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Neben den bundesweiten Ausbildungsordnungen (Ausbildungsrahmenpläne und Prüfungsordnungen) trägt vor allem der Berufsschulunterricht zu Transfer und Vergleichbarkeit der Berufsabschlüsse nach BBiG/HwO bei. Parallel zur betrieblichen Ausbildung erfolgt der schulische Ausbildungsteil in Teilzeit-Berufsschulen, die im Verantwortungsbereich der Länder liegen. Damit betriebliche Berufsausbildung und Berufsschulunterricht einander ergänzen, werden die Ausbildungsrahmenpläne für die Betriebe mit den hierauf ausgerichteten Rahmenlehrplänen für die beruflichen Schulen bundesweit abgestimmt (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung 2015). Nach Abschluss des Ausbildungsvertrags meldet der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden/die Auszubildende zum Berufsschulunterricht an. Neben der Teilzeit-Berufsschule übernehmen berufsbildende Schulen auch weitere Aufgaben im deutschen Bildungssystem. Das Spektrum reicht von der Berufsausbildungsvorbereitung über die berufliche Erstausbildung im Rahmen des BBiG und vollzeitschulische Bildungsgänge mit den Möglichkeiten zum Erwerb allgemeinbildender und studienqualifizierender Abschlüsse bis hin zu schulischer und beruflicher Weiterbildung (vgl. Schmidt 2011, vgl. Kapitel A4, Kapitel A6, Kapitel B4). 

Die Ausbildung und der Einsatz von Lehrerinnen und Lehrern an beruflichen Schulen im dualen System liegen in Deutschland ebenfalls in der Zuständigkeit der Bundesländer. Die Kultusministerkonferenz hat in den „Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften“ (Kultusministerkonferenz 2004 i. d. F. vom 12.06.2014) die Kompetenzen beschrieben, die in der Ausbildung für die Lehrämter erworben werden müssen. Die Ausbildung gliedert sich in die universitäre Ausbildung und den Vorbereitungsdienst und findet in staatlicher Verantwortung statt (vgl. Kultusministerkonferenz 2004 i. d. F. vom 12.06.2014, S. 4). Das Lehramt an berufsbildenden Schulen hat die unterschiedlichen Bildungsgänge berufsbildender Schulen zu berücksichtigen. Kennzeichen der beruflichen Bildung sind die ständige Bezugnahme auf den Wandel in der Berufswelt, komplexe institutionelle und organisatorische Systeme sowie die Herausforderungen im Umgang mit Heterogenität der Lerngruppen (vgl. Kultusministerkonferenz 2017a i. d. F. vom 12.10.2017, S. 5). Der demografische Wandel verschärft die Nachwuchssicherung im Bereich des Berufsschullehramts in den gewerblich-technischen Fächern (vgl. Kultusministerkonferenz 2018; Klemm 2018).

Der Schulträger ist für die Errichtung, Unterhaltung und Verwaltung der Schule verantwortlich und kommt in der Regel für die Sachkosten auf (während die Personalkosten für Lehrer/-innen an öffentlichen Schulen vom Land übernommen werden) (vgl. Kultusministerkonferenz 2017b, S. 364). Schulträger sind entweder kommunale Körperschaften (Gemeinde, Kreis), in geringerem Umfang auch das Land oder freie Träger (Kirchen und nichtkonfessionell gebundene Träger oder Privatpersonen). 

Zwei zentrale Bildungskonzepte im deutschen Berufsbildungssystem

Gemeinsame Aufgabe von Lehrkräften und betrieblichem Ausbildungspersonal ist, junge Menschen zu beruflicher Handlungsfähigkeit in den jeweiligen Ausbildungsberufen zu führen und in die Arbeitswelt zu integrieren (vgl. § 1 Abs. 2 und 3 BBiG). Hauptaufgabe der Teilzeit-Berufsschule ist die Ergänzung der praktischen betrieblichen Ausbildung. Hier sollen Praxiserfahrungen in die grundlegenden Systematiken und Systemzusammenhänge eingeordnet werden (vgl. Kremer/Sloane 1999). Um eine pädagogische Abstimmung zwischen den beiden Lernorten zu gewährleisten, wurden seit Ende der 1990er-Jahre zwei Konzepte eingeführt, die für die Teilzeit-Berufsschule bundesweit handlungsleitend und etabliert sind: das Konzept der Lernortkooperation und das Lernfeldkonzept. Beide Konzepte werden im Folgenden kurz eingeführt.

