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Die Coronapandemie hat den Ausgleich am Ausbildungsmarkt erheblich beeinträchtigt und die Ausgleichsprozesse verlangsamt. Auch im „fünften Quartal“, dem Nachvermittlungszeitraum für einen verspäteten Ausbildungsbeginn, konnte der Rückstand nicht aufgeholt werden. Hierbei spielten auch die Einschränkungen durch die erneut verschärften Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie eine Rolle (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021g).

Zwischen Oktober 2020 und Januar 2021 wurden insgesamt 74.600 Ausbildungsstellen noch für einen sofortigen Ausbildungsbeginn registriert und damit 7.800 Plätze mehr als im selben Zeitraum ein Jahr zuvor (Oktober 2019 bis Januar 2020: 66.800). Darunter befanden sich jene 59.900 Stellen, die bereits am 30. September unbesetzt waren, sowie weitere 14.700 Stellen, die den Beratungs- und Vermittlungsdiensten erst später gemeldet wurden. Bei knapp 72.700 bzw. 97,4 % der 74.600 gemeldeten Stellen handelte es sich um betriebliche Ausbildungsplätze (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2021b).

Den gemeldeten Stellen standen 76.600 Bewerber/-innen gegenüber, welche die Beratungs- und Vermittlungsdienste um Unterstützung baten, um noch im Jahr 2020 eine Ausbildungsstelle antreten zu können. Verglichen mit dem Vorjahr (64.200) hat die Zahl der im „fünften Quartal“ gemeldeten Bewerber/-innen um 12.400 zugenommen.

Das Nachvermittlungsgeschäft im „fünften Quartal“

Auch nach dem 30. September, dem Ende eines Berichtsjahres, suchen zahlreiche Jugendliche weiterhin kurzfristig eine Ausbildung oder Alternative dazu. Im Rahmen der Nachvermittlungsaktion von Oktober bis Dezember („fünftes Quartal“) sollen den Bewerberinnen und Bewerbern noch Ausbildungsstellen, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Einstiegsqualifizierungen oder andere Alternativen angeboten werden. Das Hauptaugenmerk der Statistik der Nachvermittlung liegt auf der aktuellen Situation der Bewerberinnen und Bewerber sowie deren Verbleib zu den Stichtagen November, Dezember und Januar. Seit November 2018 berichtet die Statistik der BA auch über gemeldete Berufsausbildungsstellen mit Ausbildungsbeginn bis Ende des Jahres.

Anders als im Vorjahr fiel bundesweit zum Ende des „fünften Quartals“ die Zahl der noch zu besetzenden Ausbildungsstellen niedriger aus als die der noch zu vermittelnden Bewerber/-innen. Rechnerisch entfielen 97,4 Stellen auf 100 Bewerber/-innen (Vorjahr: 104,0 Stellen auf 100 Bewerber/-innen). Dabei gab es erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern. So standen z. B. in Berlin und Bremen nur 42,6 offene Stellen 100 Bewerbern/Bewerberinnen gegenüber, während es in Thüringen 299,2 waren Tabelle A1.1.4-1.

Tabelle A1.1.4-1: Registrierte Berufsausbildungsstellen und Ausbildungsstellenbewerber/-innen mit Wunsch eines Ausbildungsbeginns bis Ende des Jahres 2020

Mit diesen extremen Ungleichgewichten hatten beide Seiten des Ausbildungsmarktes, Jugendliche und Betriebe, zu kämpfen. Für die Betriebe war die Lage in Thüringen besonders problematisch, wo rechnerisch 100 noch zu besetzenden Stellen lediglich 33,4 Bewerber/-innen gegenüberstanden.

Schwierig ist das Vermittlungsgeschäft im „fünften Quartal“ nicht nur aufgrund der großen regionalen Ungleichgewichte, sondern auch, weil die bereits Ende September zu beobachtenden beruflichen Ungleichgewichte und Merkmalsdisparitäten zwischen dem noch zu besetzenden Angebot und der zu vermittelnden Nachfrage zu großen Teilen in das „fünfte Quartal“ überführt wurden. Denn 80,4% der im „fünften Quartal“ gemeldeten Stellen sowie 56,0% der in diesem Zeitraum gemeldeten Bewerber/-innen entstammen aus dem Kreis der bereits zum 30. September 2020 registrierten erfolglosen Marktteilnahmen (unbesetzte Stellen bzw. unversorgte Bewerber/-innen sowie noch suchende Bewerber/-innen mit alternativer Verbleibmöglichkeit zum 30. September).

