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Das Wichtigste in Kürze

Die duale Berufsausbildung hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Etwas mehr als die Hälfte eines Altersjahrgangs (2019: 54,4%) beginnt eine Ausbildung in einem der 323 nach BBiG bzw. HwO anerkannten Ausbildungsberufe. Bundesweit gab es Ende 2019 rund 1,33 Mio. Auszubildende (Kapitel A3.1, Kapitel A5.2 und Kapitel A5.8).

2020 wurde das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland maßgeblich durch die Coronapandemie bestimmt. Auch der Ausbildungsmarkt musste erhebliche Einschränkungen verkraften. Im Folgenden wird die aktuelle Situation am Ausbildungsmarkt anhand zentraler Eckdaten skizziert. Für weitergehende Informationen wird auf die entsprechenden Kapitel in diesem Datenreport verwiesen.

Aktuelle Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt 2020

  • Weniger neu abgeschlossene Ausbildungsverträge

2020 ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge deutlich gesunken. Nach den Ergebnissen der BIBB-Erhebung zum 30. September wurden bundesweit insgesamt 467.5001 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Das entspricht einem Rückgang um 57.600 Verträgen (-11,0%). Erstmals (seit 1992) lag die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge unter 500.000. Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsverträge sank um 58.100 (-11,4%) auf 452.600. Die Zahl der neu abgeschlossenen außerbetrieblichen Ausbildungsverträge stieg um 500 (+3,6%) auf 14.900 (Kapitel A1.2).

  • Weniger Ausbildungsangebote

Bundesweit wurden 527.400 Ausbildungsstellen angeboten. Das Ausbildungsangebot (neu abgeschlossene Ausbildungsverträge plus unbesetzte Berufsausbildungsstellen) fiel somit um 50.700 Stellen (-8,8%) niedriger aus als im Vorjahr. Das betriebliche Ausbildungsangebot (ohne überwiegend öffentlich finanzierte Ausbildungsstellen) lag bei 512.500. Somit haben Betriebe und Unternehmen in Deutschland 51.300 (-9,1%) Ausbildungsplätze weniger zur Verfügung gestellt als im Vorjahr (Kapitel A1.1).

  • Sinkende Nachfrage nach einer dualen Berufsausbildung

Auch die Nachfrage (hier: erweiterte Definition = neu abgeschlossene Ausbildungsverträge plus alle zum Stichtag 30. September noch eine Ausbildungsstelle suchenden Personen) ging stark zurück (Kapitel A1.1). Nachdem sie 2019 mit 598.800 erstmals unter 600.000 gefallen war, sank sie 2020 weiter auf 545.700 (-53.000 bzw. -8,9%).

Die Rückgänge am Ausbildungsmarkt sind nicht ausschließlich auf das aktuelle Krisengeschehen zurückzuführen. Schon vor der Pandemie war insbesondere infolge sinkender Schulabgängerzahlen mit Rückgängen bei Angebot und Nachfrage und auch bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen gerechnet worden (Kapitel A2.1).

  • Schwierigkeiten bei der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage

Im Zuge der Coronapandemie und ihrer Einschränkungen nahmen die Passungsprobleme am Ausbildungsmarkt zu. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass viele Maßnahmen zur Berufsorientierung und auch zur Förderung der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage 2020 nicht oder nur eingeschränkt stattfinden konnten.

Es blieben deutlich mehr bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldete Ausbildungsstellen unbesetzt (+6.800 bzw. +12,8% auf 59.900). Als unversorgt galten 29.300 Bewerberinnen und Bewerber (+4.800 bzw. +19,7%). Die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber mit Alternative und weiterem Vermittlungswunsch in Ausbildung fiel geringfügig niedriger aus als 2019 (-300 bzw. -0,6%). In der Summe waren somit zum Stichtag 30. September 2020 noch 78.200 Beweberinnen und Bewerber auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle und wünschten eine entsprechende Vermittlung durch die Agenturen für Arbeit und Jobcenter (2019: 73.700).