Ziel der Lernortkooperation (vgl. Pätzold/Walden 1999) ist die gemeinsame Koordination des Lernprozesses. Dies wird z. B. in gemeinsamen Projekten, gemeinsamer Prüfungsvorbereitung, Hospitationen der Lehrkräfte und Innovationstransfer von Betrieben in die berufliche Schule umgesetzt. Betriebliche Fragestellungen sollen im Rahmen der Lernortkooperation in den Berufsschulunterricht transformiert und hier als Lerngegenstände aufgegriffen werden. Hierdurch werden die Betriebe durch einen eigenständigen öffentlich finanzierten Lernort bei der Ausbildung unterstützt. (vgl. ebd., S. 442). Die Kooperation der Lernorte in der beruflichen Bildung wird im BBiG im § 2 (2) gesetzlich gefordert. Allerdings macht das Gesetz keine Aussagen zu Art und Umfang dieser Kooperation. In den 1990er-Jahren wurde das Thema bildungswissenschaftlich intensiv diskutiert (siehe hierzu Pätzold/Walden 1999) und in Modellversuchen umfangreich bearbeitet (vgl. Euler 2003). Spätere Untersuchungen (vgl. Beicht u. a. 2009) zeigen, dass Lernortkooperation in der betrieblichen Wirklichkeit nur zögerlich ankommt, auch wenn Best-Practice-Beispiele den Mehrwert für die duale Ausbildung und den Innovationstransfer in die beruflichen Schulen thematisieren (vgl. z. B. Barth/Hürter 2015). Schwerpunkte neuerer Forschungstätigkeiten zum Thema befassen sich mit Unterstützungsmöglichkeiten des Lehrpersonals durch digitale Medien (vgl. z. B. Howe/Knutzen 2007). Im Rahmen der bildungspolitischen Debatte der Digitalisierung gewinnt das Konzept erneut an Bedeutung.

Die Rahmenlehrpläne der KMK sind nach Lernfeldern strukturiert. Durch die Ableitung von Unterrichtsinhalten aus beruflichen Handlungsfeldern auf der Grundlage betrieblicher Arbeits- und Geschäftsprozesse wurde in den 1990er-Jahren von der Fächerorientierung im Berufsschulunterricht abgerückt. Verbunden mit dem Lernfeldkonzept ist ein an betrieblichen Lehr-Lernaufgaben basierender fächerübergreifender Unterricht, der häufig auch projektförmig organisiert wird (vgl. Kultusministerkonferenz 2011, S. 17). Eine hierauf ausgerichtete Didaktik hat sich zwischenzeitlich in der Berufsschullehrerausbildung in ganz Deutschland etabliert (vgl. z. B. Pätzold 2003; Bader/Sloane 2000; Pahl 2004; Fenzl/Spöttl/Becker 2009). Durch das Lernfeldkonzept wird der Berufsschulunterricht mit engem Bezug zum Ausbildungsberuf sichergestellt. Ziel des Konzepts ist, Kompetenzorientierung im Berufsschulunterricht stärker zu verankern.

Die Umsetzung im Unterricht wurde im Rahmen der Überarbeitung von Berufen sukzessive vorgenommen. Unter dem Druck des demografischen Wandels wurde das Konzept erneut diskutiert. Der Rückgang der Zahl der Schüler/-innen im dualen System führt zu unterschiedlichen regionalen Strategien in Bezug auf die Beschulung in der Teilzeit-Berufsschule. Nachfolgend werden in Kürze die Veränderungen bei Schülerzahlen, Berufsschulen und Klassen nachgezeichnet; danach werden die in qualitativen Fallbeispielen ermittelten Strategien zu den beschriebenen Bildungskonzepten betrachtet. 

