Jugendliche, denen die notwendigen Voraussetzungen für die Aufnahme einer Berufsausbildung fehlen oder die aus anderen Gründen keinen Ausbildungsplatz finden, können im Übergangsbereich ihre individuellen Kompetenzen zur Aufnahme einer Ausbildung oder Beschäftigung verbessern (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2008; Konsortium Bildungsberichterstattung 2006). Diese Bildungsgänge führen allerdings nicht zu einem qualifizierten Berufsabschluss.92
Die nachfolgenden Ergebnisse zur vorherigen Berufsvorbereitung und beruflichen Grundbildung basieren auf den Daten zu den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen der Berufsbildungsstatistik (vgl. Kapitel A5.1). In der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder wird seit 2007 erfasst, ob die Auszubildenden im dualen System zuvor eine berufsvorbereitende Qualifizierung und/oder berufliche Grundbildung abgeschlossen haben und um welche Art der Maßnahme(n) es sich handelt. Die Daten wurden erst für das Jahr 2008 veröffentlicht, da die Einführung der revidierten Berufsbildungsstatistik anfänglich noch von Meldeproblemen begleitet wurde. In den letzten Jahren hat sich die Datenlage deutlich gebessert.
Berufsbildungsstatistik: Erfassung der berufsvorbereitenden Qualifizierung oder beruflichen Grundbildung seit 2007
Im Jahr 2007 wurde die Berufsbildungsstatistik neu konzipiert und auf eine vertragsbezogene Einzeldatenerfassung mit erweitertem Merkmalskatalog umgestellt. Seither werden 3 Vorbildungsarten getrennt voneinander erfasst: der höchste allgemeinbildende Schulabschluss (vgl. Kapitel A5.5.1), eine vorausgegangene berufsvorbereitende Qualifizierung oder berufliche Grundbildung sowie Angaben zu einer vorherigen Berufsausbildung (vgl. Kapitel A5.3). Auf diese Weise kann die Vorbildung für alle Auszubildenden mit Neuabschluss jeweils vollständig ausgewiesen werden.
Als berufsvorbereitende Qualifizierung und berufliche Grundbildung werden nur abgeschlossene berufsvorbereitende und grundbildende Qualifizierungen von mindestens 6 Monaten Dauer erfasst. Unterschieden werden:
- Betriebliche Qualifizierungsmaßnahme (Einstiegsqualifizierung, Einstiegsqualifizierungsjahr [EQJ], Qualifizierungsbaustein, Betriebspraktikum),
- Berufsvorbereitungsmaßnahme93,
- Schulisches Berufsvorbereitungsjahr (BVJ),
- Schulisches Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) (damit ist nicht das BGJ in kooperativer Form [Teilzeit] gemeint),
- Berufsfachschule ohne vollqualifizierenden Berufsabschluss.
Mehrfachnennungen sind möglich. Verlaufsdaten, die die Übergangsprozesse bis zum Einmünden in eine Ausbildungsstelle abbilden, liegen jedoch nicht vor, da die jeweiligen Zeitpunkte, zu denen die Qualifizierungen absolviert wurden, nicht mit erhoben werden.
Generell sind die neu eingeführten Merkmale der Berufsbildungsstatistik in den ersten Jahren noch mit Vorsicht zu interpretieren, da u. a. nicht ausgeschlossen werden kann, dass unter der Ausprägung „liegt nicht vor“ auch fehlende Angaben gemeldet wurden. Analysen auf Basis der BIBB-Übergangsstudie 2011 (vgl. BIBB-Datenreport 2013, Kapitel A3.3) sowie der Schulabgängerstatistik der statistischen Ämter geben Hinweise darauf, dass das Merkmal „berufsvorbereitende Qualifizierung und berufliche Grundbildung“ untererfasst ist.
Für Zeitreihen des früheren Merkmals „schulische Vorbildung“ bis 2006 und dessen Erfassung siehe BIBB-Datenreport 2009, Kapitel A5.4.
Auszubildende mit vorheriger Teilnahme an Berufsvorbereitung und beruflicher Grundbildung
Im Berichtsjahr 2018 wurden von den insgesamt 521.901 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen 43.401 mit einer Teilnahme an einer Maßnahme des Übergangsbereichs gemeldet Tabelle A5.5.2-1. Der Anteil der Jugendlichen, die vor ihrer Ausbildung eine berufsvorbereitende Maßnahme und/oder eine berufliche Grundbildung absolviert haben, ist auf 8,3% gesunken (2017: 9,0%).
Tabelle A5.5.2-1: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach Zuständigkeitsbereichen, Bundesgebiet 20181
Unterschiede nach Zuständigkeitsbereichen
Die Anteile berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung und deren Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr waren in den einzelnen Zuständigkeitsbereichen zum Teil stark unterschiedlich ausgeprägt.
