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Im Rahmen der BA/BIBB-Bewerberbefragung 2018 (siehe Erläuterung in Kapitel A8.1) wurden die ausbildungsinteressierten jungen Menschen um Auskunft darüber gebeten, ob sie sich auch auf betriebliche Berufsausbildungsstellen beworben hatten, die mehr als 100 km vom Wohnort entfernt liegen. Bei einer Entfernung des Ausbildungsbetriebs von mehr als 100 km vom Heimatort ist ein tägliches Pendeln kaum noch realisierbar, sodass in den meisten Fällen ein Umzug erforderlich sein dürfte. 8,6% der Probanden gaben an, dass sie sich tatsächlich auf mehr als 100 km vom Heimatort entfernte Ausbildungsplätze beworben hatten Tabelle A8.2.2-1.172

Tabelle A8.2.2-1: Mobilitätsverhalten von im Berichtsjahr 2017/2018 registrierten Ausbildungsstellenbewerbern/-bewerberinnen (ohne Personen im Kontext von Fluchtmigration): Ergebnisse der BA/BIBBBewerberbefragung 2018

Wie bereits aus früheren Studien bekannt, zeigt sich auch in der BA/BIBB-Bewerberbefragung 2018 ein deutlicher Einfluss des Geschlechts, des Alters, des Schulabschlusses und der Einwohnerdichte in der Wohnregion auf die Bereitschaft zu einer ausbildungsbedingten Mobilität. Während junge Männer, jüngere Bewerber/-innen, Bewerber/-innen mit Hauptschulabschluss und solche aus einem großstädtischen Umfeld relativ selten Bewerbungen für Ausbildungsplätze im Umkreis von über 100 km vom Wohnort entfernt versendeten, ist dies bei Frauen, Älteren, Studienberechtigten und jungen Menschen aus dem ländlichen Raum viel häufiger der Fall.

Relativ gering scheint dagegen zurzeit der Einfluss der offiziellen Ausbildungsmarktlage vor Ort auf das Mobilitätsverhalten zu sein, auch wenn bei einer Angebots-Nachfrage-Relation (eANR) von unter 100 überregionale Bewerbungen etwas häufiger zu beobachten sind als bei einem aus Sicht der Jugendlichen entspannten Markt.173 Bedeutsamer als die allgemeine Ausbildungsmarktlage vor Ort ist dagegen die individuelle Bewerbungshistorie der befragten Jugendlichen. Liegt das Jahr des erstmalig angestrebten Ausbildungsbeginns schon weiter zurück (sodass die betroffenen Jugendlichen schon relativ lange auf Ausbildungsplatzsuche sind), steigt auch deren Neigung, sich überregional zu bewerben. Denn in diesem Fall wären die Nachteile nochmals erfolgloser Bewerbungen besonders hoch.

Die in Tabelle A8.2.2-1 aufgeführten Zahlen sind das Ergebnis bivariater Zusammenhangsanalysen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die verschiedenen hier untersuchten Variablen wie z. B. Schulabschluss, Alter und Jahr des erstmalig angestrebten Ausbildungsbeginns auch untereinander zusammenhängen. Überprüft man nun mittels Regressionsanalyse, welche der Variablen rechnerisch benötigt werden, um eine möglichst gute Vorhersage überregionaler Bewerbungen (über 100 km) zu erreichen, so zeigt sich, dass ungeachtet ihrer Korrelation untereinander alle 3 Aspekte – Schulabschluss, Alter und Jahr des erstmalig angestrebten Ausbildungsbeginns – bedeutsam sind.174 Sie sind demnach mit je eigenen, spezifischen Handlungslogiken verbunden, welche überregionale Bewerbungen aufseiten der Jugendlichen wahrscheinlicher machen.

Diejenigen, die sich zum Befragungszeitpunkt in dualer Berufsausbildung befanden, wurden in der BA/BIBB-Bewerberbefragung auch nach ihrem tatsächlichen Mobilitätsverhalten im Zusammenhang mit der Aufnahme der Ausbildung gefragt. 6,3% gaben an, für die Aufnahme der Ausbildung umgezogen zu sein. Dabei zeichnen sich in etwa dieselben Einflussgrößen ab, wie oben in Hinblick auf die überregionalen Bewerbungen geschildert wurde.

Deutlich häufiger als Umzüge ist tägliches Pendeln zu beobachten Tabelle A8.2.2-1. Ein Viertel aller Befragten in dualer Berufsausbildung gab zum Beispiel an, mehr als 20 km tägliche Wegstrecke (einfache Fahrt) bis zum Ausbildungsbetrieb zurückzulegen. Vor allem Auszubildende, die in ländlichen Regionen mit einer Dichte von unter 125 Einwohnern je qkm leben, berichteten von solchen Wegstrecken (33,3%), zudem Bewerber, die sich erstmalig bereits für 2015 oder für ein noch früheres Jahr um einen Ausbildungsbeginn bemüht hatten (40,5%).

  • 172

    Personen im Kontext von Fluchtmigration nahmen an der Befragung zur regionalen Mobilität nicht teil.

  • 173

    Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die regionalen Angebots-Nachfrage-Relationen (eANR) die bereits durch Mobilität beeinflussten Marktlagen widerspiegeln. Informationen zu den von Mobilität noch unbeeinflussten Marktlagen finden sich bei Matthes/Ulrich (2018).

  • 174

    Die Ergebnisse der Regressionsanalyse werden hier nicht gesondert ausgewiesen.