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Es ist bekannt, dass der Übergang von der Schule in eine Berufsausbildung für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die über maximal einen mittleren Schulabschluss verfügen, schwieriger ist als für vergleichbare Jugendliche ohne Migrationshintergrund (z. B. Beicht/Walden 2017). Bekannt ist auch, dass junge Frauen mit und ohne Migrationshintergrund im dualen Ausbildungssystem größere Schwierigkeiten haben, eine Ausbildungsstelle zu finden, als vergleichbare junge Männer (z. B. Beicht/Walden 2015). Zudem sind die Erfolgsaussichten der Schulabgänger/-innen mit und ohne Migrationshintergrund bei der Ausbildungsstellensuche je nach erworbenem Schulabschluss sehr unterschiedlich (z. B. Beicht/Walden 2018). Bisher gibt es jedoch noch keine Analysen dazu, wie sich die längerfristigen Übergangsverläufe nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen in betriebliche Berufsausbildung oder in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt bei gleichzeitiger Differenzierung nach Migrationshintergrund, Geschlecht und Schulabschluss unterscheiden. In diesem Kapitel werden hierzu nun aktuelle Ergebnisse auf Datenbasis des deutschen Nationalen Bildungspanels (NEPS) dargestellt.

Die Analysen sind für die Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund jeweils zunächst differenziert nach dem Geschlecht, dann zusätzlich differenziert nach dem Schulabschluss durchgeführt worden. Nachfolgend wird zuerst ein kurzer Überblick über den untersuchten Personenkreis und die Schulabschlüsse der Jugendlichen gegeben. Dann wird darauf eingegangen, in welchem Umfang die Jugendlichen bei Beendigung der Schule an der unmittelbaren Aufnahme einer Berufsausbildung interessiert waren. Anschließend wird beschrieben, wie sich die Übergangsverläufe in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung nach Migrationshintergrund, Geschlecht und Schulabschluss unterscheiden und welche Faktoren den Übergangserfolg maßgeblich beeinflussen. Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse und einem kurzen Fazit.

Datenbasis und methodische Hinweise

Diese Arbeit nutzt Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS): Startkohorte Klasse 9, doi:10.5157/NEPS:SC4:9.1.0. Die Daten des NEPS wurden von 2008 bis 2013 als Teil des Rahmenprogramms zur Förderung der empirischen Bildungsforschung erhoben, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wurde. Seit 2014 wird NEPS vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe e. V. (LIfBi) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg in Kooperation mit einem deutschlandweiten Netzwerk weitergeführt.

Die hier genutzte NEPS-Teilstudie verfolgt die Bildungswege von Jugendlichen ab der 9. Klasse des allgemeinbildenden Schulsystems (Blossfeld/Roßbach/Maurice 2011). Die Ausgangsstichprobe bildeten 16.425 Schüler/-innen, die im Schuljahr 2010/2011 die 9. Klasse einer Regelschule (Hauptschule, Realschule, Gesamtschule, Gymnasium) oder Förderschule besuchten. In den ersten Erhebungswellen ging es insbesondere um die Übergänge von Schulabgängern und -abgängerinnen der Sekundarstufe I in das berufliche Ausbildungssystem. Die Befragungen der Jugendlichen erfolgten zunächst in halbjährlichen, später in jährlichen Abständen, und zwar in Form von schriftlichen Erhebungen, standardisierten persönlichen Interviews sowie computergestützten Telefoninterviews (CATI).

In die durchgeführten Analysen sind die Angaben von 5.953 Jugendlichen eingegangen, die im Sommer 2011 nach der 9. Klasse oder im Sommer 2012 nach der 10. Klasse von einer Regelschule abgegangen sind und damit das allgemeinbildende Schulsystem nach der Sekundarstufe I verlassen haben. Abgänger/-innen aus Förderschulen sind nicht einbezogen worden. Für die deskriptiven Analysen erfolgte eine Gewichtung des Datensatzes, und zwar mit dem im Scientific Use File verfügbaren kalibrierten Querschnittgewicht.

Untersuchter Personenkreis und Schulabschlüsse

Die im Folgenden dargestellten Analyseergebnisse beziehen sich ausschließlich auf Jugendliche, die das allgemeinbildende Schulsystem nach der 9. bzw. 10. Klasse einer Regelschule verlassen und somit bei Schulabgang über maximal einen mittleren Schulabschluss verfügt haben. Von ihnen weisen nach den Daten des NEPS 36,8% einen Migrationshintergrund auf. Ein Fünftel (19,7%) dieser jungen Migranten und Migrantinnen gehört der ersten Migrationsgeneration an, ist also im Ausland geboren. Mit mehr als der Hälfte (54,1%) zählt der größte Teil der nicht studienberechtigten Schulabgänger/-innen mit Migrationshintergrund zur zweiten Generation. Gut ein Viertel (26,1%) der jungen Migranten und Migrantinnen ist der dritten Generation zuzurechnen.

Definition „Migrationshintergrund“ im NEPS

Die vorgenommene Differenzierung der Schulabgänger/-innen nach Migrationsstatus basiert auf der vom NEPS generierten und im Scientific Use File bereitgestellten Variablen zum Generationenstatus (Olczyk/Will/Kristen 2016). Bei der Bildung dieser Variablen sind ausschließlich Informationen zum Geburtsland der Befragungspersonen sowie ihrer Eltern und Großeltern herangezogen worden. Jugendliche, die im Ausland geboren sind, zählen demnach zur 1. Zuwanderungsgeneration. Zur 2. Generation werden in Deutschland geborene Jugendliche mit mindestens einem im Ausland geborenen Elternteil gerechnet. Zur 3. Generation gehören Jugendliche, die selbst und deren Eltern beide in Deutschland geboren sind, die aber mindestens einen im Ausland geborenen Großelternteil haben. Sind sowohl die Jugendlichen selbst als auch ihre Eltern und Großeltern alle in Deutschland geboren, liegt kein Migrationshintergrund vor.