Datengrundlage der Fallbeispiele

Ein Fall besteht aus drei bis 15 qualitativen Interviews mit Fachlehrern/Fachlehrerinnen, Schulleitern/Schulleiterinnen und Vertretern/Vertreterinnen der jeweiligen Kultusministerien je Beruf

  • Maurer/-in
  • Konstruktionsmechaniker/-in (Berufsgruppe der industriellen Metallberufe) 
  • Verfahrensmechaniker/-in für Kunststoff- und Kautschuktechnik (sieben Fachrichtungen)
  • Fachinformatiker/-in (zwei Fachrichtungen)
  • Hotelkaufmann/-frau 
  • Revierjäger/-in (Bundesfachklasse)
  • Modist/-in (Bundesfachklasse)

Untersuchung in den Bundesländern: Brandenburg, Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen (vgl. Hackel u. a. 2017)

Entwicklung der Zahl der Schüler/-innen, Teilzeit-Berufsschulen und Berufsschulklassen 

Im Schuljahr 2018/2019 befanden sich bundesweit 1.414.080 Schüler/-innen in Teilzeit-Berufsschulen (Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2). In den letzten zehn Jahren ist ein Rückgang um 18,1% (Schuljahr 2008/2009: 1.726.703) zu verzeichnen Tabelle A3.4-1. Der Rückgang fiel im Betrachtungszeitraum bei weiblichen Auszubildenden mit 25,6% höher aus als bei den männlichen Auszubildenden (13,1%). Regional sind ebenfalls unterschiedliche Entwicklungen zu erkennen: In den östlichen Bundesländern war der Rückgang der Zahl der Schüler/-innen im Vergleich zum Schuljahr 2008/2009 am größten. Mecklenburg-Vorpommern lag mit einem Rückgang von 50,1% im Betrachtungszeitraum an der Spitze, gefolgt von Brandenburg (-47,6%), Sachsen-Anhalt (-44,0%), Thüringen (-41,9%) und Sachsen (-37,8%). Den geringsten prozentualen Rückgang verzeichneten Niedersachsen (-7,0%) und Hamburg (-7,1%).

Auch die Anzahlen der Berufsschulen und Berufsschulklassen waren im Vergleich zum Schuljahr 2008/2009 rückläufig: Laut Statistischem Bundesamt gab es im Schuljahr 2008/2009 noch 1.649 Berufsschulen; im Schuljahr 2018/2019 waren es nur noch 1.500 (-9,0%). In Bezug auf die Anzahl der Klassen zeigt sich ebenfalls ein Rückgang um 15,0% von 85.965 (2008/2009) auf 73.053 (20018/2019).

Tabelle A3.4-1: Anzahl der Schüler/-innen in Teilzeit-Berufsschulen sowie Anzahl der Teilzeit-Berufsschulen und Teilzeit-Berufsschulklassen, Schuljahr 2008/2009 und 2018/2019 nach Bundesländern und Veränderung (in %)

Herausforderungen und Lösungsansätze in Bezug auf bildungspolitische Konzepte

Die Abnahme der Zahl der Schüler/-innen, der Rückgang der Klassen und die Schließung von Teilzeit-Berufsschulen hat zur Folge, dass in einigen Ausbildungsgängen eine wohnortnahe Beschulung in Fachklassen zunehmend schwieriger wird, insbesondere unter Beachtung der jeweiligen Ländervorgaben zu Mindestklassengrößen.

Drei Faktoren sind schulorganisatorisch besonders herausfordernd, wenn der Unterricht in berufsspezifischen Klassen in räumlicher Nähe zum Ausbildungsbetrieb erteilt werden soll (vgl. hierzu und zu den folgenden Angaben Hackel u. a. 2017, S. 21ff.):