Im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel ging der Anteil der Personen, die zuvor die beschriebenen Maßnahmen des Übergangsbereichs durchlaufen hatten, weiter von 5,6% (2017) auf 4,2% zurück. Anders die Entwicklung im Handwerk, wo der Anteil im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen ist (2017: 16,6% vs. 2018: 17,5%). Der Anteil bei den freien Berufen war erneut rückläufig und betrug für das Jahr 2018 nunmehr 4,8%. Mit 53,4% hatte der Bereich Hauswirtschaft weiterhin den höchsten Anteil gemeldet (2017: 50,8%) Tabelle A5.5.2-1. Dieser hohe Anteilswert liegt u. a. darin begründet, dass sehr viele Auszubildende in diesem Bereich höchstens über einen Hauptschulabschluss verfügten (vgl. Kapitel A5.5.1). In der Landwirtschaft hatten 17,8% der Jugendlichen mit Neuabschluss zuvor an einer berufsvorbereitenden Maßnahme bzw. beruflichen Grundbildung teilgenommen. Im öffentlichen Dienst war der Anteil mit 2,4% am kleinsten.
Regionale Unterschiede
Schaut man sich die regionalen Unterschiede differenziert nach den einzelnen Bundesländern an, ergeben sich zum Teil deutliche Anteilsunterschiede bei der vorausgegangenen Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung Tabelle A5.5.2-2: So lagen die Anteile in Hamburg (5,0%), Bremen (5,3%), Hessen (5,8%) und Thüringen (5,9%) zwischen 5% und 6%. In Sachsen (12,8%), Baden-Württemberg (12,0%), Niedersachsen (11,2%) und Brandenburg (10,7%) waren es teilweise deutlich über 10%.
Die Annäherung der Anteilswerte für die Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung zwischen Ost- und Westdeutschland der letzten Jahre ist für das Berichtsjahr 2018 gestoppt Tabelle A5.5.2-3. 2018 ist der Wert für Westdeutschland auf 8,2% gesunken (2017: 9,0%), wohingegen er in Ostdeutschland leicht auf 8,9% gestiegen ist (2017: 8,7%). Noch vor wenigen Jahren wiesen vor allem die östlichen Bundesländer deutlich höhere Anteile auf (2010: 13,1%). Dies stand im Zusammenhang mit der übrigen Förderlandschaft. Bedingt durch den starken Lehrstellenmangel im östlichen Bundesgebiet waren dort in der Vergangenheit stärker als im Westen außerbetriebliche Stellen eingerichtet worden. Außerdem waren überwiegend öffentlich finanzierte Stellen an bestimmte Fördervoraussetzungen geknüpft (vgl. Eberhard/Ulrich 2010), die u. a. vorlagen, wenn die Auszubildenden zuvor an einer berufsvorbereitenden Maßnahme von mindestens sechs Monaten Dauer teilgenommen hatten.94 Daher ging ein hoher Anteil öffentlich-finanzierter Stellen mit einem hohen Anteil von Meldungen Auszubildender mit berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung einher. In den östlichen Bundesländern lag 2010 der Anteil öffentlich finanzierter Ausbildungsstellen unter den Neuabschlüssen mit 19,4% deutlich höher als im Westen mit 5,2%. Da die Förderung von Ausbildungsplätzen für marktbenachteiligte Jugendliche in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgefahren wurde (vgl. BIBB-Datenreport 2012, Kapitel A4.2.2), sank bis zum Berichtsjahr 2018 entsprechend der Anteil öffentlich-finanzierter Stellen unter den Neuabschlüssen im Osten auf 6,2% und im Westen auf 2,4%.
Tabelle A5.5.2-2: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach Bundesländern 2018
Tabelle A5.5.2-3: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung, Berichtsjahre 2010 bis 2018
Unterschiede nach höchstem allgemeinbildendem Schulabschluss
Im Hinblick auf die häufig beklagte mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen (vgl. Ulrich 2008) und der dementsprechend notwendigen Nachqualifikation scheint im Folgenden eine differenziertere Betrachtung nach dem allgemeinbildenden Schulabschluss im Zusammenhang mit der Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung sinnvoll. Auch wenn die Schulabschlüsse keine formellen Zugangsvoraussetzungen für eine Berufsausbildung nach BBiG/HwO darstellen, so hat sich dennoch gezeigt, dass insbesondere den Schulabgängerinnen und Schulabgängern mit Hauptschulabschluss oder ohne Abschluss der Übergang in eine Ausbildung deutlich seltener unmittelbar nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule gelingt (vgl. Reißig/Gaupp/Lex 2008).