Jugendliche mit Migrationshintergrund verlassen das allgemeinbildende Schulsystem nach der 9. oder 10. Klasse einer Regelschule insgesamt deutlich häufiger mit einem einfachen oder qualifizierenden Hauptschulabschluss (41,1% vs. 31,8%) und wesentlich seltener mit einem mittleren Schulabschluss (55,1% vs. 65,9%) als diejenigen ohne Migrationshintergrund Tabelle A8.4.2-1.179 Die Unterscheidung nach einfachem und qualifizierendem Hauptschulabschluss beruht auf den Angaben der im NEPS befragten Jugendlichen. In offiziellen Statistiken, wie z. B. in der Schulstatistik der Kultusministerkonferenz (Kultusministerkonferenz 2018d), wird keine Differenzierung des Hauptschulabschlusses vorgenommen. Für die durchgeführten Analysen der Übergänge in Berufsausbildung ist eine solche Unterscheidung jedoch wichtig, da ein höherwertiger Hauptschulabschluss die Aussichten auf einen Ausbildungsplatz deutlich verbessern kann. Einen „qualifizierenden“ Hauptschulabschluss gibt es unter dieser Bezeichnung allerdings nur in den Bundesländern Bayern, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen (in Bayern: qualifizierender Abschluss der Mittelschule). In den meisten anderen Ländern besteht aber ebenfalls die Möglichkeit, neben dem einfachen Hauptschulabschluss einen höherwertigen Hauptschulabschluss zu erwerben, jedoch unter anderer Bezeichnung (z. B. in Nordrhein-Westfalen den „Hauptschulabschluss nach Klasse 10 Typ A“ oder in Berlin die „erweiterte Berufsbildungsreife“).180 Es ist davon auszugehen, dass in den NEPS-Erhebungen Jugendliche ihren höherwertigen Hauptschulabschluss jeweils als „qualifizierenden“ Hauptschulabschluss eingeordnet haben, da dies im Befragungsinstrumentarium die einzige „passende“ Antwortvorgabe darstellte.

Sowohl junge Männer mit Migrationshintergrund als auch junge Frauen mit Migrationshintergrund beenden ihre allgemeinbildende Schullaufbahn nach der 9. oder 10. Klasse erheblich öfter mit einem einfachen oder qualifizierenden Hauptschulabschluss und bedeutend seltener mit einem mittleren Schulabschluss als die Vergleichsgruppen ohne Migrationshintergrund. Die Abweichungen fallen zwischen jungen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund noch etwas größer aus als zwischen jungen Männern mit und ohne Migrationshintergrund. Werden die geschlechtsspezifischen Unterschiede in den Schulabschlüssen innerhalb der Gruppen mit und ohne Migrationshintergrund betrachtet, so zeigt sich, dass sowohl junge Migrantinnen als auch junge Frauen ohne Migrationshintergrund insgesamt gesehen besser abschneiden als die jeweiligen jungen Männer, denn sie haben deutlich häufiger einen mittleren Schulabschluss erworben. Allerdings verfügen junge Männer mit und ohne Migrationshintergrund öfter als die vergleichbaren jungen Frauen über einen qualifizierenden Hauptschulabschuss.

Tabelle A8.4.2-1: Schulabschlüsse nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen differenziert nach Migrationshintergrund (MH) und Geschlecht (Personenanteile in %)

Ausbildungsinteresse am Ende der allgemeinbildenden Schule

Für nicht studienberechtigte Jugendliche stellt die Berufsausbildung im dualen System die bedeutendste Möglichkeit zum Erwerb eines vollqualifizierenden Ausbildungsabschlusses dar. Junge Migranten und Migrantinnen sind im Vergleich zu Jugendlichen ohne Migrationshintergrund bei Verlassen der allgemeinbildenden Schule nach der 9. oder 10. Klasse insgesamt weniger an der Aufnahme einer dualen Berufsausbildung interessiert Schaubild A8.4.2-1. Ein explizites Interesse an dualer Ausbildung wird hier angenommen, wenn sich jemand bei Schulende um einen Ausbildungsplatz in Berufen beworben hat, in denen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. der Handwerksordnung (HwO) ausgebildet wird, oder bereits einen solchen Ausbildungsplatz in Aussicht hatte. Während junge Männer mit Migrationshintergrund wesentlich seltener eine duale Ausbildung anstreben als junge Männer ohne Migrationshintergrund, interessieren sich junge Frauen mit und ohne Migrationshintergrund fast gleich stark für eine duale Ausbildung. Beträchtlich ist jedoch der jeweilige geschlechtsspezifische Unterschied innerhalb der Gesamtgruppen mit und ohne Migrationshintergrund: Junge Männer beabsichtigen jeweils bedeutend häufiger die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung als junge Frauen.

Schaubild A8.4.2-1: Explizites Ausbildungsinteresse nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen differenziert nach Migrationshintergrund (MH) und Geschlecht (Personenanteile in %)

Neben der dualen Berufsausbildung gibt es für nicht studienberechtigte Schulabgänger/-innen noch die Möglichkeit, einen vollqualifizierenden Ausbildungsabschluss durch eine schulische Berufsausbildung zu erwerben. Hier wird nicht auf Grundlage des BBiG, sondern nach anderen Bundes- oder Landesgesetzen ausgebildet, und zwar in vollzeitschulischer Form, oft ergänzt durch umfangreiche Praxisphasen. Darüber hinaus stellt auch die Ausbildung in einer Beamtenlaufbahn des mittleren Dienstes eine Möglichkeit zum Erwerb eines vollqualifizierenden Ausbildungsabschlusses dar. Die schulische Berufsausbildung einschließlich der Beamtenausbildung hat quantitativ jedoch eine weit geringere Bedeutung als die duale Berufsausbildung. Anders als in der dualen Berufsausbildung, für die es keine formalen Zugangsvoraussetzungen gibt, wird in der schulischen Berufsausbildung ebenso wie in der Beamtenausbildung meistens mindestens ein mittlerer Schulabschluss vorausgesetzt.

