Überblick
Für die Jugendlichen und Betriebe, die sich noch nach dem 30. September 2019 für den Beginn einer Berufsausbildung im Ausbildungsjahr 2019/2020 interessierten (sei es als künftige Auszubildende oder als künftige Ausbildungsstätten), setzten die Beratungs- und Vermittlungsdienste ihre Arbeit auch über diesen Stichtag hinaus fort. Zwischen Oktober 2019 und Januar 2020 registrierten sie insgesamt 66.800 Ausbildungsstellen, die noch bis Dezember besetzt werden sollten (Vorjahr: 71.500). Darunter befanden sich jene 53.100 Stellen, die bereits am 30. September unbesetzt waren, sowie weitere 13.700 Stellen, die den Beratungs- und Vermittlungsdiensten erst später gemeldet wurden. Bei 64.200 bzw. 96,7% der 66.100 gemeldeten Stellen handelte es sich um betriebliche Plätze (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020a).
Den gemeldeten Stellen standen 64.200 (Vorjahr: 66.700) Bewerber/-innen gegenüber, welche die Beratungs- und Vermittlungsdienste um Unterstützung baten, um noch im Jahr 2019 eine Ausbildungsstelle antreten zu können. Es gab somit bundesweit im sogenannten „fünften Vermittlungsquartal“ erneut mehr noch zu besetzende Stellen als noch zu vermittelnde Bewerber/-innen: Rechnerisch entfielen 104,0 Stellen auf 100 Bewerber/-innen. Allerdings wichen die Verhältnisse in den Ländern vom bundesdeutschen Gesamtwert gravierend ab. So standen z. B. im Land Berlin nur 37,6 Stellen 100 Bewerbern/Bewerberinnen gegenüber, während es in Bayern 304,5 waren Tabelle A1.1.4-1. Noch deutlich stärker variierten die einzelnen Werte in den Arbeitsagenturbezirken. Während in der Region Hameln rechnerisch nur 14,5 Stellen auf 100 Bewerber/-innen kamen, waren es in Schwandorf 889,6.
Mit diesen extremen Ungleichgewichten hatten beide Seiten des Ausbildungsmarktes, Jugendliche und Betriebe, zu kämpfen. Besonders schwierig war die Lage für die Betriebe in Bayern, wo rechnerisch auf 100 noch zu besetzende Stellen lediglich 32,8 Bewerber/-innen entfielen. Im Arbeitsagenturbezirk Schwandorf waren es sogar nur 11,2. Umgekehrt gab es in den Regionen Hameln, Lüneburg-Uelzen, Montabaur und Kassel mindestens viermal so viele Bewerber/-innen wie Stellenmeldungen.
Insgesamt war die „Entwicklung im ,5. Quartal‘ 2020 (…) der des Vorjahres sehr ähnlich“ (Bundesagentur für Arbeit 2020b, S. 7). Die großen Ungleichgewichte schmälerten die Möglichkeiten der Beratungs- und Vermittlungsdienste erheblich, beide Marktseiten zusammenzuführen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020b, S. 5). Schwierig war das Vermittlungsgeschäft im „fünften Quartal“ auch deshalb, weil die bereits Ende September zu beobachtenden beruflichen Ungleichgewichte und Merkmalsdisparitäten zwischen dem noch zu besetzenden Angebot und der zu vermittelnden Nachfrage zu großen Teilen in das „fünfte Quartal“ überführt wurden. Denn 79,6% der zwischen Oktober 2019 und Januar 2020 registrierten Stellen sowie 55,8% der in diesem Zeitraum registrierten Bewerber/-innen entstammen aus dem Kreis der bereits zum 30. September 2019 gemeldeten erfolglosen Marktteilnahmen.
Zudem ist davon auszugehen, dass viele Ausbildungsstellen des „fünften Quartals“, die nicht aus der Teilmenge der bereits zum 30. September unbesetzten Plätze stammen, aus Vertragslösungen in der Probezeit herrühren und kurzfristig nachbesetzt werden sollten. Von vorzeitigen Vertragslösungen sind aber verstärkt jene Berufe betroffen, die ohnehin unter Besetzungsschwierigkeiten leiden. Aus all diesen Gründen ist der Ausbildungsmarkt im „fünften Quartal“ nochmals deutlich stärker von Passungsproblemen geprägt als die Ausbildungsmarktlage während der regulären Vermittlungsperiode.
