 2012 sind die Nominallöhne um durchschnittlich ca. 16% gestiegen, wodurch viele Vollzeitbeschäftigte aus der Förderung gefallen sein dürften (Statistisches Bundesamt 2018k). Die Einkommensgrenze der Bildungsprämie wurde hingegen 2012 auf 20.000 € zu versteuerndes Jahreseinkommen gesenkt und ist seitdem nicht verändert worden.

Tabelle B3.6-1: Programm Bildungsprämie - Kernindikatoren im Zeitverlauf (in %)

Ein universelles Förderinstrument

Erwerbstätigen, die sich weiterbilden möchten, bieten sich in Deutschland mehrere Wege der Finanzierung: Entweder erfolgt die Weiterbildung über den Arbeitgeber und wird von diesem bezahlt. Kommt dies nicht infrage, z. B. weil arbeitgeberunabhängige berufliche Ziele verfolgt werden, müssen die Kosten selbst getragen werden. Dabei besteht die Möglichkeit, über den Werbungskostenabzug Weiterbildungen über die Steuererklärung zu refinanzieren. Daneben bestehen auf Bundes- und Länderebene verschiedene Fördermöglichkeiten für die berufsbezogene Weiterbildung. Sie beziehen sich zumeist entweder auf spezielle Gruppen von Erwerbstätigen wie z. B. das Weiterbildungsstipendium oder auf bestimmte Arten der Weiterbildung wie das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG). 

Mit der Bildungsprämie hat der Bund ein universelles Förderinstrument aufgelegt, das sich weder auf bestimmte Berufsgruppen noch auf bestimmte Weiterbildungen beschränkt. Die Bildungsprämie wird unabhängig vom Arbeitgeber ausgegeben. Sie verfolgt damit einen teilnehmerorientierten Ansatz: Die Weiterbildungsinteressierten entscheiden innerhalb der Regeln des Programms selbst, worin und bei welchem Anbieter sie sich weiterbilden. Dies ist das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zu anderen Förderinstrumenten. 

Die Bildungsprämie wird entsprechend vor allem in solchen Branchen genutzt, in denen es einen hohen Weiterbildungsdruck bei gleichzeitig eher niedrigen Einkommen gibt und/oder sich die Arbeitgeber seltener an den Kosten der Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden beteiligen. Dies ist z. B. im therapeutischen Bereich der Fall. So ist das „Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen“ der am stärksten vertretene Wirtschaftsbereich (42%), gefolgt vom Bereich „Erziehung und Unterricht“ mit 11% Schaubild B3.6-1

In der aktuellen öffentlichen Debatte werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt diskutiert (Deutscher Bundestag 2018). Bisher besuchen Bildungsprämiennutzerinnen und -nutzer vor allem fachbezogene Weiterbildungen, die bestimmte Fertigkeiten und Kenntnisse für einen Beruf vermitteln. Weiterbildungen mit explizit digitalen Inhalten finden sich hauptsächlich im Zusammenhang mit kaufmännischen oder auch künstlerisch-kreativen Tätigkeiten (Beispiel Microsoft Office, WordPress). Dies mag daran liegen, dass die Hauptnutzergruppen der Bildungsprämie aus dem Gesundheits- und Sozialwesen dem digitalen Wandel in geringerem Maße unterliegen als Berufe mit hohem technologischen Substitutionspotenzial, wie z. B. in der Logistik oder im verarbeitenden Gewerbe.292 Personen in technisch-industriellen Berufen (unternehmensbezogene Dienstleistungen und verarbeitendes Gewerbe) sind unter den Teilnehmenden im Programm mit nur insgesamt 14% vertreten Schaubild B3.6-1

Nichtsdestotrotz wird der Bedarf an Weiterbildungen im Rahmen der Digitalisierung für alle Berufsgruppen eher zunehmen. Die Bildungsprämie ist mit ihrem teilnehmerorientierten Ansatz ein wichtiges Förderinstrument für Menschen mit niedrigem Einkommen, um arbeitgeberunabhängig individuelle berufliche Ziele zu erreichen.

(Jonathan Zorner, Margit von Kuhlmann)

Schaubild B3.6-1: Programmteilnehmende nach Wirtschaftsbranchen im Zeitverlauf (in %)

  • 292

    Gemäß Erhebungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liegen die Anteile an Tätigkeiten, die potenziell von Computern erledigt werden können, in den Gesundheitsberufen mit 21% und bei sozialen und kulturellen Dienstleistungen mit 13% deutlich unterhalb derer anderer Branchen (vgl. Dengler/Matthes 2018).