Werden alle vollqualifizierenden Ausbildungsformen zusammen betrachtet, so zeigt sich, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund insgesamt auch seltener an der Aufnahme einer Berufsausbildung generell interessiert sind. Die Abweichungen sind dabei zwischen jungen Männern mit und ohne Migrationshintergrund etwas stärker ausgeprägt als zwischen jungen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede innerhalb der Gesamtgruppen mit und ohne Migrationshintergrund fallen im Hinblick auf das generelle Interesse an Berufsausbildung nicht so groß aus, da Frauen jeweils viel stärker als Männer eine schulische Ausbildung (einschließlich Beamtenlaufbahn) anstreben, was ihr geringeres Interesse an einer dualen Ausbildung teilweise kompensiert.

Das Ausbildungsinteresse junger Männer und Frauen mit und ohne Migrationshintergrund variiert in Abhängigkeit vom erreichten Schulabschluss nochmals deutlich Schaubild A8.4.2-2. Bei jungen Männern besteht bei Schulbeendigung jeweils das größte Interesse an dualer Ausbildung oder einer Berufsausbildung generell, wenn ein qualifizierender Hauptschulabschluss vorliegt. Bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss und bei einem mittleren Schulabschluss streben sie dagegen jeweils deutlich seltener eine (duale) Berufsausbildung an. Bei jungen Frauen sind die Unterschiede im Ausbildungsinteresse je nach erworbenem Schulabschluss noch erheblich ausgeprägter als bei jungen Männern. Die Aufnahme einer dualen Ausbildung bzw. einer Berufsausbildung generell beabsichtigen junge Frauen mit und ohne Migrationshintergrund jeweils ebenfalls am häufigsten bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Junge Migrantinnen streben am seltensten eine duale Ausbildung an, wenn sie einen mittleren Schulabschluss erreicht haben, junge Frauen ohne Migrationshintergrund dagegen bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss. Den Beginn einer Berufsausbildung generell beabsichtigen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund jeweils am seltensten bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss.

Schaubild A8.4.2-2: Explizites Ausbildungsinteresse nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen differenziert nach Migrationshintergrund, Geschlecht und Schulabschluss (Personenanteile in %)

Verläufe des Übergangs in betriebliche Berufsausbildung bzw. vollqualifizierende Ausbildung insgesamt

Es soll nun untersucht werden, wie der Übergang in eine Berufsausbildung für nicht studienberechtigte Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund innerhalb eines Zeitraums von 40 Monaten nach Verlassen der allgemeinbildenden Schule verläuft. Hierfür sind nach dem Kaplan-Meier-Verfahren monatsgenau die Übergangsquoten geschätzt worden.181 Zunächst wird der Übergang in eine betriebliche Berufsausbildung betrachtet, und zwar ausschließlich bezogen auf die Jugendlichen, die sich bei Schulbeendigung explizit für eine duale Berufsausbildung interessiert haben.182 Anschließend richtet sich die Betrachtung auf alle Jugendlichen, wobei auch diejenigen einbezogen werden, die bei Schulabgang (noch) kein Interesse an einer dualen oder schulischen Berufsausbildung hatten. Hier werden nun die Übergänge in alle vollqualifizierenden Ausbildungsformen berücksichtigt, neben der betrieblichen Ausbildung sind dies in der Regel die öffentlich finanzierte außerbetriebliche duale Berufsausbildung183 und die schulische Berufsausbildung.184 Die Jugendlichen werden in den Analysen zum einen nach Migrationshintergrund und Geschlecht unterschieden, zum andern erfolgt noch eine weitere Differenzierung nach dem Schulabschluss, über den sie bei Beendigung der Schule verfügt haben.

Von den nicht studienberechtigten Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die bei Schulende eine duale Berufsausbildung angestrebt haben, mündet insgesamt gut die Hälfte (50,8%) innerhalb von 4 Monaten nach Schulabgang in eine betriebliche Ausbildung ein. Vergleichbare Jugendliche ohne Migrationshintergrund haben demgegenüber viel häufiger einen raschen Übergangserfolg: Knapp zwei Drittel (64,1%) können innerhalb von 4 Monaten eine betriebliche Ausbildung beginnen. In den nachfolgenden 36 Monaten wird der Unterschied zwischen beiden Gruppen zwar deutlich kleiner, aber auch 40 Monate nach Schulabgang ist die Übergangsquote bei jungen Migranten und Migrantinnen mit 81,9% immer noch wesentlich geringer als bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund mit 89,1%.

Werden alle nicht studienberechtigten Schulabgänger/-innen betrachtet, unabhängig davon, ob sie bei Schulbeendigung den Beginn einer Berufsausbildung beabsichtigt haben oder nicht, so zeigt sich, dass die Übergangsquoten in vollqualifizierende Ausbildung zunächst relativ niedrig liegen. In den ersten 4 Monaten nach Beendigung der Schule münden insgesamt nur 42,9% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund und 55,7% derjenigen ohne Migrationshintergrund ein. Viele Schulabgänger/-innen ohne direkten Ausbildungswunsch wollen zunächst noch ihre Ausbildungsvoraussetzungen verbessern, bevor sie mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz b eginnen. Häufig besuchen sie daher einen ein- oder zweijährigen teilqualifizierenden Bildungsgang des Übergangsbereichs, oft auch mit dem Ziel, noch einen höherwertigen allgemeinen Schulabschluss zu erreichen. Längerfristig, d. h. innerhalb von 40 Monaten nach Schulabgang, steigt dann die Übergangsquote bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund auf zuletzt 84,8% an, bei denjenigen ohne Migrationshintergrund sogar auf 92,1%. Damit haben sich die Abweichungen zwischen beiden Gruppen im Zeitverlauf auch hier zwar merklich verringert, bleiben aber immer noch relativ groß.185

Bei einer geschlechtsspezifischen Differenzierung ist festzustellen, dass jungen Männern mit Migrationshintergrund, die bei Schulabgang an dualer Berufsausbildung interessiert gewesen sind, der Übergang in eine betriebliche Ausbildung im Verlauf von 40 Monaten erheblich seltener gelingt als denjenigen ohne Migrationshintergrund Schaubild A8.4.2-3, Teil A. Zwischen jungen Migrantinnen und jungen Frauen ohne Migrationshintergrund ist der Unterschied im Einmündungserfolg dagegen deutlich geringer. Der Übergang in betriebliche Ausbildung verläuft für junge Migrantinnen ebenso wie für junge Frauen ohne Migrationshintergrund im gesamten Beobachtungszeitraum schlechter als für die jeweiligen jungen Männer. Der Abstand der Einmündungsquoten zwischen Männern und Frauen fällt allerdings in der Gruppe mit Migrationshintergrund nicht so groß aus wie in der Gruppe ohne Migrationshintergrund.