Tabelle A1.1.4-1: Zwischen Oktober 2019 und Januar 2020 registrierte Berufsausbildungsstellen und Ausbildungsstellenbewerber/-innen mit Wunsch eines Ausbildungsbeginns bis Ende des Jahres 2019
Einmündungsquoten der Bewerber/-innen
Somit fiel die im Nachvermittlungsgeschäft erzielte Einmündungsquote der Bewerber/-innen in eine Berufsausbildungsstelle mit bundesweit 9,4% ausgesprochen niedrig aus, während 72,5% immer noch auf der Suche nach einer Ausbildungsgelegenheit waren. Die restlichen 18,0% zählten zu den anderen ehemaligen Bewerbern/Bewerberinnen, d. h. zu jenen Bewerbern/Bewerberinnen, die ihren Vermittlungswunsch noch vor Einmündung in eine Berufsausbildungsstelle wieder aufgaben oder die unbekannt verblieben Tabelle A1.1.4-2.
Zwischen den verschiedenen Bewerbergruppen waren, was die Einmündungsquoten angeht, keine größeren Unterschiede auszumachen (sei es, dass es sich um männliche oder weibliche Bewerber oder um Bewerber/-innen mit Hauptschulabschluss oder mit Studienberechtigung handelte). So bewegten sich die Einmündungsquoten ebenso durchgängig auf niedrigem Niveau, wie umgekehrt die Quoten der im September noch suchenden Bewerber/-innen durchgängig auf hohem Niveau variierten. Somit galt: „Auch Abiturienten/Abiturientinnen bleiben überproportional häufig unversorgt, weil sie oftmals ,knappe‘ Berufe anstreben (z. B. Mediengestaltung, kaufmännische Berufe)“ (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020b, S. 8).
Etwas stärker variierten die Einmündungsquoten nach dem Alter (unter 20 Jahren: 10,7%, über 25 Jahre: 5,5%), nach Ländern (Sachsen-Anhalt: 15,5%; Saarland: 6,1%) und nach dem ursprünglichen Vermittlungsstatus der Bewerber/-innen zum 30. September: Bewerber/-innen, die damals als „eingemündet“ verbucht waren, hatten auch im Januar 2020 die höchste Einmündungsquote mit 15,7% zu verzeichnen. Dagegen betrug die Quote bei den Bewerbern/Bewerberinnen, die zum 30. September zu den noch suchenden „Bewerbern/Bewerberinnen mit Alternative“ gezählt worden waren, nur 6,4%.8
Die Zahl der im Nachvermittlungsgeschäft noch zu besetzenden Ausbildungsstellen war zwar im Januar 2020 mit 10.900 deutlich geschrumpft (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020a, Tabelle 1). Gleichwohl lag ihr Anteil an allen 66.800 zwischen Oktober 2019 und Januar 2020 zur Nachvermittlung gemeldeten Stellen mit bundesweit 16,3% relativ hoch, sofern man zum Vergleich die Ergebnisse der regulären Vermittlungsperiode heranzieht. Denn im Berichtsjahr 2018/2019 blieben „nur“ 9,3% der insgesamt 572.000 gemeldeten Stellen unbesetzt (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019a, Tabelle 1). Die Erfolgschancen waren demnach auch für die Betriebe in der Nachvermittlungsperiode stark eingeschränkt, zumal die Differenz zwischen der Gesamtzahl aller während der Nachvermittlung gemeldeten Stellen und den im Januar noch registrierten unbesetzten Stellen nicht allein Stellenbesetzungen, sondern auch Stornierungen (vorzeitige Aufgabe des Vermittlungswunsches) geschuldet sein dürfte.
(Bettina Milde, Joachim Gerd Ulrich, Simone Flemming, Ralf-Olaf Granath)
Tabelle A1.1.4-2: Von Oktober 2019 bis Januar 2020 registrierte Ausbildungsstellenbewerber/-innen für den Ausbildungsbeginn bis Ende 2019 nach Vermittlungsstatus
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Auf Ebene der Arbeitsagenturbezirke variierte die Einmündungsquote im Nachvermittlungsgeschäft 2019 bis zur Messung im Januar 2020 zwischen 3,9% im Arbeitsagenturbezirk Kiel und 25,3% im Arbeitsagenturbezirk Offenburg (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020a, Tabelle 4.2).