Unter Open Educational Resources (OER) werden digitale Lehr- und Lernmaterialen verstanden, die aufgrund ihrer offenen Lizenzierung (i. d. R. Creative-Commons-Lizenzierungen) kostenfrei zugänglich sind. OER können – ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen – genutzt, weiterentwickelt und weiterverbreitet werden (vgl. United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization 2017). Vor diesem Hintergrund wird OER ein großes Potenzial hinsichtlich einer innovativen Veränderung der Bildungsmedien und damit der Bildungslandschaft zugesprochen. Dies bezieht sich auch auf das Feld der beruflichen Bildung.
Förderprogramm des BMBF
Um OER in allen Bildungsbereichen voranzutreiben, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2016 beschlossen, eine zentrale Informationsstelle (OERinfo) aufzubauen sowie 24 Projekte zur Sensibilisierung und Multiplikatorenqualifizierung zu fördern. Das Ziel von OERinfo ist die breite Sichtbarmachung des Themas gerade auch für neue Zielgruppen wie der beruflichen Bildung. Der aktuelle Kenntnisstand zu OER wird bildungsbereichsspezifisch erfasst und dargestellt. Good-Practice-Beispiele werden benannt und die Vielfalt an Initiativen wird aufgezeigt. Zusammengefasst geht es im Projekt OERinfo also um Information, Transfer und Vernetzung in Sachen OER. Der Bereich der beruflichen Bildung wird dabei durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) bearbeitet (vgl. Grimm/Rödel 2017, S. 51).
Untersuchungen des BIBB (Grimm/Rödel 2018) haben gezeigt, dass OER in der beruflichen Bildung noch eher zurückhaltend eingesetzt werden. Im Vergleich zu den Bildungsbereichen Hochschule und Schule ist das Konzept von OER in der beruflichen Bildung weniger bekannt und es gibt dementsprechend noch relativ wenig Material. Gleichwohl werden auch die Chancen von OER in der beruflichen Bildung zunehmend wahrgenommen. Diese werden zum Beispiel in der schnellen Aktualisierbarkeit von Lehr-Lernmaterial, in der Unterstützung des Selbstlernprozesses durch veränderte didaktische Szenarien, aber auch allgemein in der Verbesserung der Teilhabe an Bildung gesehen. Diesen Chancen stehen allerdings häufig das fehlende Wissen zu Fragen des Urheberrechts sowie fehlende Methoden und Strukturen der Qualitätssicherung entgegen. Auch sind zentrale Fragen der Auffindbarkeit des Materials bis jetzt nicht geklärt (vgl. Rödel 2018).
Ein wichtiger Treiber für die Etablierung von OER ist die UNESCO
Ebenfalls 2017 beauftragte das International Centre for Technical and Vocational Education and Training (UNESCO-UNEVOC) eine qualitative/quantitative Studie zur Nutzung von OER in Technical and Vocational Education and Training (TVET), um Handlungsempfehlungen zur Förderung und Unterstützung von OER und anderen offenen Bildungspraktiken zu erarbeiten. Die Ergebnisse der Studie bestätigen die Ergebnisse der Untersuchung des BIBB (Ehlers/Schuwer/Jansson 2018, S. 8).
Auf dem zweiten Weltkongress der United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO) zu OER 2017 in Ljubljana wurde vor allem auf das vierte UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung eingegangen: Eine inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung soll gewährleistet werden und Möglichkeiten für ein lebenslanges Lernen sind für alle zu fördern.
Resultat des Gipfeltreffens ist der Ljubljana-Aktionsplan zur weltweiten Förderung von OER. Die hier adressierten Stakeholder wurden u. a. um die für die Berufsbildung maßgeblichen Berufsverbände erweitert. Der Aktionsplan formuliert 41 Empfehlungen zur weiteren Verbreitung in 5 strategischen Bereichen.
Aktuell erarbeitet die UNESCO in zwischenstaatlichen Beratungen im Rahmen eines offenen Prozesses eine internationale Empfehlung zu OER. Eine solche Empfehlung ist nicht rechtsverbindlich, empfiehlt den UNESCO-Mitgliedstaaten aber konkrete Policies und Maßnahmen (vgl. Peter 2018, S. 67).
(Bodo Rödel, Susanne Grimm)