Die folgenden Daten zur Beschreibung von Arbeitsplätzen entstammen der PIAAC-Studie. Die konkreten Arbeitsplätze stellen den Kontext dar, in dem Lernprozesse stattfinden und auf denen Fachkräfte ihre Kompetenz entwickeln. Gerne hätten wir die Daten für verschiedene Berufe in den untersuchten Ländern dargestellt, da neben dem jeweiligen Land der jeweilige Beruf vermutlich einen wichtigen Einfluss auf die Eigenschaften der Tätigkeiten und das betriebliche Lernen hat. Eine entsprechend detaillierte Darstellung ist aufgrund der Datenlage jedoch nicht möglich. Zu wenige Fälle liegen für einzelne Berufe vor, als dass sich ein aussagekräftiges Bild ergeben könnte. Es wurde daher eine Analyse für sogenannte „blue-collar“ und „white-collar“ Berufe durchgeführt. Diese entsprechen den Hauptgruppen der Internationalen Standardklassifikation der Berufe (ISCO), die zum einen die qualifizierten Angestellten in den verwaltenden Berufen und zum anderen die Fachkräfte in gewerblich-technischen Berufen beschreiben. Die Unterschiede zwischen diesen Tätigkeitsbereichen sind jedoch so gering, dass wir an dieser Stelle lediglich die Befunde für den Bereich „blue-collar“ vorstellen.
Die Darstellung ist dreigeteilt: Zum einen wird dargelegt, inwieweit sich Arbeitsplätze durch ein hohes oder niedriges Maß an Ermessensspielraum der Fachkräfte auszeichnen. Zum anderen werden Ergebnisse der Befragung zum Problemlösen und zum betrieblichen Lernen vorgestellt. Es werden ausdrücklich jene Bereiche der Beschreibung von Tätigkeiten ausgewählt, in denen starke Unterschiede vorgefunden wurden.
Ausgewählte Fragen zur Beschreibung von Tätigkeitsmerkmalen aus der PIAAC-Untersuchung
Ermessensspielraum
Der Ermessensspielraum am Arbeitsplatz wird anhand von zwei Fragen aus dem PIAAC-Hintergrund-Fragebogen dargestellt: Einerseits wurden die Testpersonen gefragt, inwieweit sie die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, auf welche Art und Weise sie ihre Arbeitsaufträge umsetzen Schaubild D2.2-1. Andererseits wurden sie gefragt, inwieweit die Möglichkeit besteht, die Reihenfolge der Arbeiten selbst zu bestimmen.
Es fällt auf, dass die Fachkräfte in Deutschland und Österreich im Vergleich der untersuchten Länder über den größten Ermessensspielraum verfügen. Auch in Japan ist der Ermessensspielraum groß, in Bezug auf die selbstbestimmte Reihenfolge der Tätigkeiten in der Aufgabenwahrnehmung sogar am höchsten. Das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten zeichnen sich durch niedrigere Zustimmungswerte aus, ebenso wie Spanien und Italien. Auch Korea fällt durch relativ niedrige Werte auf. Ein Grund mit Blick auf die Forschungsliteratur könnte sein, dass hier auch sonst Koordinierungsprozesse stärker hierarchisiert stattfinden als in Japan. Die Unterschiede zwischen den sogenannten liberalen und den koordinierten Ökonomien bestätigen die Hypothesen, die sich aus verschiedenen Qualifizierungs- und Arbeitskonzepten in den Ländern ergeben.
Schaubild D2.2-1: Ermessensspielraum (in %)
Problemlösen
Es wurde auch untersucht, inwieweit auf den Arbeitsplätzen während der Arbeitsprozesse Probleme gelöst werden müssen Schaubild D2.2-2. Hierfür wurden zwei Fragen zur Lösung von Problemen gestellt: Einfache Probleme sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Lösung weniger als fünf Minuten des Nachdenkens oder Überlegens erfordert, während komplexe Probleme dadurch gekennzeichnet sind, dass die Testperson angibt, mindestens 30 Minuten Zeit zu benötigen, um zu einer Lösung zu gelangen. Die Ergebnisse fallen im Hinblick auf das Problemlösen konträr zu denen zum Ermessensspielraum am Arbeitsplatz aus. Insbesondere die Beschäftigten im Vereinigten Königreich und in den Vereinigten Staaten geben eine hohe Häufigkeit von komplexen Problemen an, gefolgt von den Beschäftigten aus Italien und Spanien. Niedrigere Häufigkeiten von komplexen Problemen werden von Österreich, Deutschland, Japan und Korea genannt.
Schaubild D2.2-2: Problemlösen (in %)
Betriebliches Lernen
Eine unmittelbare Verbindung zu dem Themenschwerpunkt „Kompetenzentwicklung“ besteht hinsichtlich verschiedener Fragen, mithilfe derer die Testpersonen zum Lernen am Arbeitsplatz befragt wurden Schaubild D2.2-3. Laut Angaben der Befragten, sind es insbesondere 45% der Beschäftigten in Spanien, die sich täglich oder mindestens einmal pro Woche auf den aktuellen Stand in Bezug auf neue Produkte oder Dienstleistungen bringen müssen. Nach Spanien zeigen die Antworten von Arbeitskräften in den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich die höchsten Werte auf. Die Befragten der restlichen Länder weisen dagegen vergleichsweise geringere Werte auf. In Bezug auf das Lernen von Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten differieren die Zahlen der Ergebnisse nicht ganz so eindeutig, aber auch hier entfallen auf Spanien die häufigsten Nennungen. Ähnlich verhält es sich mit Learning by Doing. Hierbei zeigt Spanien den höchsten Anteil, gefolgt von den Vereinigten Staaten, Italien und dem Vereinigten Königreich. Österreich, Deutschland, Japan sowie Korea weisen die geringsten Werte auf.