Wird die Einmündung in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt für alle Jugendlichen unabhängig von einem Ausbildungsinteresse bei Schulbeendigung betrachtet, so zeigt sich, dass sowohl junge Migranten als auch junge Migrantinnen wesentlich ungünstigere Übergangsverläufe aufweisen als die Vergleichsgruppen ohne Migrationshintergrund, wobei sich die Unterschiede mit der Zeit wiederum abschwächen Schaubild A8.4.2-3, Teil B. Junge Frauen mit Migrationshintergrund münden in den ersten 24 Monaten nach Schulbeendigung deutlich seltener in vollqualifizierende Ausbildung ein als junge Männer mit Migrationshintergrund, anschließend nähern sich ihre Einmündungsquoten jedoch an und nach 40 Monaten gibt es keine Abweichung mehr. In der Gruppe ohne Migrationshintergrund ist die Entwicklung ähnlich, dort gleichen sich die Übergangsquoten junger Männer und Frauen allerdings bereits etwas früher vollständig an.

Schaubild A8.4.2-3: Übergangsverläufe in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen differenziert nach Migrationshintergrund (MH) und Geschlecht (Personenanteile in %)

Es werden nun die Übergangsverläufe in betriebliche Berufsausbildung bzw. vollqualifizierende Ausbildung insgesamt in einer zusätzlichen Differenzierung nach den Schulabschlüssen der jungen Männer und Frauen mit und ohne Migrationshintergrund untersucht. Für die Gruppe der jungen Männer ergibt sich dabei Folgendes: Junge Migranten, die bei Schulabgang eine duale Ausbildung angestrebt haben, münden innerhalb von 40 Monaten sowohl bei einem mittleren Schulabschluss als auch bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss erheblich seltener in betriebliche Ausbildung ein als vergleichbare junge Männer ohne Migrationshintergrund Schaubild A8.4.2-4, Teil A. Auch Migranten mit maximal einem einfachen Hauptschulabschluss haben zunächst einen deutlich geringeren Übergangserfolg als die Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund, holen dann aber auf und sind nach 40 Monaten fast ebenso häufig in betriebliche Ausbildung eingemündet.

Bei Differenzierung nach den Schulabschlüssen ist innerhalb der Gruppe der jungen Männer mit Migrationshintergrund festzustellen, dass der Übergang in betriebliche Ausbildung bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss zeitweise besser verläuft als bei einem mittleren Schulabschluss und bei einem niedrigeren Abschluss zunächst am ungünstigsten ausfällt. Gegen Ende des Beobachtungszeitraums gleichen sich die Übergangsquoten der 3 Schulabschlussniveaus jedoch immer mehr an und liegen bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss zuletzt sogar am höchsten. Anders stellt sich dies in der Gruppe der jungen Männer ohne Migrationshintergrund dar: Ihnen gelingt die Einmündung in betriebliche Ausbildung bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss nahezu ebenso gut wie bei einem mittleren Schulabschluss, bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss ist ihr Übergangserfolg dagegen bis zuletzt erheblich geringer.

Wird für die Gruppe der jungen Männer der Übergang in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt differenziert nach Schulabschüssen betrachtet, so zeigt sich Folgendes Schaubild A8.4.2-4, Teil B: Junge Migranten münden bei allen 3 Schulabschlussniveaus in den ersten 12 Monaten nach Schulabgang wesentlich seltener in vollqualifizierende Ausbildung ein als vergleichbare junge Männer ohne Migrationshintergrund. Danach verringern sich die jeweiligen Unterschiede zwar merklich, aber nur bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss gibt es nach 40 Monaten fast keine Abweichung zur Vergleichsgruppe mehr.

Innerhalb der Gruppe junger Migranten verläuft der Übergang in vollqualifizierende Ausbildung bei einem mittleren Schulabschluss in den ersten 12 Monaten nach Schulabgang am besten, bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss dagegen mit Abstand am schlechtesten. Danach nähern sich die Einmündungsquoten der 3 Schulabschlussniveaus stark an und sind zuletzt bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss am niedrigsten. In der Gruppe der jungen Männer ohne Migrationshintergrund sind die höchsten Übergangsquoten fast durchgängig bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss zu verzeichnen, erst ganz zuletzt liegen sie bei einem mittleren Schulabschluss etwas höher; bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss wird mit Abstand am seltensten in vollqualifizierende Ausbildung eingemündet.

Schaubild A8.4.2-4: Übergangsverläufe in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung nicht studienberechtigter Schulabgänger differenziert nach Migrationshintergrund (MH) und Schulabschluss (Personenanteile in %)

Für die jungen Frauen mit und ohne Migrationshintergrund stellt sich der Übergang in betriebliche Berufsausbildung differenziert nach den Schulabschlüssen wir folgt dar Schaubild A8.4.2-5, Teil A: Junge Migrantinnen, die bei Verlassen der Schule an einer dualen Berufsausbildung interessiert gewesen sind, münden bei einem mittleren Schulabschluss im gesamten Beobachtungszeitraum seltener in betriebliche Ausbildung ein als vergleichbare junge Frauen ohne Migrationshintergrund. Bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss haben junge Migrantinnen dagegen in den ersten 24 Monaten nach Schulabgang sogar einen besseren Übergangserfolg, anschließend erreichen jedoch vergleichbare junge Frauen ohne Migrationshintergrund höhere Übergangsquoten. Bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss münden junge Migrantinnen in den ersten 24 Monaten seltener ein als die Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund, danach gibt es kaum einen Unterschied mehr.

