Die Berufsausbildung an berufsbildenden Schulen oder kurz die „schulische Berufsausbildung“145 umfasst ein sehr heterogenes Feld. Hinter diesem Konstrukt verbergen sich verschiedene Formen von Ausbildungen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie nicht im dualen System nach BBiG/HwO ausgebildet werden. Die Mehrheit der schulischen Berufsausbildungen unterliegt der Kultushoheit der Länder und ist dementsprechend landesrechtlich geregelt. Für viele der landesrechtlich geregelten Ausbildungen gelten bundesweite Rahmenvereinbarungen der KMK (vgl. u. a. Kultusministerkonferenz 2019a, S. 1). Neben den landesrechtlich geregelten Ausbildungen gibt es aber auch bundesrechtlich (außerhalb BBiG/HwO) geregelte Ausbildungen im Gesundheitswesen und in der Altenpflege (vgl. Kultusministerkonferenz 2019c, S. 10). Die auf Bundesgesetzen beruhenden Berufe befinden sich momentan in einem starken Wandel. Auf Grundlage des neuen Pflegeberufegesetzes (PflBG), das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, wurden die bisher separaten Berufe Altenpfleger/-in, Gesundheits- und Krankenpfleger/-in sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/-in zu einem neuen, einheitlichen Beruf mit der Bezeichnung Pflegefachmann/-frau zusammengeführt. Der erste Jahrgang wird seine Ausbildung im Schuljahr 2020/2021 beginnen. Zudem wurde auch die Ausbildung zur Hebamme im Rahmen des Hebammenreformgesetzes (HebRefGe), das ebenfalls am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, reformiert. Die Ausbildung findet nunmehr akademisch im Rahmen eines dualen Studiums statt und nicht mehr wie bisher an Fachschulen. In einem Übergangszeitraum bis Ende 2022 kann neben einem Hebammenstudium zusätzlich eine Hebammenausbildung nach altem Recht an einer Fachschule begonnen werden. Weiterhin wurden für die Ausbildungen zum/zur Anästhesietechnischen Assistenten/Assistentin (ATA) und zum/zur Operationstechnischen Assistenten/Assistentin (OTA) erstmals bundesweit einheitliche Regelungen geschaffen. Die Grundlage bildet das Anästhesietechnische- und Operationstechnische-Assistenten-Gesetz (ATA-OTA-G), das jedoch erst am 1. Januar 2022 in Kraft tritt.
Viele der – bundes- und landesrechtlich geregelten – Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufe (GES-Berufe) werden sowohl im Betrieb (z. B. Krankenhaus) als auch am Lernort Schule (z. B. Schule für Gesundheits- und Krankenpflege) unterrichtet. Der Begriff „schulische“ Berufsausbildung für diese eher dual strukturierten Bildungsgänge ist daher irreführend, aber durchaus etabliert. Neben den bundes- und landesrechtlich geregelten schulischen Berufsausbildungen gibt es einige wenige anerkannte Ausbildungsberufe nach BBiG/HwO, die über Ausnahmeregelungen an Berufsfachschulen ausgebildet werden können.
Amtliche Statistiken zur schulischen Berufsausbildung
Die integrierte Ausbildungsberichterstattung (iABE) bündelt („integriert“) ab dem Berichtsjahr 2005 Daten aus verschiedenen amtlichen Statistiken zu den Bildungsstationen von Jugendlichen. Diese werden in vier „Bildungssektoren des Ausbildungsgeschehens“ systematisiert: „Berufsausbildung“, „Integration in Berufsausbildung (Übergangsbereich)“, „Erwerb der Hochschulreife (Sek II)“ und „Studium“ (vgl. Kapitel A4). Für den Sektor „Berufsausbildung“ werden Zahlen zur schulischen und dualen Ausbildung sowie der Beamtenausbildung in sechs „Bildungskonten“ nachgewiesen Tabelle A4.1-1. Die iABE bietet Zahlen zu Anfängern/Anfängerinnen, Schülern/Schülerinnen (Bestände) und Absolventen/Absolventinnen bzw. Abgängern/Abgängerinnen nach verschiedenen Merkmalen. Für die Anfänger/-innen liegen z. B. die Merkmale Bundesland, Geschlecht, Staatsangehörigkeit (deutsch/nicht deutsch), Alter und schulische Vorbildung vor. Analysen nach berufsstrukturellen Merkmalen sind nicht möglich (vgl. Statistisches Bundesamt, verschiedene Jahrgänge b).
Die Fachserie „Berufliche Schulen“ stellt ab dem Berichtsjahr 1992 detaillierte Daten für die beruflichen Schulen zur Verfügung. Neben Zahlen zu den Schülern/Schülerinnen – u. a. im 1. Schuljahrgang – und Absolventen/Absolventinnen bzw. Abgängern/Abgängerinnen in den unterschiedlichen Schularten finden sich auch Daten zu Klassen, Anfängern/Anfängerinnen146, Lehrkräften und Unterrichtsstunden. So liegen z. B. für die Schüler/-innen nach Schularten folgende Merkmale vor: Schuljahrgang, Berufsbezeichnung, Geschlecht und Bundesland. Zur Klassifikation der Berufe (KldB) wird seit dem Schuljahr 2012/2013 die „KldB 2010“147 genutzt (vgl. Statistisches Bundesamt, verschiedene Jahrgänge a).