  • Die Differenzierung auf Berufsebene: 2018 gab es 325 Ausbildungsberufe nach BBiG/HwO im dualen System. In den 100 größten dualen Ausbildungsberufen wurden insgesamt 92,7% aller Neuabschlüsse gezählt. In 143 aller Ausbildungsberufe wurden weniger als jeweils 150 Ausbildungsverträge abgeschlossen, was einen Anteil von ca. 1,2% aller neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ausmachte. Um die Beschulung der sogenannten „kleinen“ Berufe für die Berufsschulen zu vereinfachen, wird seitens der KMK empfohlen, bei Neuordnungsverfahren ein Berufskonzept von breit angelegten gemeinsamen Kernqualifikationen und aufbauenden Spezialisierungsmöglichkeiten zugrunde zu legen (vgl. Kultusministerkonferenz 2010, S. 4). Die Nutzung eines solchen Berufsgruppenprinzips könne die ortsnahe Fachklassenbildung unterstützen, da Berufe einer Berufsgruppe mindestens im ersten Ausbildungsjahr gemeinsam unterrichtet werden können (vgl. Kultusministerkonferenz 2011, S. 33). 
  • Die Differenzierung und Spezialisierung innerhalb von Berufen durch Strukturelemente wie Fachrichtungen und/oder Schwerpunkte: Im Jahr 2019 gab es 57 Berufe mit Fachrichtungen und 28 Berufe mit Schwerpunkten. Sie sind z. T. durch Zusammenfassung kleiner und spezialisierter Ausbildungsberufe entstanden. Hier werden in weiten Teilen alle Lernfelder des Rahmenlehrplans identisch formuliert, und erst im dritten Ausbildungsjahr neben gemeinsamen auch spezifische Lernfelder ausgewiesen (vgl. Kultusministerkonferenz 2011, S. 33), obwohl die Unterschiede in der betrieblichen Ausbildung gravierend sind.
  • Ein weiterer Aspekt ist die unterschiedliche regionale Verteilung eines Berufs bzw. von Ausbildungsangeboten, die wesentlich von der Wirtschaftsstruktur einer Region bzw. eines Bundeslandes abhängt. Auf Ebene der Länder zeigt sich hinsichtlich des Anteils von „kleinen“ Berufen ein gravierender Unterschied zwischen Westdeutschland und Ostdeutschland einschließlich Berlin. 

Aber nicht nur in den ostdeutschen Bundesländern (vgl. Jenewein 2015) auch beispielsweise in Schleswig-Holstein müssen sich Berufsschulen auf abnehmende Schüler/-innenzahlen einstellen und entsprechend reagieren (vgl. Böhss u. a. 2014). In vielen ländlichen Regionen müssen spezifische Maßnahmen ergriffen werden, um den Unterricht zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für die Beschulung bestimmter Fachrichtungen, für die nicht einmal Landesfachklassen gebildet werden könnten (vgl. Jenewein 2015).

Als problematisch erweist sich insbesondere die Schließung von Bildungsgängen bzw. die Bildung von überregionalen Klassen wie Bezirks- oder Landesfachklassen, da dies zu einem Attraktivitätsverlust der dualen Ausbildung führen kann, sowohl für Ausbildungsbetriebe als auch für die Jugendlichen, die in dieser Altersklasse häufig in ihrer Mobilität noch eingeschränkt sind. Wie die Analysen der vorliegenden Studie zeigen, werden in vielen Bundesländern nur eine geringe finanzielle Förderung der Mehrkosten des Schulbesuches einer weiter entfernten Berufsschule übernommen, sodass die Ausbildung für die Betriebe und Auszubildende i. d. R. insgesamt aufwendiger und teuer wird. Dies verschärft die ohnehin schon schwierige Ausgangssituation der Ausbildungsbetriebe, die mit den negativen Auswirkungen des demografischen Wandels und veränderten Bildungsverhalten der Jugendlichen zu kämpfen haben. Insbesondere für das regionale Handwerk ist es überaus wichtig, die Ausbildung einschließlich des Berufsschulbesuchs in regionaler Nähe zu halten (vgl. Jenewein 2015). 

Modifikationen im berufsschulischen Angebot können somit durchaus ein verändertes bzw. daran angepasstes Ausbildungsverhalten der Betriebe zur Folge haben, durch beispielsweise Umorientierung zu anderen Ausbildungsberufen, anderen Rekrutierungsformen sowie einer Reduzierung des Ausbildungsangebotes, was wiederum zu Anpassungen seitens der Berufsschule führen könnte. Im Ergebnis verschärfen diese Ergebnisse die ohnehin schon schwierige Situation von Jugendlichen, Betrieben und letztendlich der gesamten Region, die für ihr Bestehen eine solide Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur benötigt (vgl. Böhss u. a. 2014).

Um die Attraktivität des dualen Systems zu erhalten bzw. weiterzuentwickeln werden in den Bundesländern unterschiedliche Strategien verfolgt: Die zeitnahe Implementierung neuer Technologien in den Unterricht wird von den befragten Kultusministerien als wichtig angesehen, ebenso die Bedeutung von Aus- und Fortbildungsangeboten für Lehrkräfte (besonders der gewerblich-technischen Fächer) sowie die Entwicklung von Zusatzqualifikationen für die Auszubildenden. Die branchenabhängige Ausbildungsbereitschaft der Betriebe (z. B. Maurer/-in) und als unattraktiv wahrgenommene Ausbildungsberufe (z. B. Gastronomie-Berufe) sowie Ausbildungsberufe mit vielen Fachrichtungen und/oder Schwerpunkten erschweren die Organisation der Beschulung in den Ländern. Hinzu kommen die Aufgaben der Inklusion in der beruflichen Bildung sowie die Integration Geflüchteter. Auch die Rekrutierung neuer Lehrkräfte stellt für die Sicherstellung des Berufsschulunterrichts eine Hürde dar (vgl. Hackel u. a. 2017, S. 31).

