In welchem Umfang und an welchen konkreten Maßnahmen Geflüchtete im Sektor „Vorbereitung auf Ausbildung“ teilnehmen bzw. welche Maßnahmen sie beendet haben, ist auf Basis bundesweiter amtlicher Daten bisher nur ansatzweise bekannt (Dionisius/Matthes/Neises 2018). Die integrierte Ausbildungsberichterstattung (iABE) verdeutlicht, dass die Zahl der ausländischen Anfänger/-innen im Übergangsbereich, die zwischen 2005 und 2014 kontinuierlich gesunken war, in den darauffolgenden Jahren wieder gestiegen ist und zuletzt 2017 erneut einen Rückgang zu verzeichnen hatte (vgl. Kapitel A4). Nicht berücksichtigt werden in der iABE allerdings viele bundesweite Maßnahmen wie „Perspektiven für Flüchtlinge (PerF)“ sowie Programme der Länder und Kommunen, die explizit für Geflüchtete neu geschaffen wurden.
Detailliertere Informationen über die Teilnahme von geflüchteten Personen an Übergangsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit liefert die BA-Förderstatistik (vgl. Kapitel A9.4.1). Der Statistik ist zu entnehmen, dass zwischen September 2017 und August 2018 im Jahresdurchschnitt rund 17.300 Personen im Kontext von Fluchtmigration an einer Berufseinstiegsbegleitung, assistierten Ausbildung, berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, Einstiegsqualifizierung oder ausbildungsbegleitenden Hilfe teilgenommen haben Tabelle A12.2.1-1. Personen im Kontext von Fluchtmigration stellten damit bundesweit 10,6% der Teilnehmenden an diesen Regelinstrumenten dar (Westdeutschland: 11,8%; Ostdeutschland: 5,9%). Besonders hoch fiel der Anteil der Personen im Kontext von Fluchtmigration bei der Einstiegsqualifizierung aus: Rund 4 von 10 Teilnehmern und Teilnehmerinnen (41,0%) hatten hier einen Fluchthintergrund. An der assistierten Ausbildung nahmen in dem Betrachtungszeitraum 2.600 Geflüchtete teil, was einem Anteil von rund einem Viertel (24,7%) an allen Teilnehmer/-innen entspricht.
Tabelle A12.2.1-1: Bestand und Eintritte von Teilnehmenden in ausgewählten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, September 2017 bis August 2018 (Teil 1)
Tabelle A12.2.1-1: Bestand und Eintritte von Teilnehmenden in ausgewählten arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, September 2017 bis August 2018 (Teil 2)
Neben Teilnahmen an den Regelinstrumenten zur Berufsvorbereitung und Ausbildungsförderung weist die BA-Förderstatistik auch Teilnahmen an bundesweiten Sondermaßnahmen aus, die basierend auf § 45 SGB II („Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“) vorwiegend für Geflüchtete geschaffen wurden. Im Jahresdurchschnittsbestand nahmen zwischen September 2017 und August 2018 rund 6.500 Personen im Kontext von Fluchtmigration an diesen Maßnahmen teil (Westdeutschland: 5.200; Ostdeutschland: 1.300). Besonders viele Teilnehmer/-innen wurden in den Maßnahmen „Perspektiven für Flüchtlinge“ (PerF), „Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung und Spracherwerb“ (KompAS) und „Perspektiven für junge Flüchtlinge“ (PerjuF) registriert. Betrachtet man in Ergänzung zum Jahresdurchschnittsbestand die kumulierten Eintritte (12-Monatssumme von September 2017 bis August 2018), so fällt auf, dass die Zahl der Eintritte in der Regel größer ausfällt als die Bestandszahlen. Dies ist insbesondere bei den Maßnahmen vorwiegend für Geflüchtete nicht verwunderlich, da die Maßnahmen z. T. deutlich kürzer als ein Jahr andauern. Bei den BA-Maßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung weisen große Differenzen zwischen der Zahl der Eintritte und dem Jahresdurchschnittsbestand (z. B. bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen) auf hohe Austrittszahlen hin.