In der Gruppe der jungen Migrantinnen gelingt der Übergang in betriebliche Ausbildung bei einem mittleren Schulabschluss insgesamt am besten, der Unterschied zu einem qualifizierenden Hauptschulabschluss nimmt zum Ende des Beobachtungszeitraums deutlich zu. Bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss ist der Verlauf fast durchgängig erheblich günstiger als bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss, erst zuletzt gleichen sich die Übergangsquoten dann vollständig an. In der Gruppe der jungen Frauen ohne Migrationshintergrund stellen sich die Unterschiede ähnlich dar: Auch sie sind bei der Einmündung in betriebliche Ausbildung am erfolgreichsten, wenn sie über einen mittleren Schulabschluss verfügen. Bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss gelingt ihnen der Übergang ebenfalls die meiste Zeit wesentlich besser als bei einem einfachen Hauptschulabschluss, erst zuletzt unterscheiden sich die Quoten nur noch wenig.

Bei Betrachtung der Übergangsverläufe in vollqualifizierende Ausbildung zeigt sich in der Gruppe der Frauen differenziert nach Schulabschlüssen Folgendes Schaubild A8.4.2-5, Teil B: Junge Migrantinnen münden bei einem mittleren Schulabschluss und bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss durchgängig erheblich seltener ein als vergleichbare junge Frauen ohne Migrationshintergrund. Bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss gibt es in den ersten 24 Monaten kaum einen Unterschied, danach ist der Verlauf für junge Migrantinnen auch hier etwas ungünstiger.

Innerhalb der Gruppe der jungen Frauen mit Migrationshintergrund verläuft der Übergang in vollqualifizierende Ausbildung bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss fast im gesamten Beobachtungszeitraum am besten. Die Einmündungsquote bei einem mittleren Schulabschluss, die die meiste Zeit deutlich geringer ausfällt, liegt erst ganz zuletzt ein wenig höher als bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Mit Abstand am seltensten münden junge Migrantinnen bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss in vollqualifizierende Ausbildung ein. In der Gruppe der jungen Frauen ohne Migrationshintergrund fällt der Übergangsverlauf bei einem mittleren Schulabschluss insgesamt etwas günstiger aus als bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss. Bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss liegen auch bei ihnen die Einmündungsquoten am niedrigsten, allerdings ist der Unterschied zu den beiden höheren Schulabschlussniveaus nicht so groß wie bei den jungen Migrantinnen.

Schaubild A8.4.2-5: Übergangsverläufe in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung nicht studienberechtigter Schulabgängerinnen differenziert nach Migrationshintergrund (MH) und Schulabschluss (Personenanteile in %)

Einflüsse auf den Übergang in betriebliche Berufsausbildung bzw. vollqualifizierende Ausbildung insgesamt

Der Erfolg nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen beim Übergang in eine betriebliche Berufsausbildung bzw. vollqualifizierende Ausbildung insgesamt hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Der Schulabschluss, über den Jugendliche beim Abgang von der allgemeinbildenden Schule verfügen, hat dabei eine erhebliche Bedeutung. Wie die nach Schulabschlüssen differenzierten Übergangsverläufe gezeigt haben, gibt es jedoch auch bei gleichem Schulabschluss deutliche Unterschiede in der Einmündungswahrscheinlichkeit zwischen männlichen und weiblichen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Daher sollen nun die Chancenunterschiede unter Berücksichtigung weiterer wichtiger Faktoren, die sich auf den Übergangserfolg auswirken können, untersucht werden. Zu diesem Zweck sind spezielle Regressionsmodelle gerechnet worden, die eine Analyse von Einflussgrößen auf Übergangsverläufe ermöglichen.

Einbezogen sind in die Regressionsmodelle über den Migrationshintergrund, das Geschlecht und den Schulabschluss der Jugendlichen hinaus eine Reihe von Variablen, für die aus theoretischen Überlegungen heraus ein Einfluss auf den Übergang in Berufsausbildung angenommen werden kann (Eberhard 2012) und für die sich in vorliegenden Studien bereits deutliche Effekte gezeigt haben (siehe als Überblick Beicht 2015). Es handelt sich dabei um die Durchschnittsnote auf dem Schulabgangszeugnis, die soziale Herkunft der Jugendlichen (Schulbildung der Eltern, beruflicher Status des Vaters), die Wohnregion (West- oder Ostdeutschland) sowie einen Indikator für die regionale Ausbildungsmarktlage im Jahr des Schulabgangs. Mittels der Regressionsmodelle lässt sich der eigenständige Effekt feststellen, den jede einzelne einbezogene Variable auf die Übergangsrate hat, da jeweils alle anderen in die Analyse aufgenommenen Einflussgrößen kontrolliert werden.

Exponentialmodell mit stückweise konstanter Rate (Piecewise Constant Exponential Model – PCE-Modell)

Bei dem PCE-Modell handelt es sich um ein Regressionsmodell der Ereignisanalyse. Es ermöglicht, zeitabhängige Unterschiede in der Übergangsrate angemessen zu berücksichtigen (Windzio 2013, S. 142). Wie die Darstellungen der Übergangsverläufe verdeutlichen Schaubilder A8.4.2-3 bis A8.4.2-5, verteilen sich die Übergänge der Schulabgänger/-innen in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung nicht gleichmäßig über die Zeit. Vielmehr wechseln kurze Zeitspannen mit vielen Einmündungen und lange Spannen mit sehr wenigen Einmündungen einander ab. Beim Übergang in betriebliche Ausbildung gibt es einen klar erkennbaren Wechsel von 2- und 10-monatigen Zeitspannen, beim Übergang in vollqualifizierende Ausbildung zeigt sich eher ein Wechsel von 3- und 9-monatigen Zeitspannen. Die Zeitachse der 40-monatigen Beobachtungsdauer wird bei den Analysen daher in entsprechende Zeitintervalle aufgeteilt. Innerhalb der Zeitintervalle geht das PCE-Modell von konstanten Übergangsraten aus, zwischen den Intervallen können diese variieren.