Aus Sicht der Lehrkräfte an beruflichen Schulen liegen die aktuellen Herausforderungen insbesondere in sich ständig weiterentwickelnden Berufen sowie der Entwicklung der nicht in jedem Fall günstigen regionalen Angebots-Nachfrage-Relation, der Spezialisierung der Schule für ausgewählte Berufe und der Konkurrenz zwischen Schulstandorten. Darüber hinaus werden die zunehmende Heterogenität der Klassen in Bezug auf Alter, Bildungsniveau oder Förderbedarf der Schüler/-innen bzw. in Bezug auf die unterschiedlichen Betriebsstrukturen (Größe der Betriebe, Geschäftsfelder der Betriebe), in denen die Auszubildenden ihre praktischen Erfahrungen sammeln und in den Unterricht mit einbringen, als Herausforderungen genannt. Insgesamt werden die Betriebe als wichtige Partner angesehen. Lernortkooperation wird dabei sehr unterschiedlich interpretiert. In der Regel wird hierunter die organisatorische Abstimmung (z. B. Festlegung der Blockzeiten) verstanden. Weitergehende gute Beispiele gibt es im Hinblick auf die Prüfungsvorbereitung oder inhaltliche Abstimmungen (z. B. Hospitationen, gemeinsame Praxisprojekte oder inhaltliche Vertiefungen) (vgl. Hackel u. a. 2017, S. 32).

Lösungsansätze in den Regionen

In der dargestellten Studie zeigen sich die Auswirkungen des demografischen Wandels in den Bundesländern sehr unterschiedlich, was in der Folge zu verschiedenen Lösungsansätzen führt. So werden Schulentwicklungspläne unterschiedlich gehandhabt und in Bezug auf die Mindestklassenstärke variieren die Sollzahlen je nach Bundesland. Auch die Regelungen zur Finanzierung unterscheiden sich z. B. in Bezug auf Unterbringungskosten, finanzielle Ausstattung der Schulen oder Gastschulbeiträge. Darüber hinaus spielen auch länderspezifische Vorgaben für die Beschulungssituation vor Ort eine Rolle. In der Regel ist der Sitz des Betriebes entscheidend für die Zuweisung zur Schule und nur vereinzelt ist Wahlfreiheit der Betriebe hinsichtlich des Beschulungsstandortes gegeben. Primär steht die Gewährleistung einer ortsnahen Beschulung im Vordergrund. Länderübergreifende Regelungen für sogenannte „Splitterberufe“, bilaterale Abkommen oder Gastschulabkommen sind weitere Gestaltungsoptionen der Beschulung je nach Beruf und regionalen Rahmenbedingungen (vgl. Hackel u. a. 2017, S. 54f.).

Als ein Ergebnis kann festgehalten werden, dass das häufig gegen Bezirks- und Landesfachklassen angeführte Argument, wohnortferne Beschulung sei kontraproduktiv für die Lernortkooperation, in den hier untersuchten Fallbeispielen nicht bestätigt wird. Vielmehr sind Kontinuität der ausbildenden Betriebe und des Lehrpersonals und Identifikation mit dem Berufsbild Faktoren, die auch über Entfernungen hinweg ein gemeinsames Engagement befördern (vgl. Hackel u. a. 2017, S. 38).