Zudem ist davon auszugehen, dass viele Ausbildungsstellen des „fünften Quartals“, die nicht aus der Teilmenge der bereits zum 30. September unbesetzten Plätze stammen, aus Vertragslösungen in der Probezeit herrühren und die Betriebe ein Interesse daran haben, dass diese kurzfristig nachbesetzt werden. Von vorzeitigen Vertragslösungen sind aber verstärkt jene Berufe betroffen, die ohnehin unter Besetzungsschwierigkeiten leiden (Kapitel A5.6). Aus all diesen Gründen ist der Ausbildungsmarkt im „fünften Quartal“ nochmals deutlich stärker von Passungsproblemen geprägt als die Ausbildungsmarktlage während der regulären Vermittlungsperiode.

Einmündungsquoten der Bewerber/-innen

Somit fiel die im Nachvermittlungsgeschäft erzielte Einmündungsquote der Bewerber/-innen in eine Berufsausbildungsstelle mit bundesweit 9,2% vergleichsweise niedrig aus, während 73,0% immer noch auf der Suche nach einer Ausbildungsgelegenheit waren. Die restlichen 17,7% zählten zu den „anderen ehemaligen Bewerbern/Bewerberinnen“, d. h. zu jenen Bewerbern/Bewerberinnen, die ihren Vermittlungswunsch noch vor Einmündung in eine Berufsausbildungsstelle wieder aufgaben oder die unbekannt verblieben sind Tabelle A1.1.4-2. Verglichen mit dem Vorjahr haben sich die Einmündungsquoten kaum verändert (Vorjahr: Einmündung in Ausbildung: 9,4%, weiter ausbildungssuchend: 72,5 %, Status „andere ehemalige Bewerber/-innen“: 18,0%).

Tabelle A1.1.4-2: Registrierte Ausbildungsstellenbewerber/-innen für den Ausbildungsbeginn bis Ende 2020 nach Vermittlungsstatus

Auch zwischen den verschiedenen Bewerbergruppen waren, was die Einmündungsquoten angeht, nur geringfügige Unterschiede auszumachen (sei es, dass es sich um männliche oder weibliche Bewerber/-innen, um Bewerber/-innen mit Hauptschulabschluss oder mit Studienberechtigung handelte). So bewegten sich die Einmündungsquoten ebenso durchgängig auf niedrigem Niveau, wie umgekehrt die Quoten der im September 2020 noch suchenden Bewerber/-innen durchgängig auf hohem Niveau variierten. Etwas stärker variierten die Einmündungsquoten nach dem Alter (unter 20 Jahren: 10,4%, über 25 Jahre: 5,3%, nach Ländern (Baden-Württemberg und Thüringen: 12,0%, Saarland: 5,2%) und nach dem ursprünglichen Vermittlungsstatus der Bewerber/-innen zum 30. September: Bewerber/-innen, die damals als „eingemündet“ verbucht waren, hatten auch im Januar 2021 die höchste Einmündungsquote mit 15,0% zu verzeichnen. Dagegen betrug die Quote bei den Bewerberinnen und Bewerbern, die zum 30. September zu den unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern wurden, nur 4,6%.

Die Zahl der im Nachvermittlungsgeschäft 2020 noch zu besetzenden Ausbildungsstellen war im Januar 2021 mit 12.000 deutlich geschrumpft. Bezogen auf alle 74.600 zwischen Oktober 2020 und Januar 2021 zur Nachvermittlung gemeldeten Stellen entspricht dies einem Anteil von 16,1% (Vorjahr: 16,3%).

Der Anteil fällt etwas höher aus als zum Ende des Berichtsjahres 2019/2020, als 11,3% der insgesamt 530.300 gemeldeten Stellen unbesetzt blieben (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2020b). Die Erfolgschancen waren demnach auch für Betriebe in der Nachvermittlungsperiode stark eingeschränkt, zumal die Differenz zwischen der Gesamtzahl aller während der Nachvermittlung gemeldeten Stellen und den im Dezember noch unbesetzten Stellen nicht allein Stellenbesetzungen, sondern auch Stornierungen (vorzeitige Aufgabe des Vermittlungswunsches) geschuldet sein dürfte.

(Stephanie Oeynhausen, Bettina Milde, Joachim Gerd Ulrich)