Im Vorjahresvergleich ist sowohl der Anteil unbesetzter Stellen am betrieblichen Gesamtangebot (2019: 9,4%, 2020: 11,7%) als auch der Anteil der noch eine Ausbildungsstelle suchenden Bewerberinnen und Bewerber an der Gesamtnachfrage (2019: 12,3%, 2020: 14,3%) gestiegen. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Berufen und Regionen (Kapitel A1.1).

  • Bilanz des Ausbildungsjahres 2019/2020

Die Angebots-Nachfrage-Relation (hier erweiterte Definition) lag 2020 wie im Vorjahr bei 96,6. Bezogen auf das betriebliche Angebot fiel sie etwas geringer aus (2019: 94,2, 2020: 93,9). Die Einmündungsquote der ausbildungsinteressierten Jugendlichen sank von 66,7% auf 64,5%. Die nur geringfügige Veränderung der Marktlage ist darauf zurückzuführen, dass es auf beiden Seiten des Marktes, auf Angebots- wie auf Nachfrageseite, zu starken Rückgängen gekommen ist. Mit Blick auf die Sicherung der zukünftigen Fachkräftebasis stellt diese „Gesamtschrumpfung“ des Ausbildungsmarktes eine zentrale Herausforderung dar (Kapitel A1.1). Zu beachten ist, dass mit Veröffentlichung des vorliegenden Datenreports noch nicht aus allen zentralen Statistiken Angaben für 2020 vorliegen. Dies gilt z. B. für die Berufsbildungsstatistik der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Kapitel A5), die u. a. auch Aussagen zu vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen und zum Prüfungserfolg ermöglicht, oder auch für die Analysen zur betrieblichen Ausbildungsbeteiligung anhand der Daten der Beschäftigungsstatistik der BA (Kapitel A7). Daher beinhaltet die folgende Kurzdarstellung zu weiteren zentralen Herausforderungen und Entwicklungen neben Angaben für 2020 auch Angaben für 2019.

Weitere zentrale Herausforderungen und Entwicklungen

  • Anfängerinnen und Anfänger im Übergangsbereich

Nach deutlichen Rückgängen der Anfängerzahlen im Übergangsbereich zwischen 2005 (417.600) und 2014 (252.700) ist ihre Zahl in den Jahren 2015 und 2016 gestiegen. Dieser Anstieg war im Wesentlichen auf die zunehmende Zahl Geflüchteter zurückzuführen, die insbesondere in Programme zum Erlernen der deutschen Sprache im Übergangsbereich einmündeten. Seitdem sinkt die Zahl wieder. Auch für 2020 ist ein weiterer Rückgang zu verzeichnen. Nach einer Schätzung des BIBB anhand der Daten der Schnellmeldung der integrierten Ausbildungsberichterstattung betrug die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger im Übergangsbereich 234.000 (2019: 249.500). Auch hier muss davon ausgegangen werden, dass Maßnahmen infolge der Pandemie nicht oder nur eingeschränkt stattfinden konnten. Die Schätzung deutet auch darauf hin, dass mehr Jugendliche im allgemeinbildenden Schulsystem verblieben (Kapitel A4.1 und Kapitel A12.2).

  • Ausbildungsbeteiligung der Betriebe

Analysen des BIBB anhand der Beschäftigungsstatistik der BA zeigen, dass die betriebliche Ausbildungsbeteiligung in den letzten Jahren rückläufig war. Lag die Ausbildungsbetriebsquote lange Zeit bei rund 24%, ist sie zuletzt spürbar gesunken (Kapitel A7.1). 2019 betrug die Ausbildungsbetriebsquote 19,6% (2018: 19,7%). Rückgänge bei der Zahl der Ausbildungsbetriebe sind auf Verluste im kleinstbetrieblichen Bereich (ein bis neun Beschäftigte) zurückzuführen, die allerdings die breite Masse der Betriebe in Deutschland ausmachen. Hier ist auch ein Zusammenhang mit den zunehmenden Stellenbesetzungsschwierigkeiten von Kleinstbetrieben zu sehen.

