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Mit der Bildungsprämie wird seit Dezember 2008 die Beteiligung Erwerbstätiger mit niedrigem Einkommen an individueller berufsbezogener Weiterbildung unterstützt. Das Bundesprogramm Bildungsprämie wird vom BMBF und dem ESF gefördert. Es befindet sich aktuell in seiner dritten Förderphase. Im Verlauf der Phasen wurden die Förderkonditionen mehrfach angepasst, die aktuellen Konditionen gelten seit Juli 2017.

Bis Ende Dezember 2019 wurden rund 365.000 Prämiengutscheine und 28.900 Spargutscheine ausgegeben. Den Erfahrungen der beiden vorangegangenen Förderperioden nach werden knapp 75% der Prämiengutscheine auch eingelöst.

Programm „Bildungsprämie“

Mit der Bildungsprämie können Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt werden, die berufsspezifische Kenntnisse bzw. Fertigkeiten vermitteln, sowie Weiterbildungen, die der Stärkung der allgemeinen Beschäftigungsfähigkeit dienen.

Die Bildungsprämie umfasst zwei Finanzierungsinstrumente, die kumulativ anwendbar sind:

  • Prämiengutschein: Mit dem Prämiengutschein unterstützt der Bund Erwerbstätige in ihrem Weiterbildungsinteresse, indem 50% der Veranstaltungsgebühren übernommen werden, maximal jedoch 500 €. Den Gutschein können Personen erhalten, die mindestens 15 Stunden pro Woche erwerbstätig sind und deren zu versteuerndes Jahreseinkommen 20.000 € bei Alleinstehenden (bzw. 40.000 € bei gemeinsamer Veranlagung) nicht übersteigt. 
  • Spargutschein: Das Weiterbildungssparen (den Spargutschein) können alle diejenigen nutzen, die über ein mit der Arbeitnehmer-Sparzulage gefördertes Ansparguthaben nach dem Vermögensbildungsgesetz (VermBG) verfügen. Der Spargutschein der Bildungsprämie ermöglicht es, vorzeitig auf das angesparte Guthaben zuzugreifen, ohne dass dadurch die Arbeitnehmersparzulage verloren geht. Er kann unabhängig vom Jahreseinkommen in Anspruch genommen und auch als Ergänzung des Prämiengutscheins für den verbleibenden finanziellen Eigenanteil genutzt werden. Durch das Weiterbildungssparen können aufwendige und oftmals langfristige Weiterbildungsmaßnahmen leichter finanziert werden.

Für den Erhalt eines Prämien- und/oder Spargutscheins ist die Teilnahme an einem Beratungsgespräch in einer der bundesweit ca. 530 Beratungsstellen obligatorisch. 

Struktur der Programmteilnehmenden

Die Struktur der Teilnehmer/-innen hat sich über die drei Förderphasen in einzelnen soziodemografischen Merkmalen nur leicht verändert. Bei der Betrachtung des Geschlechts ist der überproportional hohe Frauenanteil auffallend Tabelle B3.6-1. Hier ist sogar eine leichte Zunahme von anfänglich 74% auf mittlerweile 77% festzustellen. Der hohe Frauenanteil könnte u. a. mit dem unterschiedlich ausgeprägten Beschäftigungsumfang zwischen den Geschlechtern zusammenhängen. So sind gemäß Daten der BA 79% der sozialversicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigten Frauen (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019b). Außerdem sind im Gesundheits- und Sozialbereich – die am stärksten vertretenen Wirtschaftsbereiche der Bildungsprämie – deutlich häufiger Frauen vertreten (vgl. ebd).

Zu Beginn der dritten Förderphase bis einschließlich Juni 2017 waren Personen unter 25 Jahren von einer Förderung ausgeschlossen. Seit Juli 2017 sind sie, wie schon in der ersten und zweiten Förderphase, wieder förderberechtigt. Ihr Anteil an allen geförderten Personen dieser Altersgruppe liegt seitdem konstant über alle Quartale bei 8% und damit etwas unterhalb des Niveaus in den ersten beiden Förderphasen (11%). Insgesamt ist in der Altersstruktur eine Verschiebung hin zu den älteren Jahrgängen erkennbar. Schließt man die unter 25-Jährigen aus der Analyse aus, lassen sich die übrigen Gruppen über die Förderphasen vergleichen. Fast unverändert blieb der Anteil der 25- bis 34-Jährigen. Dagegen ist der Anteil der 35- bis 44-Jährigen von 34% in der ersten Förderphase auf 29% in der dritten Förderphase gesunken während der Anteil der 45- bis 54-Jährigen in dieser Zeit von 25% auf 27% leicht anstieg. Die älteste Altersgruppe der ab 55-Jährigen verzeichnete dafür einen deutlichen Zuwachs. Von ursprünglich 5% nahm der Anteil um 4 Prozentpunkte auf mittlerweile 9% zu Tabelle B3.6-1. Generell machen in Deutschland die älteren Erwerbstätigen einen immer größeren Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus. Seit 2008, dem Beginn der Bildungsprämie, ist der Anteil der Erwerbstätigen ab 55 Jahren von etwa 14% auf 21% gestiegen (Bundesagentur für Arbeit 2019e). Diese Veränderungen bilden sich anscheinend auch in der Nachfrage nach der Bildungsprämie ab.