Als Ergebnisse der PCE-Modelle werden hier die Hazard Ratios ausgewiesen Tabelle A8.4.2-2. Diese geben an, welchen Einfluss die verschiedenen Variablen auf die Übergangsrate haben, wobei Werte größer als 1 auf einen positiven Einfluss hinweisen, Werte kleiner als 1 auf einen negativen Einfluss, und zwar bei kategorialen Variablen verglichen mit der jeweiligen Referenzgruppe (Ref.).

Es sind 6 Regressionsmodelle zum Übergang in betriebliche Berufsausbildung bzw. in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt gerechnet worden Tabelle A8.4.2-2, und zwar jeweils 2 für die Gruppe der jungen Männer (Modelle A1/B1), der jungen Frauen (Modelle A2/B2) sowie der Jugendlichen insgesamt (Modelle A3/B3). In den Analysen zum Übergang in betriebliche Ausbildung sind auch hier ausschließlich die Jugendlichen berücksichtigt worden, die sich bei Verlassen der Schule explizit für eine duale Berufsausbildung interessiert haben, während sich die Analysen für den Übergang in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt wiederum auf alle Schulabgänger/-innen unabhängig von einem Ausbildungsinteresse beziehen.

Folgendes sind die zentralen Ergebnisse der Regressionsanalysen: Auch unter Berücksichtigung der anderen einbezogenen Einflussgrößen hat der Schulabschluss einen wesentlichen Einfluss. Bei einem mittleren Schulabschluss sind die Aussichten auf einen raschen Übergang in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung generell erheblich günstiger als bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss, auch ein qualifizierender Hauptschulabschluss ist mit deutlichen Vorteilen verbunden. Dies gilt sowohl für die jungen Männer (vgl. Modelle A1/B1) als auch für die jungen Frauen (vgl. Modelle A2/B2)186 ebenso wie für die Jugendlichen insgesamt (vgl. Modelle A3/B3). Die Noten auf dem Schulabgangszeugnis wirken sich ebenfalls stark aus: Fallen sie relativ gut aus, sind die Übergangschancen in betriebliche Ausbildung jeweils deutlich höher als bei relativ schlechten Noten (vgl. Modelle A1 bis A3). Der positive Effekt guter Noten ist beim Übergang in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt nur für junge Männer (vgl. Modell B1), nicht jedoch für junge Frauen festzustellen (vgl. Modell B2). Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass junge Frauen bei guten Noten eher die Neigung haben, auf einer teilqualifizierenden beruflichen Schule noch einen höherwertigen Schulabschluss zu erreichen, und daher weniger an einer raschen Aufnahme einer Berufsausbildung interessiert sind.

Tabelle A8.4.2-2: Einflüsse auf den Übergang nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung – Ergebnisse von Exponentialmodellen mit stückweise konstanter Rate – PCE (Hazard ratios) (Teil 1)

Tabelle A8.4.2-2: Einflüsse auf den Übergang nicht studienberechtigter Schulabgänger/-innen in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung – Ergebnisse von Exponentialmodellen mit stückweise konstanter Rate – PCE (Hazard ratios) (Teil 2)

Im Hinblick auf die soziale Herkunft der Jugendlichen zeigt sich kaum ein signifikanter Einfluss auf ihre Übergangschancen: Insgesamt förderlich ist es bei der Suche nach einem betrieblichen Ausbildungsplatz lediglich, wenn der Vater als Selbstständiger tätig ist (vgl. Modell A3). Beim Übergang in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt wirkt es sich bei jungen Männern positiv aus, wenn ihre Eltern über einen mittleren Schulabschluss verfügen (vgl. Modell B1). Die geringe Bedeutung der sozialen Herkunft ist darauf zurückzuführen, dass sich diese bereits sehr stark in den von den Jugendlichen erreichten Schulabschlüssen niedergeschlagen hat und daher ein weiterer Effekt auf den Übergangserfolg in Berufsausbildung kaum sichtbar wird (Beicht/Walden 2014). Eine hohe Schulbildung der Eltern hat bei jungen Frauen sogar einen negativen Einfluss auf den Übergang in vollqualifizierende Ausbildung (vgl. Modell B2). Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass in den betreffenden Elternhäusern gerade für junge Frauen oft eher eine weitere Schulbildung und der Erwerb eines höherwertigen Schulabschlusses unterstützt wird.

Ein Wohnort in Ostdeutschland verbessert – verglichen mit einem Wohnort in Westdeutschland – vor allem die Übergangschancen in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt, und zwar für junge Männer ebenso wie für junge Frauen (vgl. Modelle B1 bis B3). Dies dürfte damit zusammenhängen, dass in Ostdeutschland der Übergangsbereich bei Weitem nicht so stark ausgebaut ist und nicht studienberechtigte Schulabgänger/-innen daher häufiger den unmittelbaren Beginn einer Berufsausbildung anstreben als in Westdeutschland (vgl. hierzu BIBB-Datenreport 2017, Kapitel A6.2). Generell positiv wirkt sich eine gute regionale Ausbildungsmarktlage zum Zeitpunkt des Schulabgangs auf den Übergang in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung aus (vgl. Modelle A1 bis B3). Junge Frauen haben generell erheblich geringere Chancen als junge Männer, in eine betriebliche oder vollqualifizierende Ausbildung einzumünden (vgl. Modelle A3 und B3).