Vermittelt werden die schulischen Ausbildungen an unterschiedlichen Schularten: Berufsfachschulen, Fachakademien, Fachgymnasien, Fachschulen, Schulen des Gesundheitswesens und Teilzeit-Berufsschulen148. Diese schulartenspezifische Differenzierung ist geschichtlich gewachsen und landesrechtlich kodifiziert.
Um das Feld der schulischen Berufsausbildung umfassend statistisch zu beschreiben, müssen zwei Datenquellen herangezogen werden: die integrierte Ausbildungsberichterstattung (iABE) und die Fachserie 11, Reihe 2 „Berufliche Schulen“. Zwar finden sich in der iABE und der Fachserie ähnliche Konten- bzw. Tabellenüberschriften, jedoch verbergen sich hinter diesen Überschriften nicht immer dieselben Erhebungseinheiten. Während die iABE Daten zu Anfängerinnen und Anfängern149 ausweist, liefert die Fachserie „Berufliche Schulen“ Zahlen zu Schülerinnen und Schülern im 1. Schuljahrgang. Zudem werden für die Erhebungseinheiten unterschiedliche Merkmale zur Verfügung gestellt. Im BIBB-Datenreport 2015 (siehe Kapitel A5.1.1, Tabelle A5.1.1-1) wurde anhand der Anfängerdaten exemplarisch gezeigt, wie sich die Konten und Tabellen der beiden Statistiken einander zuordnen lassen. Die Gegenüberstellung zeigt, dass die Daten beider Quellen derzeit nur bedingt miteinander in Einklang zu bringen sind.
Während in der iABE jeder Bildungsgang nur einmal ausgewiesen wird und zudem nur Anfänger/-innen in Erstausbildungen gezählt werden, ist die Fachserie „Berufliche Schulen“ weniger trennscharf. Hier werden auch Weiterbildungen erfasst. Des Weiteren werden bestimmte Bildungsgänge mehrfach ausgewiesen, d. h., sie finden sich unter verschiedenen Tabellenüberschriften. Daher sind die Zahlen unbereinigt in der Fachserie deutlich höher.
Beide Quellen haben jeweils unterschiedliche Stärken und Schwächen:
- Die iABE-Daten haben ihren besonderen Mehrwert bei „systemischen“ Betrachtungen. So helfen die iABE-Daten, die Bedeutung der schulischen Berufsausbildung innerhalb des Ausbildungsgeschehens sowie im Vergleich zur dualen Ausbildung nach BBiG/HwO einzuordnen. Darüber hinaus stehen Daten seit dem Berichtsjahr 2005 zur Verfügung, sodass inzwischen Langzeitbetrachtungen möglich sind. Auf Basis verschiedener Merkmale und Merkmalskombinationen können die Anfänger/-innen in den Bildungskonten beschrieben werden (Geschlecht, Staatsangehörigkeit, schulische Vorbildung und Alter) (vgl. Kapitel A4).
- Die Daten der Fachserie sind insbesondere notwendig, um die „berufsstrukturelle“ Bedeutung und Entwicklung nachzuzeichnen. Zeitreihen für die Schüler/-innen im ersten Schuljahrgang nach Berufen stehen im Standardlieferprogramm der Fachserie nicht zur Verfügung. Ein zeitlicher Vergleich ist insbesondere deshalb schwierig, weil sich sowohl die Klassifikation der Berufe (KldB) als auch die Tabellen im Zeitverlauf verändert haben. Für die Schüler/-innen im ersten Schuljahrgang stehen die Merkmale Beruf, Schulart und Geschlecht zur Verfügung.
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Die verwendeten Bezeichnungen für dieses Bildungssegment sind in der Literatur vielfältig: „Schulberufssystem“, „vollzeitschulische Berufsausbildung“, „Schulausbildung“ oder „Schulberufe“.
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Daten zu den Anfängerinnen/Anfängern liegen nur nach Schularten und nicht nach Berufen vor.
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Die Berichtsjahre davor werden auf Basis der Klassifikation der Berufe von 1992 ausgewiesen.
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Eine ausführliche Beschreibung der verschiedenen Schularten findet sich in den Erläuterungen der Fachserie 11, Reihe 2, Berufliche Schulen (vgl. Statistisches Bundesamt 2019g).
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Anfänger/-innen in der iABE: Als Anfänger/-innen werden Bildungsteilnehmer/-innen bezeichnet, die im Berichtsjahr erstmalig in einem Bildungsgang unterrichtet wurden. Es werden auch Bildungsteilnehmer/-innen als Anfänger/-innen gezählt, die direkt in die zweite Jahrgangsstufe eintreten (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2011, S. 70). Die Fachserie „Berufliche Schulen“ nutzt hingegen die Definition der Schüler/-innen im 1. Schuljahrgang. Der Schuljahrgang kennzeichnet lediglich das klassenspezifische Bildungsniveau.