BA-Maßnahmen vorwiegend für Flüchtlinge
Im Rahmen der „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ hat die BA Maßnahmen vorrangig für geflüchtete Menschen konzipiert. In der BA-Förderstatistik können diese für Arbeitsagenturen und Jobcenter in gemeinsamer Einrichtung nachgewiesen werden. Für Jobcenter in zugelassener kommunaler Trägerschaft liegen keine Daten zu diesen Maßnahmen vor (Bundesagentur für Arbeit, 2017b):236
Perspektiven für Flüchtlinge (PerF)
Es handelt sich um eine 12-wöchige Maßnahme zur Feststellung der berufsfachlichen Kompetenzen der Teilnehmenden. Die Kompetenzfeststellung findet dabei in Betrieben statt. Der Maßnahmeträger vermittelt darüber hinaus berufsbezogene Deutschkenntnisse, gibt Hilfestellung zur Orientierung auf dem deutschen Arbeitsmarkt und berät bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen.
Perspektiven für junge Flüchtlinge (PerjuF)
Die Maßnahme verfolgt das Ziel, junge Flüchtlinge an den Ausbildungsmarkt heranzuführen. Wichtige Bestandteile der auf 6 bis 8 Monate angelegten Maßnahme sind dabei z. B. die Feststellung von Kompetenzen und Neigungen, die Vermittlung von berufsbezogenen Sprachkenntnissen, Bewerbungstraining, Sucht- und Schuldenprävention und Grundlagen gesunder Lebensführung. Vorgesehen sind dabei auch betriebliche Einsätze, in denen die Teilnehmer/-innen praktische Erfahrungen sammeln.
Perspektiven für junge Flüchtlinge im Handwerk (PerjuF-H)
Die Maßnahme ist Teil der Initiative „Wege in Ausbildung für Flüchtlinge“ des BMBF, der BA und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Die Initiative verfolgt das Ziel, junge Geflüchtete auf eine Berufsausbildung im Handwerk vorzubereiten. Im Rahmen von PerjuF-H werden den Teilnehmern und Teilnehmerinnen im Laufe von 4 bis 6 Monaten in einem Betrieb erste Erfahrungen in Berufsfeldern des Handwerks, z. B. Metall, Elektrotechnik oder Holz vermittelt.
Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung und Spracherwerb (KompAS)
KompAS beinhaltet je nach Ausgestaltung vor Ort u. a. Aktivitäten zur Kompetenzfeststellung und zum Heranführen an das deutsche Ausbildungs- und Beschäftigungssystem sowie an die hiesigen Normen und Kultur. Weiterhin sollen Kontakte zu verschiedenen Organisationen wie z. B. Betriebe, Behörden, Beratungsstellen oder Kammern hergestellt werden. Der zeitliche Umfang beträgt 200 bis 400 Zeitstunden. Die Teilnahme findet parallel zu einem Integrationskurs des BAMF statt. Neben geflüchteten Menschen richtet sich die Förderung an Personen, die über keine oder nicht genügende Deutschkenntnisse verfügen, beispielsweise deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund.
Kooperationsmodell mit berufsanschlussfähiger Weiterbildung (Kommit)
Das wesentliche Element von „Kommit“ ist eine 4- bis 12-wöchige betriebliche Erprobung, um Kompetenzen der Teilnehmenden festzustellen und diese an eine Tätigkeit bei einem Arbeitgeber heranzuführen. Der betrieblichen Erprobung geht eine 2-wöchige Vorbereitungsphase beim Maßnahmeträger voraus. Während der Tätigkeit im Betrieb wird der/die Teilnehmende persönlich betreut. Es wird angestrebt, dass der Arbeitgeber den Teilnehmenden im Anschluss in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis übernimmt. Diese Maßnahme richtet sich sowohl an geflüchtete Menschen als auch an Geringqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund.