Die Beschäftigungsstruktur der teilnehmenden Personen hat sich unterschiedlich entwickelt. Ein deutlicher Zuwachs ist bei abhängig Beschäftigten in Teilzeit erkennbar. Lag ihr Anteil in der ersten Förderphase bei 36%, ist er inzwischen mit 49% auf fast die Hälfte aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer angestiegen Tabelle B3.6-1. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil der Vollzeit-Erwerbstätigen von 40% auf 25% deutlich zurückgegangen. Der Anteil der Selbstständigen stieg im Laufe des Förderzeitraums von 19% zu Beginn auf 23% in der dritten Förderphase an. Der deutliche Anstieg von Teilzeit-Erwerbstätigen könnte zum einen mit der generellen Zunahme von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in Teilzeit arbeiten, zusammenhängen (2009: 19%, 2019: 29%) (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2019e). Eine weitere Ursache könnte aber auch in der Einkommensentwicklung liegen. Seit 2012 sind die Nominallöhne um durchschnittlich ca. 19% gestiegen, wodurch viele Vollzeitbeschäftigte aus der Förderung gefallen sein dürften (vgl. Statistisches Bundesamt 2019m). Die Einkommensgrenze der Bildungsprämie wurde hingegen 2012 auf 20.000 € zu versteuerndes Jahreseinkommen gesenkt und ist seitdem nicht verändert worden.

Tabelle B3.6-1: Programm Bildungsprämie – Kernindikatoren im Zeitverlauf (in %)

Programmteilnehmende nach Wirtschaftsbereichen

Mit der Bildungsprämie hat der Bund ein universelles Förderinstrument aufgelegt, dass sich weder auf bestimmte Berufsgruppen, noch auf bestimmte Weiterbildungen beschränkt. Die Bildungsprämie wird unabhängig vom Arbeitgeber ausgegeben. Sie verfolgt damit einen teilnehmerorientierten Ansatz: Die Weiterbildungsinteressierten entscheiden innerhalb der Regeln des Programms selbst, worin und bei welchem Anbieter sie sich weiterbilden. Dies ist das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zu anderen Förderinstrumenten, wie die Förderung über Bildungsgutscheine der BA für Arbeit oder Förderungen mittels Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz.

Die Bildungsprämie wird vor allem von Beschäftigten und Selbstständigen in solchen Branchen genutzt, in denen es einen hohen Weiterbildungsdruck bei gleichzeitig eher niedrigen Einkommen gibt und/oder sich die Arbeitgeber seltener an den Kosten der Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden beteiligen. Dies ist z. B. im therapeutischen Bereich der Fall. So ist das „Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen“ der am stärksten vertretene Wirtschaftsbereich (44%), gefolgt vom Bereich „Erziehung und Unterricht“ mit 11% Schaubild B3.6-1.

Schaubild B3.6-1: Programm Bildungsprämie - Teilnehmer/-innen nach Wirtschaftsbranchen, 1., 2. und 3. Förderphase (in %)

Gründe für Kompetenzerwerb durch Weiterbildung vielfältig

Die Gründe für die Teilnahme am Programm Bildungsprämie können sehr unterschiedlich sein. Im Rahmen der Programmevaluation, die letztes Jahr veröffentlicht wurde, wurden die teilnehmenden Personen nach Motiven und Zielen der von ihnen besuchten Weiterbildungen befragt. Mehrfachantworten waren möglich. In der Regel lagen viele unterschiedliche Motive für die Weiterbildungsteilnahme vor. Lediglich 5% haben ein bis drei Gründe genannt, alle anderen gaben vier oder mehr Motive für ihre Weiterbildungsentscheidung an. Die Antwortvorgaben beinhalteten vorrangig berufsbezogene Gründe, aber auch Motive eher privater bzw. persönlicher Art.

Vier Gründe wurden mit weitem Abstand am häufigsten genannt. Mit 95% wurde am meisten ein persönliches Motiv genannt, nämlich Wissen und Fähigkeiten zu einem Thema zu erweitern, das interessant gefunden wird Schaubild B3.6-2. Danach folgen drei berufsbezogene Gründe, nämlich Verbesserung beruflicher Chancen (90%), neue berufliche Aufgaben ausüben (88%) und berufliche Tätigkeit besser ausüben (84%). Mit erheblichem Abstand folgt eine Gruppe von Motiven, die von etwa 60% der Antwortenden genannt wurde: das Ziel, mehr Geld zu verdienen (60%), Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben, die im Alltag, außerhalb der Arbeit, genutzt werden können (59%) sowie der Erwerb eines Prüfungsabschlusses (57%), wobei diese Prüfungen nicht mit Ausbildungsabschlüssen in der formalen Weiterbildung gleichzusetzen sind. Sie testieren zumeist Qualifikationen, die sich in der Regel unterhalb von Berufsabschlüssen einordnen lassen. Seltener geht es den Teilnehmenden um die Sicherung des Arbeitsplatzes (41%) oder einen Arbeitsplatzwechsel (32%). Der dritte eher private Grund nach Interesse und Erwerb von im Alltag anwendbarer Fähigkeiten, Leute kennenzulernen, wird am seltensten genannt (28%).

Ausschließlich berufliche Gründe geben die wenigsten Teilnehmenden an. Knapp 4% nennen ausschließlich berufsbezogene Motive. Alle anderen geben zumindest einen der drei eher privaten Gründe für ihre Weiterbildungsentscheidung an.

Insgesamt zeigt sich somit, dass eine große Vielfalt und mitunter ganz unterschiedliche Interessen und Ziele die Weiterbildungsentscheidung begründen. Fast immer geht mit den beruflichen Gründen ein persönliches Interesse am Weiterbildungsthema einher, oft auch weitere private Motive. Dies zeigt deutlich, dass zeitliche und finanzielle Investitionsentscheidungen zugunsten persönlicher berufsbezogener Weiterbildung, im Zusammenspiel von privaten und beruflichen Nutzenaspekten getroffen werden.

(Jonathan Zorner, Bert Butz)

Schaubild B3.6-2: Programm Bildungsprämie - Gründe für Weiterbildungsteilnahmen, Mehrfachnennungen möglich (in %)