Somit sind auch die deutlichen Unterschiede bei der Betrachtung der Anteile berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung differenziert nach dem allgemeinbildenden Schulabschluss nicht überraschend Tabelle A5.5.2-4. 2018 hatte rund ein Fünftel der Auszubildenden ohne Hauptschulabschluss (21,0%) mit neu abgeschlossenem Ausbildungsvertrag zuvor eine Maßnahme im Übergangsbereich durchlaufen. Bei denjenigen mit Hauptschulabschluss (14,0%) und mit Realschulabschluss (7,0%) lagen die Anteilswerte leicht unter denen des Vorjahres. Erwartungsgemäß sinken die Anteilswerte, je höher der allgemeinbildende Schulabschluss der Auszubildenden ist. Bei den Studienberechtigten lag der Anteil mit 3,5% am niedrigsten.
Die Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss haben vor der Aufnahme ihrer dualen Ausbildung am häufigsten Berufsvorbereitungsmaßnahmen (9,7%) besucht. Und auch bei den Hauptschulabsolventen/-absolventinnen rangierten Berufsvorbereitungsmaßnahmen auf dem ersten Platz (4,0%). Bei denjenigen Jugendlichen mit Realschulabschluss war es am ehesten die Berufsfachschule ohne vollqualifizierenden Abschluss (2,9%), die leicht überdurchschnittlich besucht wurde. Von den studienberechtigten Jugendlichen wurden Maßnahmen des Übergangsbereichs erwartungsgemäß eher selten besucht, lediglich der Besuch einer Berufsfachschule ohne vollqualifizierenden Berufsabschluss wurde auch bei einem nennenswerten Anteil der Studienberechtigten (2,2%) gemeldet.
Tabelle A5.5.2-4: Auszubildende mit Neuabschluss und vorheriger Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach höchstem allgemeinbildenden Schulabschluss, Berichtsjahr 2018
Auszubildende nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit
Schaut man sich die Auszubildenden nach Geschlecht und Staatsangehörigkeit differenziert an, so ergeben sich auch bei dem Vergleich der Anteile vorheriger berufsvorbereitender Qualifizierung und beruflicher Grundbildung unter den Neuabschlüssen Unterschiede Tabelle A5.5.2-5. Wie bereits in den letzten Jahren besuchten auch 2018 Männer häufiger (9,6%) vor Aufnahme einer dualen Berufsausbildung zuvor eine Maßnahme als Frauen (6,1%). Allerdings sind im Vergleich zum Vorjahr bei beiden die Anteilswerte zurückgegangen.
Hinsichtlich der Staatsangehörigkeit (deutsch/ausländisch95) setzte sich 2018 die Entwicklung der letzten Jahre fort Tabelle A5.5.2-5: Von den Auszubildenden ohne deutsche Staatsangehörigkeit hatten 12,5% zuvor berufsvorbereitende bzw. grundbildende Maßnahmen absolviert (2017: 11,8%), von den deutschen Auszubildenden waren es 7,8% (2017: 8,6%). Der Anstieg des Anteilswertes für die ausländischen Auszubildenden ist sehr wahrscheinlich auch auf einen Anstieg der in den letzten Jahren nach Deutschland zugewanderten Geflüchteten zurückzuführen, die im Anschluss an ihre berufsvorbereitenden Maßnahmen eine Berufsausbildung im dualen System aufgenommen haben.
(Stephan Kroll)
Tabelle A5.5.2-5: Vorausgegangene Teilnahme an berufsvorbereitender Qualifizierung oder beruflicher Grundbildung nach Personengruppen, Bundesgebiet 2018
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Die Entwicklung des Übergangsbereichs im Zeitverlauf wird im Rahmen der integrierten Ausbildungsberichtserstattung (iABE) erfasst. Siehe hierzu Kapitel A4.1.
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Berufsvorbereitungsmaßnahmen, die mindestens sechs Monate dauern und keiner der anderen genannten Kategorien zuzuordnen sind.
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Die Förderungsfähigkeit aufgrund der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme mit mindestens sechsmonatiger Dauer wurde mit der Aufhebung des § 242 SGB III zum 1. April 2012 ebenfalls aufgehoben. Seit dem 1. April 2012 ist die außerbetriebliche Ausbildung für sozial Benachteiligte bzw. Lernbeeinträchtigte geregelt durch § 74 Absatz 1 Ziffer 2 SGB III, § 76 SGB III und § 78 SGB III. Zu den Finanzierungsarten der Berufsausbildung siehe die Erläuterungen unter https://www.bibb.de/dokumente/pdf/dazubi_daten.pdf.
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In der Berufsbildungsstatistik wird die Staatsangehörigkeit der Auszubildenden erfasst, ein möglicher Migrationshintergrund kann jedoch nicht ausgewiesen werden. Als ausländische Auszubildende werden alle Auszubildenden ohne deutschen Pass gezählt. Jugendliche, die sowohl über eine deutsche als auch eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit verfügen, werden nicht als ausländische Auszubildende erfasst.