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Die aktuelle Corona-Krise und die damit verbundenen Herausforderungen und Unsicherheiten zeigen die große Bedeutung der beruflichen Bildung für die Zukunftschancen junger Menschen, für die Zukunft unserer Betriebe und somit für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland: In den vorangegangenen Jahren begann etwa die Hälfte eines Altersjahrgangs eine Ausbildung in einem der rund 320 nach BBiG bzw. HwO anerkannten Ausbildungsberufe. Rund ein Fünftel aller Betriebe in Deutschland beteiligte sich aktiv an der Ausbildung.

Die zurückgehende Zahl an Schulabgängern und Schulabgängerinnen und der Trend zu höheren Schulabschlüssen in Verbindung mit einer gestiegenen Studierneigung haben zuletzt zu einer sinkenden Nachfrage der Jugendlichen nach einer dualen Berufsausbildung geführt. Im Jahr 2019 lag sie mit 598.000 erstmals unter 600.000. Das Ausbildungsangebot verringerte sich 2019 ebenfalls; die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ging auf 525.100 zurück. Viele Betriebe hatten auch 2019 Schwierigkeiten, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. Gleichzeitig gab es wieder viele Jugendliche, die bei der Ausbildungsstellensuche erfolglos blieben. Die hieraus resultierenden Passungsprobleme haben sich 2019 nur leicht verringert. Für die Sicherung des künftigen Fachkräftepotenzials stellt die Erhöhung der Attraktivität einer dualen Berufsausbildung für die Jugendlichen und die weitere Reduktion der Passungsprobleme eine zentrale Aufgabe dar. Weiterer Handlungsbedarf besteht in der Verringerung des Anteils der Menschen, die ohne Berufsabschluss bleiben (2018: 14%, hochgerechnet 2,12 Mio. Menschen zwischen 20 und 34 Jahren). 

Der Datenreport zum Berufsbildungsbericht wird in diesem Jahr zum zwölften Mal vom BIBB herausgegeben. Mit seiner Gesamtschau ist er für Wissenschaft, Politik und Praxis ein zentrales Nachschlagewerk zur beruflichen Bildung in Deutschland. Er enthält umfassende Informationen und Analysen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung, gibt einen Überblick über Programme des Bundes und der Länder zur Förderung der Berufsausbildung und informiert über internationale Indikatoren und Benchmarks. Die standardisierte zeitreihengestützte Berichterstattung wird durch vertiefende Analysen auf Basis eigener Primärerhebungen und sekundärstatistischer Datenquellen ergänzt. Als Schwerpunkt wird das Thema Kompetenzentwicklung betrachtet. Auf dem Internetportal www.bibb.de/datenreport stehen ergänzende Informationen zum Abruf bereit.

Die Berichte und Analysen im BIBB-Datenreport 2020 beschreiben die Lage vor COVID-19. Die ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen der Pandemie sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau abzuschätzen, das Ausmaß könnte die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 bei Weitem übersteigen. Mit dem Shutdown der Wirtschaft ist die Zahl der Arbeitslosen und der Erwerbstätigen in Kurzarbeit sprunghaft angestiegen. Schon jetzt ist absehbar, dass die Corona-Pandemie den Ausbildungsstellenmarkt nicht verschonen wird. Wir müssen daher davon ausgehen, dass sich das betriebliche Angebot an Ausbildungsplätzen stärker reduzieren wird, als wir es mit bis zu 10.000 Plätzen Anfang des Jahres vermutet haben (vgl. Prognose in Kapitel A2.2). Dennoch gibt es gute Gründe, mit Zuversicht auf die weitere Entwicklung zu blicken. Denn das duale Berufsbildungssystem in Deutschland ist stark und hat sich auch in früheren Krisen bewährt. Unsere Analysen zeigen, dass die eigene Ausbildung für Betriebe eine strategische Entscheidung und eine Zukunftsinvestition darstellt, die auch in Krisenzeiten nicht kurzfristig geopfert wird. Ich bin mir aber bewusst, dass nicht alle Betriebe und Branchen in der momentan angespannten Situation ihr Ausbildungsengagement aufrechterhalten können. Hier ist besondere Unterstützung für Betriebe und Auszubildende erforderlich.

Die genauen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Berufsbildung werden sich in den meisten der zur Verfügung stehenden Datenquellen erst mit einer zeitlichen Verzögerung zeigen. Um aktuelle Erkenntnisse zu gewinnen und ggf. kurzfristige Steuerungsoptionen zu entwickeln, wird das BIBB die Folgen zeitnah im Rahmen verschiedener stichprobenbasierter Studien untersuchen. Geplant sind Betriebsbefragungen im Rahmen des Referenzbetriebssystems und des BIBB-Qualifizierungspanels sowie eine neue BA/BIBB-Bewerberbefragung.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie gut durch die Krise kommen – bleiben Sie gesund!

Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser
Präsident