Unter Kontrolle all dieser Effekte sind sowohl für die jungen Migranten als auch für die jungen Migrantinnen ebenso wie für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund insgesamt die Chancen, in eine betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung einzumünden, signifikant geringer als für die Vergleichsgruppen ohne Migrationshintergrund (vgl. Modelle A1 bis B3).

Zusammenfassung und Fazit

Die Analysen zum Übergang von der Schule in eine betriebliche Berufsausbildung bzw. eine vollqualifizierende Ausbildung bestätigen für nicht studienberechtigte Schulabgänger/-innen nochmals, dass die Erfolgschancen bei Vorliegen eines Migrationshintergrunds insgesamt erheblich schlechter sind. Beträchtliche Chancennachteile bestehen vor allem in der stark dominierenden marktgesteuerten betrieblichen Ausbildung, in der allein die ausbildenden Betriebe über das Ausbildungsstellenangebot und die Vergabe der Ausbildungsplätze entscheiden. Sowohl junge Migranten als auch junge Migrantinnen, die bei Verlassen der allgemeinbildenden Schule nach der 9. oder 10. Klasse die Aufnahme einer dualen Ausbildung anstreben, sind wesentlich seltener kurzfristig bei der Ausbildungssuche erfolgreich als junge Männer bzw. junge Frauen ohne Migrationshintergrund. Zwar gelingt dann im Laufe der Zeit vielen jungen Migranten und Migrantinnen die Einmündung in betriebliche Ausbildung noch, wodurch sich ihre Übergangsverläufe denen der Vergleichsgruppen ohne Migrationshintergrund annähern, aber ihre Übergangsquoten liegen auch 40 Monate nach Schulbeendigung noch deutlich niedriger. Der Unterschied im Einmündungserfolg zwischen jungen Migrantinnen und jungen Frauen ohne Migrationshintergrund ist allerdings insgesamt deutlich kleiner als zwischen jungen Männern mit und ohne Migrationshintergrund.

Junge Frauen mit und ohne Migrationshintergrund haben größere Schwierigkeiten als vergleichbare junge Männer einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu finden. Wie aus anderen vorliegenden Studien bekannt ist, hängt dies insbesondere mit ihrer beruflichen Orientierung zusammen: Unabhängig von einem Migrationshintergrund streben junge Frauen weit überwiegend in Dienstleistungsberufe, in denen aufgrund eines ungünstigeren Angebots-Nachfrage-Verhältnisses auf dem Ausbildungsmarkt die Chancen geringer sind als in Produktionsberufen, die stark von jungen Männern nachgefragt werden (Beicht/Walden 2015). Die geschlechtsspezifischen Unterschiede im Übergangserfolg sind bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund jedoch merklich geringer als bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund.

Werden die jungen Männer und Frauen zusätzlich nach ihren Schulabschlüssen differenziert, so zeigt sich, dass die Chancen auf eine betriebliche Ausbildungsstelle bei Vorliegen eines Migrationshintergrunds selbst bei gleichem Schulabschluss meistens geringer sind. Bei maximal einem einfachen Hauptschulabschluss ist der Übergang in betriebliche Ausbildung am schwierigsten, er gelingt dann jungen Migranten und Migrantinnen zunächst jeweils mit Abstand am schlechtesten, rund 2 Jahre nach Schulbeendigung erreichen sie jedoch etwa so hohe Übergangsquoten wie vergleichbare junge Männer bzw. Frauen ohne Migrationshintergrund. Deutlich günstiger sind die Übergangsverläufe bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss: Für junge Migrantinnen sind die Erfolgschancen hier in den ersten beiden Jahren nach Schulende sogar besser als für junge Frauen ohne Migrationshintergrund, während junge Migranten durchgängig erheblich schlechter abschneiden als vergleichbare jungen Männer ohne Migrationshintergrund. Bei einem mittleren Schulabschluss münden junge Migranten und Migrantinnen jeweils wesentlich seltener in betriebliche Ausbildung ein als die Vergleichsgruppen ohne Migrationshintergrund, wobei die Chancennachteile für junge Migranten größer ausfallen als für junge Migrantinnen. Auffällig ist, dass junge Männer sowohl mit als auch ohne Migrationshintergrund bei einem qualifizierenden Hauptschulabschluss jeweils ähnlich günstige Übergangsverläufe aufweisen wie bei einem mittleren Schulabschluss, in der Gruppe der jungen Frauen ist dies nicht der Fall. Bemerkenswert ist auch, dass sich bei jungen Migranten die Übergangsquoten zwischen den 3 Schulabgangsniveaus im Laufe der Zeit so stark annähern, dass nach 40 Monaten fast kein Unterschied mehr besteht. Bei jungen Migrantinnen gleichen sich hingegen nur die Quoten zwischen maximal einfachem und qualifizierendem Hauptschulabschluss an, während die Einmündungschancen bei einem mittleren Schulabschluss zuletzt wesentlich höher ausfallen.

Erhebliche Unterschiede in den Übergangschancen bleiben auch dann erhalten, wenn über die betriebliche Ausbildung hinaus die quantitativ weit weniger bedeutsame (öffentlich finanzierte) außerbetriebliche duale Ausbildung und die schulische Berufsausbildung einbezogen werden und sich die Betrachtung auf alle nicht studienberechtigten Schulabgänger/-innen unabhängig von einem Ausbildungsinteresse bei Schulbeendigung richtet. Die außerbetriebliche Ausbildung mindert die Chancennachteile junger Migranten und Migrantinnen, die in der betrieblichen Ausbildung bestehen, zwar leicht, dies wird hier in der Gesamtbetrachtung aber nicht sichtbar. Die schulische Berufsausbildung verbessert längerfristig vor allem die Ausbildungsmöglichkeiten junger Frauen mit und ohne Migrationshintergrund: 40 Monate nach Beendigung der Schule sind junge Migrantinnen daher ebenso häufig in vollqualifizierende Ausbildung eingemündet wie junge Migranten, Gleiches gilt für junge Frauen ohne Migrationshintergrund im Vergleich zu jungen Männern ohne Migrationshintergrund.