In den meisten Bundesländern ist die Bildung von Mischklassen per Erlass zulässig, was viele der befragten Schulen auch wahrnehmen. In Mischklassen werden Schüler/-innen verschiedener Berufe, Fachrichtungen oder auch unterschiedlicher Bildungsgänge oder Jahrgänge gemeinsam beschult. Für den berufsbezogenen Unterricht gibt es i. d. R. wiederum Vorgaben, welche Kombinationen möglich sind. Diese beschränken sich in der Regel auf die ersten beiden Ausbildungsjahre. Aber darüber hinaus sind grundsätzlich auch andere Kombinationen möglich wie Beispiele zeigen (vgl. Böhss u. a. 2014): gemeinsames Lernen in nicht berufsspezifischen Lernbereichen (z. B. Wirtschafts- und Sozialkunde) in verschiedenen Ausbildungsberufen, Bildungsgängen oder ggf. auch in unterschiedlichen Ausbildungsjahren sowie auch gemeinsames Lernen verschiedener Ausbildungsberufe einer gemeinsamen Branche in ausgewählten Lernbereichen. Der Unterricht erfolgt nach dem Prinzip der Binnendifferenzierung und stellt die Lehrerschaft vor die große Herausforderung, der dadurch zusätzlich gestiegenen Heterogenität der Schüler/-innen gerecht zu werden. 

In Rheinland-Pfalz wurde im Zeitraum von 2015 bis 2017 ein Schulversuch realisiert, der zum Ziel hatte, zukunftsfähige Konzeptionen zur Weiterentwicklung der Berufsschule und zur Sicherung der dualen Ausbildung zu erarbeiten. Als Ergebnis wurden innovative schul- und unterrichtsorganisatorische Ideen erprobt wie flexible Unterrichtsformen, Selbstlernkonzepte und webbasiertes Lernen. Daneben wurden auch administrative Regelungen auf ihre Praktikabilität diskutiert, wie beispielsweise die Kriterien sowohl für die Klassenbildung als auch für die Zuweisung von Ausbildungsberufen zu Berufsschulen (vgl. Ministerium für Bildung des Landes Rheinland-Pfalz 2017). 

Zusammenfassend können die verschiedenen Lösungsansätze in drei Maßnahmenbereiche differenziert werden: 

  • curriculare und unterrichtsorganisatorische Gestaltungsmöglichkeiten,
  • methodisch-didaktische Unterstützung durch z. B. computergestützte Systeme,
  • Strategien zur Etablierung und zum Aufbau regionaler Bildungsstrukturen.

Bei diesen Ansätzen müssen jeweils auch Rahmenbedingungen angepasst werden. Stichworte sind hier die Aus- und Weiterbildung von Lehrern und Lehrerinnen sowie die bedarfsgerechte Anpassung der personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen. 

Zukünftige ordnungspolitische Aufgaben

Die ordnungspolitische Strukturierung der Ausbildungsberufe auf Bundesebene hat Einfluss auf die Organisation des Berufsschulunterrichts. Schulorganisatorisch herausfordernd sind vor dem Hintergrund des demografischen Wandels im Hinblick auf die Beibehaltung des Fachklassenprinzips vor allem drei Faktoren zu nennen: die Zahl der Ausbildungsberufe, die Differenzierung und Spezialisierung innerhalb der Bildungsgänge durch Strukturelemente wie Fachrichtungen und/oder Schwerpunkte sowie die unterschiedliche regionale Verteilung von Ausbildungsangeboten. Die Gründe hierfür liegen in den Bedürfnissen und Möglichkeiten des betrieblichen Lernortes. Hier wird ein Dilemma deutlich, welches zukünftig bearbeitet werden sollte. Dabei ist zu prüfen, inwieweit eine bundesweite digitale Infrastruktur oder Konzepte des Blended Learning eine Rolle spielen können. Um den sich abzeichnenden Lehrermangel an beruflichen Schulen, vor allem in den gewerblich-technischen Fächern, entgegenzuwirken, ist eine Stärkung der fachdidaktischen Lehrstühle und eine Intensivierung der Lehrerausbildung in einigen Bundesländern bereits angestoßen. Hier gilt es auch, Anreize zu schaffen, um Studieninteressierte für den Beruf zu gewinnen. Sowohl bundesweit als auch regional können Lösungen nur durch einen intensiven berufsbildungspolitischen Dialog und durch die intensive Kooperation in Bezug auf beide Lernorte auf allen Regelungsebenen erzielt werden (vgl. Hackel u. a. 2017, S. 55). Berufspädagogische Aspekte sollten bei den Überlegungen im Vordergrund stehen. Die Teilzeit-Berufsschule sollte in ihrer Schlüsselposition für das duale System gewürdigt und als Element der regionalen Wirtschaftsförderung unterstützt werden. Sie sollte zu einem exzellenten Lernort weiterentwickelt und besonders gefördert werden. 

(Monika Hackel, Anita Milolaza, Maria Zöller)