  • Sicherung der zukünftigen Fachkräftebasis

Angesichts der beschriebenen Entwicklungen stellt die Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland weiterhin eine zentrale Herausforderung dar. PROSIMA, das ökonometrischen Prognose­ und Simulationsmodell, das das BIBB für die Vorausschätzung der Ausbildungsmarktlage heranzieht, rechnet für 2021 mit einem leichten Anstieg des Ausbildungsangebots und der Nachfrage nach Ausbildungsstellen (Kapitel A2.2). Hintergrund ist ein Anstieg bei der Zahl der Abgängerinnen und Abgänger aus allgemeinbildenden Schulen sowie eine erwartete Verbesserung der konjunkturellen Lage. Da der Anstieg auf Nachfrageseite voraussichtlich etwas stärker ausfallen wird als auf Angebotsseite, könnte sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage etwas zulasten der nachfragenden jungen Menschen verschlechtern. Für 2021 sind die Schätzungen jedoch mit besonderen Unsicherheiten verbunden. PROSIMA trifft seine Vorausschätzungen auf Basis von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit und eine mit der aktuellen COVID-19-Krise vergleichbare Situation hat es bisher noch nicht gegeben. Die Entwicklung wird zudem auch vom weiteren Ausmaß des Infektionsgeschehens und Maßnahmen zu dessen Eindämmung beeinflusst sein.

  • Personen ohne Berufsabschluss

Nach BIBB-Berechnungen auf Basis des Mikrozensus verfügten 2019 14,7% (hochgerechnet 2,16 Mio.) Menschen zwischen 20 und 34 Jahren in Deutschland über keinen Berufsabschluss und somit über schlechtere Voraussetzungen für eine dauerhafte qualifizierte Beteiligung am Erwerbsleben (2018: 14,4% bzw. 2,12 Mio. Menschen). Personen ohne Schulabschluss sind besonders gefährdet, keinen Berufsabschluss zu erzielen. Mit steigendem Schulabschluss sinkt die Ungelerntenquote. Überdurchschnittlich häufig bleiben auch Personen mit Migrationshintergrund ohne Berufsabschluss. Die Quote der nicht formal Qualifizierten betrug bei 20- bis 34-jährigen Migrantinnen und Migranten mit eigener Migrationserfahrung 33,3% (zum Vergleich: Deutsche ohne Migrationshintergrund: 8,5%) (Kapitel A11.3).

  • Modernisierung der beruflichen Bildung

Ein modernes und leistungsfähiges Berufsausbildungssystem lebt insbesondere von der Qualität seiner Ausbildungsordnungen. Sie bilden die Grundlage für eine zukunftsfeste Berufsausbildung als Voraussetzung für lebenslanges Lernen. Seit 2011 wurden insgesamt 122 Ausbildungsberufe neu geordnet. Darunter waren 118 modernisierte und vier neue Ausbildungsberufe (Kapitel A3.2).

Um die Erkenntnislage zu den Auswirkungen der Coronapandemie zu verbessern, wurden im Jahr 2020 eine Vielzahl an Umfragen gestartet. Einen guten Überblick bietet der Berufsbildungsbericht 2021 in seinem Sonderkapitel „Der Ausbildungsmarkt in Zeiten der Corona-Pandemie“. Über aktuelle Ergebnisse seiner (Forschungs-)Arbeiten mit Bezug zu COVID-19 informiert das BIBB regelmäßig auf der Internetseite BIBB/Berufliche Bildung und Corona.

  • Überblick über die wichtigsten zugrunde liegenden Statistiken

Die oben genannten Kernaussagen zu den zentralen Entwicklungen basieren auf verschiedenen Statistiken und Erhebungen. Über zentrale zugrunde liegende Datenquellen mit ihren jeweiligen Verwendungszwecken informiert Tabelle A-1.

(Bettina Milde)

Tabelle A-1: Überblick zu wichtigen Statistiken (Teil 1)

Tabelle A-1: Überblick zu wichtigen Statistiken (Teil 2)

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    Bei den absoluten Zahlen handelt es sich um gerundete Angaben.