Im Vergleich zu den Vorjahreszahlen ergeben sich im aktuellen Betrachtungszeitraum bemerkenswerte Veränderungen in der Nutzung der BA-Maßnahmen, was sowohl am Jahresdurchschnittsbestand als auch an den kumulierten Eintritten sichtbar wird. Gemessen am Jahresdurchschnittsbestand ist die Zahl der Personen mit Fluchthintergrund bei den Regelmaßnahmen der BA von 9.800 im Betrachtungszeitraum 2017 auf 17.300 im Betrachtungszeitraum 2018 um 76,8% stark gestiegen. BA-Maßnahmen, die vorwiegend für Flüchtlinge konzipiert sind, verzeichneten hingegen einen Rückgang um mehr als die Hälfte (2017: 15.121; 2018: 6.486; minus 57,1%). Mögliche Gründe für diese Verschiebungen sind zum einen in der gegenüber dem Vorjahr gestiegenen Anzahl Geflüchteter, die eine duale Ausbildung begonnen haben, und zum anderen in der Beratungspraxis der BA zu suchen. Mit der gestiegenen Anzahl an Geflüchteten, die sich in dualer Ausbildung befinden, steigt auch die Inanspruchnahme der Regelinstrumente der BA wie der Berufseinstiegsbegleitung oder der assistierten Ausbildung.
Vor dem Hintergrund des z. T. deutlichen Männerüberhangs in der Gruppe der seit 2014 nach Deutschland Geflüchteten (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2019, 2018, 2017, 2016) ist es nicht verwunderlich, dass die Teilnehmenden mit Fluchthintergrund in den BA-Maßnahmen überwiegend Männer waren. Der Anteil der Frauen mit Fluchthintergrund lag in den betrachteten BA-Regelinstrumenten durchschnittlich bei nur 13,4% und in den „BA-Maßnahmen vorwiegend für Geflüchtete“ bei 15,5%. Vergleichsweise hoch fiel der Anteil der Frauen im Kontext von Fluchtmigration in der Berufseinstiegsbegleitung (39,8%) aus.
Deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen BA-Maßnahmen zeigen sich hinsichtlich der Schulabschlüsse der Teilnehmer/-innen im Kontext von Fluchtmigration. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass bei der Interpretation der Schulabschlüsse vor dem Hintergrund der Erfassungsschwierigkeiten durch eine mangelnde Vergleichbarkeit der Abschlüsse aus den verschiedenen Herkunftsländern Vorsicht geboten ist. Die BA weist außerdem darauf hin, dass die Daten zu den Schulabschlüssen, die in der Förderstatistik für die Berufseinstiegsbegleitung ausgewiesen werden, nicht plausibel sind. Aus diesem Grund müssen auch die ausgewiesenen Werte zur Verteilung der Schulabschlüsse bei der Gesamtzahl der BA-Maßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung mit Vorsicht interpretiert werden.
Insgesamt verfügen Teilnehmer/-innen im Kontext von Fluchtmigration bei den betrachteten Regelmaßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung häufiger über einen Hauptschulabschluss als Teilnehmer/-innen in Maßnahmen vorwiegend für Geflüchtete. Teilnehmer/-innen im Kontext von Fluchtmigration in Maßnahmen vorwiegend für Geflüchtete haben dafür häufiger keinen Hauptschulabschluss oder machen keine Angabe zu ihrem Schulabschluss als Teilnehmer/-innen im Kontext von Fluchtmigration in BA-Regelmaßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung. Auch der Anteil der Personen im Kontext von Fluchtmigration, die über eine (Fach)Hochschulreife verfügen, ist bei den BA-Maßnahmen für Geflüchtete höher als bei den BA-Regelmaßnahmen zur Berufswahl und Berufsausbildung.
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Nachfolgende Ausführungen sind der genannten Quelle entnommen. Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf eine wörtliche Zitierung verzichtet.