Bei einer Differenzierung nach Schulabschlüssen zeigen sich bei Berücksichtigung aller Ausbildungsformen insbesondere für Frauen deutlich veränderte Übergangsverläufe im Vergleich zur Einmündung in betriebliche Ausbildung: Mit Abstand am seltensten münden junge Migrantinnen mit maximal einfachem Hauptschulabschluss innerhalb der gesamten betrachteten 40 Monate nach Schulende in vollqualifizierende Ausbildung ein. Dies könnte zum einen darauf zurückzuführen sein, dass sie nicht nur bei Schulende, sondern möglicherweise auch später seltener eine Berufsausbildung anstreben, und zum anderen darauf, dass für sie die meisten schulischen Berufsausbildungsmöglichkeiten aufgrund fehlender Zugangsvoraussetzungen nicht in Betracht kommen. Junge Migrantinnen mit einem qualifizierenden Hauptschulabschluss haben demgegenüber erheblich höhere Übergangsquoten, fast bis zuletzt im Beobachtungszeitraum sogar höhere als Migrantinnen mit mittlerem Schulabschluss. Bei allen Schulabschlussniveaus bleibt für Migrantinnen aber auch beim Übergang in vollqualifizierende Ausbildung jeweils ein mehr oder weniger großer Abstand zu den Einmündungsquoten junger Frauen ohne Migrationshintergrund bestehen.

Auch wenn neben dem Schulabschluss noch eine Reihe anderer für den Einmündungserfolg wichtiger Einflussfaktoren wie die Schulnoten, die soziale Herkunft der Jugendlichen, die Wohnregion und die regionale Ausbildungsmarktsituation kontrolliert werden, zeigen sich für den Übergang sowohl in betriebliche Berufsausbildung als auch in vollqualifizierende Ausbildung insgesamt jeweils signifikant schlechtere Chancen für junge Migranten und Migrantinnen im Vergleich zu jungen Männern und Frauen ohne Migrationshintergrund. Dies verdeutlicht nochmals, dass die geringeren Übergangserfolge der Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei Weitem nicht alleine auf ihre im Schnitt niedrigeren Schulabschlüsse zurückzuführen sind, die gleichwohl ihre Aussichten auf einen betrieblichen oder schulischen Ausbildungsplatz deutlich mindern. Die Ergebnisse weisen damit auch noch einmal darauf hin, dass Chancengleichheit bisher weder im allgemeinbildenden Schulsystem noch im beruflichen Ausbildungssystem besteht. Die Herstellung gleicher Bildungschancen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund ist nach wie vor eine der wichtigsten Herausforderungen im deutschen Bildungssystem.

(Ursula Beicht)

  • 179

    Es ist zu beachten, dass direkte Rückschlüsse auf die Verteilungen aller Schulabgänger/-innen nicht möglich sind, da ausschließlich Jugendliche einbezogen sind, die bereits nach der 9. oder 10. Klasse von einer Regelschule abgegangen sind.

  • 180

    Der höherwertige Hauptschulabschluss kann je nach Bundesland nach der 9. Klasse oder nach der 10. Klasse, die entweder verpflichtend ist oder freiwillig besucht wird, erworben werden. Oft ist hierzu eine Prüfung zu absolvieren oder ein bestimmter Notendurchschnitt zu erreichen. In Berlin, Brandenburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen gibt es eine zehnjährige Vollzeitschulpflicht, die in einer allgemeinbildenden Schule absolviert werden muss, hier kann ein einfacher oder qualifizierender Hauptschulabschluss erst nach der 10. Klasse erworben werden.

  • 181

    Bei den Kaplan-Meier-Schätzungen können in die Analyse auch sogenannte rechtszensierte Fälle einbezogen werden. Hier sind das die Fälle, in denen Informationen zur Bildungsbiografie der Jugendlichen nur für einen kürzeren Zeitraum als 40 Monate nach Schulabgang vorliegen. Bei Paneldaten kommen rechtszensierte Fälle häufiger vor, da nicht alle Befragungspersonen dauerhaft an den Erhebungen teilnehmen. Für die jeweiligen Zeitspannen nach Schulabgang sind hier immer die kumulierten monatlichen Übergangsquoten angegeben.

  • 182

    Die Einmündung in eine andere Ausbildungsform, d. h. in eine außerbetriebliche duale oder eine schulische Berufsausbildung (einschließlich Beamtenausbildung), wird dabei als „konkurrierendes Ereignis“ berücksichtigt. Dies bedeutet, dass die betreffenden Fälle ab dem jeweiligen Einmündungszeitpunkt nicht mehr in die Schätzung der Übergangsquoten einbezogen worden sind.

  • 183

    Außerbetriebliche Ausbildungsplätze in BBiG/HwO-Berufen werden vor allem für lernbeeinträchtigte bzw. sozial benachteiligte Jugendliche oder für junge Menschen mit Behinderungen bereitgestellt, die nur geringe Aussichten auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz hätten.

  • 184

    Darüber hinaus wird hier gegebenenfalls auch der Übergang in ein Studium berücksichtigt. Dieser ist allerdings sehr selten, da nicht studienberechtigte Schulabgänger/-innen vor Beginn eines Studiums erst noch nachträglich die (Fach-)Hochschulreife z. B. auf einer beruflichen Schule erworben haben müssen.

  • 185

    Detailliertere Ergebnisse zu den Übergangsverläufen in betriebliche bzw. vollqualifizierende Ausbildung sind für die Gesamtgruppen der nicht studienberechtigten Schulabgänger/-innen mit und ohne Migrationshintergrund enthalten in Beicht/Walden (2018).

  • 186

    Bei jungen Frauen ist der positive Effekt für den qualifizierenden Hauptschulabschluss beim Übergang in betriebliche Ausbildung allerdings nicht signifikant, was wahrscheinlich auf die relativ geringe Fallzahl bei dieser Analyse zurückzuführen ist.